Ich war etwas skeptisch, als ich von diesem Buch hörte. „Mein Wettlauf mit dem Fußballgeschäft“ lässt zwar auf Einblicke in die Hyperkommerzialisierung des Fußballs hoffen, aber ist Andreas Buck der Richtige? Man erinnert sich an einen pfeilschnellen Spieler, der bei Kaiserslautern und Stuttgart das rechte Mittelfeld „bearbeitete“. Mehr grad nicht. War er in der Nationalelf?
Nein, aber er hatte ein Aufgebot des DFB, und warum es dann doch nicht klappte, liest man als Fan halt immer gern. Hier tut man es umso mehr, als Bucks Co-Autor, der Journalist und Schriftsteller Johannes Ehrmann, den passenden Stil gefunden hat: nahe dran, schnörkellos, ohne falschen Anspruch auf gedankliche Überhöhung einer Karriere, die sich tatsächlich in einer Wendezeit ereignete, wie Historiker sagen würden.
Als der im schwäbischen Geislingen groß gewordene Buck seine Karriere beendet, beginnt Ralf Rangnick gerade die seine, man nennt ihn „Professor“, die Verwissenschaftlichung des Fußballs setzt ein, gegen massive Tendenzen eines Betriebs, in dem immer noch viele ehemalige Profis lukrative Trainerkarrieren hinlegen, weil sie vom Nimbus des begnadeten Spielers profitieren. Es ist kein Zufall, dass Rangnick gleich bei drei Traditionsvereinen wenig bewegte, bevor er auf die TSG Hoffenheim traf, wo sich der Optimierungsgedanke des Spiels und das neue Geld die Hand gaben.
Die Spielerberater
Bucks Karriere fällt vor allem aber in eine Zeit, in der die Spielerberater massiv an Einfluss gewinnen. Da wird nun sehr anschaulich erzählt, wie er beim FCK marginalisiert wird, weil der Berater von Mario Basler immer mehr Spieler beim Verein unterbringt und dem schwachen Trainer Andreas Brehme – auch so einer aus der Abteilung „Legende, aber von gestern“ – in die Aufstellung reinquatscht. Den Untergang des FCK hat das nicht verhindert. Buck wendet sich nicht vollends ab, lässt sich später sogar in den Vorstand des Mitgliedervereins des FCK wählen, dort hat er ein paar Ideen, die liegen bleiben, und so lässt er es wieder.
Buck klagt zwar über die Entwicklung, aber er ist kein Systemkritiker. In dieser Sandwichposition ist er der Idealtypus unserer Zeit: Über zu hohe Spielergehälter beklagt sich heute sogar ein Dietmar Hopp, der Mäzen der TSG Hoffenheim. Was Buck von Milliardär Hopp unterscheidet, ist das Normale: an seinen Meinungen, seinen Taten, seiner Existenz. Und das stimmt auch dann, wenn seine Karriere auf und neben dem Platz nicht frei von „Höhen und Tiefen“ verlaufen ist, wie man so sagt. In seinen Ansichten unterscheidet sich der Profi Buck wenig von den Millionen, die jede Woche vor dem Fernseher, auf oder neben dem Platz stehen.
Zwar ist das Bewusstsein von den Fehlentwicklungen im Fußball heute die Regel, aber es gibt eben weder praktikable Rezepte noch den kollektiven Willen, die Dinge in eine humanere Richtung zu drehen. Warum nicht? Darum: Die gleichen Leute, die über den „Wahnsinn“ klagen, sind nun einmal die, die ihn füttern: Hopp, aber auch wir, wenn wir ein DAZN-Abo haben. Oder Buck. Der ist heute Finanzberater, und viele seiner Kunden sind Ex-Profis.
Darin zieht sich eine etwas abgeschwächte, mit solide-schwäbischer Hand gezeichnete Linie weiter, die durch ungezählte Spielerkabinen führt. Die deprimierendste Einsicht, die das Buch für seine Leser parat hat, ist ja diese: „Und natürlich ist Geld auch ständig Thema in der Mannschaft. Frauen, Autos, Kohle. Es wird von wenig anderem gesprochen in einem Fußballteam. Und bei allem geht es darum, der Schnellste zu sein oder der Coolste. ‚Bist du blöd, so viel Steuern zu bezahlen?‘ Das ist einer der Sätze, die ich ständig höre. Und es stimmt ja.“
Als kleiner Trost fungiert da die Nachricht über seinen Sohn. Der kickt in der D-Jugend des „Dorfclubs“ und ist glücklich damit. Erst mal.
Info
Turbo. Mein Wettlauf mit dem Fußballgeschäft Andreas Buck , Johannes Ehrmann Tropen 2020, 224 S., 20 €
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