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Eine Gesellschaft von freien Individuen, ja Individualisten, die sich zusammentun, um das ökonomische Chaos, die ökologische Destruktion und alle Ungerechtigkeit in den Griff zu bekommen und schrittweise zu beseitigen - so habe ich in der ersten Notiz die Bedingungen des Problems einer Anderen Gesellschaft beschrieben. Ich will auch diesmal noch bei der Frage des Individualismus bleiben. Denn es ist zu einfach, ihn auszurufen, wenn man nicht gleich auch von den Eigentumsverhältnissen spricht. Könnte es freie Individuen geben, wenn der Staat als Eigner aller Produktionsstätten aufträte und daher auch das politische Leben beherrschte? Wohl nicht. Aber was wäre die Alternative, wenn nicht dass die Individuen über individuelles Eigentum verfügen, und definiert das nicht die Gesellschaft, die wir schon haben?
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13:59 24.02.2009
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Kommentare 17
Sein zum Eros versus Hamsterrad der Lohnarbeit
Das ernsthafte intellektuelle Bemühen um argumentative Stringenz und Textexegese ist unverkennbar. Da werden die blauen Bände (2 Regalmeter MEW) aus den etwas verstaubten obersten Regalen wieder auf Augenhöhe geholt und die Neusprechversuche sozioökonomischer Analyse zwischen 1967-77 aufgefrischt. Es gibt sicher schlechtere Unterfangen in der akademischen Zirkuskuppel. Inwieweit sich die "Nebelbildungen im Kopf" auflösen, wenn man auf harte Macht- und Kapitalströme prallt, ist ungewiss, kann keiner wissen, der dynamische, dialektische und eruptive Prozesse gesellschaftlicher Entwicklung akzeptiert - sozusagen das Unkalkulierbare, Unbestimmbare des Nicht-Wissens als Ausgangspunkt bestimmt.
Trotzdem stellt sich die Frage nach dem (bedingungslosen) Grundeinkommen - die viel beschworene Befriedigung der Grundbedürfnisse - ganz praktisch und stategisch politisch. Intellektuelle Widersprüche, Logikbrüche und mangelnde Stringenz werden beseite gedrängt werden.
Einige Fragen: Wer zahlt die Zeche und warum soll der überdurchschnittlich belastete Bürger als Steuerzahler das freiwillig tun? ( Zur Erinnerung: schon heute bezahlen etwa 25% der Bevölkerung keine Steuern). Wenn dieser "Niemand" gezwungen werden soll - von wem, mit welcher Macht? Der "zwanglose Zwang des besseren Arguments" wird wohl nicht reichen. Die Frage der Grundbedürfnisse und deren konkrete Ausgestaltung - wer soll das bestimmen? Die Statistiker wohl nicht, die Soziologen, Psychologen, Medienwisenschaftler, Ernährungswissenschaftler etc ?? Der Konflikt ist vorprogrammiert. Praktisch wird die Frage darauf hinauslaufen: wieviel Euro über dem heutigen Hartz IV -Satz sind im Spiel? Was heißt sinnstiftende gesellschaftliche Teilhabe konkret? Wieviel Kontrolle ohne Bürokratieaufblähung? Wieviel zugestandenes Selbstverwirklichungspotenzial und freie Realisierungschancen ohne im "Hamsterrad der Lohnarbeit" zu laufen? Wer entscheidet? Die Wissenschaften als Ersatzreligionen wohl nicht.
Sein zum Eros versus Hamsterrad der Lohnarbeit (2) ...Fortsetzung des Kommentars.
Michael Jäger schreibt:
"Ein Grundeinkommen würde unser Problem schon teilweise lösen. Es wäre nämlich die Ermöglichung emanzipierter individueller Existenz auf der Basis eines Stützpunkts. Dieser Stützpunkt wäre nichts anderes als individuelles Eigentum - ökonomisches individuelles Eigentum, das den laufenden Zugriff auf Lebensmittel ermöglicht, wie es sonst Produktionsmittel tun."
