„Die Linke hat ein Grundproblem“, sagte kürzlich ein Bekannter von mir. „Sie verbreitet immer Angst vor der Zukunft. Gibt es denn keine positive Vision?“ Ich verstand ihn erst einmal gar nicht, denn jedenfalls die Linkspartei wirkt doch sehr optimistisch, wenn man sie an der jetzt veranstalteten Woche der Zukunft misst. Dennoch glaube ich, dass mein Bekannter einen wunden Punkt trifft. Die Vision gibt es zwar. Da hat sich die Linke sogar gesteigert. Über das Zukunftsmanifest, das die Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger während der Woche in Berlin vorstellten, konnte man staunen, ja richtig begeistert sein. Trotzdem, es fehlt noch etwas, und vielleicht das Entscheidende. Macht die Linke Mut zum gesellschaftlichen Aufbruch? Das würde ja bedeuten, sie trüge zur Entstehung einer großen Bewegung bei, die man mit Syriza in Griechenland oder Podemos in Spanien vergleichen könnte.
Theoretisch ist sie auf dem besten Weg dazu. Mit ihrem Zukunftsmanifest schlagen Kipping und Riexinger eine neue Tonlage an, die sogar der taz gefällt und ihr einen freundlichen Bericht entlockt: „Hartz IV, liebstes Feindbild und Gründungsmythos der Partei zugleich, erwähnen sie auf 16 Seiten kein einziges Mal. Stattdessen geht der Blick nach vorne: Ein ‚freier, grüner, feministischer und lustvoller Sozialismus̒ sei nötig.“ Tatsächlich brauchen sie nicht Hartz IV zu erwähnen, wenn es doch einfacher ist, gleich die Alternative zu fordern, nämlich das existenzsichernde Grundeinkommen. „Lustvoll“ ist das Fordern allein zwar noch nicht. Das Manifest sorgt aber wirklich für gute Laune, weil es seine Perspektive ist, nach dem Leben der Menschen zu fragen. Mehrmals ist von der „organisierten Traurigkeit des Kapitalismus“ die Rede. Die Formulierung reizt zum Widerstand ohne grimmige Miene. Trotz „Mehltau“ und „öder Wirklichkeit“ - wenn auch der Widerstand organisiert ist, braucht niemand ein Kind von Traurigkeit zu sein.
Karneval und Sexismus
Bliebe es bei Formulierungen, wäre nichts gewonnen. Aber schon allein die Formel vom feministischen Sozialismus deutet auf mehr. Es gibt bereits heute weniger Patriarchat, konstatieren Kipping und Riexinger. Gerade deshalb kommt es zu gefährlichen Rückzugsgefechten rechter Kulturkritiker, die sich „in autoritäre Geschlechterbilder flüchten“ und, mehr noch, deren Angst vor dem Weiblichen setzt sich in der präventiven Verfolgung des Fremden überhaupt fort. Überall sei die Zunahme von „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ festzustellen, verallgemeinern die Parteivorsitzenden. Dass sie in der Geschlechterfrage den Angelpunkt dieser Tendenz erkennen, ist ein strategisch neuer Schritt. Wenn sie sagen, es habe sich „ein breit geteiltes Bedürfnis nach Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern entwickelt“, denken sie an Männer und Frauen gleichermaßen. Die Wirklichkeit ist noch ungerecht genug – nach wie vor verdienen Frauen weniger und sind dem Sexismus ausgesetzt –, doch die Zahl der Menschen nimmt zu, die sie für nicht mehr zeitgemäß halten. Daraus kann eine karnevalistische Situation entspringen. Der Karneval war früher ein gefährlicher Ausnahmezustand. Wie gezeigt werden könnte, gehört er zur Vorgeschichte der Französischen Revolution.
Um den notwendigen Kampf zu konkretisieren, bedienen sich Kipping und Riexinger der „Vier-in-einem-Perspektive“ der Sozialwissenschaftlerin Frigga Haug: „Schließlich muss im Leben von Männern und Frauen in gleichem Umfang Zeit sein für Erwerbsarbeit, Sorge- und Familienarbeit, politische Einmischung und Muße.“ Das Gute an der Perspektive ist, dass sie jedem Menschen unmittelbar zeigt, wie er sofort sein Leben ändern könnte, und ebenso unmittelbar das Private mit dem Politischen verbindet. Denn wie die Parteivorsitzenden hinzufügen, erfordert sie „neben einer radikalen Arbeitszeitverkürzung auch die Umverteilung der Tätigkeiten zwischen den Geschlechtern“. Zu Ende gedacht stellt sie „sowohl Patriarchat wie Kapitalismus“in Frage.
Der Kapitalismus wurde bisher überwiegend anders in Frage gestellt, auch von der Linkspartei selbst. Doch Kipping und Riexinger gelingt es, die bisherige Programmatik zu integrieren. Vom Klassenkampf sprechen sie deutlich, wer sie aber reden hört, denkt daran, dass Klassen aus Männern und Frauen bestehen. Die Wirtschaftsdemokratie wird wie im geltenden Parteiprogramm als Vergesellschaftung der Schlüsselindustrien expliziert und mit Bürgerräten ausgeschmückt. Eine Einbettung ins Kulturelle ist aber überall spürbar. Neue „Weisen des Wirtschaftens“ sind solche „des Miteinanderlebens“. Die angestrebte „Kultur des Reichtums der Möglichkeiten“ zielt auf eine Lebensqualität, die sich nicht schon aus mehr privatem Warenkonsum ergibt. Sie wird aber durch einen „Infrastruktur-Sozialismus“ gefördert, der zum Beispiel Gesundheit und Bildung neu organisiert – kommunal, gemeinschaftlich und selbstbestimmt. Die Parteivorsitzenden haben hierzu offenbar die Vorschläge der AG links-netz studiert.
Sie sind auch sonst fleißig gewesen. Die traditionelle Parteiforderung der Vermögensumverteilung können sie jetzt mit Einsichten Thomas Pikettys untermauern. Der hat übrigens auf simpelste Weise gezeigt, dass und wie die ökonomischen Fragen immer auch geschlechtliche sind: Gilt nicht zum Beispiel das Pro-Kopf-Einkommen als wichtiger Indikator zur Wohlstandsmessung eines Landes? Wie viele Köpfe es aber gibt, hängt von der Sexualität ab. Schon deshalb kann man nicht so tun, als stünden Kapitalismus und Patriarchat auf ganz verschiedenen Blättern.
Ist dieses Zukunftsmanifest nicht im Grunde ein neues oder zweites Parteiprogramm? Kipping und Riexinger haben sich das selbst gefragt. Sie spüren, dass es diese Dimension hat. Und verneinen natürlich die Frage, bevor jemand in der Partei auf die Idee kommt, sie aufzuwerfen. Nur „Sollbruchstellen im Heute“ sollten benannt werden. Es braucht auch wirklich keine neue Programmdebatte. Die Frage ist, wie das alte Programm gelesen wird. Ökonomistisch oder kulturell. Auf dem Weg zur „kulturellen Revolution“, die das Manifest ausruft, markiert es aber nicht nur Fortschritte, sondern zeigt auch Grenzen. Wo es sich konkretisiert, bleibt es doch dabei, für eine andere Wirtschafts- und Sozialpolitik zu werben.
Optimismus des Willens
Begrüßenswert ist, dass alles unter die Forderung nach mehr Freiheit und mehr Demokratie gestellt wird. Wie aber daraus „lustvolle“ Projekte hervorgehen sollen, wird nicht recht deutlich. In dieser Hinsicht spiegelt das Manifest die Projekte, die sich in der Woche der Zukunft vorstellten. Es sind Beispiele jetzt schon realisierter solidarischer Ökonomie. So wurde ein Modell entwickelt, nach dem auch minderbemittelte Käufer faire Produktion unterstützen können. Hier fällt mir die Frage meines Bekannten wieder ein. Wer solche Modelle unterstützt, muss es doch schon vorher geschafft haben, sich der „Traurigkeit des Kapitalismus“, seinem „Mehltau“ und seiner „Öde“ mental zu entziehen. Hilft ihm dabei die Linkspartei?
Man muss vielleicht noch einmal neu darüber nachdenken, was eigentlich Optimismus ist oder sein kann – gerade wenn sich die Linkspartei so optimistisch gibt. Gerade sie könnte sich an die berühmte Parole des italienischen Marxisten Antonio Gramsci erinnern: Pessimismus des Verstandes, Optimismus des Willens. Das wirft die Frage auf, wo der Optimismus denn hingehört. In die Wirklichkeitsanalyse, aus der die Zukunftsvorschläge hervorgehen sollen, gehört er nicht schwerpunktmäßig. Da nützt es eher, pessimistisch zu sein: Wenn die Dinge sind, wie sie sind, was ist dann noch möglich? Der „Infrastruktur-Sozialismus“ – kann er denn funktionieren? Wie eine neue Gesellschaft funktionieren könnte, müsste im Einzelnen durchdacht, ja durchgerechnet werden. Das ist schwerer, als einen fortschrittlichen Tauschring zu bilden. Was man tut, wenn man genauer weiß, wohin man will, ist dann eine ganz andere Frage. Da geht es darum, die Leute da abzuholen, wo sie sind.
