Mathias Döpfner: Vom Ossi-Hasser zum ROAZ

Medien Der Springer-Chef Mathias Döpfner hat sich sehr abfällig über die Ostdeutschen geäußert. Vermutlich war das der eine Skandal zu viel
Mathias Döpfner, reichster Ossi aller Zeiten
Mathias Döpfner, reichster Ossi aller Zeiten

Foto: Sven Simon/Imago Images

Der Vorstandsvorsitzende des Axel-Springer-Verlags hat keine hohe Meinung von den Ostdeutschen. Das geht aus „E-Mails und Chatnachrichten aus dem engsten Führungskreis von Springer“ hervor, die die Zeit in der aktuellen Ausgabe aus ihrem calvinistischen Pflichtbewusstsein heraus veröffentlicht hat. In einer steht: „Die ossis sind entweder Kommunisten oder faschisten. Dazwischen tun sie es nicht. Eklig“.

Noch krasser ist folgender digitaler Klospruch des Mannes, dessen Vermögen auf 1,4 Milliarden Euro geschätzt wird: „Vielleicht sollte man aus der ehemaligen ddr einen Agrar und Produktions Zone mit Einheitslohn machen“. In der Vergangenheit hat sich Döpfner auf „Ironie“ und bewusste Übertreibung herausgeredet, wenn ähnliche Dinge von seinen Feinden an die Presse durchgestochen wurden. So, als er den bedrängten Bild-Chefredakteur Julian Reichelt in einer WhatsApp-Nachricht an Benjamin von Stuckrad-Barre verteidigt hatte. Reichelt sei eben wirklich der „letzte und einzige Journalist in Deutschland, der noch mutig gegen den neuen DDR Obrigkeits-Staat aufbegehrt.“

KKR und CPPIB

Das dürfte diesmal schwierig werden. Nächste Woche kommt ein (Schlüssel)-Roman von Stuckrad-Barre in die Läden. Es wird ein Gewese darum gemacht, ziemlich sicher geht es in juristisch irgendwie machbarer Form um Julian Reichelt und eben auch um Döpfner.

Der hat schon etliche brenzlige Situationen überlebt, zuletzt noch eine Plagiatsprüfung seiner Dissertation, und eine E-Mail, in dem er seinen Vertrauten geraten hatte, für den Wahlsieg Trumps „zu beten“. Jetzt aber dürfte es das gewesen sein. Die amerikanischen Miteigner am Verlag, Kohlberg Kravis Roberts KKR und der Canada Pension Plan Investment Board (CPPIB), können nach dem Skandal um Reichelt und der anschließenden Klage wegen sexueller Belästigung an einem kalifornischen Gericht, nicht auch noch einen Ossi-Hasser brauchen. Da dürfte auch keine modifizierte Wiederauflage des 2022 hastig eingeführten Diversity- und Inklusionstrainings mehr helfen.

Noble Pflicht

Es zeichnet sich ab: Auch bei uns werden Leute, die noch etwas werden wollen, sich mit Döpfner besser nicht mehr zeigen. Er wird ein Ausgestoßener sein, und selbst zu einer Art Ossi werden. Zum ROAZ. Zum reichsten Ossi aller Zeiten. Wäre es da nicht die nobelste Pflicht der echten Ossis, dem die Hand zu reichen, der sie verachtet hat und der nun ein gleicher geworden ist? Mit Worten vielleicht wie diesen:

„Lieber Mathias Döpfner, ja, Sie haben ein ordentliches Sündenregister, sie halten uns nicht nur für demokratieunfähige Deppen und autoritäre Charaktere, Sie haben nach der Wende auch unsere stolze Wochenpost als Chefredakteur abgewickelt, sie haben mit ihren Westtruppen unseren schönsten Ort besetzt, den Heiligen See in Potsdam, wo selbst sie unser schönstes Museum gekauft und darin Darstellungen von Vulven aus ihrer Privatsammlung gezeigt haben. Und Sie haben Angela Merkel bestimmt nicht nur gehasst, weil die Kanzlerin damals ihre brillante Idee, der deutschen Post mit PIN durch die Einführung eines Mindestlohns für Postboten kaputt gemacht hat, Sie haben Merkel schon alleine deswegen gehasst, weil die ihre Ostherkunft eben doch nicht ganz verleugnen konnte. Wir spüren so etwas, Herr Döpfner. Aber wissen Sie was, Sie stehen damit nicht alleine, ihr Verlag hat uns schon zu Zeiten von Axel Cäsar einen Stinkefinger in Form eines goldenen Hochhauses gezeigt, bei ihnen lag der Dünkel halt nur etwas offener zu Tage. Kommen Sie zu uns. Bei der Sächsischen Zeitung wird sich schon ein Plätzchen finden.“

So ungefähr. Aber ich habe einen Kollegen hier in der Redaktion gefragt, was man von Döpfner im Osten so hält. Der Kollege stammt aus Dresden, er muss es also wissen. „Die Ossis interessieren sich nicht so für Herrn Döpfner“, sagt er.

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Geschrieben von

Michael Angele

Ressortleiter „Debatte“

Michael Angele, geb. 1964 in der Schweiz, ist promovierter Literaturwissenschaftler. Via FAZ stolperte er mit einem Bein in den Journalismus, mit dem anderen hing er lange noch als akademischer Mitarbeiter in der Uni. Angele war unter anderem Chefredakteur der netzeitung.de und beim Freitag, für den er seit 2010 arbeitet, auch schon vieles: Kulturchef, stellvertretender Chefredakteur, Chefredakteur. Seit Anfang 2020 verantwortet er das neue Debattenressort. Seine Leidenschaft gilt dem Streit, dem Fußball und der Natur, sowohl der menschlichen als auch der natürlichen.

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