In dieser Woche wurde die Klage eines pensionierten Lehrers gegen die Drohneneinsätze, die über die US-Basis Ramstein laufen, vom Bundesverwaltungsgericht abgewiesen. Es ging nur um die Frage, ob er zur Klage überhaupt berechtigt ist. In erster Instanz war sie bejaht, in zweiter verneint worden. Der Kläger, der in unmittelbarer Nähe der Basis wohnt, beruft sich darauf, er könnte von terroristischer Rache mitbetroffen sein. Nachdem ihm das Bundesverwaltungsgericht nicht folgte, will er nun das Verfassungsgericht anrufen.
Ins Auge springt das Missverhältnis, dass ein Privatmensch sich gegen die Mordpraxis der Drohneneinsätze auflehnen muss, weil die politischen Instanzen ihr tatenlos zusehen, und ihm dann auch noch bedeutet wird, er sei nicht betroffen. Wer etwas tun will, darf nicht, und wer dürfte, kann es bleiben lassen – das ist bisher die Weisheit der Gerichte.
Von einer Mordpraxis zu sprechen, ist keine Übertreibung. Man schätzt, dass es allein in Pakistan seit 2004 zwischen 2.200 und 2.800 Drohnentote gibt, ein Viertel davon Terroristen, sonst unbeteiligte Bürger, auch viele Kinder. Dabei befinden sich die USA und Pakistan nicht im Kriegszustand. Auch ein Beispiel aus dem Jemen beschäftigt die deutschen Gerichte: Dort suchten drei Terrorverdächtige einen Imam auf, der al-Qaida im Gottesdienst scharf angegriffen hatte. Wahrscheinlich hatte er Zugang zum Gewissen der drei gefunden. Durch einen Drohnenangriff wurden alle getötet, auch ein Polizist kam ums Leben, seine Familie erfuhr es während einer Hochzeitsfeier ganz in der Nähe. Auch da klagen nun Familienmitglieder als Privatleute, und ihr Klagerecht wird von deutschen Gerichten bestritten. Niemand bestreitet aber, dass US-Droheneinsätze über dem Jemen und Pakistan ohne Ramstein unmöglich wären. Sie werden zwar von Amerika aus gesteuert, möglich ist das wegen der Erdkrümmung aber nur, weil Ramstein Funksignale übermittelt.
Die Bundesregierung behauptet, sie könne keinen Einfluss nehmen: Was in der US-Air-Base geschehe, sei selbstständiges hoheitliches Handeln eines fremden Staates. Aber diese Selbstständigkeit ist der Skandal. Die Regierung hat keine Entschuldigung, sie nicht zu beseitigen. Oder steht die Bundesrepublik doch heimlich noch unter Besatzungsrecht?
Kommentare 13
Hier stehen, wie in vielen derartigen Fällen, Interpretationen gegeneinander. Üblicherweise gewinnt dann die Interpretation, die von der Seite mit der Deutungshoheit vertreten wird, während sich die andere Seite als moralischer Sieger fühlen darf, wofür sie sich aber nichts kaufen kann.
Oder steht die Bundesrepublik doch heimlich noch unter Besatzungsrecht?
Witzig. Wo nehmen Sie das heimlich her?
„Die Bundesregierung behauptet, sie könne keinen Einfluss nehmen.“ Aber wie verhält es sich mit den deutschen Zivilangestellten auf der Basis? – Muss man ihnen nicht eine indirekte Unterstützung dieser Mordpraxis vorwerfen? – Und hier könnte die deutsche Regierung schon etwas tun – es wäre ein sehr starkes Zeichen … wenn sie nur wollte…
Warum tut die Regierung nichts?
Hier zwei Antworten:
www.sueddeutsche.de/politik/prozess-in-koeln-us-drohnenkrieg-darf-ueber-ramstein-laufen-1.2495841
www.spiegel.de/politik/deutschland/ramstein-air-base-us-drohneneinsaetze-aus-deutschland-gesteuert-a-1029264.html
Apropos Mordpraxis: Wie weit selbstständig hoheitliches Handeln eines "fremden Staates"(im Staat!) z.B. bei der Produktion von Kriegsopfern im übrigen gehen ( und wie vital das Interesse von Bundesregierungen dabei sein kann, nicht "Einfluss nehmen zu können"), dazu braucht man nicht erst nach Ramstein zu gucken, es genügt ein Blick nach Pullach bzw demnächst nach Berlin: Denn zum üblichen geheimdienstlichen Auftrag des "Staates im Staate" namens BND gehörte es auch, Deals mit Waffenbauern und Waffenhändlern
abzuwickeln. Der BND lieferte an 1965 über seine Partnerfirma Dobbertin "Waffen und Geräte" an Pakistan, das Krieg gegen Indien führte, an Indien, das Krieg gegen Pakistan führte, an Nigeria während des dortigen Bürgerkriegs, in dem zwei Millionen Menschen starben, an Südafrika, als es noch ein international geächteter Apartheidsstaat war, an Griechenland, in dem von 1967 bis 1974 eine von Putschisten installierte Militärdiktatur herrschte, an Saudi-Arabien und an Jordanien.