Sie sind nicht kurz davor, sich für faire Ökonomie zu interessieren. Liegt doch auf ihnen der „Mehltau“. Hier wäre Optimismus des Willens zu erwecken. Wie kann das geschehen? Man müsste mit dem Aufbau einer sozialistischen Parallelgesellschaft beginnen, eines neuen Milieus, in dem es hier und jetzt „lustvoll“ zuginge. Wo zum Beispiel getanzt würde, ohne Eintrittsgeld. Nur so bringt man „die Verhältnisse zum Tanzen“, wie Kipping und Riexinger einfordern. Anders kommt man der Angst vor der Zukunft nicht bei.
Kommentare 67
Klingt relativ Integral. Schoen. Danke fuer den Beitrag.
Ich möchte kein Alten-Bashing betreiben - in ein paar Jahren gehöre ich selbst dazu, wenn ich Glück habe -, aber dieses Land ist halt durchschnittlich recht alt und entsprechend konservativ. Das gilt auch für viele ganz Linke.
Vielleicht kennt jemand eine Studie zum Fernsehkonsum - meine Wette jedenfalls: die weitaus meisten Zuschauer bei "politischen" Talkshows sind Rentner. Und da denen bei solchen Shows nicht der Draht aus der Mütze kommt, müssen sie wohl einigermaßen einverstanden sein mit dem Status Qjuo.
Zum Konservatismus kommt die Angst hinzu - vielleicht die im Schlusssatz des Artikels erwähnte. Ich will nicht sagen, in Europa sei jedes Land auf seine Weise traumatisiert, aber es wäre seltsam, wenn die Weltkriege überhaupt keine verdeckte Langzeitwirkung entfalten würden - über Generationen hinweg.
"warum schafft sie es partout nicht, Mut zum gesellschaftlichen Aufbruch vermitteln?"
Weil Parteien, inklusive der mit dem anmaßenden Namen, kaum noch Rückhalt beim (Wahl)Volk haben. Und das ist gut so.
Weil Parteien nicht mehr gesellschaftliche Debatten auf breiter Ebene und vor Ort initiieren und befeuern.
Weil Parteien nur noch als Jobmaschinen für Juristen, Politikstudenten und Selbstdarsteller wahrgenommen werden.
Weil Parteien fast nur noch stromlinienförmige, verwechselbare Ganztagspolitniks hervorbringen.
Weil Parteienmenschen nur Recht haben wollen, man ihnen nur zustimmend zuhören soll.
Weil alles außerhalb der eigenen Denke zur Sau gemacht wird.
Weil diese Parteien alle degeneriert sind und der Parteienparlamentarismus inzwischen die Demokratie gefährdet.
Leider bietet da auch die Linkspartei keine wirkliche Alternative.
Aufbruchstimmung kann heute nur außerhalb der selbstverliebten Parteienlandschaft erzeugt werden.
Ich sag’ es mal ganz unprosaisch: »Die« Linke ist – nach 25 Jahren Stimmabgabe für diese Partei – bei mir zwischenzeitlich ziemlich durch.
Mit grundsätzlichen Erwägungen hat das weniger zu tun. Klar – eine einigermaßen große Partei (was die Linkspartei zweifelsohne ist) hat unterschiedliche Flügel und Fraktionierungen in ihren Reihen. Nicht nur Linkssozialisten, Antiimperialisten, Populisten und Staatsinterventionisten (summa summarum der heterogene, in der Summe jedoch stark auf die Reich/Arm-Frage fokussierte Lafontaine/Wagenknecht-Flügel), sondern auch die Mitregieren-um-jeden-Preis-Fraktion (Gysi, Ramelow) sowie die ich-bau-mir-ein-Wolkenschloss-Fraktion mit Sozialismus-Option für das Jahr 3500 (Kipping, FDS usw.).
Was ich der Partei zwischenzeitlich übel ankreide, sind zwei Dinge. a) Meiner Meinung nach hat »die« Partei in Sachen Diversifiziertheit von materieller Armut, Ausgrenzung und Chancenbenachteiligung, wie sie sich mittlerweile darstellt, nicht nur keinen Begriff. Sie will partout keinen davon haben. Die Vielfalt der prekären Existenzformen – von der unabgesichert von-Auftrag-zu-Auftrag hechelnden Existenz im unteren Bereich der Kreativwirtschaft über Klein- und Straßenhändler, Zeitungsbudenbetreiber, alleinstehende Mütter, die Jobs von zu Hause aus betreiben (falls an der Stelle Fantasien aufkommen: sozialempirisch nicht ganz verkehrt) bis hin zum restlichen Bodensatz dessen, was in D euphemistisch als »Mittelstand« bezeichnet wird – ist in der Partei nicht nur bewußt auf **ignore** gesetzt. Die Parteikultur hat weder ein theoretisches noch ein milieutechnisches Sensorium dafür. Stattdessen hält man gebetsmühlenhaft den idealtypischen Hartz-IV-Empfänger hoch, dem zu seinem Glück auf Erden allein 50 Euronen mehr im Monat fehlen.
b) ist diese Ignoranz vollkommen logisch. Die Linkspartei (zumindest im Westen) wird von drei Gruppen dominiert: selbst total abgesicherte GEW-Lehrer, die die Linkspartei als Zwitter betreiben aus Hobby und beinharter Partikularinteressen-Vertretung, Politologen-Unterbau, der mental noch im Uni-AStA sitzt und die Partei als Transmissionsriemen benützt für irgendeine Form, berufsbiografisch doch noch irgendwo unterzuschlüppen und schließlich dem üblichen Funktionärstyp, den es in allen Parteien gibt.
Wie sieht das konkret aus? In meiner Heimatstadt hat die Partei eine Initiative von Überschuldeten und Privatinsolvenzlern – so muß man die vorliegenden Informationen werten, die Partei mauert da leider – liquidiert und in eine allgemeine Arbeitsgruppe zum Thema Hartz IV überführt. Zum Thema: Die erste Teilmenge dieses Partikularproblems betrifft Menschen in sieben-, die zweite Teilmenge Menschen in sechsstelliger Anzahl. Auch programmatisch fällt der Partei zum Thema Schulden allgemein bzw. überschuldete Privathaushalte kaum was ein – obwohl sich gerade in dem Bereich das neoliberale Notstandregiment ungeschminkt artikuliert wie kaum irgendwo sonst.
Bei den Piraten sind die Erfahrungen ähnlich. Kein Interesse. Gut. Ansonsten möchte uns Frau Kipping nunmehr ein »Manifest für die Zukunft« andrehen. Meine Meinung: Lasst stecken. Ihr braucht die Luft noch, um euch nächstens wieder eine lauwarme, unverbindliche Betroffenheitsresolution in Sachen Griechenland-Krise abzuknapsen.
Rein empirisch gesehen sind da noch ein paar andere Optionen drin. Denken Sie nach.
Da sind Sie wieder, Herr "Merke:". Ich hatte ja schon das Vergnügen, Sie kennzulernen. "Merke:" Ich war selbst Mitglied der von Ihnen angeführten SEW und kann bezeugen, daß sie sich ideologisch und politisch vor allem selbst isoliert hat. Die Linkspartei ist gewiß eine schwache und unbefriedigende Kraft. Wer aber ihretwegen der SEW nachtrauert, ist wirklich ein ... - (unvollständige Bemerkungen).
Auch nicht im Kommunismus?
Das Zukunftsmanifest ist ein Meilenstein, finde ich. Zum erstem Mal werden ganz deutlich und programmatisch die Missstände nicht nur benannt, nein, es werden mögliche Schritte hin zu einer Verbesserung der Zustände aufgezeigt. Ein großer Wurf. Zum ersten Mal habe ich das Gefühl der Partei geht es um mehr, als ihre innerparteilichen Konflikte. Hier zum nachlesen »Zu den Aufgaben und Möglichkeiten einer Partei der Zukunft im Europa von Morgen« (lässt sich gerade nicht aktivieren oder einbetten, aber egal ... copypaste) http://www.die-linke.de/nc/die-linke/nachrichten/detail/zurueck/nachrichten/artikel/die-kommende-demokratie-sozialismus-20/
Du hast recht, ich hätte das längst verlinken sollen. Zumal noch viel mehr Gutes drinsteht, als ich hier skizzieren konnte. Habe es jetzt oben im Text getan. Und hier noch mal, d a s Zukunftsmanifest!
Langsam ist mal gut mit der übergriffigen, auf freien Mutmaßungen beruhenden Küchenpsychologisiererei anderer Teilnehmer.
Sie sind hier sicher nicht in der Position, dass ich Ihnen über mein Leben Rede und Antwort zu stehen hätte.
"Die Wirklichkeit ist noch ungerecht genug – nach wie vor verdienen Frauen weniger und sind dem Sexismus ausgesetzt –, doch die Zahl der Menschen nimmt zu, die sie für nicht mehr zeitgemäß halten."
Ich denke doch, dass das nichts mit "zeitgemäß" zu tun hat, sondern mehr mit männlicher Realitätsgestaltung und den vorlaufenden Machtverhältnissen.
