Die Kopflosigkeit, mit der sich Regierung und Bundestag in Solidarität üben, ist erschreckend. Das fängt schon mit der Fragestellung an: „Denn wie hätten wir den Franzosen verweigern sollen, was wir den Amerikanern 2001 umstandslos gewährt haben?“ So Jochen Graebert vom ARD-Hauptstadtstudio, der mit diesen Worten den Nerv treffen dürfte. Haben „wir“ Paris gegenüber nicht die Wahl, für eine vernünftige Reaktion auf die Anschläge einzutreten?
Washington gegenüber war das unmöglich gewesen. Die Supermacht USA nahm und nimmt keine Ratschläge entgegen, ihr kann man nur folgen oder die Gefolgschaft verweigern. Mit Frankreich hätte aber verhandelt werden müssen.
Stattdessen folgen „wir“ nun blind der fatalen Methode, die Frankreich in Syrien anwendet. Die besteht in Luftschlägen. Sind nun schon die Luftschläge, die bisher von den USA unternommen wurden, nutzlos und kontraproduktiv gewesen, so machen die französischen Flüge gegen Raqqa alles noch viel schlimmer, als es schon ist.
Raqqa ist eine IS-Hochburg, ja, aber es ist vor allem auch eine Stadt: Wie soll es da aus der Bomberhöhe gelingen, die IS-Kämpfer von der Stadtbevölkerung zu trennen, damit nur jene bombardiert werden? Schon wurde ein Krankenhaus getroffen, die Bilder davon gehen durch die arabische Welt und werden Frankreich nicht gerade Sympathie einbringen.
Auch auf der technischen Ebene ist „unser“ Engagement absurd. Deutschland steuert Tornados bei, deren Aufgabe es ist, Treffziele für die französischen Bomber zu klären. Doch zunächst einmal sind das Maschinen mit veralteter Technik, deren Wirksamkeit heute von Drohnen weit übertroffen wird. Sodann haben sie in der Gemengelage einer Stadt gar keine Chance, die IS-Kämpfer als Flugziel zu isolieren. Nur zusammen mit Soldaten, die am Boden mitwirken, wären sie selber wirksam.
Aber so nutzlos ihr Einsatz auch ist, müssen sie ihn tieffliegend unternehmen und bieten sich daher dem Abschuss durch IS-Kämpfer dar. Mit der Fregatte, die einen französischen Flugzeugträger vor der syrischen Küste eskortieren soll, steht es nicht besser. Denn da es kaum zu erwarten ist, dass der IS nun eine Luftwaffe aufstellt, um das französische Schiff zu beschießen, braucht es davor deutscherseits auch nicht beschützt zu werden.
Es handelt sich um pure Symbolpolitik, die zwar den Tod von Menschen zur Folge haben wird, die Situation im Konfliktgebiet aber nur noch weiter eskaliert. War es nicht vor den Pariser Anschlägen klar, wie verworren die Lage ist? Als ob das nicht bekannt wäre, setzt der französische Präsident noch einen drauf, und „wir“ unterstützen seine Fehler.
Indem die deutsche Regierung Hollandes Aktionismus unterstützt, höhlt sie auch das Völkerrecht weiter aus. Der Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrags begründet die Pflicht und das Recht eines deutschen Beistands nur dann, wenn auch ein UN-Mandat gesucht und erteilt wird. Das hätte abgewartet werden müssen, bevor die Regierung konkrete vermeintliche Hilfen beschließt, die sich nur schädlich auswirken können.
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