Guttenberg-Interview. Kurzform. Ein Service von Freitag.de

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DIE ZEIT: Wie konnte es zu dem kommen, was Sie einen „ungeheuerlichen Fehler“ nennen?

Guttenberg: Der Fehler war bereits sehr früh angelegt. Ich habe im Jahr 1999 mit meiner Doktorarbeit begonnen und schon damals war eine Doppelbelastung absehbar: Ich bin ja bereits während der Studienzeit von der Familie erheblich mit in die Pflicht genommen worden. 2001 habe ich mich dann entschieden, in die Politik zu gehen. Darunter hat natürlich die Doktorarbeit noch mehr gelitten.

Was heißt das genau?

Das heißt, dass es Zeiträume bis zu einem Jahr gab, in der ich mit der Doktorarbeit nicht beschäftigt war und im Grunde immer wieder von vorne anfangen musste. In dieser Zeit ist bereits mein grundlegender Fehler angelegt, nämlich meine Arbeitsweise.

Wie war ihre Arbeitsweise?

Ich war ein hektischer und unkoordinierter Sammler. Ich habe ausgeschnitten und kopiert es und das Ganze auf Datenträgern sofort gespeichert. Am Ende verteilte sich die Arbeit auf mindestens 80 Datenträger.

80 Datenträger?

Ich habe ja für jedes Kapitel eine Diskette angefertigt. Ich habe unterschiedliche Ordner angelegt, ich habe über die Jahre hinweg auf vier unterschiedlichen Computern gearbeitet, die an vier unterschiedlichen Orten waren. Übersetzungen habe ich manchmal auf Flügen unternommen. Ich habe auf Reisen an der Dissertation gearbeitet oder wenn ich in einem Thinktank war. Irgendwann hatte ich einen Wust von Informationen, in dem außer der Gliederung keine innere Ordnung mehr erkennbar war.

Ich wusste später auch nicht mehr, an welchem Text ich schon gearbeitet hatte, welcher Text mein eigener war und welcher möglicherweise ein Fremdtext, insbesondere beim Zusammenfügen der Bruchstücke…

Haben Sie von Anfang an so gearbeitet, auch als Sie noch nicht in der Politik waren?

Ja, auch in den ersten eineinhalb bis zwei Jahren, als ich sehr viel Zeit und Kraft in die Doktorarbeit investiert habe und sie für mich Priorität hatte.

Zu Ihrer Zeit als Verteidigungsminister. Was befähigt einen Menschen, der schon bei der Abfassung einer Doktorarbeit offenkundig hoffnungslos überfordert ist, zur Leitung eines Ministeriums, zumal eines, in dem über Krieg und Frieden, Leben und Tod entschieden wird?

Dazu fällt mir nichts ein. Das ist übelste Polemik. Wir brechen hier ab.


Editorische Notiz: Außer der letzten Frage und der letzten Antwort besteht der Text aus zum Teil minimal abgeänderten, aber sinngetreu wiedergegebenen Originalzitaten aus dem Gespräch, das Giovanni di Lorenzo mit Karl-Theodor zu Guttenberg geführt hat (vgl. Zeit Dossier v. 24. 11. 2011, S. 17 u. 18)

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Michael Angele

Ressortleiter „Debatte“

Michael Angele, geb. 1964 in der Schweiz, ist promovierter Literaturwissenschaftler. Via FAZ stolperte er mit einem Bein in den Journalismus, mit dem anderen hing er lange noch als akademischer Mitarbeiter in der Uni. Angele war unter anderem Chefredakteur der netzeitung.de und beim Freitag, für den er seit 2010 arbeitet, auch schon vieles: Kulturchef, stellvertretender Chefredakteur, Chefredakteur. Seit Anfang 2020 verantwortet er das neue Debattenressort. Seine Leidenschaft gilt dem Streit, dem Fußball und der Natur, sowohl der menschlichen als auch der natürlichen.

Michael Angele

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