Hätte nicht jemand den Einfall gehabt, in die letzte Günther-Jauch-Sendung nur einen einzigen Gast einzuladen, dann hätte diese Kolumne eine andere Wendung genommen. Ich war wild entschlossen, den Moderator Jauch gegen seine zahlreichen Kritiker zu verteidigen, wobei es weniger eine Verteidigung Jauchs werden sollte als mehr eine Kritik der Kritiker, die meiner Meinung nach viel zu viel von einer politischen Talkshow erwarten.
Aber leider hat diese letzte Sendung die Grenzen des Moderators deutlich aufgezeigt. Jauch ist weder schlagfertig noch spontan, allerdings ist er auch nicht leidenschaftlich oder tief. Statt Kritik zu üben, wurde in dieser letzten Sendung ein wenig gezündelt, wurde versucht, dem alten Fuchs Schäuble eine verfängliche Bemerkung zu Merkel zu entlocken, was natürlich nicht gelang und dann auch nicht weiter verfolgt wurde. Jauchs Informationsquellen scheinen Bild, Spiegel-Online und der gedruckte Spiegel zu sein, Letzterer aber nicht regelmäßig. Seine Defizite konnten auch von einem gigantischen Mitarbeiterstab – 80 Leute, davon zehn Redakteure, die ihm direkt zuarbeiten, wir sind hier schließlich bei der ARD – nicht ausgeglichen werden.
Fast scheint es, als sei Jauch eher zufällig nicht in eine weitere Sportsendung geraten. Von einer Veronkelung des Polit-Talks hat man gesprochen, und in der Tat, schaut Jauch beim Gesprächeführen nicht ein wenig drein wie seine eigene Parodie durch Loriot? Sein Stil ist„nett“, aber das heißt leider auch: nicht scharfsinnig. Er ist nicht genau und er ist nicht fordernd. Mit anderen Worten, er ist nicht Günter Gaus; eine DVD „Günther Jauch. Die klassischen Gespräche“ würde man sich niemals kaufen.
Sei’s drum. In etlichen Runden fielen seine Defizite nicht so stark auf. Hier wurde die Praxis der wechselseitigen Kritik der Gäste im besten Fall durch eine zurückhaltende Moderation sogar gestärkt. Was dann wiederum bedeutet, dass auch vom strengsten seiner Kritiker kein Buch zu erwarten ist wie weiland die giftigen Sonntage mit „Sabine Christiansen“ von Walter van Rossum.
Nein, von Jauch wird am Ende seiner Tage vermutlich die Moderation des Fußballspiels Real Madrid gegen Borussia Dortmund als größte Leistung in Erinnerung bleiben, als es 76 Minuten dauerte, bis ein umgefallenes Tor repariert werden konnte; dafür gab es für ihn und Marcel Reif den Bayerischen Fernsehpreis. Beerbt wird Jauch nun von Anne Will, die ab Mitte Januar sonntags die Show bestreiten wird. Es wurde ausführlich darüber berichtet. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen hat nicht mehr viele Alleinstellungsmerkmale, die Polit-Talks gehören dazu, und besonders natürlich die Sendung nach dem Tatort, zu der sich eine imposante Kritiker-Verwertungskette über Twitter und Onlinemedien etabliert hat.
Dort wurde natürlich auch Jauchs Nachfolge bemäkelt, der Kollege Plasberg wäre schärfer, intellektueller gewesen, meinten jene, denen dieser Moderator nicht zu konservativ ist. Ich persönlich mag Menschen bei Maischberger ganz gerne, wiederum andere hätten Maybrit Illner am liebsten auf dem Thron gesehen. Die talkt zwar beim ZDF, aber wen kümmern solche Unterschiede draußen im Lande noch? Wen kümmert überhaupt noch das öffentlich-rechtliche Fernsehen, außer wenn es um die Rundfunkgebühren geht? Ja, wen kümmert überhaupt noch „Fernsehen“ als Rezeptionsform? Und da wären wir nun bei einem Problem, das so unendlich viel wichtiger ist, als es ein Moderator je werden könnte.
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