Was sind uns – frei nach Hamlet – „Gravitationswellen“, dass wir um sie uns freuen sollten? Mit ihrem Nachweis sei das Tor zu neuen Entdeckungen geöffnet worden, sagen die Physiker: in jene 99 Prozent des Weltalls, von denen wir bisher nichts wissen, weil kein Licht auf sie falle. So würden wir genauer erfahren, was sich beim Zusammensturz kompakter Massen zum Schwarzen Loch ereignet oder was beim Urknall geschehen ist. Aber was kann der Nachweis den Nichtphysikern bedeuten? Die sehen vielleicht nur, dass sie in ein ganzes Knäuel von Verzögerungen geworfen sind. Mehr brauchen sie nicht, um zu staunen.
Der Nachweis, der vor wenigen Wochen bekannt gegeben wurde, gelang schon im September. Das ist noch nicht erstaunlich: Die Physiker brauchten Zeit, um sicherzugehen, dass es ein Nachweis war. Wir staunen auch nicht darüber, dass der Nachweis eigentlich erst für den Herbst dieses Jahres erwartet worden war oder darüber, dass Nachweise im großen Stil neue Apparaturen voraussetzen. Erst wenn sie arbeiten, kann es zu jenen Entdeckungen kommen. Der Nachweis vom September ist also gar nicht das, was Nichtphysiker ein Ereignis nennen würden. Denn er wurde planmäßig herbeigeführt und es war klar, dass er geschehen würde. Nur der genaue Zeitpunkt war offen. Es musste irgendwann zu ihm kommen, weil Gravitationswellen von Albert Einsteins Relativitätstheorie vorausgesagt wurden, die schon unabhängig von ihnen, durch den Nachweis der „Rotlichtverschiebung“ nämlich, experimentell verifiziert ist. Unter dieser können sich aber Nichtphysiker nichts vorstellen, während jedermann weiß, was Gravitation ist.
Die Gravitationswellen bewirken, dass die Relativitätstheorie mit einem Jahrhundert Verzögerung bei uns ankommt. Das ist für Nichtphysiker viel aufregender, als dass die Wellen ihrerseits von einem Geschehen künden, das sich vor 1,3 Milliarden Jahren abgespielt hat; entsprechend viele Lichtjahre war es von uns entfernt. Denn was sind uns, um mit Thomas Mann zu sprechen, die geistlosen Quinquillionen des Alls?
Die Relativitätstheorie indessen war ein Ereignis. Da ist aber wiederum erstaunlich, dass schon Einstein vergessen hatte, worin es eigentlich bestand. Von ihm ist der Satz „Gott würfelt nicht“ überliefert. Mit seiner Relativitätstheorie hat er Gott aber aus der Physik vertrieben. Isaac Newton hatte ihn noch gebraucht für sein Verständnis von Gravitation. Newton hielt Gravitation für eine fernwirkende Kraft, und weil er selbst der Erste war, der Fernwirkung absurd fand, schrieb er, sie müsse „durch einen Vermittler erzeugt werden“. Er nahm Gott als diesen Vermittler an. Das All hielt er für Gottes Innenraum. Seine Physik war noch zugleich Theologie.
Einstein brauchte keinen Vermittler mehr, denn nach der Relativitätstheorie ist Gravitation die Nahwirkung von Wellen, die sich unaufhaltsam ausbreiten, bis sie die Raumzeit zu ihr verformt haben. Dennoch kennt man seinen Satz „Gott würfelt nicht“: Sogar ihn hatte die Nachricht vom Tod Gottes, die er doch selbst in Umlauf brachte, noch nicht erreicht. Deshalb fiel der Satz auch zu knapp aus, um hilfreich sein zu können: In ihm liegt, dass alles mit Notwendigkeit geschehe, aber gilt das nur physikalisch oder auch in der Hirnforschung?
Nein, er ist selbst physikalisch falsch, denn die Quantenmechanik kennt Zufälle. Ob es aber neben Zufällen auch Möglichkeiten gibt, in dem Sinn, dass zwischen ihnen frei gewählt werden kann, ist weiter umstritten. Diese Frage dürfte für Menschen noch wichtiger sein, als es Gravitationswellen sind.