"Die traditionelle Parteiforderung der Vermögensumverteilung können sie jetzt mit Einsichten Thomas Pikettys untermauern."
Wobei Piketty nicht den Kapitalismus selbst infrage stellt, sondern "nur" seine Auswüchse kritisiert und mit klassischen Mitteln bekämpfen will. Darauf sollte die Linke nicht setzen.
„Wie eine neue Gesellschaft funktionieren könnte, müsste im Einzelnen durchdacht, ja durchgerechnet werden. Das ist schwerer, als einen fortschrittlichen Tauschring zu bilden. Was man tut, wenn man genauer weiß, wohin man will, ist dann eine ganz andere Frage. Da geht es darum, die Leute da abzuholen, wo sie sind.“
Ich glaube, Sie meinen das mit dem „durchrechnen“ weniger ökonomisch, da dann wieder im gleichen Paradigma der Ökonomie verhaftet. Der individualisierende Kapitalismus hat die Gemeinsamkeiten in die verschiedensten Perspektiven zersplittert, sodass das mit dem „Abholen der Leute“ nichts werden wird. Von dem Optimismus habe ich mich verabschiedet (Alltag, Beruf), da die Bewegung schon von jedem selbst ausgehen muss. Die Idee einer „sozialistischen Parallelgesellschaft“, die als Attraktivitätsangebot und Modellwelt Anziehung bieten würde, halte ich für sympathisch, aber für eine Utopie ohne Breitenwirkung.
Nachhaltige, ökologisch verträgliche Lebensmodelle müssten sich aus der Befreiung von Eigentumsverhältnissen (Produktionsmitteln) ergeben, die mich wiederum nicht in neue Lebensmodelle der „sozialisierten“ Gemeinsamkeiten zwingt, also die einmal erreichte Individualität (zwar aus Konkurrenzverhältnissen heraus) erhält und gleichzeitig die Basis über Institutionen schafft, um das zu ermöglichen.
In zwei Beiträgen aus den Blättern „Wie wird der Kapitalismus enden?“, hat Wolfgang Streeck herausgearbeitet, das: „Wir sollten – so mein Vorschlag – lernen, über ein Ende des Kapitalismus nachzudenken, ohne uns dabei die Beantwortung der Frage aufbürden zu lassen, was denn an seine Stelle treten solle. Es ist ein marxistisches – oder besser: modernistisches – Vorurteil, dass der Kapitalismus als historische Erscheinung nur dann enden könne, wenn eine neue, bessere Gesellschaft in Sicht ist – und mit ihr ein revolutionäres Subjekt, bereit und in der Lage, diese um des Fortschritts der Menschheit willen zu verwirklichen. Diese Annahme setzt ein Maß an politischer Kontrolle über unser gemeinsames Schicksal voraus, von dem wir nicht einmal mehr träumen können, seit die neoliberal-globalistische Revolution die Fähigkeit zu kollektivem Handeln, ja selbst die Hoffnung darauf, zerstört hat. Es bedarf weder der utopischen Vision einer alternativen Zukunft noch übermenschlicher Voraussicht, um auf den Gedanken zu kommen, dass der Kapitalismus seiner „Götterdämmerung“ entgegensieht. Genau diese These gedenke ich zu begründen, auch wenn mir bewusst ist, wie oft der Kapitalismus schon früher totgesagt wurde.“
und weiter:
„Um also entscheiden zu können, ob der Kapitalismus lebt, stirbt oder tot ist, schlage ich vor, ihn als eine moderne Gesellschaftzu definieren, die ihre kollektive Reproduktion als unbeabsichtigte Nebenwirkung individuell rationaler, kompetitiver Profitmaximierung zum Zweck privater Kapitalakkumulation sicherstellt – vermittels eines „Arbeitsprozesses“, der privates Kapital mit kommodifizierter Arbeitskraft kombiniert, um so die Mandevillesche Verheißung der Verwandlung privater Laster in öffentliche Güter wahr werden zu lassen. Ebendiese Verheißung, behaupte ich, kann der gegenwärtige Kapitalismus nicht mehr einlösen – womit er am Ende seiner historischen Existenz als aus eigener Kraft reproduktionsfähige, nachhaltige, vorhersagbare und legitime Gesellschaftsordnung angekommen ist.“
Er führt das ausführlich weiter aus, wobei er sich auch auf Karl Polanys "Great Transformation" bezieht, aber auch auf Marx.
Leider sind die Artikel nur im digitalen Abo zugänglich. Auf jeden Fall lesenswert. Danke übrigens für den Link auf das Zukunftsmanifest der Linkspartei
Ich glaube, daß Streek einem gefährlichen Fehlurteil unterliegt. Natürlich wird der Kapitalismus von selbst zusammenbrechen, wenn ihn nicht vorher die Menschen stoppen. Aber das würde eine gigantische Katastrophe bedeuten. Der Selbstzusammenbruch des Römischen Reichs, die die dort lebende Menschheit jahrhundertelang ins Dunkel warf, wäre gar nichts dagegen. Man könnte sogar zweifeln, ob es nach einem Selbstzusammenbruch des Kapitalismus überhaupt noch eine Menschheit gäbe. Er hat ja gigantische Kräfte, sich erst mal immer wieder zu retten: erster Weltkrieg, zweiter Weltkrieg... So viel Phantasie sollten wir doch mobilisieren können, uns die Welt nach dem fünften Weltkrieg vorstellen zu können. Wenn nicht der dritte schon reicht.
Da ist es schon besser, eine Alternative auszurechnen, von der die Menschen hier und jetzt ermutigt werden, einen anderen Verlauf für möglich zu halten, damit auch das ihnen hilft, ihn zu beenden, bevor er sich selbst beendet. Dabei geht es nicht wieder um ein revolutionäres Subjekt, sondern einfach darum, daß Sie nicht vor Ihre Haustür treten würden, wenn Sie im Zweifel wären, ob da nicht ein Abgrund ins Nichts auf Sie wartet, und nicht über Ihren Tellerrand blicken würden, wenn Sie es für möglich halten müßten, daß das so wäre wie in die Sonne schauen.
Und die Art, mit Piketty umzugehen, ist ja auch nur typisch für diesen Nihilismus, der alle mutlos macht, auch uns eben. Warum in drei Teufels Namen soll ich mich denn dafür interessieren, ob Piketty den Kapitalismus infragestellt oder nicht? Das kann mir doch scheißegal sein! Es reicht mir, wenn ich selbst den Kapitalismus infragestelle! Dafür brauche ich keine paßpolizeiliche Bestärkung, weder von Herrn de Maizière noch von Piketty. Aber daß dieser die Vermögensverhältnisse untersucht hat, dafür bin ich sehr dankbar. Da hat er viele wesentliche Einsichten erlangt. Ich empfehle dringend die Lektüre! Aber freilich, wir sind ja so mutlos, daß wir gerade vor allem, was weiterführen könnte, die Finger lassen und andere „warnen“, das auch nicht zu tun...
"Aber daß dieser die Vermögensverhältnisse untersucht hat, dafür bin ich sehr dankbar." In Ordnung, da er mit Zahlen belegt und bestätigt, was Sie und ich mehr oder weniger bereits wussten. Ich habe auch lieber ein Ziel vor Augen, obwohl ich den Weg dorthin nicht kenne (weil es wahrscheinlich viele gibt).
Was Sie als "gefährliches Fehlurteil" von Streeck bezeichnen, (vielleicht haben Sie den digitalen Zugang?), ist ihre Annahme einer "gigantischen Katastrophe". Ich sehe die so nicht, wohl aber eine zunehmende weitere Destabilisierung der Gesellschaften, mit vielen "lokalen" Katastrophen, wie sie u.a. im Nahen Osten (viele Ursachen) zu beobachten ist.
Die Instrumente des Kapitalismus versagen mehr und mehr, da er als konkurrenzloses Modell mit seiner Durchdringung seine eigenen Grundlagen zerstört. Das ist zunehmend zu beobachten und ist keine Frage von Optimismus oder Pessimismus.
Vor "die Tür" zu gehen, jederzeit, was ich aber wieder in Berlin beobachten konnte ist eine kommerzialisierte Gesellschaft, wo die Mütter selbst kaum noch Aufmerksamkeit für ihre Kinder im Kinderwagen haben oder an der Hand, weil ihre ganzer Blick dem digitalen Grundrauschen ihrer Smartphons gilt. Aufmerksamkeit und Denken erscheint mir zumindest in dieser Bevölkerungsgruppe ziemlich schwierig (Ablenkung, Konsum, Spiele).
Die andere Seite betrifft diejenigen, die ihre ganze Energie für die Existenzsicherung verwenden, was auch nicht gerade kämpferisch macht.
Und in einer entpolitisierten Gesellschaft, die eine Persönlichkeitswahl (keine Inhalte) mit Frau Merkel trifft, kann ich zurzeit kein Potential für eine entkapitalisierte Demokratie erkennen. "Mutlos" würde ich das jetzt nicht nennen.
