Gelegentlich kaufe ich mir die B.Z. , "Berlins größte Zeitung", um wie man sagt, dem Volk ein wenig aufs Maul zu schauen. Letzten Donnerstag nun erschien die ganze Ausgabe "uff Berlinerisch“ (natürlich nicht alles; die Werbung blieb hochdeutsch, wie gleich mit Kennermiene bemerkt wurde: Die Werbung nicht!) Das las sich dann so: "Lichtnberch is kulturell unatschätzt Aba dit ändert sich. Ick bin neujierich uff de Kulturlandschaft von Bezirk".
Soweit der Kulturstaatsminister André Schmitz über das kulturelle Schicksal von Berlin-Lichtenberg auf den "Kultua-Seiten" von "die B.Z.". Aber nur dort, denn Schmitz ist in Oberhausen geboren, in Hamburg zur Schule gegangen, und erst in den 90er Jahren nach Berlin gekommen. Er berlinert nicht.
Schmitz also nicht. Aber dann fiel mir Thomas Flierl ein, sein Vorgänger. Auch er ein Intellektueller. Und in Ost-Berlin geboren. Ich bin mir gerade nicht sicher, ob er berlinert. Jedenfalls tut es seine kluge Schwester, mit der ich einmal zusammengearbeitet habe. Sollte Flierl dialektfrei sprechen, bildete er allerdings eine Ausnahme. Während es bei den aus Westberlin stammenden Intellektuellen und Bildungsbürgern nicht eben schick ist, seine Herkunft durch die Sprechweise zu signalisieren, gilt die Mundart unter Ostberliner Intellektuellen, Schriftstellern, Künstlern offenbar gerade zu als Adelsprädikat. Angefangen von Gregor Gysi und Rainer Eppelmann über Alexander Osang und Jürgen Kuttner bis zu Jochen Schmidt und Ahne – bei aller Verschiedenheit eint diese Personen, dass sie berlinern, was das Zeugs hält.
Wie kommt das? Meine Theorie: Im Icke-dicke-uffe der Ostberliner Intellektuellen drückt sich weniger gelebte Volksnähe, als mehr eine große Sehnsucht aus: Die Sehnsucht nach der – de facto gekappten – Verbindung zur Arbeiterklasse. Man könnte sagen, das Berlinern stellt die phantasmagorische Beziehung des Intellektuellen zum verschwundenen Subjekt der Geschichte her. Es ist der utopische Platzhalter der Revolutionen, die (nicht) gekommen sein werden. Oder nochmal anders gesagt: In der Berliner Mundart überwintert Gramscis "organischer Intellektueller". Alles klärchen? Vermutlich nicht ganz. Aber das hier sind ja auch nicht die Kulturseiten der B.Z.
Kommentare 79
Der letzte Satz versöhnt einen regelrecht mit dem Text. Aber trotzdem: "Die Sehnsucht nach der – de facto gekappten – Verbindung zur Arbeiterklasse. Man könnte sagen, das Berlinern stellt die phantasmagorische Beziehung des Intellektuellen zum verschwunden Subjekt der Geschichte her." - Also, es gibt ja Leute, ich kenne welche, die sächseln, berlinern oder 'bayern', sobald sie bei sich sind, frei haben, mit Vertrauten reden, so ähnlich, wie man die bequemen Klamotten zu Hause anzieht. Im 'Dienst', also im Job, in der 'Gesellschaft' etc. tragen sie dann den korrekten Anzug, reden also (mehr oder weniger) einwandfreies Hochdeutsch. Manche fühlen sich in beidem wohl, manche eigentlich nur in den Freizeitklamotten. Einige aber sind reine Anzugtypen, die die Jeans anziehen bzw. den Akzent 'auflegen' aus sozusagen rein populistischen Gründen. Bei Flierl und Kuttner weiß ich es, bei Eppelmann und Osang vermute ich es, die anderen kenne ich nicht: Die genannten Ossis gehören NICHT zu letzterer Sorte! - Die Erklärung für das sicher richtig beobachtete Phänomen der unterschiedlichen Einstellung zum Berlinern in Ost und West ist ganz einfach: Die Intellektuellen im Osten sind unter einem sehr viel geringeren Distinktionsdruck aufgewachsen und Intellektuelle geworden!
Schwäbeln habe ich noch vergessen. Solche Mundartinhaber umgeben mich seit Jahren viel mehr als Berlinernde...
:)
na, dit ist ja ja mal ne orjinelle these!
Keine Ahnung, warum Gysi oder Osang oder Schmidt berlinern. Es gibt da in meine Ohren ja reichlich Abstufungen zwischen Melodie und Aussprache. Ich denke, dass es durchaus Herkunft zeigen, also auch solidarisieren soll.
Das Berlinerische drückt aber auch Haltung und Stimmung aus. Das abweisende "Kannste vajessen" zum Beispiel wird dadurch eher schnoddrig und ist, wie ich finde, verbindlicher, weil der Mundartwechsel gleichzeitig Abgrenzung von der Aussage sein kann. Das gilt natürlich nur für jene Mehrsprachigen, die nicht immer berlinern.
Da ist was dran: Die Verbrüderung mit dem Pro, äh: Prekariat. Von oben herab mal Dialekt rauslassen statt dialektisches Denken.
Bei den WN, das sind westfälische Nachrichten, gibt´s auch immer ´ne Mundartspalte. Angesprochen sind hier aber Senioren und Kleinstvereine.
Jedenfalls, bei Dialekt vermisse ich immer das Endberlinern mit "ick?"
Äh, peinlich, noch was vergessen, wer kennt den Gysi nicht?! Für ihn gilt die selber Vermutung wie für Eppelmann und Osang.