" Indirekte Arbeitsteilnahme und sicheres Kleinvermögen für alle (...) "
Einverstanden, nur kann sicher nicht von einer abstrakten "Assoziation" entschieden werden, wer dann? Die Dorfgemeinschaft, die Kommune? Berlin als Hauptstadt? Die Bauernassoziation sicher nicht. Wie groß soll und kann das "Kleinvermögen" sein? Von welchen Vermögensarten sprechen wir?
Selbstverständlich alles komplexe, praktisch schwierig zu entscheidende Sachverhalte, die sicher nicht dem Autor allein als Problem vor die Tür gekippt werden können.
Ich wage die These, dass wir mit sozioökonomischen Beschreibungsversuchen allein kaum vorankommen. Die Debatte müßte eweitert werden um die Frage nach den Potenzen und Sehnsüchten der Menschen, kulturell aktive, spirituelle und wahrhaftig emotionale Wesen sein zu können und zu werden. Ohne ein "Sein zum Eros" und ohne ein intelligentes schwarmartiges Zurückdrängen des "Gottes des Geldscheins" wird es keine menschenfreundliche Vision einer gerechten und heiteren Gesellschaft geben.
Lieber Herr Jäger,
im Grundeinkommen eine Form von "Eigentum" zu sehen, könnte dadurch Konturen erhalten, dass wir der alten Praxis bis 2003, vor Einführung der Agenda 2010/Hartz IV Gesetze, in der Sozialhilfe wie Arbeitslosenhilfe den Rang von Forderungseigentum hatte, endlich de jure wiedr und noch mehr zu Rang und Namen verhelfen. Eigentum wird geldwirtschaftlich doch erst dann als sichtbare Hand wahrnehmbar, wenn Eigentum kreditwürdig bleihbar wird. ALG II – Bezüge snd bisher nicht beleihbar!
Das Bedingungslose Grundeinkommen ist ja längst nicht mehr nur eine soziale Frage, sondern in unseren Zeiten beschleunigter Geld- , Wert – Transfers eine Frage der Weitung der Geldmengenpolitik, ohne Inflation auszulösen.
Da jedoch den bisherigen Vorstellungen vom BE der Aspekt der Historie wie der Weitung der Geldmengenpolitik fundamental fehlt, schlage ich vor, den Begriff BE auf den Begriff“Kompensatioseinkommen(KE) zu erweitern.
Das KE lädt geradezu dazu ein, aktuell wie historisch begründbar, im Sinne nachaltiger Geldmengenpoltik der Zentralbanken, Forderungseigentum gesellschaftlich allgemein wie individuell rechtlich zu begründen.
Was waren denn die Entschädigungspakete im Rahmen des symbolischen Versuchs der Wiedergutmachung von Völkermord, Vertreibung, Verfolgung im Namen des Deutschen Volkes, abgeshen vom zögerlich guten Willen, anderes, als ein Experiment der modernen Geldmengen- und Finanzpolitik auf geordneten Bahnen die Geldmengen nach einer Währungsreformation 1948 zügig zu erweitern, ohne drastsich Inflation auszulösen.
So könnte ein KE für jede Volkswirtschaft ein verläßlich wie nachhaltiger Anker für die, lokal global abgestimmte Weitung der Geldmengen durch die Zentralbanken sein, ohne Inflation, Deflation. Stagflation auszulösen!?
Könnte nicht das Forderungseigentum , anerkannt aufgestellt durch das KE, ganz dem marxistischem Kriterium von individuellem Eigentum als „Auf der Grundlage“ entsprechen?
Geldmenge, egal wie hoch, lösen übrigens keine Inflation aus, geschweige denn einen monetären Tsunami, wenn sie in Forderungseigentum (KE) wie Schulden gebunden sind. So können selbst Staatsschulden wie private Schulden zur rechten Zeit eine feste Burg auf Zeit sein?
tschüss
JP
Lieber Herr Petrick,
vielen Dank für Ihre interessanten und für mich neuen Überlegungen, überdie ich intensiv nachdenken werde.