Es ist nicht wahr, daß Piketty bestätigt, was wir bereits wußten. Ich habe das auch geglaubt, bevor ich ihn richtig gelesen habe. Sie haben sein Buch offenbar nicht gelesen. - Man muß eher darüber staunen, daß es seinerzeit der gesamten Presse aller Länder gelungen ist, ihn im Ton höchsten Lobes praktisch totzuschweigen. (Ich habe damals leider auch keine Ausnahme gemacht.)
Ich sage ja selbst in meinem Text, daß man diese Fragen pessimistisch angehen muß. Wenn man sie aber gar nicht angeht, kann man auch nicht wissen, ob der phantasierte Pessimismus, zu dem man erst mal neigt, weil man vom umgebenden Nihilismus angesteckt wird ("funktioniert nicht", "wäre nicht zählebig"), überhaupt realistisch ist.
Er hat wirklich auch Dinge herausgearbeitet, die ich jedenfalls nicht wußte und die mir höchst wichtig sind. Ich werde darüber auch noch schreiben; in meiner Serie "Die Andere Gesellschaft" führt gar nichts daran vorbei.
Danke, das ist ein guter Spruch. Er sagt ja dasselbe, was ich von Gramsci zitiert habe: Pessimismus des Verstandes, Optimismus des Willens.
Stimmt, habe ich bis jetzt "noch" nicht. Manchmal verlässt man sich halt auf Autoren, die einem die Arbeit abnehmen. Wenn ich mir also die Mühe mache, dass "es nicht wahr" sei, dass er "nur" mit dem Datenmaterial bestätigt, was aus anderen Zusammenhängen bereits klar war, dann sind 800 Seiten vielleicht der Mühe wert. Wobei sich gleich noch die Frage stellt, wie gut die Übersetzung ist.
Andererseits kann ich auch auf ihren Serienbeitrag warten, um festzustellen, ob dass, was Sie nicht wussten, auch meinen Defiziten entspricht. Dies werde ich dann freimütig zugeben. :-)
....."anal.....".....wo ich dieses "Stich-Wort" gerade lese.....wie schreitet denn die (jegliche) "Arschloch-be-und-verarbeitung" voran?
Namenlos und Franz, entschuldigen Sie, aber das habe ich eingeklammert, das scheint mir doch das Thema verfehlt zu haben.
Ja. So ist das wohl.
So lange "Linke" in den Medien, direkt oder indirekt, überwiegend als mit "Altlasten" beladene Exoten dargestellt werden, haben sie keine wirkliche Chance beim Volk anzukommen. Egal wie klug und fundiert sie auch immer mit ihren Aussagen oder Programmen sein mögen. Letztendlich egal ist auch, ob es die bekannteren Gesichter, wie etwa Gysi oder Wagenknecht sind...
Werter Herr Jäger, den "Bogen entsprechend (weiter) gespannt" nicht!....denn ALLES ist in Zusammenhängen, Wecheslwirkungen, Abhängigkeiten, Folgen usw......zu "sehen"!....und genau "da" liegt "DAS PROBLEM".....für VIELE!....(und) im "Endeffekt" für ALLE!.....
Jetzt würde mich doch einmal interessieren warum mein Kommentar "versteckt" wurde????
Sorry, hat sich gerade aufgeklärt :-))
Absolute Zustimmung. Zumal ergänzend angeführt werden kann, dass seit dem globalen Wegfall des konkurrierenden Gesellschaftssystems in der bürgerlich-kapitalistischen Staatenwelt ein unglaublicher Raubbau an demokratischen Grundrechten und Strukturen stattfindet.
Aber ich sehe nicht, weshalb die Menschen in Griechenland und Spanien nicht mindestens ebenso "müde" sein sollten. Trotzdem hat es da gesellschaftlichen Aufbruch gegeben.
Daß es kein Konzept gibt, ist ein oder das Problem, das schreibe ich ja selber. Aber mit Gesellschaftskonsens würde ich gesellschaftlichen Aufbruch nicht gleichsetzen. Gesellschaftskonsens gibt es auch in Griechenland nicht, aber einen Regierungswechsel mit wirklichem Politikwechsel hat es dort gegeben.
Da stimme ich Ihnen zu! Bei mir ist "hängen geblieben".... "man" die Schulden niemals wird zurückzahlen werden können!....wie (eigentlich) "allerorts"!....so offen, ehrlich und vor ALLEM realistisch war dieser "Pollitikwechsel"!.....hat "dort" das Elend "auf den Punkt gebracht"!...in "welchem" wir ALLE uns befinden!......"hier" noch mehr oder weniger verleugnend!...nicht wahr haben wollend!
Was aber wohl viel sinnvoller und zielführender wäre!....wie konnte es "dazu" (nur) kommen?.....aber wehe dem, der....daran "kratzt"!....gar noch mehr "wagt"!.....WIRKLICH etwas "bewegen" wollte!......gelabert....geschrieben....erkannt!..... wird ja wohl schon (viel zu lange) genug!....auch, oder gerade hier!
WANN und WIE wird denn (endlich) MAL WIRKLICH zur TAT "geschritten"???!!!
Wohl, wieder MAL, zu spät!...(und dann auch nur) notgedrungen....die Falschen (noch mehr) "treffend"!
....irgendwie armselig!
...."Kreatives-Denken"!....."dies" ist "nur" der "Ausfluss"(davon/daraus)!....
.....und/aber nicht auf der VHS!....zu "haben/holen"....
...wie weit...wie tief die "normalen" gekommen...gesunken sind!
....von "daher".....
Sie jedenfalls wissen Bescheid. Brauchen gar nichts auszuführen, weil Sie ja recht haben. Sie, der Herr. Naja, hier bei freitag-online haben alle sich auszutoben versucht, Antisemiten, Nazis... Die Hunde bellen und die Karawane zieht weiter. Eine Frage noch: Was finden Sie an feministisch so schlimm? Daß es auch Frauen auf der Welt gibt statt nur Männer?
Kleine Berichtigung nur: "Meilenstein" ist kein Begriff aus der Netzplantechnik. Glauben Sie mir. Und auch Politik ist kein Begriff aus der Netzplantechnik.
Es ist schon irre, was die PC- (= Rechner-) Kultur für Blüten treibt.
...ja...in gewisser "Weise"....für sich....und andere....hoffentlich!....
Wenn Sie es so formulieren, stimme ich zu. Aber mit dem Zusatz: Ein "gesellschaftlicher Aufbruch" ist keine Lösung, sondern eben ein Aufbruch. Und das wäre schon was. Ein Teil der Gesellschaft würde aktiv für einen neuen Gesellschaftskonsens werben.
Nehmen Sie's bitte nicht bös. Aber ich war echt erschrocken. Wenn wir wir hier schon zusammen auf Deck sind, sollten wir uns auch über solche (ich möchte fast sagen "existenziellen") Dinge austauschen.
Lieber Michael,
ich bekenne, dass ich das Zukunfts-Papier der Linken nicht kenne, ebenso auch nicht die Kommentare meiner "Vorgänger" gelesen habe.
Ich meine, dass die Krux der Linken darin liegt, dass sie eine Partei ist. Schon recht viele Bürger haben die Nase von Parteien gestrichen voll. Parteien sind nicht die Zukunft einer freien Zivilgesellschaft, denn sie ersticken immer wieder in ihrem eigenen Seilschaften-Mief, vor allem, wenn sie an der Macht sind. Parteien sind genuine, machtorientierte Seilschaften, die alles andere tun, als für Herrschaftsabbau einzustehen und somit auch für mehr Freiheit. Die Zukunft liegt in Bewegungen und überall spriessenden alternativen und solidarischen Experimenten, die sich "krebsartig" ausbreiten. Das führt nicht zum plötzlichen Zusammenbruch des Kapitalismus, der noch gewaltiges Verwertungs-Potenzial in der Peripherie findet (ich persönlich schätze mal für mindestens zwei bis drei Generationen, bis auch die letzten natürlichen/menschlichen Ressourcen zum Teufel gehen). Das heisst, dass sich eine zukünftige solidarische Gesellschaft in aller Schnelle parallel zur entfremdeten, kapitalistischen Gesellschaft entwickeln sollte, bevor die Lichter auf der Welt ausgehen. Und dazu braucht man absolut keine LINKE-Partei. Letztere kann als Feigenblatt des Kapitalismus noch einige Zeit vor sich hin bruzzeln und ihren Parteisoldaten zu einem ruhigen Rentenabend verhelfen, ohne jemals tatsächliche Verantwortung für gesellschaftliche Veränderung übernehmen zu müssen. Jedoch wünsche ich den Linken-Grosskopfeten immer weniger Zeit der Narrenfreiheit, die mit der Kappung der öffentlichen Zuschüsse für die Rosa Luxemburg Stiftung einhergehen sollte (parallel zu Einstellung der Subventionen für die übrigen parteinahen Stiftungen).
