Dass die SPD-Führung den Abzug US-amerikanischer Atomwaffen aus Deutschland will, bedeutet leider fast gar nichts. Zwar hat Rolf Mützenich, der Fraktionsvorsitzende im Bundestag, es gefordert und wird vom Parteivorsitzenden Norbert Walter-Borjans unterstützt, das reicht aber in dieser Partei nicht, um auch nur Fritz Felgentreu zu binden, den verteidigungspolitischen Sprecher: Der sagt einfach, nee, gilt nicht. Wenn Deutschland, so Felgentreu, „sich aus der Abschreckung durch nukleare Teilhabe zurückzieht, dann verlieren wir Einfluss auf die Nuklearstrategie der NATO“. Dass auch von den SPD-Bundesministern Olaf Scholz und Heiko Maas keine Unterstützung kommt, versteht sich fast schon von selbst.
Dabei hat Mützenich recht: Das „Eskalationsrisiko“ unter dem US-Präsidenten Donald Trump ist „unüberschaubar“ geworden. Und das Argument, man habe Einfluss auf ihn, solange die Bombe in Deutschland lagert, ist absurd. Ist es etwa Gerhard Schröder, dem einstigen sozialdemokratischen Bundeskanzler, gelungen, den Irak-Krieg zu verhindern, den Präsident George W. Bush auch von Deutschland aus führte? Dass dieser Krieg mit offenkundigen Lügen begründet wurde, nützte Schröder gar nichts.
Schon Bush war „unüberschaubar“, was soll man dann erst über Trump sagen, der zur Zeit hartnäckig an seiner Lüge strickt, China habe das Corona-Virus absichtlich verbreitet? Hoffen wir nur, dass keine Strategie dahinter steckt, denn ausgeschlossen wäre das nicht. Gab es doch in seiner Präsidentschaft von Anbeginn ein rationales Moment, er hatte nämlich erkannt, nicht Russland, sondern China ist für die USA der große Konkurrent. So ließ er Russland in Syrien gewähren; dass Hillary Clinton als Präsidentin es auch getan hätte, ist nicht unbedingt wahrscheinlich. Noch ist China militärisch schwächer – Trump könnte in Versuchung geraten, das ausnutzen zu wollen.
Darauf verschwendet Annegret Kramp-Karrenbauer, die Bundesverteidigungsministerin und Noch-Vorsitzende der CDU, keinen Gedanken: Sie bestellt neue US-Jagdbomber, damit die in Deutschland lagernde Bombe auch eingesetzt werden kann. Ein Grund mehr für die SPD, diese Regierungskoalition endlich einmal zu verlassen.
Kommentare 6
Macht damit die SPD nicht die Tür einen winzigen Spalt für ein SPD-Grüne-Linke Bündnis auf?
Die Forderung nach dem Abzug von A-Waffen aus DE und dem Beitritt zum A-Waffen-Verbot-Vertrag der UNO (DE fehlt weiterhin auf der Liste der Unterzeichnerstaaten) formulierte auch A. Baerbock, nach der Aufkündigung des INF-Vertrages durch D. Trump, während die Linke den NATO-Austritt und stattdessen ein kollektives Sicherheitssystem in Europa unter Einschluss von Russland vorschlägt incl. Abrüstung, und natürlich ebenso den Abzug der A-Waffen auch verlangt.
Eine (SPD) Schwalbe macht noch keinen Sommer. In Kleinformat kann man jetzt bei der SPD sehen, was schon bei Labour in GB vor Jahren zu besichtigen war: Ein linker Vorsitzender hat die wesentlichen Teile des Parteiestablishments gegen sich. Und letztere haben die Macht durch Funktionen, Parlamentssitze und Medienpräsents.
Es bleibt dabei: auch wenn es noch Reste von eher links denkenden Menschen in der Partei gibt, die SPD ist eine untergehende Organisation. Gebraucht wird sie nur noch von der Linkspartei, weil die auch endlich mal mitregieren will.
Unsere Parlamentsdemokratie ist im Moment nutzlos für die Verbesserung der Welt.
"Ein Grund mehr für die SPD, diese Regierungskoalition endlich einmal zu verlassen."
Derer gibt und gab es im Überfluss. Aber, wie Sie schreiben, es bedeutet nichts. Es gibt nun mal eine nominelle Parteiführung und ein immer noch, auch nach dem Abgang von Schröder, Müntefering, Gabriel, Nahles - wen habe ich vergessen? - de facto mächtiges und machtversessenes Parteiestablishment. Dass es selbst diesem Bübchen Maas und dem Noske des 21. Jhds mit Namen Scholz gelingt diese Partei am Nasenring durch die Berliner Manege zu führen, ... ach Sch...e!!
Die Forderung nach Abzug der US-amerikanischen Atomwaffen aus Deutschland wurde vom Deutschen Bundestag schon im Jahre 2010 mehrheitlich beschlossen. Aber eine solche Forderung aufzustellen, kommt einem Vasallenstaat nicht zu. Und so ist es auch nicht verwunderlich, dass seit 2010 nichts geschehen ist und dass auch jetzt nichts geschehen wird. Die unterwürfigen Transatlantiker in allen Parteien, auch der SPD, sowie in den Medien, allen voran Marcus Pindur im DLF, schießen bereits aus allen Rohren nach dem Motto "Wehret den Anfängen!"
Allerdings zeigt sich hier auch, dass die SPD es seit Jahren versäumt hat, eine außen- und sicherheitspolitische Debattenzu führen und in die Gesellschaft zu tragen. Da ist ein solch isolierter Vorschlag natürlich chancenlos.
Und so können weiterhin faltenfreie Märchen verbreitet werden, wie z.B. das vom Rückzug der USA, vom bedrohlichen Aufrüsten Russlands und Chinas und der Notwendigkeit, die "Verteidigungsausgaben" auf zwei Prozent des BIP steigern zu müssen.
Eine deutsche Regierung könnte verlautbaren lassen, daß sie Notwendigkeit, Nützlichkeit, ethische Rechtfertigbarkeit und Sicherheitsgewinn von atomarer Bewaffnung mit der ultimativen Rationalität eines Atomkrieges nicht erkennen kann, und daher auf die Lagerung von Kernwaffen, auf die Beteiligung an einer strategischen Planung ihres Einsatzes, und im Falle des Angegriffenwerdens auf jegliche Hilfe mit Einsatz von Atomwaffen verzichtet. Abgesehen von diesem Vorbehalt möchte man in dem breiten Verteidigungsbündnis verbleiben. Allerdings verbietet die derzeit niedrige Bedrohungslage, mehr als deutlich unter 2% für den Wehretat auszugeben. Das könnte eine souveräne Regierung in aller Freundschaft den Verbündeten mitteilen und durchsetzen.
Aber selbstverständlich ist dazu nicht der Wille vorhanden. Von oben geht da nichts. Selbst Merkel an Stelle von Mützenich könnte das gegen die Regierungsparteien und einen großen Teil der Opposition nicht durchsetzen, nur eine sehr starke Antikriegsbewegung könnte genug Druck entfalten und die Masse der kalten Krieger in der politischen Klasse in die Ecke drängen, bis sie abgewählt werden. Da hat bislang auch die Linke versagt.
Diese Einschätzung teile ich insgesamt.