Liebe Bildungswart,
die Fragen, die Sie aufwerfen, sind ja Fragen der allgemeinen Grundeinkommensdebatte, die auch an verschiedenen Stellem der Freitag-Website geführt wird. Ich wollte das Grundeigentum hier nur als Fall eines zugleich individuellen und gesellschaftlichen Eigentums anführen. Wahrscheinlich komme ich später noch mal detaillierter auf die Sache zurück. Aber so viel konkret: 1. Ich stelle mir vor, daß alle das Grundeinkommen erarbeiten und alle es erhalten. Dies geschieht unter der Bedingung, daß es wegen des Fortschritts der Produktivkräfte immer weniger abzuleistende Arbeit gibt. Die Menschen werden (a) Jahre lang arbeiten und( b) Jahre lang auch nicht arbeiten. (a) reicht aus, um das Grundeinkommen für (b) zu erwirtschaften. Ich stelle mir vor, daß alles in Freiwilligkeit geschieht. Wenn es so sein sollte, daß die Menschen, die arbeiten wollen, so wenige sind, daß zu wenig gesellschaftlich notwendige Arbeit geleistet würde, müssen natürlich mehr Menschen gesellschaftlich verpflichtet werden. Dies dann in kollektiver Freiwilligkeit: durch wiederholte Abstimmung über entsprechende Regeln. Das Ganze ginge überhaupt nur, wenn gesellschaftlicher Konsens über das Gesamtmodell (alle arbeiten wenig und alle profitieren davon) vorher hergestellt wäre. 2. Die Frage, wer die Grundbedürfnisse bestimmt, ist einfach zu beantworten.Das tun die betroffenen Individuen selbst, alle Individuen. Es wird also zur Beantwortung der Frage der Grundbedürfnisse eine gesellschaftliche Zwei-Drittel-Mehrheit , oder so, ermittelt. Dem sollte eine gesellschaftliche Debatte vorausgehen, in der auch Psychologen, Ernährungswissenschaftler usw. angehört werden, da haben sie ihren Ort. 3. Die Höhe des Grundeinkommens in Euro ermißt sich daran, was der Kauf der Objekte der Grundbedürfnisse kostet. 4. Dem, was Sie zum Schluß über das "Sein zum Eros" schreiben, stimme ich vorbehaltlos zu.
Kleine Anmerkung zur Aussage, dass 25% der Bevölkerung keine Steuern zahlen. Das ist falsch. In Deutschland wird in der öffentlichen Debatte gerne die Einkommensteuer als einzige Steuer dargestellt, die einem Bürger das Recht auf den Titel "Steuerzahler" zugesteht. In enger Anlehnung an den Begriff "Leistungsträger". Der Staat besteuert aber auch entgegen dem eigentlichen Zweck des steuerfreien Existenzminimums über die Umsatzsteuer sowie andere indirekte Verbrauchssteuern auch relativ stark ärmere Personen. Nur fällt das keinem auf... die Umsatzsteuer ist inzwischen die größte Einnahmequelle des Staates geworden.
Was das BGE angeht, bin ich mehr als skeptisch.
Zur Frage, ob es die Gesellschaft die wir schon haben definiert, dass die Individuen über individuelles Eigentum verfügen:
Nunja, mit dem Satz ist alles und nichts definiert, weil hier kein Unterschied zwischen z.B. private Verfügungsgewalt und Gemeineigentum oder die Möglichkeit, über Lebensmittel oder Produktionsmittel zu verfügen gemacht ist.
"Alle Produktion ist Aneignung der Natur von seiten des Individuums innerhalb und vermittelst einer bestimmten Gesellschaftsform."
Marx: Einleitung zur Kritik der politischen Ökonomie, MEW Bd. 13, S. 61
Genau und deshalb ist zur Beantwortung der Frage, was "eine Gesellschaft definiert", vor allem die Art und Weise von Interesse, wie die Individuen in Beziehung zueinander zu treten haben, wenn sie etwas herstellen oder sich etwas aneignen.
So weit erst einmal. Bald mehr ...
Gruß hh
Michael Jäger schrieb, ein garantiertes Mindesteinkommen sei ...
"... ökonomisches individuelles Eigentum, das den laufenden Zugriff auf Lebensmittel ermöglicht, wie es sonst Produktionsmittel tun"
Mir ist nicht klar, wie Produktionsmittel den Zugriff auf Lebensmittel ermöglichen. Sie ermöglichen - im Kombination mit Arbeit, Rohstoffen usw. - die Produktion von Lebensmitteln. Zu deren Aneignung aber ist Geld notwendig, das Verkauf bzw. Vermietung produzierter Waren (z.B. die eigenen Arbeitskraft) einbringen. Vom Produktionsmittelbesitz frei und ledig zu sein nötigt daher bekanntlich zur Vermietung des eigenen Arbeitsvermögens.