Nun, würde sich Deutschland weigern, die USA in diesem Thema zu unterstützen, so wären die USA geneigt, Deutschland als Helfer des Terrorismus zu definieren. Wenn Deutschland nicht beweisen könne, keine Helfer des internationalen Terrors zu sein, müsste der deutsche Staat wohl eine ähnliche Summe wie der Iran zahlen, in Summe ~15 Mrd. US$. Das wäre die harmonische Variante. Die andere wäre, Einzelpersonen in Deutschland, die den Fall ins Rollen gebracht haben bzw. gegen die Stationierung der Drohnendatenübermittlung in Rammstein sind, auf der morgentlichen Kill-List des US-Präsidenten zu erscheinen. Laut US Freedom Gesetz ist das einfach möglich.
Da haben sich die USA ein eigenes Recht geschaffen, jeden und überall vernichten zu können. Der Grund dafür: weil sie es können: Sie haben die militärische und wirtschaftliche Macht, es zu tun.
Wir können sicher sein, dass die Entscheider hier bei uns nichts gegen den Willen der Amis umsetzen werden, gerade jetzt, um die Lage nicht vollständig zu destabilisieren.
Schaut man sich die Anzahl der Kriege an, die mittels Lügen der Generale der USA oder des CIA immer in Zusammenarbeit mit mindestens der Kurzsichtigkei und Unkenntnis der dort verantwortlichen Politiker vom Zaun gebrochen wurden, scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, wann es auch hier in Europa losgeht. Es wird ja medial derzeit an allen Fronten daran gearbeitet.
Gab es eigentlich schon mal ein Land, dass eine Entscheidung wie die Schließung Rammsteins überstanden hat?
"Die Bundesregierung behauptet, sie könne keinen Einfluss nehmen: Was in der US-Air-Base geschehe, sei selbstständiges hoheitliches Handeln eines fremden Staates."
Bei soviel Chuzpe bleibt man sprachlos zurück. Mit geht da so mancherlei durch den Kopf, aber das halte ich besser mal zurück.
Ich kanns nicht glauben, Freitagsleser die nicht wissen dass Deutschland Dank Adeneuer noch immer keinen Friedensvertrag hat. Russland wollte den Friedensvetrag, USA nicht.
USA wenn im Land kriegt man nicht mehr los. Siehe IRAK, Afghanistan, Syrien usw..
Es ist ein Pakt mit dem Teufel???
Ich kanns nicht glauben, Freitagsleser die nicht wissen dass Deutschland Dank Adeneuer noch immer keinen Friedensvertrag hat. Russland wollte den Friedensvetrag, USA nicht. Wir sind und bleiben Besatzungszone.
USA wenn im Land kriegt man nicht mehr los. Siehe IRAK, Afghanistan, Syrien usw..
Es ist ein Pakt mit dem Teufel???
Ich kanns nicht glauben, Freitagsleser die nicht wissen dass Deutschland Dank Adeneuer noch immer keinen Friedensvertrag hat. Russland wollte den Friedensvetrag, USA nicht. Wir sind und bleiben Besatzungszone.
USA wenn im Land kriegt man nicht mehr los. Siehe IRAK, Afghanistan, Syrien usw..
Es ist ein Pakt mit dem Teufel???
Adenauer? Nicht nur! Siehe hier:
"Scowcroft fragte, ob wir, wenn ich von der Wahrnehmung des Selbstbestimmungsrechts spreche, an einen Friedensvertrag denken würden oder an eine Konferenz der vier Mächte. Die Idee eines Friedensvertrags wies ich zurück. Sie sei durch die Entwicklung längst überholt, da wir ja Partner und Freunde von drei der vier Mächte wie überhaupt der meisten Teilnehmerstaaten des Zweiten Weltkrieges seien. Auch zur Sowjetunion unterhielten wir gute Beziehungen."
(Quelle: GENSCHER, Hans-Dietrich, "Erinnerungen" Berlin 1995, Verlag Siedler, Seiten 664-668)
ach Luzie, geh auf RT........
Die Frage des Friedensvertrags hat mit der Frage des Besatzungsrechts Null zu tun.
