Nach einer Schätzung der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) soll der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer SE, Mathias Döpfner, im letzten Jahr ein Gehalt von über 19 Millionen Euro bezogen haben. Das wäre nicht nur deutlich mehr, als der bestbezahlte deutsche CEO verdient, es wäre sogar Spitze im europäischen Vergleich. Springer dementierte, ohne eine Summe zu nennen. Die Aktionärsvertreter halten ihre Kalkulation für recht genau. Den Branchendienstleister Meedia.de wiederum stimmte die Summe nachdenklich, man wolle aber nicht in eine „Neiddebatte“ verfallen.
Man darf die Kollegen beruhigen, es wird eine solche Debatte nicht geben. Hier die wichtigsten Gründe. Mathias Döpfner ist kein normaler CEO, sondern eine Art Fabelwesen. Schon 2009 soll er mit elf Millionen Euro der bestbezahlte deutsche Manager gewesen sein. Wie heute ließ er damals dementieren, ohne die genaue Zahl zu liefern. Und als das Wirtschaftsmagazin Bilanz, das Springer selbst gehört, sein Vermögen auf 150 Millionen Euro taxierte, widersprach Döpfner im Handelsblatt gleich selbst, weil er für seine Beteiligung ja Kredite aufnehmen musste, und zeichnete das Bild eines tief verschuldeten Mannes, den seine ungewisse finanzielle Lage – Zitat – „unruhig schlafen“ lässt.
Das klingt nur dann wie Satire, wenn man nicht begreift, dass uns solche Mitteilungen aus einer anderen Sphäre als der ökonomischen erreichen. Unfassbar reich, tief verschuldet, dort, wo sie gemacht werden, ist das manchmal kein Unterschied. Man hat es eben nicht einfach mit einem Vorstandsvorsitzenden eines Medienunternehmens und dem Präsidenten des Bundesverbands der Deutschen Zeitungsverleger zu tun, sondern mit einem sagenhaften Tycoon, der dann auch noch Vorstandsvorsitzender eines Medienunternehmens und Präsidenten des Bundesverbands der Deutschen Zeitungsverleger ist. Die Verwandlung des Managers in einen Tycoon vollzog sich in der Öffentlichkeit, als bekannt wurde, dass Friede Springer Mathias Döpfner ein Aktienpaket im Wert von 70 Millionen Euro schenkte.
Solche Summen lesen sich wie Meldungen aus der Fußballwelt. Und Döpfner spielt ja finanziell eher in einer Liga mit Zlatan Ibrahimović oder Gareth Bale als mit Thomas Ebeling (ProSiebenSat1) oder Anke Schäferkordt (RTL). Ob Bale seine 15 Millionen Salär wert ist, interessiert weniger als der Symptomcharakter der Summen. „Etwas ist aus den Fugen geraten“, lautet das Mantra, das von Fans bis zu Großverdienern gesprochen wird. Eine Neiddebatte erwächst daraus nicht. Es erwächst daraus gar nichts.
Sollte überhaupt irgendwer neidisch auf Döpfner sein, dann die Kollegen im Vorstand. Neid weckt ja der „Narzissmus der kleinen Differenz“ (Freud). Im Normalfall: Der Kollege verdient 100 Euro mehr, ausgerechnet diese Lusche! Aber auch das ist natürlich keine Neiddebatte. Es hat überhaupt noch nie eine solche gegeben. Was es gibt, sind Warnungen vor so genannten Neiddebatten. Sie haben einen klaren Sinn. Sie sollen vermeiden, dass man offen über Einkommen und Einkommensunterschiede spricht. Sie sollen das Nachdenken darüber diskreditieren, was eine gerechte Entlohnung wäre und wie man sich herbeiführen könnte. Sie sollen überhaupt das Nachdenken verhindern.
Im Übrigen ist gegen Neid nichts zu sagen, gerade die Liberalen, die notorisch vor Neiddebatten warnen, sollten sich zurückhalten. Neid kann unglaublich produktiv sein. Wenn man mich fragt, würde es ohne Neid überhaupt keine „Leistungsträger“ und so geben.
Was ist Ihre Meinung?
Kommentare einblendenDiskutieren Sie mit.