Ich glaube eben nicht, dass das Berlinern bei den Genannten irgend etwas 'soll'. Es rutscht ihnen raus, und der Ehrgeiz, es zu vermeiden, ist unterentwickelt.
meinste nicht, dass sie zweisprachig sind? unser leipziger buchpreisheld clemens meyer etwa sächselt nicht immer, tut es aber vor allem, wenn er öffentlich auftritt.
und so lesebühnen-leute wie ahne - da gehört das doch quasi zum beruf.
ich wechsel immer dann die mundart-färbung, wenn ich irgendwo nicht dazu gehören will. oft auch unbewusst. wobei ich nur die wahlzwischen sachsen und berlin habe, mehr kann ich nicht.
Du kannst sächseln?! Würde ich gern mal hören. :)
Zweisprachig, ja, das wird so sein, ich weiß aber, dass Flierl und Kuttner und andere ostberliner Intellektuelle, die ich kenne, das Berlinerische nicht 'auflegen', um eine bestimmte Wirkung zu erzielen. Ich kenne aber auch Ossis, die aus dem Grund, eben nicht als berlinernde Ossis aufzufallen, selbiges strikt vermeiden.
Vielleicht ist Berlin doch nicht die beste aller Welten ...
http://hotlink.myspacecdn.com/images02/133/206dc0cb4ab441ca8a073ba70684fcfb/m.jpg
haste recht.
und um auf das BZ-beispiel zurückzukommen: hier würde ich einen ranschmiss sowohl an die arbeiterklasse wie auch an die ostler mal nicht ausschließen wollen. muss ein lustiger tag gewesen sein in berlin, denn sowas liest man ja am besten laut, um es zu verstehen.
nunja, mein sächsisch reicht für den hausgebrauch. aber ich komme auch bei einkauf und behördengängen ganz gut zurecht ...
@Goedzak. Sie schreiben:
"Ich glaube eben nicht, dass das Berlinern bei den Genannten irgend etwas 'soll'. Es rutscht ihnen raus, und der Ehrgeiz, es zu vermeiden, ist unterentwickelt."
So ist es doch aber auch mit dem Unbewussten, es "soll" nichts, es hat aber etwas zu bedeuten. Im übrigen, bitte die These nicht allzu ernst nehmen. Ich jedenfalls höre Kuttner gerne zu:
Es ist sehr sehr schwer, den Dialekt GANZ loszuwerden. Gibt es reine Hochdeutsch-Sprecher? Das mit der Arbeiterklasse stimmt schon, insofern es "die Strasse" meint. Wir hatten ein Lied: Mutter, Mutter, darf ich auf die Gass? Andre Kinder sind auch auf der Gass! Andri Chind sind Lumpehünd! Ich will auch einer sein.......
Nee mit der gekappten Sehnsucht nach der Arbeiterklasse hat das im Osten weniger zu tun, sondern mit den egalitären Verhältnissen im Osten überhaupt, die noch ein bisschen gepflegt werden. Oder wie goedzak formuliert, weniger Distinktionsdruck. (hach, imma so'n intellektuella Mist - eh). Wenn Leute noch Dialekt anklingen lassen, dann wollen sie - denke ich - eher daran erinnern, als sich an die Arbeiterklasse "ranwanzen".
Außerdem: Berlinisch ist eine schöne Sprache, wenn mans nicht übertreibt. Es ist zwar ein Dialekt - sagen die Sprachwissenschaflter - aber es geht ziemlich nahe ans Hochdeutsche. Deshalb eignet es sich für diesen egalitären Zweck auch ganz gut, nämlich den verdecken Bezug auf eine Art von "Gleichheit".
Nebenher - eine jüdische Sprachwissenschaftlerin, Agathe Lasch, www.agathe-lasch.de/buch4.htm
hat darüber geforscht. Weiß ich, weil wir sie in unserer Ausstellung zu Pankower Frauen haben.
www.berlin.de/ba-pankow/presse/archiv/20100218.1410.156167.html
Ich habe mir - zum Beispiel - das Sächseln in Berlin schnell abgewöhnt, weil mit diesem Dialekt zuviel an unguter Assoziation verbunden war und ist: ("Niemand hat die Absicht...")
Das Berlinern habe ich immer als klarer und weniger verhuschter erlebt als die südlichen Dialekte.
Allerdings in Schriftsprache ist es scheußlich, auch dieses journalistische Anbiedern - kenne ich noch aus der DDR-Zeit - nervt die Berliner selbst.
Aber, mit Arbeiterklasse.... nee, glaube ich nicht. In Ost und West nicht.
"Spiel nicht mit den Schmuddelkindern". F.J. Degenhard
Also so eine Konstruktion muss man sich erstmal aus den Fingern saugen:
Weil in der Ausgabe der B.Z. "uff Berlinerisch", die sich der intellektuelle Kulturredakteur eines gehobeneren Blattes gekauft hat, um sich daran von oben herab köstlich zu delektieren, auch was "üba Kultua in Lichtenberch" stand, wo man diese eigentlich weniger vermutet, weil da wohl eher die "Arbeiterklasse" zu Hause ist, einen Bogen zu spannen zu Berliner Intellektuellen (weil Kultur und so), die sich des Berlinerischen bedienten, um von eben jener "Arbeiterklasse" auch verstanden zu werden.
Also nochmal: Weil in der B.Z., also der passgerechten Postille des Proleten, "uff Berlinerisch" was über Kultur stand, muss man jetzt die suchen, die in Berlin qua ihres Amtes als höher denkfähig gelten und sich trotzdem, ja gibt`s das denn (Schenkelklopfer!), des Berlinerischen bedienen! Wie süß; ja sie suchen die Volksnähe! Ach, noch vielmehr: Die Nähe zum OST-Berliner. (jaa, nur der Ossi berlinert)
Aha, Hr. Angele, manchmal interessieren sie sich also auch für`s Volk und meinen, dasselbe in der Boulevardpresse reflektiert zu finden ?!
