Die zweite Reihe

Hegelplatz 1 Beim Rennen um den Parteivorsitz der CDU sprechen alle nur von Friedrich Merz. Aber was ist eigentlich mit Volker Rühe?
Ausgabe 46/2018
Im Jahr 2000 hatte Angela Merkel im Gerangel um den Parteivorsitz der CDU Volker Rühe ausgestochen
Im Jahr 2000 hatte Angela Merkel im Gerangel um den Parteivorsitz der CDU Volker Rühe ausgestochen

Foto: imago/photothek

Natürlich schauen wir, was die anderen so tun. Der Spiegel titelte jüngst mit Friedrich Merz. Alles über den „Risikokandidaten“ mit seinen „Millionengeschäften“ und seinem „aufbrausenden Temperament“, plus Offenlegung der Mitgliedschaft im Rotary Club Arnsberg, der sich wöchentlich im Restaurant Rodelhaus trifft. Das sind so Details, die den Einsatz von sieben Spiegel-Redakteuren plausibel machen.

So etwas kann hier natürlich nicht geleistet werden, liebe Leserinnen und Leser. Was Sie von mir haben können, sind höchstens ein paar Zeilen über, sagen wir, Volker Rühe. Obwohl die Abteilung Vergangenheit bei der CDU ihre Geister losgeschickt hat, steht er nicht an vorderster Front. Das mag auch mit seinem Alter zusammenhängen, Rühe ist jetzt 76 und also selbst für eine Rückkehr der alten Geister etwas alt. Ich habe Volker Rühe neulich im Deutschlandfunk (DLF) gehört. Er hat milde über Angela Merkel gesprochen, die ihn 2000 im Gerangel um die Nachfolge von Schäuble als Vorsitzender der CDU ausgestochen hatte. Alles verziehen, und überhaupt: Er sei es doch gewesen, der die ganz junge Angela Merkel unterstützt habe, in den letzten Monaten der DDR, gegen die alten Ost-CDUler – „Tief ist der Brunnen der Vergangenheit“ (Thomas Mann).

Noch diesen Februar hat Rühe allerdings ein Interview im Stern gegeben, in dem er mit Angela Merkel ins Gericht ging. Merkel habe in den Koalitionsverhandlungen katastrophal verhandelt. Mal obsiegt eben Rachegelüst, mal der staatsmännische Gedanke. Das kommt auch ein bisschen auf das Medium an: Der Stern fürs Nachtreten, der Deutschlandfunk fürs Räsonnement. Was macht Rühe sonst so? Recherchen haben ergeben: Er ist Vorsitzender der „Kommission zur Überprüfung und Sicherung der Parlamentsrechte bei der Mandatierung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr“. Die Kommission hat 2015 zum letzten Mal getagt. Ob es sie noch gibt? Ist nicht so wichtig. Was bleibt: der Transatlantiker Rühe. Vielleicht auch sein frühes Eintreten für den EU-Beitritt der Türkei. Und natürlich sein Blick, das linke Auge etwas zugekniffen, was ihm etwas Haudegenartiges verleiht. Wer es lieber kritischer mag: seine Verwicklung in den Parteispendenskandal und die Entsendung deutscher Soldaten nach Somalia und Bosnien-Herzegowina, die dem Pazifismus heute noch ein Dorn im Auge ist.

Im DLF hat sich Rühe ins Zeug gelegt für den Risikokandidaten. „Ich sehe Friedrich Merz als Investition in die Zukunft und nicht in die Vergangenheit.“ Klingt etwas komisch, wenn er das sagt.

Nächste Woche dann ein paar Worte zu Bernhard Vogel, der sich klar für Merz’ Gegnerin Annegret Kramp-Karrenbauer ausgesprochen hat. Ihm hat sich neulich Norbert Blüm angeschlossen.

der Freitag digital zum Vorteilspreis

6 Monate mit 25% Rabatt lesen

Geschrieben von

Michael Angele

Ressortleiter „Debatte“

Michael Angele, geb. 1964 in der Schweiz, ist promovierter Literaturwissenschaftler. Via FAZ stolperte er mit einem Bein in den Journalismus, mit dem anderen hing er lange noch als akademischer Mitarbeiter in der Uni. Angele war unter anderem Chefredakteur der netzeitung.de und beim Freitag, für den er seit 2010 arbeitet, auch schon vieles: Kulturchef, stellvertretender Chefredakteur, Chefredakteur. Seit Anfang 2020 verantwortet er das neue Debattenressort. Seine Leidenschaft gilt dem Streit, dem Fußball und der Natur, sowohl der menschlichen als auch der natürlichen.

Michael Angele

Der Freitag im Oster-Abo Schenken Sie mutigen Qualitätsjournalismus!

Print

Entdecken Sie unsere Osterangebote für die Printzeitung mit Wunschprämie.

Jetzt sichern

Digital

Schenken Sie einen unserer Geschenkgutscheine für ein Digital-Abo.

Jetzt sichern

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Kommentarfunktion deaktiviert

Die Kommentarfunktion wurde für diesen Beitrag deaktiviert. Deshalb können Sie das Eingabefeld für Kommentare nicht sehen.