Ein einziges Grab

Gratwanderungen Adonis und Abdelwahab Meddeb sind die spirituellen Nomaden der arabischen Lyrik
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Wir säkularisierten Geister sind misstrauisch geworden gegenüber allen göttlichen Worten und dichterischen Offenbarungen. Das messianische Erlösungsversprechen, das uns die monotheistischen Religionen zumuten, hat zu viele Ernüchterungen hinnehmen müssen, als dass wir uns davon noch enthusiasmieren lassen könnten. Auch der Glaube an die Selbsttranszendierungen der Dichter ist ziemlich abgebröckelt. Das markiert einen ersten Unterschied zur arabischen Welt: Dort gilt die Rezitation des Koran nach wie vor nicht nur als der stärkste Gottesbeweis, sondern auch als Gipfelpunkt poetischer Ausdruckskraft.

Der deutsch-iranische Autor Navid Kermani hat in einem faszinierenden Essay auf den engen Zusammenhang von göttlicher Offenbarung und Poesie hin