Ich finde es reichlich armselig, wenn man, gerade als Kulturredakteur, auf eine so überholte Distinktion zwischen vermeintlicher "Arbeiterklasse" und "Intellektuellen" besteht. Es grüßt das Klischee des Elfenbeiturms!
Kultur ist nicht nur das, was sich in gelehrten Schriften oder übriger so genannter Hochkultur ausdrückt. Dem "Volk auf`s Maul schauen" indem man ihm nicht mehr zugesteht, als die eigene, vorgefertigte Außensicht zuläßt - also in Ihrem Falle: die B.Z. sprechen läßt -, sucht geradezu die Abgrenzung zu denen, die vielleicht etwas weniger schlaue Bücher gelesen haben. Das ist genau die Einstellung des Bürgertums des 18. und auch noch 19. Jahrhunderts, das sich bemüht fühlte, den Bauern paternalistisch an die Hand zu nehmen und dabei aber stets genau zu wissen meinte, wie derselbe tickt, was er eigentlich will und was für ihn das beste sei.
@goedzak
"Die Intellektuellen im Osten sind unter einem sehr viel geringeren Distinktionsdruck aufgewachsen und Intellektuelle geworden!"
Das ist sicher richtig. Aber könnte es nicht sein, quasi ergänzend zu meiner These, dass die Berlinernden Intellektuellen sich heute von "Wessiland" abgrenzen wollen. Am Ende eben doch Distinktion?
es ist, glaub ich, viel weniger kompliziert, auch wenn der feuilletonist gerne jedes blättchen xfach umdreht, bis er hahnenschiss drauf findet:
das berlinerisch bei ossis (der brandenburger spricht noch schlimmer) ist nur deshalb "reiner" erhalten, weil es nicht so "versaut" werden konnte von den wessis, die da ja schon vor der hauptstadtwerdung in massen nach berlin kamen, um dem wehrdienst zu entgehen oder sich mti herrn lehmann in kreuzberger kneipen zu tümmeln - auf schwäbisch, plattdeutsch, hessisch. im osten gab es sächsisch, thüringisch, ein bisschen meck-pommisch - und in berlin eben vor allem berlinerisch. wegen der mauer. da hamse dit jelernt. und was der bua net lernt, und das hänschen krümmt sich bezeiten, und schon ist die schnauze verrutscht. das hat nichts mit intellektuell, nichts mit arbeiterrklasse, nichts mit gewollt zu tun - sondern einfach nur mit region.
so dolle um die ecke wie oben vorgeführt denkt vielleicht der gemeine schweizer, nicht der allgemeine berliner. der berliner quasselt einfach, wie ihm die schnauze gewachsen ist, und wennse ihm ostdeutschberlinerisch jewachsen is, kann der janich anders. is tatsache. is echt. is kein marketing: die reden WIRKLICH so prollig ;) und die sind da weder stolz drauf noch schämen se sich - wie dit halt bei nem realen dialekt so is, wa.
"Der Berliner quasselt einfach, wie ihm die Schnauze gewachsen ist" – Das hätte die B.Z. wohl gerne so :) Bei allem Respekt, liebe Katharina, so einfach ist es nicht. Es hat auch nicht nur mit "Region" zu tun, denn dann wäre der sprachliche Habitus zwischen West- und Ostintellektuellen nicht so verschieden, wie er mir nach zwanzigjähriger teilnehmender Beobachtung immer noch zu sein scheint.
Geht zwar nicht an mich, aber weiter unten habe ich das doch auch schon mal thematisiert.
Die angeführten Leutchen sind doch alle deutlich über vierzig aufwärts. Bei den knapp 30jährigen abwärts sieht das ganz bestimmt schon anders aus bzw. hört sich anders an.
Ich hatte vor 1 o. 2 Jahren mal das 'Vergnügen' bei einer Busfahrt nach Brüssel einer Leipziger Gymnasialklasse bei ihrem Gebaren beizuwohnen. Ich habe drauf geachtet, kein einziges kid sächselte. Es werden doch nicht alle Kinder von Zugezogenen gewesen sein? Ich erklär mir das so: Der Anteil von Zugezogenen ist in der Schicht derer, die ihre kiddies aufs Gym schicken, recht groß. Da Sächsisch wohl als noch prolliger gilt als (Ost-)Berlinisch, müssen sich die Einheimischen eben zur Decke strecken.
... "sing nicht ihre Lieder..."
Ich bin fast sicher, dass es diesen Abgrenzungswillen gegen "Wessiland" auch bei vielen eingeborenen Westberlinern gibt, sie tragen das nur nicht so dicke vor sich her. Diese Gruppe berlinert eher durch (hier schon beschriebenen) gezielten "Registerwechsel", als permanent, oder sie berlinert "passiv", ist auf dem hochdeutschen Ohr taub und nur auf dem berlinerischen auf Empfang.
Letzteres ist mir bei Verwaltungsmitarbeitern aufgefallen, bei denen man fast alles bekommt, was man will, bis hin zu Steuererlass oder Niederschlagung, wenn man dezent und wohldosiert ein paar Zeilen Registerwechsel im Mündlichen beimischt - während sie Wege finden, einen auflaufenzulassen, wenn sie glauben, man ist einer von denen, die hier die Hauptstadt nur in Besitz nehmen und hier die Regeln bestimmen wollen. (Ein Freund von mir, der mal in München an der Uni arbeitete, hat mir von dort Ähnliches berichtet: Mit dem Personal dort geht nichts, wenn man ein Preuße ist, wenn man aber auf bayerisch fragt, geht allles).
Wofür ich noch nach einer Erklärung suche, ist die seltsame Beobachtung, warum man in bestimmten engagierten Intellektuellenzirkeln (ich denke z.B. an die in Berlin mit deutlich über 1000 Mitgliedern deutschlandweit größte Attac-Gruppe) fast nur auf Wahlberliner/innen trifft. Man kann es bei jeder/jedem, der neu dazukommt, im Grunde schon vorhersagen, dass er /sie nicht von hier ist. Gibt es solche intellektuellen Sammelbecken für Externe in anderen Städten auch?