LG, CE
Lieber CE, ich finde, Du gehst in Deiner Parteienkritik zu weit. Parteien, auch ihre Stiftungen, können auch eine wichtige und u.U. sogar gute Rolle spielen. Man kommt auch gar nicht um sie herum in dieser Gesellschaft. Wenn Du meinst, daß man nicht auf sie setzen soll, hast Du recht, aber sie gehören dazu, Du wirst auch keine Bewegung finden, in der sie nicht mitmischen, und man muß da auch, wie überall, genau hinsehen. Kipping und Riexinger zum Beispiel wünsche ich viel Anhang, von dem ich dann nicht sagen würde, daß er eine "machtorientierte Seilschaft" bilde. Abgesehen von all dem würde ich aber wirklich empfehlen, das Zukunftsmanifest zu lesen, das wäre auch dann ein interessanter Text, wenn er gar nicht von Parteileuten verfaßt wäre.
Ich weiß nichts über Steinbuch, habe aber eben bei Wikipedia nachgeschlagen, was immerhin ein Anfang ist, und frage mich, ob Sie recht haben: Steinburg, schreiben Sie, schlage vor, „daß die Wissenschaften als Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften sich nicht gegenseitig ignorieren, sondern zusammen arbeiten“. Aber was stellt er sich unter Zusammenarbeit vor? Daß die Geisteswissenschaft in der Naturwissenschaft aufgeht? Bei Wikipedia lese ich, er habe 1968 kritisiert, „die ‚literarische Kultur‘ würde statt der Naturwissenschaften die Bildungspolitik beherrschen“. Heinrich Böll fand er ganz entsetzlich. Bald danach habe er sich „gegen die aufkommende ökologische Orientierung“ gewehrt. „Ende der 1970er Jahre begann Steinbuch, in rechtskonservativen und neurechten Vereinigungen und Institutionen tätig zu sein.“ 1983 sagt er in einer Rede, liberale Intellektuelle und Publikationen seien schuld an zunehmender Kriminalität. Die Frau werde durch ihre Gleichberechtigung in Wirtschaft und Politik den Kindern entzogen. Hitler scheint er für nicht bösartiger als den Versailler Vertrag eingeschätzt zu haben, denn achten Sie auf die Parallelisierung der wiederholten Vokabel „Barbarei“: „Ohne die Barbarei des Versailler Vertrages“, formulierte er, „hätte es Hitlers Barbarei wohl nicht gegeben.“ „1988 verfasste Steinbuch gemeinsam mit dem späteren NPD-Vorsitzenden Günter Deckert die Broschüre Asyl... Gestern und heute.“
Da frage ich noch mal, was wird er sich unter einer Zusammenarbeit von Geistes- und Naturwissenschaft vorgestellt haben?
Also, vielleicht stimmt das ja auch alles gar nicht. Aber wenn Sie so kommen und „Steinbuch!“ rufen – knall, ein Plakat mit der Buchcoverablichtung! -, da machen Sie es sich wohl etwas zu einfach.
Meine Kritik betraf Ihren Kommentar zu dem Wort "Meilenstein". Daß Silvio von einem "Meilenstein" sprach, war es ja immerhin gewesen, worauf Sie geantwortet haben.
Dann hat in dieser kleinen Welt aber noch niemand einen Rad schlagenden Pfau richtig angesehen. Der plustert dabei nämlich auch hinten sein Gefieder kräftig auf. Da is' dann nix mit A.... angucken!^^
Nein, das akzeptiere ich nicht. Sie haben geschrieben "Meilenstein ist ein Begriff aus..." und daran Ihre Gedanken gehängt, und dieser Satz von Ihnen war unwahr, oder anders gesagt, Sie haben sich total geirrt. Wenn Sie jetzt sagen, Sie möchten das Wort aber anders verwenden, okay. Aber Sie haben sich auf Silvio bezogen. Das Wort in Silvios Verwendung kennen Sie offenbar gar nicht. Wie er es verwendet, geht aus dem Kontext eindeutig hervor. Und es ist die übliche Verwendung, viel älter auch als seine Adaption vom "Netzplan" usw. Machen Sie sich sachkundig! Mit Technik, Zielpfaden usf. hat es nicht das Leisteste zu tun. Da Sie das Wort nicht kennen, haben Sie an Silvio vorbeigeredet. Das alles zusammengenommen hat mich erschreckt. Und ich finde, Sie sollten es korrigieren. Silvio hat sich in einer Fragestellung bewegt, und wer eine Frage stellt, hat das Menschenrecht darauf, daß ihm geantwortet wird, und zwar auf seine Frage, nicht auf irgendeine andere, über die der Antwortende lieber sprechen mag, obwohl sie gar nicht aufgeworfen worden war.
Entschuldigen Sie, daß ich da so pedantisch bin, aber in meinen Augen hängt gerade das mit dem Thema „Sozialismus oder Barbarei“ zusammen, und das ist doch hier unser Thema. Wobei ich natürlich sehe, daß Sie nicht wissen, was Sie tun.
....." Geldschleusen zu öffnen."...."Schwarmintelligenz"....
....wir ALLE "ertrinken" werdend!
....im "End-Effekt" schon.....was sich aber stets im "Nach-Hinein" herausstellen dürfte!....bis auf/für die "Wenigen"...die vorher als "doof" galten...angesehen wurden!....
....die große "Über-Raschung"...auf uns ALLE "wartend"!
....in diesem SINNE!.....weiter-machend!
Sie haben den Begriff nicht "erweitert", sondern ins Gegenteil verkehrt. Er bezeichnet keine Zielvereinbarungmit Schritten, sondern etwas, das bereits geschehen ist und als größeres oder kleineres historisches Ereignis erscheint. Aber Sie sind nicht bereit, das in Erfahrung zu bringen, auch jetzt noch nicht, wo Sie doch von "nachfragen" usw. gesprochen haben. Kurzum, Sie wollen nicht kommunizieren. Ich kann auf Ihre Kommentare gern verzichten.
Einverstanden.
Schöner Thread :-))))
Lieber Michael,
Du hast recht, der Text ist interessant. Und es steht ja viel Richtiges und Zukunftsweisendes darin. Dann kommt aber das ABER: Er ist von einer Partei verfasst, die nicht nur gesellschaftliche Veränderung wünscht, sondern dazu für sich auch gesellschaftliche Macht.
Es gibt und gab, so ist jedenfalls meine Erfahrung und mein Wissen, bisher keine Partei in der Welt, die einmal "Suizid" begangen hätte zugunsten einer wahren Basis-Demokratie, ausgeübt durch die Zivilgesellschaft. Lateinamerika zeigt exemplarisch, was anfänglich linke Parteien verfolgen, sollten sie einmal durch Bündnisse mit Bewegungen die Machtverhältnisse ändern können. Dann geht es tatsächlich nur noch um blanke Macht und Ausgrenzung unabhängiger Bewegungen. Das haben wir in allen ALBA-Staaten verfolgen können, wo unabhängige Bewegungen entweder unter Parteiendisziplin gezwungen oder ausgegrenzt wurden. (die historischen Auseinandersetzungen zwischen Anarchisten und Kommunisten sind ebenfalls mehr als deutlich) Ich hoffe nur, dass in Südeuropa die zu Parteien gewordenen Bewegungen nicht auch eines schönen Tages zu neuen Herrschafts-Organisationen werden, die dann ebenfalls die lästigen unabhängigen Strömungen ausgrenzen.
Ich wünsche eher, dass Kipping und Riexinger zum Anhang basisdemokratischer Bewegungen würden und die Linke insgesamt zum Anhängsel würde. Aber bevor es soweit ist, sollten horizontal vernetzte Bewegungen Organisationsformen einüben, wie sie überregional zusammenarbeiten können, ohne auf Zentralinstanzen angewiesen zu sein (bspw. Parteien). Die Linke hat so ein Papier nur erstellen können, da sie die Praxis undogmatischer, unabhängiger Bewegungen beobachtet hat und in der Folge versucht, gesellschaftlich nicht abgehängt zu werden.
Ich bin auch deshalb überaus misstrauisch, da die Linke bspw. die m. A. n. grundgesetzwidrige Einkassierung von Steuergeldern für ihre R. Luxemburg-Stiftung nicht selbst kritisiert, oder zumindest für zivilgesellschaftliche Organisationen (bspw. Mehr Demokratie) die gleiche Subventionierung aus öffentlichen Kassen fordert. Mit diesen jährlich 5o Mio Euro füttert sie ausschliesslich eigene Kader aber keine unabhängigen Basisinitiativen. Sollten in Deutschland zukünftig einmal, aus welchen geschichtlichen Gründen auch immer, zivilgesellschaftliche Bewegungen System-Veränderungen bewirken können, wird aus der jetzt im Schafspelz steckenden Linken alsbald der Wolf heraustreten und das Kommando zu übernehmen suchen.
LG, CE
PS: Es ist richtig, dass wir heutzutage nicht einfach Parteien, und gerieren sie sich noch so basisdemokratisch, negieren können. Aber das Wichtigste, was auch im Papier zum Ausdruck kommt, ist die Multiplikation von vielen unabhängigen Projekten, die wie Pilze aus dem Boden schiessen und vielleicht einmal so stark und vernetzt werden, dass sie schliesslich "linke" Parteien-Bündnispartner nicht mehr nötig haben. Grüne, Piraten, in anderen Ländern andere zu Parteien verkommene Bewegungen, enden leider immer in zu Macht strebende und schliesslich unterdrückende Seilschaften. Es scheint ein "Gesetz" sozialer Bewegungen, die zu Parteien werden, schlechthin zu sein.