Produktionsverhältnisse zu erstreiten, die Aneignung eines bestimmten Levels Lebensmittel erlauben, ohne dass das dazu notwendige Geld durch die Vermietung der eigenen Arbeitskraft "verdient" werden muss, bedeutet, sich die Ergebnisse fremder Arbeit mit fremden Produktionsmitteln aneignen zu können, ohne dafür selbst arbeiten zu müssen, weil die Entwicklung der Produktivkräfte das vielleicht möglich und auch notwendig macht. Natürlich bedeutet das auch ein Stück soziale Bestimmung des Einsatzes von Arbeit und Arbeitsmitteln. Wenn das von einer umfassenden politischen Ökologie auch noch weit entfernt ist, ermöglicht das natürlich auch ein Stück soziale Emanzipation vom Proletentum.
Naja, soweit erst einmal.
Gruß hh
du hast das mit dem geldmachen irgendwie falsch verstanden. der auslöser der gegenwärtigen wirtschaftskrise ist die tatsache, dass geld nicht durch "arbeit"/produktivität verdient wurde und wird, sondern durch das hin- und herschieben von zahlen. an dieser "beschäftgung" verdienen immer noch leute. einfach, weil diese leute geld besitzen, vermehrt sich das ganz von selbst. ohne deren dazutun oder leistung! aber diese leute bezeichnest du nicht als "proletentum"?
grundeinkomm / eine grundrente ( s. NL ) ist zeitgemäß und fair. ein grundeinkommen ( in zeiten in denen ein arbeitsplatz kein schutz vor armut ist und menschen gezwungen sind, sich mit "almosen" z.b. der "tafel" (privat ) ernähren zu müssen ) ist eine überdenkenswerte idee. zumal die arbeitslosenzahl weiter steigen wird. und wir es uns gesellschaftlich nicht leisten können, menschen hungern zu lassen.
hartz4-leistungen werden willkürlich von den ämtern verteilt und es wird immer wieder mal "vergessen" geld zu überweisen. oder es wird gekürzt. weil die mitarbeiter der meinung sind, beim hartz-4ler sei noch was zu holen.
im umgang mit armut, muss sich unsere gesellschaft ändern.
Hallo und guten Tag,
ein Kommentar zur Technik:
Besonders, wenn durch nicht vollendete Satzumstellungen Wirrnis entsteht, ist es außerordentlich misslich, nach dem Abschicken entdeckte Fehler - zumindest in der ersten Stunde - nicht mehr korrigieren zu können. Hatte nur ersatzweise meinen obigen Kommentar "gemeldet" und um Löschung gebeten und den korrigierten Kommentar neu geschrieben. Ok, so gehts auch. Nun wurde ärgerlicherweise die korrigierte Fassung gelöscht.
Deshalb der letzte Abschnitt noch einmal mit zuende korrigierter Satzstellung:
Gemeint ist hier lediglich, dass nach Aufhebung kapitalistischer Produktionsweisen die gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit natürlich weiter eine Rolle spielen und erfasst werden muss und den Individuen erst dann eine genaue Buchführung jenseits aller Mystifikationen möglich sein wird, mit dem Ziel, den notwendigen Arbeitsaufwand mit der Frage zu verbinden, was wo wie für welche und wessen Zwecke er verausgabt werden sollte.
Die Absurdität des Ansinnens, einen größeren gesamtgesellschaftlichen "Wert" anzustreben, würde unter diesen Voraussetzungen sofort ins Auge springen. Geringerer Arbeitsaufwand für einen bestimmten Nutzen ist Freiheitsgewinn, es sei denn, man wird, wie in kapitalistischen Verhältnissen, dazu selbst dann genötigt, wenn der erhöhte Arbeitsaufwand im Interesse eines nachhaltigen Nutzens notwendig ist.
