Diesen Beitrag möchte ich seit Dienstag schreiben, doch die Uni und mein Leben ließen mich nicht. Jetzt habe ich gewaschen gesaubt, Altglas weggebracht, aufgeräumt und möchte diesen Beitrag endlich loswerden, bevor ich in die Uni entschwinde.
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Auf eine Demo kann man nicht mit Zeifeln gehen, weil das die Stimme schwächt. Schreien gehört dazu. Laut. Undifferenziert. Fordernd. Absolut.
Die Gedanken kommen danach. Die Fragen auch. Meine Fragen werden durch die meiner Freunde und durch die der Community ergänzt und vertieft. Das Ergebnis ist nüchtern und eignet sich nicht für ein Spruchband.
Wir haben gefordert: Bildung für alle und zwar umsonst. Bildungwirt hat das kommentiert. Bildung ist nicht umsonst zu haben. Wir meinten ja auch ein kostenfreies Studium, kostenfrei zumindest für uns. Und wenn man es so sagt, hört es sich nicht mehr so toll an, weil klar wird: Irgendjemand muss uns das Studium bezahlen. Irgenjemand muss um drei Uhr aufstehen und Brötchen backen, um sechs Uhr Flure putzen, acht Stunden am Fließband stehen. Ein kostenfreies Studium birgt eine Verantwortung für die Gesellschaft, die es mir finanziert hat. Ich habe nicht das Recht zu trödeln, weil jemand hart für mich arbeitet, jeden morgen um drei Uhr.
Wir haben gefordert, jeder solle studieren können, unabhängig vom Einkommen seiner Eltern. Es kann aber nicht jeder studieren. Das ist eine Frage der Ressourcen. Und eine Frage des Sinns. Es gibt Berufe, für die benötigt man kein Studium, sondern eine Ausbildung. Diese Berufe sind wichtig. Ein Feund sagte dazu: "Niemand will mehr Bäcker werden." Ohne Bäcker gibt es aber kein Brot, ohne Reinigungskräfte ist alles schmutzig. Ich frage mich schon, was es für einen Sinn ergibt, höhere Studentenzahlen zu fordern, nur um mehr Studenten zu haben. Die Frage ist doch, ob ich mehr Studierte brauche und in welchem Bereich. Genau dasselbe passiert mit dem Abitur. Es muss immer mehr Abiturienten geben, weil...?
Wir haben gefordert nicht Milliarden für die Banken auszugeben, sondern für die Bildung. Was wollen wir aber mit dem ganzen Geld? Mehr Bafög (auch eine Fordernung)? Mehr Professoren? Mehr von allem und zwar umsonst? Ach ne... Ich glaube Geld gehört nicht zu den dringlichsten Problemen.
Sind wir bereit, die Opfer zu bringen, die unsere Forderungen fordern? Sind wir bereit die Steuern zu zahlen, die unsere Nachfolger benötigen werden? Sind wir bereit um drei Uhr aufzustehen?
Bildung kann nicht nur Studium und Schule heißen. Bildung muss für alle sein. Jeder, der oder die möchte, muss die Möglichkeit haben ein Buch zu lesen, eine Fortbildung oder einen Kurs zu besuchen.
Ich darf mich eigentlich ohnehin gar nicht beschweren. Mir ermöglicht die Gesellschaft ein Studium, nachdem ich bereits eine Ausbikdung gemacht habe. Mein Studium ist zulassungsbeschränkt, so das die Seminare und Vorlesungen einen angemessenen Rahmen haben. Doch manchmal geht es um das große ganze und dann muss man sagen: Stop! Undifferenziert, Laut und absolut.
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Bilder:
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Kommentare 9
Ich zitiere aus Günther Anders "Die Antiquertheit des Menschen II" Kapitel "Die Antiquiertheit der Arbeit":
"Die Frage ist nicht mehr die, wie man die Früchte der Arbeit gerecht verteilt, sondern wie man die Konsequenzen der Nichtarbeit erträglich macht."
