Die Zukunft gehört dem „Freitag“

Der Zeitungsleser Bekanntlich werden nur Wochenzeitungen auf Papier überleben. Und in 75 Jahren wird die Auflage des FREITAG 2 Millionen Exemplare betragen. Ungelogen!
Ausgabe 45/2015

Sämtliche Zeitungen tendieren heute zur Wochenzeitung; sie ist die einzige Zeitung in Papierform, die längerfristig überleben wird. Alles andere wird ins Netz verschwinden, das ist den Verlagen bekannt, deshalb investieren sie in die Wochenendausgaben ihrer Zeitungen. In 50 Jahren werden auch die Wochenendausgaben der Zeitungen Wochenzeitungen sein. Uns ist davor nicht bange, nach sicheren Berechnungen wird die Auflage des Freitag im 75ten Jahr seines Bestehens über zwei Millionen Exemplare betragen, davon übrigens rund 250.000 Abonnenten mit syrischen Wurzeln, denn für die Flüchtlinge von heute, also die Bürger von morgen, sind wir das Blatt Numero eins.

Aber sprechen wir nicht von uns. Sprechen wir von der Zeitungsweltentwicklung. Die Wochenzeitung ist die Vollendung der Zeitung. Und wenn die Zeitungen dereinst Wochenzeitungen sein werden, werden sie auch wieder zu ihren Ursprüngen zurückkehren, denn die ersten Zeitungen der Welt waren eben Wochenzeitungen. Die eine wurde 1609 von Johann Carolus gegründet und hatte einen modernen Titel: Relation. Jedenfalls in der kurzen Form. Lang hieß sie Relation aller Fürnemmen und gedenckwürdigen Historien. Und das ist ja in gewisser Weise immer noch Kernbestand einer guten Wochenzeitung: Der kritische Blick auf die Eliten und ihre Machtgeflechte.

Die andere Zeitung, die ebenfalls 1609 an den Start ging, hieß Aviso. Aviso, das klingt wie eine eher theorielastige Publikation der Bundeszentrale für politische Bildung, tatsächlich aber legte man den Schwerpunkt auf die Auslandsberichterstattung: Was sich begeben vnd zugetragen hat / in Deutsch: vnd Welschland / Spannien / Niederlandt / Engellandt / Franckreich / Vngern / Osterreich / Schweden / Polen / vnnd in allen Provintzen / in Ost: vnnd West-Indien etc.

Muss man betonen, dass der Auslandsteil wie geschaffen ist für eine Wochenzeitung? Unsere Reportagen aus dem Guardian beweisen das stets aufs Schönste. Nicht zuletzt solche Reportagen setzen um, was die Philosophie der Menschheit dringend rät: Mut zur Entschleunigung. Die Frage stellt sich allerdings, ob nicht noch mehr Entschleunigung geboten wäre. Eine Monatszeitung wäre aber vielleicht doch zu langsam. Die Leute würden sich an viele Themen gar nicht mehr erinnern (Vor einem Monat waren zum Beispiel Parlamentswahlen in Portugal. Schon vergessen?). Denkbar wäre natürlich auch eine Zweiwochenzeitung. Die bekanntesten deutschsprachigen Zweiwöcher sind c’t und Bravo, also zwei hoch spezialisierte Zeitschriften (für Computer und für Pubertät). Für eine allgemeine Publikumszeitschrift wie den Freitag empfiehlt sich das nicht.

Und noch mehr Wissenswertes über das Phänomen Wochenzeitung: In England heißt es weekly, in Frankreich hebdomadaire. Ein Kuriosum auf dem deutschen Wochenzeitungsmarkt ist die Preußische Allgemeine Zeitung. Sie wird von den gleichen Leuten gelesen wie die Junge Freiheit. Auch der Autorenstamm überschneidet sich. Anders sieht es bei der Zeit und dem Freitag aus. Viele Leser, die von der Zeit enttäuscht sind, wechseln zu uns. Auch den umgekehrten Vorgang mag es geben, er ist mir aber noch nicht zu Ohren gekommen.

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Die Kolumne Der Zeitungsleser wurde 1990 bis 2003 von Erich Kuby für den Freitag geschrieben

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Dieser Artikel ist Teil der Jubiläumsausgabe zum 25. Geburtstag des Freitag

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Geschrieben von

Michael Angele

Ressortleiter „Debatte“

Michael Angele, geb. 1964 in der Schweiz, ist promovierter Literaturwissenschaftler. Via FAZ stolperte er mit einem Bein in den Journalismus, mit dem anderen hing er lange noch als akademischer Mitarbeiter in der Uni. Angele war unter anderem Chefredakteur der netzeitung.de und beim Freitag, für den er seit 2010 arbeitet, auch schon vieles: Kulturchef, stellvertretender Chefredakteur, Chefredakteur. Seit Anfang 2020 verantwortet er das neue Debattenressort. Seine Leidenschaft gilt dem Streit, dem Fußball und der Natur, sowohl der menschlichen als auch der natürlichen.

Michael Angele

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