Lieber Herr Angele, ich bin ganz sicher, dass Ihre Theorie nicht stimmt. Der Ostberliner berlinert weil er unter berlinernen Ostberlinern aufgewachsen ist…(und, wie von anderen schon gesagt, nicht auf Hochdeutsch getrimmt wurde).
berlinernden...
irgend etwas muss dran sein, jedenfalls geht es mir als ostberlinerin im sächsischen exil, bisher halbe lebenszeit dort, halbe hier, schon so, dass ein fremder mit berliner zungenschlag mich irgendwie leichter, wie soll ich sagen, also da fühle ich mich erstmal zuhause. das hat nichts mit milieu zu tun und auch nicht nur mit dem osten - doch letzteres ein bisschen schon.
einen dialekt, bzw. ist es ja hier eine mundart, zu massenwirksam instrumentalisieren jedoch ist außer auf der bühne (wo es ums charakterisieren geht) dann doch auch unsinn.
kk
@kla. Können Sie mit dem Begriff der "street credibility" etwas anfangen? Für einen Rockmusiker war es, wenigstens zu meinen Zeiten, wichtig, dass er den Kontakt zur Strasse, zu seiner Herkunft hielt. Aber es scheint auch heute noch zu gelten.
Zur Veröffentlichung seiner neuen Platte hat sich der Sänger Maximilan Hecker lang und breit (auch bei uns) darüber ausgelassen, wie er nach einer Krise wieder als Strassenmusiker anfing. Unabhängig von seinen Absichten kann man diese Anekdote eben als Versuch werten, seine "street credibilty" zu erhöhen.
Ähnlich sehe ich das bei Intellektuellen, wenn Sie forcierten Dialekt sprechen.
Worum es mir aber eigentlich geht in meinem Blog: Man muss sich doch fragen, für wen der Intellektuelle heute spricht. Es gibt den "organischen Intellektuellen" nach Gramsci einfach nicht mehr (falls es ihn jemals gegeben haben sollte). G. verstand darunter eine Person, die dem "Volk" (also: der Arbeiterklasse) zu den Ausdrucksmittel verhelfen, die ihren Ideen und Interessen Geltung verschaffen.
Es gibt keinen Intellektuellen des "Prekariats" (R. Kühn). Es gibt noch nicht einmal einen Intellektuellen, der Versucht, die Kultur des Prekariats auzugreifen und mit ihr weiterzuarbeiten. Kein RTl2-Brecht weit und breit. Oder sehe ich das falsch?
"Ähnlich sehe ich das bei Intellektuellen, wenn Sie forcierten Dialekt sprechen."
Quatsch. Das kommt auf den Dialekt an.
Wie kommt das? Meine Theorie: Im Icke-dicke-uffe der Ostberliner Intellektuellen drückt sich weniger gelebte Volksnähe, als mehr eine große Sehnsucht aus: Die Sehnsucht nach der – de facto gekappten – Verbindung zur Arbeiterklasse. Man könnte sagen, das Berlinern stellt die phantasmagorische Beziehung des Intellektuellen zum verschwundenen Subjekt der Geschichte her. Es ist der utopische Platzhalter der Revolutionen, die (nicht) gekommen sein werden. Oder nochmal anders gesagt: In der Berliner Mundart überwintert Gramscis "organischer Intellektueller". Alles klärchen? Vermutlich nicht ganz. Aber das hier sind ja auch nicht die Kulturseiten der B.Z..."
Vielleicht liegt es auch daran, das die Ostberliner Intellektuellen nicht genügend räumlich-organischen Abstand zum Proletariat hatten? :-)))
lieber michael angele,
"rtl2-brecht" ist gut! hier das denken, da der vertriebsweg. ich kann mir aber vorstellen, dass es so kommen kann. weil die vermuteten adressaten am besten postlagernd zu erreichen sind, hoffend, dass sie es sich irgendwann abholen. denn den direkten diskurs gibt es ja kaum noch. und ohne öffentlichkeit hat er wenig wirkung.
so gibt es vielleicht keinen intellektuellen des prekariats, aber ein prekariat der intellektuellen. also intellektuelle in prekärer situation.
herzlich
kk
"Worum es mir aber eigentlich geht in meinem Blog: Man muss sich doch fragen, für wen der Intellektuelle heute spricht. Es gibt den "organischen Intellektuellen" nach Gramsci einfach nicht mehr (falls es ihn jemals gegeben haben sollte). G. verstand darunter eine Person, die dem "Volk" (also: der Arbeiterklasse) zu den Ausdrucksmittel verhelfen, die ihren Ideen und Interessen Geltung verschaffen."
Gramsci ist da doch einem Selbstbetrug erlegen. Alles was dabei heraus kam waren Peinlichkeiten Überflüssigkeiten.
"Es gibt keinen Intellektuellen des "Prekariats" (R. Kühn). Es gibt noch nicht einmal einen Intellektuellen, der Versucht, die Kultur des Prekariats auzugreifen und mit ihr weiterzuarbeiten. Kein RTl2-Brecht weit und breit. Oder sehe ich das falsch?"
Nö, ist aber auch nicht weiter schlimm. Oder anders, ein RTL2-Brecht wäre schlecht. Oder nochmal anders: der tote Brecht reicht. Wenn man ihn liest wird er lebendig. RTL2-Gucker werden ihn wohl kaum lesen. ;-)
"...so gibt es vielleicht keinen intellektuellen des prekariats, aber ein prekariat der intellektuellen. also intellektuelle in prekärer situation..."