Weil :
"Das Postulat der Vollbeschäftigung wird also um so weniger erfüllbar sein, je höher der technologische Status einer Gesellschaft ist. Wenn gewisse mitteleuropäische Politiker vorgeben, den technologischen Stand ihrer Länder deshalb steigern zu wollen, weil sie nur dadurch Vollbeschäftigung gewährleisten könnten, dann sind sie entweder denkunfähig oder Volksbetrüger. Man kann nicht höchste Rationalisierung, die die Zahl der erforderten Arbeiter senkt, und Vollbeschäftigung zugleich auf Programm setzen. Nirgends außer in der Politik dürfte man sich einen derartigen logischen Schnitzer erlauben. Die Dialektik von heute besteht in diesem Widerspruch ywischen Rationalisierung und Vollbeschäftigung. Dies offen zuzugeben, das bringt kein Politiker über sein Herz."
Lieber noch ein paar Jahre zur Uni gehen und das Wissen auffrischen als mit 18 arbeitslos auf der Strasse zu sitzen. Nach der Uni werden sich zwar auch viele Absolventen mit der Arbeitslosigkeit auseinandersetzen müssen, aber für ein paar Jahre hatten sie wenigstens das Gefühlt etwas sinnvolles getan zu haben. Und je mehr Bildung man hat desto mehr Moeglichkeiten hat man. Nicht nur beruflich.
Die Rechnung mit dem hart Arbeiten und etwas für die Gesellschaft tun geht doch überhauptnicht auf. Es arbeitet doch eigentlich niemand für jemanden anderes im Kapitalismus, da jeder für seinen Lohn arbeitet von dem er abhängig ist, um nicht zu verhungern. In diesem System geht es doch nicht darum seinen Platz zu finden und das Beste für die Gesellschaft zu tun. Das System diktiert die Geldvermehrung. Dann wird geguckt wen man sinnvoll ausbeuten kann und dann wird in riesem Maß Schrott produziert den niemand braucht. Das geht nicht nur zu Lasten der Menschen, sondern auch der Umwelt, die sich durch die Massive Ausbeutung nicht mehr erholen kann.
Es braucht ein vieles mehr an Bildung und vor allem kritischem Urteil damit der ein oder andere mal kapiert was überhaupt los ist und wohin die Entwicklung geht. Was bingt es dem Kind die beste Bildung zu geben, wenn der Planet in eine Wüste verwandelt wurde. Es gibt genug über das sich beschwert werden darf. Vor allem wenn man jung ist.
Lieber Dattel,
Du schreibst:
"Die Rechnung mit dem hart Arbeiten und etwas für die Gesellschaft tun geht doch überhauptnicht auf. Es arbeitet doch eigentlich niemand für jemanden anderes im Kapitalismus, da jeder für seinen Lohn arbeitet von dem er abhängig ist, um nicht zu verhungern. In diesem System geht es doch nicht darum seinen Platz zu finden und das Beste für die Gesellschaft zu tun."
Gehst Du damit nicht dem System auf den Leim? Lässt Du Dir Dein Leben nicht diktieren und hast schon verloren? Noch sind wir insofern eine Solidargemeinschaft, als das die Steuern, die gezahlt werden auch an die verteilt werden, die sie brauchen. Der Bäcker backt auch für Dich, ob ihr beide das wollt oder nicht. Hinter diesen Satz gehört natürlich ein großes ABER, denn die Steuern werden nicht von den richtigen gezahlt und schlecht verteilt. Die Probleme, die ich anspreche gelten in einem nicht kapitalistischen System doch auch. Wer gerade etwas lernt, kann nicht daran beteiligt werden, das Tagesgeschäft zu erledigen: ernten, bauen, pflegen. Der Lernende wird von allen anderen mitversorgt.
Einfach zu sagen, das System sei eben schuld finde ich zu einfach.
Lieber Merdeister,
gesaugt und gewaschen hast du jetzt, gut. Bevor ich mal abtauche, sozusagen auf Bildungsreise und ins Exerzitium der Bücherwelt, will ich dir doch noch einen kleinen Tipp geben (wenn du ihn schon kennst, um so besser)
Bildung hat es immer mit einem doppelten Widerstand zu tun. A) Material/TExt und seiner Tiefe/Güte und B) dem eigenen Selbst, der Selbstdisziplin, der Anstrengung und Freude am Lerngegenstand.