Ja, geh auf RT, wie IBAN sagt! Ich zitiere RT hier mal, d.h. die dort interviewten Reiner Braun und Pedram Shahyar von der Friedenskampagne gegen die Air Base:
„Es steht außer Frage, dass die BRD Teil des westlich-atlantisches Bündnisses ist und in diesem ist die USA der Boss. Die USA sind, aufgrund ihrer Militärmaschine, aber auch aufgrund der Wirtschaftskraft und ihres Binnenmarktes, der Hauptorganisator des westlichen Blocks. Kein anderer Staat oder Block innerhalb des imperialen westlichen Bündnisses kann diese Führungsrolle übernehmen. Das bedeutet aber weder, dass der deutsche Staat und die deutsche Wirtschaft ein Opfer der US-Dominanz wären, noch dass sie keine souveräne Entscheidungsgewalt besitzen.“
„1990 hat die Bundesregierung mit den USA ein Stationierungsabkommen geschlossen, das bezüglich Ramstein besagt: Die Bundesregierung kann das Abkommen binnen Jahresfrist kündigen und dann müssen die US-Truppen abziehen und die Air Base könnte zivil umgewandelt werden. Das Grundgesetz und das 2+4 Abkommen mit dem Kerngedanken 'Von deutschem Boden darf kein Krieg ausgehen' müssten eigentlich die Bundesregierung sofort veranlassen, dieses Abkommen zu kündigen. Der Schlüssel zum Zuschließen von Ramstein liegt also in Berlin! Deshalb trägt die deutsche Regierung auch eine erhebliche Mitverantwortung für den völkerrechtswidrigen Drohnenkrieg der USA, der von Ramstein ausgeht und für die Kriegsvorbereitungen in Europa (siehe Raketenabwehrprogramme und Drehstation für Interventionskriege).
Wer die Souveränität Deutschlands unterschätzt oder reduziert, verharmlost meiner Meinung nach die friedensgefährdende Politik der Bundesregierung, ja er leistet ihr – bewusst oder unbewusst – Schützenhilfe. Die ‚arme‘ Frau von der Leyen oder Frau Merkel können ja gar nicht anders, es ist nur die böse US Regierung … – ich halte dies für ein Märchen. Abkommen kündigen, US-Truppen und alles Equipment raus aus Deutschland, das wäre ein Beitrag zur Friedenssicherung, nicht nur in Europa.“
War da nicht auch noch ein Zusammenhang mit dann auf Deutschland zukommende Entschädigungen für Kriegsverbrechen?
Theorie und Praxis.
Dann gilt zu dem Komplex als Pflichtlektüre der Foschepoth, um Ihnen auch mal Leselektüre zu empfehlen. Kostet nur 4,50 Euro. :-)
Ja, die "German Angst" der Bundesregierung, dem "großen Bruder" in den Arm zu fallen, ist eben sehr groß! Man hat ja auch immer wieder "mahnende Zeichen" registriert:
http://wipokuli.wordpress.com/2012/12/16/usa-unser-groser-bruder-und-willst-du-nicht-mein-bruder-sein/
Andreas Schlüter
Soziologe
Berlin
"Ins Auge springt das Missverhältnis, dass ein Privatmensch sich gegen die Mordpraxis der Drohneneinsätze auflehnen muss, weil die politischen Instanzen ihr tatenlos zusehen, und ihm dann auch noch bedeutet wird, er sei nicht betroffen. Wer etwas tun will, darf nicht, und wer dürfte, kann es bleiben lassen – das ist bisher die Weisheit der Gerichte."
Brillant formuliert!***** Danke!
Die Drohnenkrieg Praxis, die von der US- Base Ramstein von deutschem Boden ausgeht, steht im schreienden Widerspruch zum Geist unseres Grundgesetzes, dass von deutschen Boden niemals wieder Krieg ausgehen darf
Am 14. 11. 2012 wurde in der EU zum Generalstreik aufgerufen. Deutschland hat sich damals verweigert. Warum? In Deutschland gibt es kein politisches Streikrecht, aber ein grundgesetzlich verankert persönliches Widerstandsrecht, das, wenn überhaupt je, jetzt im Fall aller Fälle der Drohnenkriegspraxis, die in Ramstein von deutschem Boden ausgeht, persönlich unmittelbar greift.
https://www.freitag.de/autoren/jaugstein/freitag-salon-zeit-des-zorns-ein-gesprach-mit-oskar-negt
16.01.2011 | 20:39
Freitag Salon - Zeit des Zorns: Ein Gespräch mit Oskar Negt
https://www.freitag.de/autoren/joachim-petrick/widerstandsrecht-wg-res-publica-amissa
JOACHIM PETRICK 12.11.2012 | 18:25 12
Widerstandsrecht wg "res publica amissa"?
PolitischerStreik Am 14. 11. wird in der EU zum Generalstreik aufgerufen. In Deutschland gibt es kein politisches Streikrecht, aber ein Widertstandsrecht. Welches Recht ist wirksam?