...."den meisten deutschen geht es gut bis sehr gut."
http://www.freitag.de/autoren/martin-franz/wuerde-gesicht-und-zukunft-verloren
... "höchstens" noch!....wenn "überhaupt"!....und(spätestens!) ...die Perspektive "lässt grüssen"!
Langfristig sind wir alle tot. Und bis dahin ..
Liebe/r Rosbaud,
ich meine, wir leben in einer Bundestags-Parteien-Diktatur, in der man ohne Parteien-Seilschaften-Mitglied zu sein, sondern unabhängig, kein Bein auf die Erde bekommt, allenfalls geduldet, ausgehalten wird. Und diese BT-Parteien hören allesamt (mit Ausnahme der Linken, die die Narren-Funktion im Staat übernimmt) auf die Order des Kapitals. Das ist leider krude Realität im bundesdeutschen Staat, und daran wird man mithilfe einer Partei gar nichts ändern, auch wenn sie sich populistisch an basisdemokratische Bewegungen anhängt. Solange wir einen solchen kapitalistischen Staat noch haben, ebenso die leidigen BT-Parteien, und das wird auch noch lange so bleiben, solange hilft nur Druck von der Strasse, um gesellschaftliche Veränderungen herbei zu führen. Das scheint auch die Linke begriffen zu haben, die sich jetzt der "Strasse" (d. h. basisdemokratischen Bewegungen) anbiedert, um daraus Kapital zu schlagen. Man sollte den Druck der Strasse verstärken und jede Menge alternative, selbstbestimmte Projekte anleiern helfen, damit alternatives Arbeiten und Leben konkret von vielen Menschen erfahren wird. Wenn die Linke etwas Gutes tun will, kann sie ja ihre 50 Mio Euro aus Staatsknete (Luxemburg-Stiftung) für solche Projekte verwenden statt Parteisoldaten auszuhalten. Aber sie wird sich beileibe nicht in den eigenen Schwanz beissen.
LG, CE
Lieber Heinz,
ich las den Text. Siehe auch meinen Kommentar dazu an M. Jäger.
Schön, dass Du in Stralsund warst. Hier ist es inzwischen lausekalt (Heidelberg). Statt Wonnemonat, Fröstel-Monat. Na ja, vielleicht wird's noch.
Es könnte sein, dass ich noch einmal in Berlin vorbeikomme. Werde mich entsprechend melden.
LG, CE (aus Heidelberg)
In Lateinamerika sagt man bei ungebuehrender Kaelte: Schaff Dir ein Kopfkissen mit zwei Ohren an, dann erledigt sich das "Kaelteproblem" von selbst.
Ich kann den guten Mann verstehen. Aber in Nordamerika wuerde ich auch nicht ueberwintern.
"Hier wäre Optimismus des Willens zu erwecken. Wie kann das geschehen? Man müsste mit dem Aufbau einer sozialistischen Parallelgesellschaft beginnen, eines neuen Milieus, in dem es hier und jetzt „lustvoll“ zuginge. Wo zum Beispiel getanzt würde, ohne Eintrittsgeld."
Reminiszentes Juventum im Greisenalter?
Kenn' ich, hat aber wenig mit den UNBEARBEITETEN Herausforderungen des 21. Jh. zu tun. Dazu gute Konzepte und Umsetzungsvermögen (nein, eben nicht nur eine "Machtfrage") würden einem 'Optimismus des Willens' weitaus stärker aufhelfen als ... , - wobei der Optimismus-Wille stets auch eine (ante-, per-, re-) zeptorische/-zeptive Halbblindheit und Menschenverachtung speisen kann.
"Wie eine neue Gesellschaft funktionieren könnte, müsste im Einzelnen durchdacht, ja durchgerechnet werden. Das ist schwerer, als einen fortschrittlichen Tauschring zu bilden. Was man tut, wenn man genauer weiß, wohin man will, ist dann eine ganz andere Frage.Da geht es darum, die Leute da abzuholen, wo sie sind."
Die Leute sind nicht blöd, und lassen sich nicht von Anderen mitnehmen/"abholen", die deutlich erkennbar mehr kognitiv-perzeptorische u. ethisch-moralische Probleme haben, als sie selbst.
(Lähmungserscheinungen sind z. T. auch auf das berechtigte Mißtrauen gegen sich selbst begründet ...)
"Begrüßenswert ist, dass alles unter die Forderung nach mehr Freiheit und mehr Demokratie gestellt wird. Wie aber daraus „lustvolle“ Projekte hervorgehen sollen, wird nicht recht deutlich."
Nee klar, wenn schon die weniger "lustvolle" Demokratie nicht gelebt wird, sondern eher eine Mischung ihrer Gegenteile-, dann wird es mit den lustvollen Demokratieprojekten erst recht nix:
So legt man der „organisierten Traurigkeit des Kapitalismus“ die welken Schnittblumen eigenen Versagens stets noch dazu.
"Sie verbreitet immer Angst vor der Zukunft"
Das ist zunächst der Alarm-Struktur der Aufmerksamkeit geschuldet (vergl. Medien: 'only bad news ..."), -
bzw. jeder persistenten Führungsfunktion ebenso inhärent wie die Notwendigkeit, früher o. später SCHLÜSSIGE Antworten liefern zu müssen, oder solche Fragen lieber nicht aufzurufen ...
Das Problem der PdL ist dabei einerseits die (v)ererbte Neigung zur Total- bzw. Systemkritik, die eben nicht "das Ganze" des Menschseins unter je lokalen wie allgemein-planetaren Bedingungen erfasst, sondern mit begrifflich-nominellen Zuspitzungen zu "Arbeit", "Kapital" etc. auf's Ganze einzutrümmern sucht, wobei sie natürlich stets den kürzen zieht, bzw. eben alarmistisch nicht überzeugt, weil zu oft fehlgegangen bzw. das heutige "Wirtschaftssystem" eben endlich eines ist, das sich der Krisen annimmt, und sie eben nicht allein den Bereichen des Sozialen und Solidarischen überläßt, um selbst im divinen Meer der Ruhe gelassen je seine traditionellen Bahnen zu ziehen.
Gar keinen "Mut zum gesellschaftlichen Aufbruch"? Nun ja, 60-70% der Hiesigen verspüren per se wenig nomadische Impulse in JEDER Hinsicht, erst recht nicht, wen man nicht weiß, wo die Reise hingehen soll:
Solange "Gerechtigkeit", "Freiheit" und andere Grundwerte / Mundwässcherchen damit gesichert werden sollen, dasjenige zu "verstaatlichen", das man nicht versteht, wie z. B. IuK-Industrie/-Infrastruktur (Kipping, "Holzhammer auf FM" Troost), weshalb man keine Pläne für effiziente u. effektive Regulierung vorlegen kann/will, wird die reservierte Haltung gegenüber der politisch-gesellschaftlichen Nomadik eher nicht zunehmen, - was durchaus im Sinne einer "rational choice" ist, ...
"Anders kommt man der Angst vor der Zukunft nicht bei."
.. weil sie zu Recht weniger Angst als der "Aufbruch" im Gefolge solcher Protagonisten wie der der PdL generiert.
...ja!...und dieses "bis"....ist genau "Die FRAGE"!
...und ("dann") die "Antwort" das große "Geheimnis"!...die "Über-Raschung"!
....in "diesem" Sinne!
Errata:
" ... wird die reservierte Haltung gegenüber der politisch-gesellschaftlichen Nomadik eher nicht abnehmen, ..."
"den Kürzeren"
Lieber CE, die Vorstellung, daß eine vernünftige Partei zum „Anhängsel“ vernünftiger sozialer Bewegungen wird, ist mir sehr sympathisch. Das ist besser als andersherum. Und die Frage, von woher die klugen Impulse zum bestmöglichen Weitergehen kommen, läßt sich sowieso nicht vorab mit Hinweis auf eine begnadete Instanz beantworten. Der Geist weht, wo er will. Vielleicht weht er in den Bewegungen? Sicher ist (auch) das nicht, aber möglich. Möglich ist durchaus aber auch, daß er sich in Teilen (!) von Parteien niederläßt. Und so gesehen, finde ich es falsch, wenn Du sagt, die Vernunft von Kipping/Riexinger könne nur daher rühren, daß sie auf die Bewegungen geschaut haben. Damit dreht Du den Dogmatismus nur einfach um. Nein, das ist eine spontane Leistung der beiden (und ihrer Mitarbeiter, von denen ich nichts weiß), die man auf überhaupt nichts zurückführen kann, weder auf die Partei noch auf die Bewegungen (überspitzt ausgedrückt). Wir haben es, wenn überhaupt, nur einfach mit Leuten zu tun, die da, wo sie sind, ihre Pflicht tun. Es ist wahr, auf die Linkspartei als solche ist kein Verlaß, aber die Gruppe Kipping/Riexinger (haben die beiden überhaupt irgendwelche Anhänger in der Partei? ich bin darüber nicht informiert; wenn, kann es nur eine kleine Minderheit sein, vorerst) sollte man unbedingt unterstützen.