Lieber Herr Hirschel,
bitte entschuldigen Sie die Löschung der korrigierten Version. Wir haben sehr oft den Bug, dass ein Kommentar mehrfach abgesandt wird und doppelt und dreifach im Thread steht. Ihre beiden Kommentare sahen beim ersten Blick heute morgen identisch aus, daher passierte dieses Missgeschick.
Hinsichtlich des Bearbeitens der Kommentare hoffen wir, dass wir in naher Zukunft ein Zeitfenster für eine Bearbeitung einrichten können.
Viele Grüße
Tessa
chrisamar behauptete am 03.06.2009
"du hast das mit dem geldmachen irgendwie falsch verstanden. der auslöser der gegenwärtigen wirtschaftskrise ist die tatsache, dass..."
Immer langsam mit dem schnellen Urteilen Herr Crisimar. Über das Geldmachen hatte ich irgendwie gar nicht geschrieben und über die Finanzkrise auch nicht. Sie können davon ausgehen, dass es sich zu mir herumgesprochen hat, dass Geld schon lange nicht mehr im Schweiße des Angesicht aus der Erde gebuddelt werden muss. Ist ein interessantes Thema, das aber nicht zwischen Tür und Angel behandelt werden kann und hier im Augenblick auch nicht hingehört.
Ihre Empörung gegen Leute, die mit dem Hin-und-Herschieben von Geld Geld verdienen und dass ich diese nicht "Protetentum" schimpfe, verhilft auch nicht zur besseren Erkenntnis.
Ersten ist damit die kriminelle Energie mit der das schnneeballartige Umpacken und Weiterreichen von riskanten Geldforderungen und die das möglich machenden Änderungen der Bankenaufsicht mitsamt der das puschenden Lohnzurückhaltungsideologie betrieben wurde, mit Empörung über "die Börsianer" nicht zu fassen.
Zweitens muss ich Ihnen sagen, dass es mir nicht im Traum einfallen würde irgendwelche Leute "als Proletentum zu bezeichnen". Bin ja selbst ein Halbprolet. Ich vollziehe allerdings nicht Michael Jägers Gleichsetzung von "proletarisch" und "emanzipatorisch" nach. Die proletarischen Behauptungsbedingungen gilt es ja grade zu überwinden.
Gegen ein Grundeinkommen als Produktivitätsrendite habe ich im Übrigens nichts. Könnte es selbst sehr gut gebrauchen ;-).
Gruß hh
Tessa schrieb am 03.06.2009
bitte entschuldigen Sie die Löschung der korrigierten Version.
Ja, na klar, kann passieren. Das mit dem Zeitfenster für Korrekturen wird dann vielleicht auch die Zahl der Doppelsendungen minimieren.
Schönen Tag
Gruß hh
Übrigens scheint das Geheimnis wie Geld gemacht wird gelüftet:
www.youtube.com/watch?v=WQF0ZuL8vus
:-)))
Lieber Hans Hirschel, vielen Dank für Ihren Hinweis auf das YouTube-Video, ich habe sehr gelacht. Ansonsten zwei Bemerkungen: Erstens, mir ist nicht verständlich, warum Sie glauben, ich würde "emanzipatorisch" mit "proletarisch" gleichsetzen. Habe ich das irgendwo geschrieben? Ich weiß nur, daß ich in etlichen Veröffentlichungen das Gegenteil geschrieben habe: daß eine emanzipatorische Bewegung nur aus emanzipierten Individuen jeglicher Herkunft bestehen kann, Kleinbürgern wie Marx und Lenin (der von seiner Familie her auch einen adligen Einschlag hatte), Unternehmern wie Engels, Arbeitern wie Bebel usw. usf. Zweitens, Ihr Gedanke, ich würde Marx' Bemerkung über die Wichtigkeit der Wertbestimmung im Kommunismus mißverstehen, scheint mir sehr diskussionswürdig. Ich selbst habe vor, auf dieser Bemerkung in folgenden Blognotizen noch häufig herumzureiten. Denn mir ist natürlich klar, daß sie ins gängige Marxbild nicht so recht hineinpaßt. Was Sie aber dazu schreiben, finde ich nicht überzeugend: daß Marx nicht über ein in der Wertsumme ausgedrücktes Volksvermögen spreche. Er spricht doch aber von "Buchführung", also von Ausgaben und Einnahmen, ihrer Dokumentierung und dem Bestreben, sie im Gleichgewicht zu halten. Wovon spricht er also, wenn nicht vom Volksvermögen? Und daß er vom Wert spricht, steht schwarz und weiß auf dem Papier, ob man es nun "entfremdet" findet oder nicht, das muß ich nicht eigens hervorheben. Und ist es nicht wichtig, ein Volksvermögen zu erhalten, statt es zu verschleudern? Marx schreibt, ich habe es zitiert, daß den Menschen im Kommunismus individuelles Eigentum zurückgegeben werde. Würde das Volksvermögen verschleudert, könnte nur die Schmälerung und schließlich Vernichtung dieses individuellen Eigentums die Folge sein. Natürlich soll man sich vom Volksvermögen keinen "mystifizierten" Begriff machen, aber an dieser Argumentation, scheint mir, ändert das nichts.
