Die Unterwerfung Griechenlands durch die Eurogruppe hat nicht nur zur Spaltung der griechischen Syriza geführt. Sie hat einige prominente Politiker zur Gründung einer linken europäischen Initiative veranlasst, die in der Radikalität ihres Tonfalls ihresgleichen sucht. Sie heißt „Ein Plan B für Europa“, und in dem Aufruf wird der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zitiert, der gesagt hatte, es könne keine demokratische Wahl gegen die europäischen Verträge geben.
„Das ist die neoliberale Adaption der Doktrin der ‚beschränkten Souveränität‘, erfunden von Breschnew in 1968“, kommentiert die Initiative scharf. „Damals haben die Sowjets den Prager Frühling mit ihren Panzern niedergeschlagen. Diesen Sommer hat die EU den Athener Frühling mit ihren Banken zerschlagen.“ Bekannte Linkspolitiker haben unterzeichnet, an der Spitze Yanis Varoufakis, der frühere griechische Finanzminister, Oskar Lafontaine, aus Frankreich der frühere Linkspartei-Chef Jean-Luc Mélenchon, aus Italien der Ex-Finanzminister Stefano Fassina.
Varoufakis hatte sich den Abtrünnigen von Syriza nicht angeschlossen. Deren neue Partei hat als wichtigste Programmpunkte den Austritt aus der Eurozone und die Wiedereinführung der Drachme. Dabei hält Varoufakis dies für notwendig. Aber es ist tatsächlich klüger, eine solche Position nicht isoliert, sondern europäisch zu verfechten. In Griechenland ist die Mehrheit für den Euro eben noch ungebrochen. Weil Ministerpräsident Alexis Tsipras das wusste, musste er vor der Eurogruppe kapitulieren.
Der neue Aufruf europäischer Linkspolitiker zieht nun die richtige Konsequenz: den Kampf gegen die neoliberale Politik der Eurogruppe auf deren eigenem Schachbrett zu führen – in Europa. Kernforderung ist die „vollständige Neuaushandlung der europäischen Verträge“.
Durch die Initiative könnte die erträumte Bewegung entstehen, die eine europäische Innenpolitik in den Bevölkerungen erdet – anstatt sie nur im abgehobenen, nicht sehr einflussreichen Europaparlament stattfinden zu lassen. Allerdings verbürgen die Namen der Unterzeichner noch nicht, dass sie erfolgreich sein können. Schon der erste Schritt, den sie gehen wollen, ist höchst prekär: Eine Konferenz wollen sie veranstalten, möglichst schon im November, die einen „konkreten Plan B“ mit Alternativen gegen die herrschende Euro-Politik beschließen soll.
Aber wird man sich auf solche denn einigen können? Das scheint nicht so sicher, wenn man den Aufruf liest, der nur einen vorläufigen, ja einen Formelkompromiss der Unterzeichner zu erkennen gibt. „Viele Ideen gibt es bereits“, lesen wir, es folgen „ein Austritt aus der Eurozone sowie die Umwandlung des Euro“ direkt hintereinander. Die Synthese lässt alles offen: „ein Geldsystem“, das für statt gegen die Europäerinnen und Europäer arbeitet.
Die Initiative Plan B hat dennoch eine große Chance vorübergehen lassen, nämlich ihre ökonomischen Forderungen in die politische einzubetten, dass genau jetzt der Weg zu den Vereinigten Staaten von Europa anzutreten wäre. Ein Geldsystem und eine Regierung für die Europäer, das ergreift doch nur die Herzen, wenn beides verbunden ist. Oder soll die „vollständige Neuaushandlung der europäischen Verträge“ nur deren wirtschaftliche Aspekte betreffen? Das wäre ein Widerspruch in sich und kann kaum gemeint sein. Die Konferenz im November sollte diesen Ökonomismus beseitigen.
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