Sagen möchte ich auch noch, daß ich Deine Kritik an der Finanzierung von Parteistiftungen verkehrt finde. Öffentliche Parteienfinanzierung gehört zu den Gründen, weshalb die Demokratie in Deutschland wenigstens nicht ganz so verlogen wie in den USA, wo die ganze republikanische Partei praktisch einem einzigen Multimilliardeut gehört, der dann bei Kongreßsitzungen auf den Rängen sitzt und überprüft, ob seine Marionetten dem Netanyahu nun auch wirklich zujubeln usw. Und zumal daß die Rosa Luxemburg-Stiftung Geld erhält, das kann man doch nur begrüßen. Wenn eine Bewegung Geld bekäme, könnte sie nach meinem Eindruck auch nichts Besseres damit anfangen als die Stiftung. Wenn Du da konkret Alternativen sieh, sag es. Das wäre ja dann auch wichtig und könnte weitergegeben werden, von hier aus. Was soll die Rosa Luxemburg-Stiftung anders machen?
"Wenn eine Bewegung Geld bekäme, könnte sie nach meinem Eindruck auch nichts Besseres damit anfangen als die Stiftung."
Ooch, da wüsste ich einiges, - und die jahrelange Begleitung/ Interaktionsversuche mit dem Verein habe ich ja immer wieder öffentlich dokumentiert, - z. T. noch auffindbar, großteils aber natürlich gelöscht/der Öff. entzogen oder total obfuscated ...
dln, la(alt), la(neu) als parteieigene "Foren", lafontaines-linke.de als tos' "Blog zur Partei" nach eig. Devise, obgleich selbst als persistent auch nach Inaktivierung annonciert usw.
Scheinbar haben Sie seit den 70gern, als Sie in der SEW/SED waren, nicht viel dazugelernt.
Schön finde ich, daß Frigga Haug wenigstens im Alter eines linken Akademikerlebens, - das nicht nur in der RLS ja oft nicht dazu reichte, z. B. einfachste, grundlegenste Fragen der Arbeitsstatistik zu begreifen, von weitaus schwierigeren Bereichen mal ganz abgesehen -, es doch noch geschafft hat, etwas von den seit langem virulenten Lebensfragen (wieder?) in den Diskurs der (seit WKII nur noch) alt(aussehend)en Dogma-/Schema-'Linken' eingeführt zu haben, - wenngleich natürlich der Sinngehalt des Ansatzes sogleich durch neuen Schematismus erwürgt wird: Wer sagt/wie kommt sie/man zu der Auffassung von der "gleichen Zeit" bzw. den "gleichen Anteilen" der 4 Säulen an unserer (Lebens-?)Zeit?
- und wenngleich natürlich diese Lebensfragen politisch sind, sind es die Fragen der Bedingungen dieser Fragen, nämlich so gut gestellt zu sein, daß sie relevant werden, noch viel mehr:
Ich hatte auf la anläßlich der 'Kommunismus'-Diskussion (G. Lötsch ff.) geschrieben, daß "in der communis globalis letztlich alle in einem Boot sitzen", was eben zumindest diese Seite des "communis" zu diskutieren unumgänglich macht, was Lafo in einer folgenden TV-Sendung zwar wörtlich wiedergab, aber wie einen Splitter im Mund behandelte (was eher NICHT mit dem fragwürdig-spontanen 'Latein' darin zu tun hatte)
Was aber da die Linke bietet, verheißt nichts Gutes:
Nicht moralische u. a. Haarspaltereien werden diese Verhältnisse hier und für fast ALLE der Welt so günstig erhalten/machen, sondern solche mit Visionen, für die sie buchstäblich um ihr Leben propellern/helicoptern wie einst H. D. Genscher für KSZE/OSZE. Wo waren denn die Linken, als diese Institutionen der Verrottung durch Schröder, Blair, Steinmeier u. a. , auch durch die CDU/CSU & FDP) preisgegeben wurden? In der Diskussion darüber, wie man sich zu Europa stellen sollte u. ä. , - und kritiseren sie heute die PENNERhaftigkeit Steinmeiers, oder wenigstens das Hauptwerk der heutigen Miseren "Neue Macht.Neue Verantwortung" SCHLÜSSIG? Nein, ein paar windelweiche, kaum auf Sach-/ Werk-Kenntnis gestützte Distanzierungen, - das war's, so daß der Eindruck verbleibt, man würde Außenpolitik gern genauso schlecht wie er machen -, bloß um einige pseudo-ideologische Zeiger verschoben.
Wie wollen solche Leute andere zu "Aufbrüchen" motivieren, wenn man ihnen alles, aber auch alles proaktiv überhaupt aus der Nase ziehen muß, wenn es um sie selbst geht, und man selbst dann damit scheitert (Schweigen/Diskursentzug "halt andere Meinung"/Löschen/Zensurieren)?
Von einer proaktiven Selbstdarstellung in den Fragen, auf die es eben ankommt, ist die PdL/RLS etc. heute soweit entfernt wie einst die Kadergruppen der SED in den Gremien und Kommissionen der DDR, oder der KBW oder die anderen Parteien und deren Gruppierungen.
Der Hinweis des Jaeger-Meisters an einen Kommentator hier, so seien eben Parteien nunmal, mag ja richtig sein, aber das steht eben im Widerspruch zum von ihm begrüßten Text, so daß er sich da schon äußern sollte.
Erratum:
sondern solche mit Visionen -> ... sondern Leute mit Visionen ...
Auch auf die Gefahr hin, einen schlafenden Hund zu wecken: Der Begriff Meilenstein wird in Projektanträgen und Berichten für Zielvereinbarungen verwendet. Das Ministerium will es so. Zitat: In beiden Phasen sind projektbezogene, inhaltlich definierteMeilensteine für eine laufende, mindestens jährliche Erfolgskontrolle zu setzen, deren Realisierung Voraussetzung für eine Fortsetzung der Förderung ist.
Vielleicht musste Heinz zu viele Projektanträge schreiben und lesen, so dass ihm andere Bedeutungen verloren gegangen sind? Aber Silvio hat den Begriff gewiss nicht so verstanden sehen wollen.
Ich habe ja nicht bestritten, daß der Ausdruck „Meilenstein“ auch in der Begrifflichkeit der Netzplantechnik auftaucht, es war nur klar, daß Silvio ihn so nicht verwendet hat, und mich interessiert der Umstand, daß jemand diese letztere Verwendung nicht (mehr) kennt und dann apodiktisch die technische Verwendung einfordert („Meilenstein ist ...“). Es wäre an sich leicht, sich sachkundig zu machen, man braucht ja nur bei Google einzugeben „ein Meilenstein in“, dann stößt man auf die Beispiele. Aber das geht eben auch nur, wenn man danach fragt. Was Heinz angeht, so war es für mich erhellend, von ihm zu hören, daß er ein älteres Semester ist – das ändert ziemlich viel. Ich hatte ihn für jung gehalten. Jetzt glaube ich, er repräsentiert eine bestimmte Art von Techniker-Diskurs, den es natürlich schon lange gibt. Techniker und „Geisteswissenschaftler“ hatten es schon immer schwer, sich zu verständigen. Also da sage ich selbstkritisch, man soll dann auch nicht so schnell aufgeben.
Okay. Interessant, dass Sie den Google-Beweis anführen. Dieser muss den Techniker (Heinz) natürlich überzeugen. Google ist schließlich Software, von Technikern gemacht. Macht auch das Soziale abzählbar.
Lieber Reinhold Schramm, zweierlei. Erstens, daß das Kapital bereit ist, Diktatur an die Stelle von Demokratie zu setzen, wenn es das kann, ist historisch bestens bekannt, auch ziemlich allen hier in der Community, möchte ich meinen. Deshalb muß man aber nicht schon von sich aus auf die Demokratie verzichten, wofür Sie zu plädieren scheinen. Und man muß es dem Kapital auch nicht erleichtern. Darauf laufen Ihre Äußerungen hinaus, denn Sie wollen es offenbar wieder so anstellen wie die KPD um 1930: deutlich machen, daß man antidemokratisch gesinnt ist – sogar die SPD war „sozialfaschistisch“, also alle Parteien waren Feinde, also die Demokratie überhaupt gehörte vernichtet -, um es so dem Kapital zu ermöglichen, sich selbst auf Massenparteien (!) stützen zu können, aus Menschen, die vor dieser KPD Angst hatten.
Zweitens, wenn Sie sich so über „lustvoll“ belustigen, haben Sie gar nichts verstanden, und es ist doch gar nicht so schwer zu verstehen. Sie scheinen zu glauben, man brauche nur zu predigen, was und wie das Kapital ist, und dann strömen die Massen zusammen. Aber wer soll denn da zusammenströmen? Sie brauchen sich doch nur die Äußerungen in diesem thread anzuschauen, um zu sehen, wie sehr der Nihilismus, die Mutlosigkeit selbst uns hier in den Fängen hält, die wir sowieso alles wissen, was Sie uns da überflüssigerweise predigen. Wie soll es erst den anderen in diesem Land ergehen? Dieses Problem lassen Sie nicht an sich heran, aber Kipping/Riexinger haben es erkannt. Statt es an sich heranzulassen, phantasieren Sie "‚parallel‘ = Emanzipation (Sozialismus) aufbauen?“, d.h. unterstellen – und das spricht nun wirklich nicht für Ihre Intelligenz -, der Aufbau einer Parallelgesellschaft wäre der Aufbau des Sozialismus. Glauben Sie, die SPD um 1900, die eine Parallelgesellschaft aufgebaut hatte (bis hin zu Arbeiterorchestern, die den noch heute geltenden Brauch einführten [!], an jedem Sylvestertag die Neunte von Beethoven zu geben), habe sich darüber getäuscht, daß das nicht etwa der Aufbau des Sozialismus war?