Entscheidend ist es, immer wieder bewusst weg vom mainstream sich zu bewegen, hier liegen die meisten Perlen.
Eine Perle für heute: Bruno Latour, Das Parlament der Dinge. Dein Blick wird sichtlich geweitet.
Gruß BW
bildung rentiert sich mit über 6% jährlich. was läge da näher, als das studium kostenlos zu machen und mit einer späteren bildungsabgabe zu versehen. 1-2% vom netto, damit wäre allen gedient und es bliebe im rahmen des machbaren.
mfg
mh
Und wenn der Betrag der Hochschule direkt zugute käme, würde auch gute Lehre attraktiver.
Vielen Dank. Kannte ich noch nicht, ist notiert.
Diese Solidargemeinschaft steht mit der Krise vor einem gewaltigem Abgrund und wird immer näher an die 3. Welt rücken. Dort gibt es teilweise keinen Bäcker der einen ernährt, weil ohne Geld und Arbeit ist man es nicht Wert zu leben.
Du hast gewiss in der Schule auch öfters gehört, dass du glücklich sein sollt so eine hohe Bildungsanstalt zu besuchen, weil es so viele Menschen gibt denen es nicht ermöglicht ist. Du hast aber gewiss nie gelernt warum diese Ungerechtigkeit besteht, da es in der Schule überhaupt nicht darum gehen soll die Missstände zu erkennen und zu verändern. Es geht um die Steigerung von Humankapital. Einige Lehrer mögen dort herausfallen, aber das Diktat des Lehrplans ist stärker. Der ideale Lernende in der Schule ist derjenige, der das System erhält. Es ist nicht einfach das System. Menschen verhalten sich System konform oder nonkonform.
Wieso muss Lernen mit der Nahrungsmittelproduktion oder anderen essentiellen Tätigkeiten in Widerspruch stehen? Warum lerne ich nicht in der Schule wie man ein Feld bestellt, ein Tier schlachtet oder Häuser baut? Warum muss ich dem Bäcker Geld geben damit ich seine solidarische Ware haben kann? Warum muss ich dem Staat Geld geben damit er Militär und Polizei bezahlt, die das Recht haben Gewalt gegen Menschen auszuüben? So viele Fragen, die viele Interessen und Ideologien aufdecken.
Ansonsten stimme ich Bildungswirt zu der sagte, die meissten Perlen liegen jenseits des Mainstreams.
Nein, nein, nein.
Es geht doch gar nicht um Geld, wenn ich sage, wer lernt wird von den anderen getragen. Es geht um Ressourcen z.B. Zeit und Arbeitskräfte. Und wer lernt, kann nicht auf dem Feld stehen, auch nicht in einem tollen System ohne Geld.
Ich möchte auf die Verantwortung hinweisen, die jeder hat, dem Bildung ermöglicht wird. Gerade in einer Gesellschaft ohne Verwertungslogik wäre diese Verantwortung groß.
Im Kindergarten gab es ein Buch von einer Maus (ich glaube sie hieß Fridolin), die sich nicht an den Vorbereitungen für den Winter beteiligt hat, sondern lieber in der Sonne lag und träumte. Das fanden die anderen Mäuse blöd. Sie mussten ja arbeiten. Im Winter war es dann dunkel und kalt und den Mäusen ging es schlecht. Da hat Fridolin ihnen von der Sonne erzählt und von den Träumen die er hatte und allen ging es besser.
"Wie schön" dachte ich, "aber es kann nicht jeder (immer) Fridolin sein."
"Menschen verhalten sich System konform oder nonkonform. "
Nochmal nein. Die Welt ist nicht schwarzweiß, so einfach ist das nicht.
den gedanken der mittelbindung wage ich in deutschland nicht zu äußern. man könnte mich wegen volksverhetzung ins gefängnis stecken wollen.