Gelbe Karte für Klaas Heufer-Umlauf

TV-Kritik Der Moderator startet mächtig durch. In seiner Sendung neoParadise machte er aber gerade die ersten Fehler
Klaas Heufer-Umlauf
Klaas Heufer-Umlauf

Foto: Andreas Rentz/Getty Images

Im Freundes- und Kollegenkreis wird gerade viel diskutiert über die TV-Moderatoren Klaas Heufer-Umlauf und Joko Winterscheidt. Man kann sie noch nicht so genau einordnen. Sicher ist, dass vor allem Klaas so präsent ist, dass er eine Art Allzweckwaffe zu sein scheint. Sicher ist aber auch, dass er ein großes Talent hat. In seinen Auftritten zeigt er Sinn für sozial-mediale Exmperimente und eine schmerzfreie Intelligenz. So ging er neulich Samstagnachts in eine Großraumdisko im Berliner Speckgürtel und zog als „Performance-Künstler“ vor einem feindseligen Publikum einen Auftritt durch, wie man ihn vom Steirischen Herbst kennt. Danach wurde der Auftritt von einer Kunstwissenschaftlerin analysiert.

In der jüngsten Folge von neoParadise stieg er in einen ComedyBus. Ein Angebot für Berliner Touristen, eine Mischung aus Stadtrundfahrt und sehr bescheidener, humorvoller Animation. Als „360-Grad-Comedian“ gelang es Klaas Heufer-Umlauf, das Niveau auf dieser Fahrt so weit zu senken, dass selbst das offenbar einfach gestrickte Publikum es nicht mehr lustig fand („wir kommen jetzt am Brandenburger Tor vorbei, das gar nicht in Brandenburg steht“).

Will nur gut unterhalten

Klaas Heufer-Umlauf weiß, dass die Eskimos auch Inuit heißen und „zwanzig Bezeichnungen für Schnee“ kennen; er verfügt also über einen Bildungsgrad, der über das lückenlose Aufzählen von Moderatorenriegen und Fußballteams hinausgeht, und erinnert in seinem Talent nicht nur von weitem an Harald Schmidt. Leider auch in seinen schlechten Seiten.

Als Studiogäste waren Til Schweiger und Moritz Bleibetreu eingeladen. Schweiger hat einen neuen Film. Einen Action-Film. Schutzengel. Der Film wird wohl wieder ein Publikumserfolg werden, sicher aber wird er schon jetzt stark kritisiert. Bekanntlich lautet das Til Schweiger’sche Credo: Wer in Deutschland Erfolg hat, kriegt eins auf die Fresse, und ich kriege es besonders ab, denn ich sehe gut aus, bin schlau, aber kein Klugscheißer, kann hart sein, habe aber ein grundgutes Herz. Und mit meinen Filmen will ich nur, was in Deutschland (anders als in Hollywood) sonst ja keiner will: die Leute gut unterhalten.

Kein guter Deal

Uns so hat Til Schweiger es auch den beiden Moderatoren prophezeit: Auch ihr kriegt bald eins auf die Fresse, kommt wie von selbst. Im bescheidenen Rahmen dieses Blogs soll das nun geschehen. Es war nämlich nicht nur widerwärtig, wie Til Schweiger umgebremst für einen Kriegsfilm werben konnte, immer natürlich mit der „street credibility“ im Tornister, dass die deutschen Soldaten in Afghanistan, die hierzulande ja vergessen würden, seinen Film lieben, und das sei letzlich das einzige, was zählt.

„Til Schweiger macht Werbung für die Bundeswehr, die wiederum macht Werbung für ihn. Guter Deal“ schreibt heute die SZ. Und Klaas und Joko machen mit. Warum? Sie haben das Prinzip der Harald Schmidt-Show inkorporiert, dass der Studiogast noch so viel Mist labern kann, und er doch freundlich behandelt wird. Dieses Prinzip gehört dringend gebrochen. Warum muss ich mir all die netten Belanglosigkeiten zwischen Medienmenschen anhören und anschauen, nur weil man sich in diesen Kreisen nun einmal kennt? Was bei Alfred Biolek vielleicht noch Sinn gemacht hat und schon in Talksendungen wie 3 nach 9 schwer erträglich ist, wird vollends unmöglich bei jungen Moderatoren, die in anderen Kontexten ja auch nicht gerade einen niedrigen Aggressionspegel zeigen. Oder anders gesagt: Nur wer Til Schweiger nicht in den Arsch kriecht, darf sich über das Publikum in Comedy-Bussen erheben.

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Geschrieben von

Michael Angele

Ressortleiter „Debatte“

Michael Angele, geb. 1964 in der Schweiz, ist promovierter Literaturwissenschaftler. Via FAZ stolperte er mit einem Bein in den Journalismus, mit dem anderen hing er lange noch als akademischer Mitarbeiter in der Uni. Angele war unter anderem Chefredakteur der netzeitung.de und beim Freitag, für den er seit 2010 arbeitet, auch schon vieles: Kulturchef, stellvertretender Chefredakteur, Chefredakteur. Seit Anfang 2020 verantwortet er das neue Debattenressort. Seine Leidenschaft gilt dem Streit, dem Fußball und der Natur, sowohl der menschlichen als auch der natürlichen.

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