Lieber Michael Jäger,
haben Sie vielen Dank für Ihre Antwort.
Vergessen Sie bitte die Sache mit dem "proletarisch" und "emanzipatorisch". Meine Wortwahl war auch etwas unglücklich gewesen. Mir war folgender Satz aufgestoßen:
"Wäre die Vision eines freien Individuums, das ohne Stützpunkte existiert, emanzipierter und "proletarischer"?"
Da wir uns aber in der Sache, nämlich "Arbeiter(innen)emanzipation heißt Emanzipation aus Abhängigkeitsverhältnissen infolge proletarischer Eigentumslosigkeit" einig zu sein scheinen, wende ich mich dem strittigen Punkt zu.
Ihr Einwand:
"Was Sie aber dazu schreiben, finde ich nicht überzeugend: daß Marx nicht über ein in der Wertsumme ausgedrücktes Volksvermögen spreche. Er spricht doch aber von "Buchführung", also von Ausgaben und Einnahmen, ihrer Dokumentierung und dem Bestreben, sie im Gleichgewicht zu halten. Wovon spricht er also, wenn nicht vom Volksvermögen?"
Sehen wir noch einmal genau hin: Nach Überwindung der kapitalistischen Produktions- bzw. Aneignungsweisen bekommt die soziale Buchführung nach Marx eine viel größere Bedeutung. Aber das ist dann keine Buchführung über Einnahmen und Ausgaben von Tausch- bzw. Aneignungsvermögen in der Form von Geld bzw. Geldforderungen mehr.
Buch geführt werden wird über ...
"... die Regelung der Arbeitszeit und die Verteilung der gesellschaftlichen Arbeit unter die verschiednen Produktionsgruppen ..."(MEW Bd. 25, S. 859)
Arbeitszeit! In Bezug auf (sozial) bestimmte Produktionszwecke! Die hier gemeinten Werte werden nicht mehr im freien Wettbewerb von Wertschaffenden hinter dem Rücken der Akteure ermittelt und nicht mehr in Mark, Pfennig oder Euro gemessen, sondern von vorn herein ganz unmittelbar in Stunden.
Das heißt nicht, dass es kein Wettbewerb mehr gibt und Leistung nicht mehr zählt. Soll ermittelt werden, was für einen bestimmten Gebrauchswert an Arbeitsaufwand gesellschaftlich notwendig ist, braucht man Vergleichszahlen und also eine gewisse Transparenz über das, was geschieht und machbar ist - aber auch über die sozialen bzw. ökologischen Kosten - gemessen an z.B. Regenerationsbedürfnissen menschlicher oder außermenschlicher Art. Und um das zu ermitteln braucht man einen öffentlichen Diskurs und soziale Übereinkommen, Erfolgsindikatoren, Maßnahmenpakete, Evaluation usw.
Unter den Umständen von Volksvermögen oder besser Völkervermögen zu sprechen, das zu vermehren wäre, macht nur Sinn in Bezug auf das Vermögen, mit möglichst wenig Arbeitsaufwand unter möglichst menschenwürdigen Bedingungen, bei möglichst geringer Umweltbelastung, auf größtmöglichem Reflektionsniveau an den dafür am meisten geeigneten Orten einen möglichst nachhaltigen Nutzen zu erzielen. Und all diese Dinge können nicht in Geld ausgedrückt werden.