Also bisher kann ich Sie nicht ernst nehmen. Kommt aber ja vielleicht noch.
Genau, so meinte ich es.
Lieber Michael, leider ist gerade ein Kommentar von mir, kurz vor Versendung, verschwunden, zusammen mit der web-site. (Schei...se!)
Also noch ein Versuch: Kipping/Riexinger haben etliche Vorschläge aufgegriffen, die auf praktischen basis-demokratischen Beispielen/Bewegungen beruhen, die sie nicht selbst angeschoben haben. Und diese Initiativen der Zivilgesellschaft funktionieren nun einmal nach dem Prinzip des trial and error und einer horizontalen Organisationsstruktur. Das kann man nicht theoretisch aus dem hohlen Bauch produzieren, obwohl das mit sozialpolitischen allgemeinen Forderungen durchaus möglich ist (Bedingungsloses Grundeinkommen, usw.). Aber auch da müssten erst einmal lokal begrenzte Versuche stattfinden. Ich kenne die Interna der Linken nicht. Ob die beiden bspw. unabhängigen Kandidaten (Erststimme) einen Platz bei den Linken bei der nächsten BT-Wahl einräumen könnten, wäre bspw. durchaus einen Gedanken wert. Die Unabhängigen könnten schon jetzt über Internet mit bspw. zwei konkreten Forderungen bekanntgemacht werden (bspw. BGE, Freundschaftsvertrag mit Russland u. ä.) und nach einer erfolgreichen Wahl über Internet die Zivilgesellschaft direkt mit in den BT hineinbefördern. Dann käme endlich einmal nicht nur Seilschaften-Mief in den BT (Reichstag) und die Zivilgesellschaft könnte eventuell zwei Mal pro Jahr bei grundsätzlichen Gesetzgebungen den Unabhängigen ein Mandat erteilen. Nur 1949 hat es einmal einen Unabhängigen im BT gegeben (soweit ich weiss), seit dann nicht mehr. Und daran haben insbesondere die parteinahen Stiftung als grösste Lobby der BT-Parteien gebührenden Anteil.
Wir sollten einmal eine ehrliche, breite, transparente Diskussion über die 500 Mio Euro/Jahr schwere Stiftungen anstossen und ihre Aktivitäten durchleuchten: Tausende von Stipendien (zukünftige Parteisoldaten), 300 Auslandsbüros, um deutsche Parteien-Wertvorstellungen in alle Welt zu tragen und lokale Oppositionspolitiker zu produzieren/anzuwerben, nicht ganz so brutal wie das die US-NGOs machen, dennoch aber sehr effizient, und nebenbei Gnadenbrot für langjährige Parteisoldaten bis zur Erreichung der Pension. Ausserdem machen die Stiftungen zahlreiche Veranstaltungen mit Bewirtung, woran Zehntausende teilnehmen und für die Parteien eingenommen werden, um so auf vornehme Art und Weise zum Kreuzleinmachen aufgefordert zu werden.
Die BT-Parteien haben doch nicht das Monopol für politische Meinungsbildung im Land. Andere, zivilgesellschaftliche Organisationen und Bewegungen machen politische Meinungsbildungsarbeit inzwischen weitaus besser und bekommen nicht einen Pfennig öffentliche Zuschüsse. Das ist m. E. ein eklatanter verfassungsrechtlicher Verstoss gegen Gleichbehandlung von zivilgesellschaftlichen Organisationen. Warum da bisher nicht in Karlsruhe geklagt wurde, ist mir schleierhaft. In Brasilien bekommen alle zivilgesellschaftlichen Organisationen Unterstützung aus dem Staatssäckel, nicht nur die politischen Parteien. In anderen Staaten bekommen weder Parteien noch andere Organisationen Zuschüsse, es sei denn, spezifische soziale Projekte werden unterstützt. Vielleicht studiere ich im Alter noch einmal Verfassungsrecht und mache mich für eine Klage in Karlsruhe fit.
Was könnte R. Luxemburg Stiftung anders machen: Statt Parteisoldaten auszuhalten und Anwerbung von Oppositionspolitikern in anderen Ländern zu betreiben sowie dem Sozialismus des 21. Jh. zu frönen, könnten sie eine erste internationale, multikulturelle Friedensuniversität gründen. Junge Menschen, die da durch gehen, werden für Krieg und Nationalismus nicht mehr gewonnen werden können. Das BMZ könnte dann mit der Hälfte seines Budgets, mindestens mit 4 Mrd. Euro pro Jahr, dieses Beispiel in aller Welt kopieren. Das wäre endlich einmal ein positiver Impuls, der von Deutschland ausgehen würde.
Liebe/r Rosbaud,
Wahrscheinlich habe ich zu viele Erfahrungen mit Parteien in vielen Teilen der Welt gemacht, ganz besonders auch mit sozialistischen, als dass ich da Hoffnung auf eine Linke setzen würde, wenn auch Kapitalismus-Kritik z.T. intelligent betrieben wird. Aber allein vertikale Macht-Strukturen, die in allen politischen Parteien vorhanden sind, sind mir schon seit der 68er-Zeit und den K-Parteien zuwider. Parteisoldaten-Karriere war nie mein Ding. Doch möchte ich Dich in Deinem Optimismus bzgl. Linke keineswegs beeinflussen. Sicher gibt es in der Linken auch undogmatische Leute. Selbst in meiner erweiterten Familie gibt es die, allerdings mit häufig auftretenden "Zahnschmerzen".
LG, CE
Was Hartz IV angeht und die Rolle der SPD dabei, stimme ich zu und habe das in der Tat seinerzeit in vielen Artikeln angegriffen. Obwohl das Wort „faschistisch“ nicht angebracht finde. Es sind wirklich noch schlimmere Zustände denkbar als die, die wir haben. „Sozialdarwinistisch“ ja.
Die Rolle der SPD in der Weimarer Republik ist ein schwierigeres Thema. Um der historischen Wahrheit willen müßten Sie miteinbeziehen, was die links von der SPD Stehenden mitverschuldet haben. Haffner hat sicher recht. Er benennt ja einfach eine Tatsache. Aber mit dieser „Revolution der Arbeitermassen“ ist das so eine Sache. Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg waren dagegen! In falsch verstandener Solidarität haben sie dennoch mitgemacht und waren dann weg, diese wichtigen Persönlichkeiten, die Deutschlang in der Folgezeit so sehr gebraucht hätte. Und worin immer die Verantwortung der SPD für 1933 bestand, wenn man nicht auch die Verantwortung der KPD benennt, wird das mehr als schief.
Lieber CE, das Manifest greift Vorschläge auf, ja, das wollte ich nicht bestreiten. Das ist doch die Funktion der Parteien, und man muß es schon als eigene Leistung begreifen: Aggregierung, Verallgemeinerung. Es gelingt in diesem Manifest recht gut. Was Unabhängige im Bundestag angeht: Meiner Erinnerung nach hat schon die PDS welche dahinein gebracht und die Linkspartei dann auch. Dem, was Du über die Stiftungen schreibst, kann ich mich nach wie vor nicht anschließen. Dieser Vorwurf, da bekämen Leute, die nichts leisteten, ein „Gnadenbrot“ oder es würden inhaltsleere „Parteisoldaten“ finanziert, läßt sie sich denn belegen? Mir kommt das Argument ein wenig populistisch ist. Und ich sehe auch nicht, wie es bei Bewegungen anders laufen sollte. Auch da wirst Du mit dem Geld Leute bezahlen, damit sie bestimmte Dinge tun können, und die könnten dann nach der gleichen Logik als „Bewegungssoldaten“ verleumdet werden. Solange ich davon ausgehe, daß nicht nur Bewegungen eine wichtige Funktion haben, sondern auch Parteien, und das tue ich, kann ich beide Angriffe nicht unterstützen. Unterstützen würde ich nur, daß nicht nur Parteien, sondern auch Bewegungen öffentlich finanziert werden. Du sagst, in Brasilien werde das so gemacht. Da würde mich Näheres interessieren.
<bg>
Wesensmerkmale des Populismus
von Karin Priester
"Populismus ist kein Substanz-, sondern ein Relationsbegriff. Er zeichnet sich aus durch Anti-Elitarismus, Anti-Intellektualismus, Antipolitik, Institutionenfeindlichkeit sowie Moralisierung, Polarisierung und Personalisierung der Politik."
Ist eigentlich schon zuviel Worte für jemanden, dessen häufigster Textbaustein Zivilgesellschaft ist.