Genau, und die könnten auch für sich sprechen...;-)
Ich denke auch so einiges spricht dafür, dass es nicht kompliziert sein muss, sich dem Sachverhalt zu nähern, oder dass die Sache gar rätselhaft bleibt. Etwas Komplexität muss man aber in Kauf nehmen, wenn man sich einen Reim auf so ein Phänomen machen will.
Eine gute Portion Komplexität liegt schon in der Sonderstellung des Berlinerischen, die es unter den deutschen Mundarten hat, die man einfach als Dialekte bezeichnet. Im entwicklungsgeschichtlichen und strukturellen Sinne ist Berlinerisch ja kein (geografisch orientierter) Dialekt, sondern ein kurioses Ding – das, was die Sprachwissenschaftler einen Metrolekt nennen. Man könnte argumentieren, dass ein solcher Metrolekt eine besondere Form eines Soziolekts ist, sich jedenfalls viel stärker nach sozialen Gegebenheiten entwickelt als ein wirklicher Dialekt, bzw. ganz einfach nach der sozialen Verfasstheit einer Großstadt. Nach meinem Dafürhalten hing das Berlinerische, so ganz frei von der Leber weg gesprochen als urtümliches Ausdrucksmittel, schon immer viel stärker an der sozialen Schicht des Sprechers als es anderswo in Dtl. üblich wäre. Ich kann mir z. B. nicht vorstellen, dass Fontane ohne innerliches Schmunzeln berlinert hat, oder Döblin, oder einer der anderen (wenigen) halbwegs echten Berliner unter den Schriftstellern.
Und wenn man es als gegeben betrachtet, dass aktives und ausschließliches Sprechen des Berlinerischen stark vom sozialen Hintergrund abhängt, dann ergeben doch auch die Ost-West-Erklärungen Sinn, die hier angeboten wurden. Das ganz alltägliche Rollenverständnis des Intellektuellen in der DDR war natürlich anders als das in Westdeutschland oder West-Berlin – im Großen und Ganzen. Die soziale Mobilität und Akzeptanz zwischen Bevölkerungsgruppen war ganz anders gelagert (war tatsächlich vorhanden, möchte ich fast sagen). Dann die wirtschaftliche und soziale Struktur der Stadtteile… Die Bedeutung des sekundären Sektors in Ost und West - Industrie im Osten, Öffentlicher Dienst im Westen. Die Zuströme und Abwanderungen… Nach West-Berlin kamen nun mal viele Ausländer, dazu die Studenten aus aller Herren Bundesländer, die ja eben auch nicht einfach so zum berlinernden Teil der Berliner werden konnten. Dann die politische Bedeutung der jeweiligen Stadthälften in ihren politischen Systemen.
So viele Zusammenhänge, die eine abnehmende Verbreitung und Akzeptanz des Berlinerischen in West-Berlin und eher unbekümmerten Umgang mit Selbigem im Osten erklären können.
"Vielleicht liegt es auch daran, das die Ostberliner Intellektuellen nicht genügend räumlich-organischen Abstand zum Proletariat hatten? :-)))"
Die wirklich Eingemauerten hatten also mehr Platz? :D
Das ist eine Idee - so war es ja auch im Prenzlberg.
@ M.A.Ups, zu Ihrem letzten Absatz kann ich bedauerlicherweise nichts sagen, dazu müsste ich mich erstmal belesen und mich besser auskennen - aber darüber hinaus denke ich, dass die bewusster Herstellung von Nähe, die stellvertretende Intressenvertretung u.ä. durch Beibehaltung oder Kopieren äußerer Merkmale in anderen Zusammenhängen ganz bestimmt zu finden ist. Ich glaube es nur eben nicht, was das Berlinern betrifft. Einen Dialekt, eine Mundart kann man nicht ohne weiteres abstellen, es sei denn, man ist „zweisprachig“ aufgewachsen oder hat es trainiert. Beim Berlinern reicht es, bewusst darauf zu achten, aber es ist sehr anstrengend…Und deshalb denke ich, dass es kein Winterquatier ist für den zitierten Intellektullen von. G.
Ja nun, wer Sehnsucht nach der Arbeiterklasse hat, braucht doch nur die größte Arbeiterzeitung der Republik zu lesen - mit dem ungenierten Konsum der Bildzeitung ist der linke Spießer seinem Idol näher als mit jeder anderen selbstgewählten Dummheit, wie "proletarische Mundarten" und ähnlichem Quark.
Gut ist auch, wenn sich Prolet und Proletarierin zusammentun. Stärkt nicht nur die Abwehrkräfte.
Proletenverachtung ist ein hervorstechendes Merkmal des linken Spießers.
ich mag käse-spießer
linker Spießer...jetzt bin ich am überlegen...ist das nicht ein Oxymoron?
Aber Proletenverachtung ist stechend, auch gegenüber anderen, die arbeiten. Wollen und können sich SZ u.a. nicht leisten.
Leser der BILD sind oftmals schlauer, als Kay Diekmann glaubt, oder der Herr Wagner.
Außerdem gibt es den BildBlog.
das ist dann die idee, die die massen ergreift, oder?
@ kay kloetzer. postlagernd ist ein schönes bild. aber gibt es dafür eine entsprechung im internet-zeitalter?
das kommt ja immer aufs umfeld an. in der ddr war der linke spießer im grunde regierungssympathisant. jetzt ist es der echte wähler, anders. und der übriggebliebene ddr-mensch, für den links sein bedeutet, sich dem jetzigen zu verweigern. das bedeutet aber, dass der herzlich links tickende mensch sein medium schwer findet. sz ja, manchmal folkolore. freitag irgendwie. aber dann?
kay, darüber muss ich mal ein halbes Jahr nachdenken; oder es findet sich eine kürzere Erläuterung
maulwürfe haben aber jetzt saison!
ja,mden spamfilter
also ohne m vorerst,
den spamfilter
Verachtung herauslesen aus der sachlichen Feststellung was mit der so heißgeliebten Arbeiterklasse heute so los ist, können vermutlich nur ehemalige Vertreter dieses ekligen und leider noch nicht endgültig untergegangenen ML-Proletkultes vergangener Zeiten.