Soweit erst einmal ...
Gruß hh
Artikel in Le Monde diplomatique 11/2012 zum Grundeinkommen: Die falsche Solidarität"
Ich komme gleich auf den Artikel zurück.
Ich werde nach und nach alle ihre Beiträge durcharbeiten und mich nicht mit den Kommentaren beschäftigen (jedenfalls nicht vor meinen Überlegungen).
"..Was es dann heißen kann, dass die Produktionsmittel, obwohl sie allen gehören, als "Grundlage" individuellen Eigentums funktionieren,.."
Wenn die rechtlichen Verhältnisse so geändert werden, dass in der Produktion für andere, das Eigentum (oder die freie Verfügbarkeit über die Sache), dem Besteller der Sache gehört. Die Produktionsstätten werden nicht mehr in privater Hand sein und dem Staat, bzw. der Bevölkerung nach zu definierenden Anteilen übertragen.
"..Was es dann heißen kann, dass die Produktionsmittel, obwohl sie allen gehören, als "Grundlage" individuellen Eigentums funktionieren,.."
Die Basis wird das Kollektiveigentum an den produktionsmitteln sein, dass die Voraussetzung für das individuelle Eigentum sein wird, also der produzierten Ware oder der inanspruchgenommenen Dienstleistung.
"..Das heißt, die Höhe des kleinen Vermögens wird nicht von der eigenen Arbeitsleistung abhängen, sondern von der Arbeitsleistung aller,.."
Ja und hier liegt das Problem, wie es im Artikel von Flassbeck, Spiecker, Meinhardt und Vesper gesehen wird.
Abgesehen von der Tatsache, dass man sich erst einmal darüber im klaren sein muss, ob die ungleiche Verteilung des Reichtums ein zwingendes Ergebnis unseres Systems ist und dann bei politischen Eingriffen wiederum das System selbst wieder geschädigt würde (wie die Neoliberalen immer wieder betonen), dann haben wir den klassischen Systemwiderspruch. Folgerung: suche nach neuen Wirtschaftssystemen.
Wenn sich aber bei kritischer Prüfung erweist, dass die Armuts- und reichtumsverteilung nicht zwingend systemisch ist, dann wäre zuerst mal das System zu optimieren.
Sie hatten geschrieben, "das die Höhe der kleinen Vermögen von der Arbeitsleistung aller abhängen".
Ich brauche einen "Maßstab", wie mein "Anspruch auf Primärware" meinem Anteil an der Produktion dieser Produkte äquivalent ist. Abgesehen von dem Problem, wie die Steuerungsfunktion des Marktes (bei allen Schwächen), anderweitig ersetzt werden kann, wäre vielleicht mit der Problematik der menschlichen Trägheit zu rechnen, die den eigenen Anteil an Arbeit "vielleicht" kollektiv schädlich reduzieren würde.
Wie im Artikel schön beschrieben, wäre die Freiheit des einen sozusagen auf Kosten der Freiheit des anderen realisiert. Dies muss nicht so sein, aber die Gefahr bei unserer "erzogenen Mentalität" liegt auf der Hand. Die Lösung könnte ein Zeitkonto sein, die das Geld ersetzt und wo jeder seinen Anteil für sinnvolle bürgerliche Arbeit leisten muss. Sinnvolle bürgerliche Arbeit wäre dann wiederum kollektiv zu bestimmen.
Heute kann ich mit Muße im Garten sitzen und zum Beispiel ihre Texte durchdenken, ohne dabei ein schlechtes Gefühl "des Nichtstuns) zu haben, da meine Arbeit quasi von mir bereits geleistet wurde (Altersteilzeit) und später kollektiv von den Arbeitenden in der Rente bezahlt wird. Wäre dies aber nicht mehr so, brauchte es einen neuen Ethos, der das Maß für Arbeit und Nichtarbeit austariert.
Mit dem Grundeinkommen handeln wir uns neue Probleme ein; wobei ich mir nicht sicher bin, ob die nicht größer werden, als im jetzigen System vorliegen.