Julian Nida-Rümelin: „Die Vision für nach dem Krieg fehlt“

Gespräch Über die „Realität des Risikos“ schrieb der Philosoph Julian Nida-Rümelin zusammen mit Nathalie Weidenfeld ein Buch. Was rät der Mitunterzeichner des Alice-Schwarzer-Briefes für den Umgang mit Angst und nuklearer Bedrohung?
Exklusiv für Abonnent:innen | Ausgabe 19/2022
Julian Nida-Rümelin: „Die Vision für nach dem Krieg fehlt“

Fotos: Harold M. Lambert/Getty Images, Roberto Caccuri/contrasto/laif (rechts)

Julian Nida-Rümelin ist philosophischer Realist. Er geht davon aus, dass es eine Welt der sozialen Tatsachen gibt – und nicht nur „Narrative“. Gleichwohl scheint ihm zu Beginn unseres Gesprächs unvermeidlich, die beiden Narrative zu benennen, die die deutsche Diskussion über die Vorgeschichte des Kriegs prägen. Dominant ist das Narrativ, dass gerade Deutschland nicht erkannt habe, dass der Kreml immer schon imperiale Ansprüche verfolgt, und sich blenden ließ.

Aber da ist noch ein anderes Narrativ. Es besagt, dass sich nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Herrschaftssystems unter Boris Jelzin ein „window of opportunity“ geöffnet hat. Dann aber rückte die NATO weiter nach Osten vor, und 2007 machte George Bush junior Geo