Das Leser des Freitag, SZ oder des famosen Spiegel nicht klüger sind und sein wollen als Bildleser, beweist jeder Blick in die entsprechenden Leserblogs.
luggi, denk nicht lange nach.
mach mit, sei freitagfit, wie die andern auch!
genau das mein ich mit "strasse": wat haenschen...... meine drei kinder sprechen alle reines hamburgisch, weil da geboren. ich selbst, krieg nach 35 jahren dort nach den ersten drei worten die frage: sind sie schweizer?
nachdenken isn tüpesches merkmal des linken spiessers.
p.s. ich kann alles ab, nur nicht wenn jemand "ebent" sagt
Oder nochmal anders gesagt: In der Berliner Mundart überwintert Gramscis "organischer Intellektueller". Alles klärchen?
Nee. - Ist der "organische Intellektuelle" denn biologisch abbaubar? In manchen Intellektuellen selbst kann man durchaus Abbauprozesse beobachten. Und was dann da manchmal "hinten raus" kommt - anschwellender Bocksgesang oder manchmal auch Sadam als Hitlers Wiedergänger.
Wenn es überhaupt was gibt, was heute noch in den Menschen aller Klassen und Schichten in Ost und West" überwintert", dann ist das nicht der organisch abbaubare Intellektuelle sondern es überwintert die Sehnsucht nach dem selbständigen Bruder des Arbeiters, die Sehnsucht also nach dem guten, soliden, freundlichen Handwerker.
Das Hoffen und Bangen, das sich ein Angehöriger dieser Schicht mit speziellen Kenntnissen und Fertigkeiten bei einem einfindet und das kaputte Gerät wieder in einen betriebsfähigen Zustand versetzt, das sind die wahren und realen Sehnsüchte aller Menschen. So sieht's nämlich aus. Wenn der anrückt wird im Überschwang und, um sich beliebt zu machen, gern mal berlinert.
In diesem Sinne:
Menschen in Ost und West mit dringendem Bedarf an handwerklichen Dienstleistungen - vereinigt Euch!!! Ihr habt nichts zu verlieren außer dem nächsten Wartungstermin.
Magda Geisler - Volkstribunin vom Dienst
Sie denken (nach) zu viel über das Sprechen (Dialekt) der Berliner nach.
"Das Sein bestimmt das Bewußtsein.." Sind die Berliner über die
Sie diskutieren älter als ca. 40 Jahre haben sie diese sprachlichen
Unterschiede. Bei den Jüngeren verwischen diese Unterschiede
übrigens auch im Dialekt (der Ost Dialekt ist schnodriger , Zille mäßiger)
@ CB
Jo mit da Verwaltung da haste recht.
Schon da erste Satz »Gelegentlich kaufe ich mir die B.Z. , "Berlins größte Zeitung", um wie man sagt, dem Volk ein wenig aufs Maul zu schauen.« liess ma stutzig werd'n, so dass ich mia jleich dachte: »Aha der Angele glotzt mal wieda in een Terrarium und sacht denn och jleich noch bescheid.«
Natürlich hatter richtich festjestellt: Der sojenannte Ostintellektuelle is' sich für's Berlinan nich zu schade. Een Grund dafor könnte meener Meinung nach sein, dit inna DDR Berlin eene Sonderstellung hatte. Dit heest wer hier her kam, der wollte och dazu jehören, deswegen haben och so viele Ostschauspieler jerne berlinat.
Dit war't denn och schon, der Rest mit de Sehnsucht, meen tapferet Schweizerlein, is Kokolores. Wer's nötich hat sich ne Zeitung zum Uffs-Maulschaun zu kofen, der muss ja jenau dies'n Mangel kompensier'n indem ma den ander'n unterstellt, die hätt'n keene Volksnähe, aba Sehnsucht.
Sehnsucht ham wa nur danach, dass die Zujezojenen nicht immer Versuchen eenem die Stadt zu erklär'n und dit se uffhör'n uff de Lichtenberjer rumzuhacken. Wär' och nett wenn Se den Ahne nich' mehr als Intellektuellen beschimpfen würden.
Schönen Tach noch.
@Ich. Sehr angenehm an Jochen Schmidt oder Alexander Osang finde ich, dass Sie meines Wissens noch nie Dia- oder wie es ja genauer heißt (siehe L. Hasselberg) Metrolekt GESCHRIEBEN haben. Wenigstens ich finde das immer sehr bemüht.
Einen schönen Tag Ihnen auch
Kann eigentlich jemand hier erklären, warum sich "Intellekt" und "Dialekt" ausschließen sollen ? Stellt ein "Intellektueller" sein geistiges Vermögen infrage, sobald er sich nicht künstlich verbiegt und seine Mundart verleugnet ?
Ferner führt Hr. Angele Politiker als Gewährsmänner für den "Intellektuellen" an. Um Politiker zu sein - seien wir mal ehrlich - bedarf es eigentlich nur, na, eines sparsamen Intellekts; da sind andere Qualitäten praktischer.
Wirklich hanebüchen ist aber, die B.Z. als 'Volkes Stimme' anzuführen !
Und von welcher "Arbeiterklasse" ist die Rede ? Wer soll das sein ?
Der Blogbeitrag sowie die ganze Diskussion beruht einzig auf völlig konstruierten Vorraussetzungen, die tatsächlich eben so nicht bestehen.
Weitere Thesen zum Subjekt der Geschichte
1. Was früher die Arbeiterklasse war, ist heute die Menschheit
2. Was früher die Erde war, ist heute die Sonne
3. Was früher Berlin war, ist heute Billerbeck
4. Was früher intelligent war, ist heute egal
5. Was früher Disko war, ist heute Club
6. Was früher der Blues war, ist heute der Blues
geh doch in die Oberstadt
wenn sie actimel nehmen ...
Heine - wer sonst? - bringt es scharf- und sprachsinnig auf den Punkt. Ich lese immer wieder und momentan durch Walser (ja!) angeregt die "Französischen Zustände" und finde in der Vorrede: "Ich traute nicht diesem Preußen, diesem langen frömmelnden Kamaschenheld mit dem weiten Magen. und MIT DEM GROSSEN MAULE, und mit dem Korporalstock, den er erst in Weihwasser taucht, ehe er damit zuschlägt." Das ist historisch evident. Nur historisch?
Also in den Siebzigern wurde in der Studentenszene in West-Berlin noch viel berlinert. Die Nichtakzeptanz kam wohl eher durch die Zugezogenen.
In den früheren Zeiten, den 20er/30er Jahren, man kann es bei Hans Fallada nachlesen, -Ein Mann will nach oben- etc., erkannte man noch an der Art des berlinerns, woher derjenige Mensch kam (z.b. aus´m Wedding oder aus Zehlendorf).
Also, ick find´balinan jut. Wo komma denn da hin, wenwa did nich ma mehr dürfen tun können, wa ?
Ick könnt ma kugeln :-)))))
www.youtube.com/watch?v=jeoMx6pojYI=related
Schnodrig war er auch in Neukölln, Kreuzberg, Schöneberg (teils,teils) und Wedding.
Sprach man in Karlshorst oder Friedrichshagen genauso wie In Friedrichshain?
Der Intellektuelle ist nun mal eine bürgerliche Erfindung, deshalb spricht er (bzw. bemüht sich) hochdeutsch zu sprechen. Je näher er ans Hannover-Hochdeutsch herankommt umso klüger (erscheint er).
Dem Intalektuellen dem dad ejal is, also ick saje mal, dem Freak-Intalektuellen, wa...also der hat ja Klassenschande betieben.
Der jehört nich mehr richtig dazu, muß sich von nun an Künstla schimpfen.
Aba een proletarischer Intalektuella issa och nich sofort, oder?
"z.B. an die in Berlin mit deutlich über 1000 Mitgliedern deutschlandweit größte Attac-Gruppe) fast nur auf Wahlberliner/innen trifft."
Da hast du absolut recht. Viele echte Berliner scheinen mir entpolitisiert, meine Vermutung wird durch die Wahlbeteiligung des Bezirks Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg gestützt. Diese lag bei der Bundestagswahl 2009 bei ca. 64%. Außerdem könnte es daran liegen, das Attac in den Ostbezirken wo "echte" Berliner wohnen eher nicht aktiv ist.
Wahlberliner wohnen zum Großteil wo? P'berg, F'hain, X-berg usw. also näher am gesellschaftlich-kulturellen Zentrum (Gentrifikation).
Ich war zwecks Aufrufe für das Attac Bankentribunal im Rathaus Marzahn, die SPD und die Grünen waren nicht da, die CDU/CSU kann mich mal, daher bin ich zur 'Die Linke'.
Der war hocherfreut endlich mal einen Attaci zu treffen.
Vielleicht sind die genannten Beobachtungen hilfreich um deine Beobachtungen zu erklären.
Mensch dit ham'se aba voll diplomatisch jesacht. Jut jibt's eben keene Keilerei.
Und wejen ihre zwee Schreiberlinge, vielleicht is dit ja der Grund warum die beeden nich so bekannt sind wie z. B. Gerhart Hauptmann.
Juten Ab'nd.
Also isch als äschtes Mitglied der Erbedderklass moss ösch Berliner enns saache dat et sisch evven net esu verhält dat Berlin de medde vun dr Welt ess.
Dat Hetz vun der Welt schläät bekanntlich in Kölle.
He im Raum vunn Kölle is et essu, dat- wenn misch enner opp Platt aansprich, dann schwade isch ooch Platt zoröck.
Dat jitt ennem dat Jeföhl dat mer enner vom selleve Schlaach vüür sich hätt, also essujet wie jemeinsamkeit.
Dä Intelektuelle wööd och saache dat dat essu jätt von Kultureller Identität stiftet.
Evver der sprischt he eher Hochdeutsch.
Der Vatter vunn minger Freundin hätt ihr schon zur Zigg als et noch e kleen Kind wohr verbodde Platt zu kalle, der hätt immer jesaat dat essujet die Sprooch von denne Strooßekinder ess.
Deshalb spricht se höck och een Sprooch wenniger.
Hier mal ein kleiner Hinweis von einem Sprachwissenschaftler: 1996 ist bei Aufbau ein Buch von zwei Germanisten der Humboldt-Uni (Ruth Reiher und Rüdiger Läzer) mit dem Titel "Von 'Buschzulage' und 'Ossinachweis'" herausgegeben worden. Darin findet sich ein Beitrag von Helmut Schönfeldt (wie die Obengenannten ein Kenner der Materie) mit dem Titel "Heimatsprache, Proletendeutsch, Ossi-Sprache oder? Bewertung und Akzeptanz des Berlinischen" Ich glaube, da wird die Problematik eingehend analysiert. Einschränkend muss man sagen, dass das Buch schon wieder 14 Jahre alt ist und es sicherlich auch in der Zwischenzeit neue Entwicklungen gegeben hat. Übrigens ist das ganze Buch sehr lesenswert und für Nichtgermanisten geschrieben.
wie die andern..aach..
Wie geht eigentlich samländische Mundart?
Das Berlinerische ist doch nur ein Soziolektpanschkrams, so eine Art Sprach-Vokuhila.
noch was Hübsches zur Umgangssprache:
www.titanic-magazin.de/uploads/pics/0406-guttis-sprachschule_01.jpg
Zum Thema:
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Ein wenig Solidarisch-Revolutionäres aus Bayern, zitierte Worte des renommierten bayerischen Dialektologen Ludwig Zehetner aus seinem Buch 'Bairisches Deutsch - Lexikon der deutschen Sprache in Altbayern', Vorbemerkungen, Abschnitt 'Bairisch in der Defensive': "Ein Charakteristikum der deutschen Sprache ist Regionalität, ist Vielfalt. Steuern wir auf ein einheitliches, ein farbloses, ein heimatloses bundesrepublikanisches »Einheitsdeutsch« zu? Landschaftsneutrales Deutsch ist ein Phantom, weder vorhandene, noch wünschenswerte Realität - Wunschtraum von simplifizierenden Einheitsfanatikern."
Und ein wenig Solidarisch-Lyrisches aus Bayern, zitierte Worte der Oberpfälzer Lyrikerin Margret Hölle aus dem Band 'Zeit aaffanga'. Im Nachwort 'Oberpfälzisch - Muttersprache' ist unter anderem ein Auszug aus einem ihrer Gedichte zu lesen: "Mei Schbrouch / is mei Haus / mache Tir aaf / wern d Finga woam". Weiter über eine Berliner Hörerin einer Vorlesung: "Wissen Sie, verstanden hab' ich keen Wort, aber jefühlt, ne Menge!".
Jenau, Red Bavarian, di Sproch is di Verbindung zu dahoam. Denn die wahre Heimat is de Stall aus dem man kummt, un net di Schul aus der man heutzutage oft dummer rausfällt als rinkummt.
Umgangs-Sproch is di Sehnsucht nach überschaubare Verhältnisse, in dene man noch de Nachbarn kennt und über desse Umgang mit annere Bescheid wees.
Hochdeutsch ist wie das Englisch, das man vor Hundert Jahren den besiegten Sioux and Cheyenne aufzwang, um deren Kultur vergessen zu machen und deren Gefühl von Geborgenheit zu rauben.
Hochdeutsch ist die Herrschaftssprache im dreifachen Sinne - als Herr über Hof Leut - als Herr über Frau Kind - als Herrschaft über Heer Volk.
Hochdeutsch ist die Sprache der Besserverdienenden, die sich so vom Pöpel abgrenzen. In gleicher weise tun Sie es auch mit Kleidung, Auto, anderen Statussysmbolen auch. Affig wie sie sich in weißen Hemden mit Strick um den Hals von wiederum Ihnen vorstehenden Herrschaften vorführen lassen. Affen in Uniform. Dies sichert ihnen ihren Anteil am Provisionswesen unserer modernen Sklavenhaltergesellschaft - und macht sie schuldig.
So gesehen ist die Dorf-Sproch auch di Sproch der 'Unschuld' ... jedenfalls nicht di Sproch der Kapitalverbrecher und Banker, sondern eher der Ganoven und großzügigen Augenzwinkerer.
Dann ist wohl eher Englisch die Sprache des Imperiums...
Logisch...
Und Freimin hat auch RRRecht. ßßßiehe www.sueddeutsche.de/jobkarriere/232/504444/text/ - wo eßßß um Hochdeutßßßchßßßeminare füRRR ManageRRR geht. Damit weißßß ich nun endlich, waRRRum ich nuRRR ein aRRRmeRRR bayeRRRischeRRR PRRRoletaRRRieRRR bin und kein imperialeRRR ManageRRR: weil ich daßßß R RRRolle und daßßß S nicht ßßßchtimmhaft außßßßßßchpreche.
@Michael Angele
Interessant finde ich schon dass Michael Angele genau dort einspringt, umdeutet und widerspricht, wo im Effekt gesagt wird: Der Osten war FREIER als der Westen. Nämlich von dieser üblen Klassensegregation, die er schon an seinem (natürlich aufs Gymnasium gehenden) Sohn/ seiner Tochter studieren kann.
Deshalb haben wir Ost-Intellektos keine Probleme zu, in meinem Falle, thüringern, und Nachbar Gerhard (arbeitslos, 51), den man schon mal zum fußball fährt oder dem das bier wegtrinkt ist genauso Teil unserer Welt wie der jüngste Artikel im Freitag über die Stabilität des Euro, den mna natürlich mit ihm nicht auswerten kann. Wir habens nicht anders kennengelernt, als das Arzt(sohn) neben Straßenbahnfahrer(stochter) aufwächst. Ich fands klasse, im wahrsten sinne des Wortes, und ihr seit nich mit bei jewesen, ätsch!
Leider kommts auch nicht mehr wieder: Oder wie ists mit Söhnchen / Töchterchen - Hat er/ sie Freunde in der Mittelschule ? Das liegt ja nicht nur an Sohn oder Töchterchen, sondern daran, dass man die Arbeiter-schaft systematsich verdummen lässt in diesem Lande. Die Pole driften auseinander, und der Rest ist Schweigen.
In der tat - man muss sich fragen für wen der Intellektuelle heute spricht. Klar, nach Marx und Brecht sind die Intellektuellen immer auch Arbeitnehmer, die das Vermögen haben, sich nach ihrer Arbeitgeberschaft (oder Leserschaft??? oder anvisierten Leserschaft???) zu strecken, nicht anders als das Proletariat. Nur wenige (und das kommt auf den Charakteran, nicht auf die Intelligenz) tun den schritt, aus moralischem oder anderem Bewusstsein kritisch über die Gesellschaft zu reflektieren. Sie meinen den kritischen intellektuellen, nicht den ganz normalen käuflichen, Herr Angele. Und warum es den RTL2- Brecht nicht gibt, ist doch klar - warum soll sich ein kapitalistischer Sender einen Sozialisten auf die Mattscheide holen, das wissen Sie doch selbst. Aber Sie sollten mal z.B. bei Peter Fox genauer hinhören - Schwarz und Blau - ganz schön viel Wut da drin ... aber dieses Lied werden sie natürlich bei RTL" nicht hören.