Kommentare 41
Wenn man Gott setzt, kann man behaupten, er würfele nicht.
Ohne Gott ist klar, dass die Natur würfelt.
Christen können ihren Gott retten, indem sie sein Wirken nach hinten verlegen. Er hat die Welt nicht in einer Woche erschaffen. Er steht hinter dem Urknall. Christen haben keine freie Wahl der Deutung.
Die freie Wahl ist über haupt ein heißes Eisen. Bei Heidegger denkt das Sein durch uns hindurch.
"Sogar ihn hatte die Nachricht vom Tod Gottes, die er doch selbst in Umlauf brachte, noch nicht erreicht."
Diese Aussage zu Albert Einstein in Ihrem Artikel ist für mich völlig unverständlich. Es mag daran liegen, dass ich kein Physiker bin, aber aus dem Kreis derselben stammt der Satz: "Wer behaupter die Relativitätstheorie verstanden zu haben hat sie nicht verstanden." Bitte erklären Sie was Sie meinen, denn es ist m. E. schlicht unmöglich, dass jemand eine Nachricht verbreitet ohne dass diese ihn erreicht hat.
"Die Sprache ist die Quelle aller Missverständnisse" sagte ein Pantomime. Ich bitte Sie in Ihrer Eigenschaft als Autor und Redakteur mit der uns Menschen gegebenen Sprache sorgsam umzugehen.
Man kann eine bestimmte Nachricht in Umlauf bringen, ohne zu merken, daß es diese bestimmte Nachricht war, die man in Umlauf brachte.
Doch, auch Christen haben freie Wahl, außer wenn sie dem Prädestinationsglauben anhängen. Das ist aber ein Gebiet, das nichts mit Physik zu tun hat.
Sie haben richtig erkannt, daß mein Artikel letztendlich auf freie Wahl überhaupt und die Frage, ob es einen Unterschied zwischen Wirklichkeit und Möglichkeit gibt, hinausläuft. Was Heidegger angeht, denke ich doch, daß es freie Wahl bei ihm gibt, ganz bestimmt in Sein und Zeit. Und kann man es in seinem Spätwerk so eindeutig verneinen?
über gott sag ich nichts.
ansonsten halt ichs mit freud: feind der religion" in jeder form und verdünnung."
»Man kann eine bestimmte Nachricht in Umlauf bringen, ohne zu merken, daß es diese bestimmte Nachricht war, die man in Umlauf brachte.«
Wohl wahr. Zum Beispiel die Nachricht, dass Gott ja irgendwann auch mal gelebt haben muss. Oder dass der, welcher sich zu so einer Aussage versteigt davon ausgeht, dass er gelebt hat, wenn er jetzt tot ist. Sonst würde so eine Aussage wenig Sinn machen, weil tot sein auch immer sein dialektisches Gegenteil erfordert. Wer so etwas von sich gibt könnte natürlich auch davon ausgehen, dass Gott sich nicht großartig von Schrödingers Katze unterscheide, und sich quantemechanisc h in einem Zustand jenseits von Gut und Böse befinde. Oder das es Viele Welten gibt, in denen ER tot sei und viele andere in denen ER lebt wie in Abrahams Schoß und dann wiederum solche in denen ER just in diesem Moment fröhliche Urständ feiert. Es ist also gar nicht so einfach, eindeutig festzulegen welche Nachichten man im Einzelnen in Umlauf gebracht hat, selbst wenn man sich über so konkrete Dinge, wie Gott geäußert hat. Auch und gerade für einen Wissenschaftler nicht, der von der Möglichkeit ausgeht, dass Gott möglicherweise nie gelebt hat, was ihn eindeutig von sich selbst und allen Haaren unterscheidet, die er jemals in seinem Beschleuniger gespalten hat.
menschen reden am liebsten über dinge, die sie (noch) nicht verstanden haben. beispiele: gott, zufall, relativitätstheorie...
ich verstehe einsteins theorie nicht und schweige über sie. aber ich kenne die relativitätslehre nach dem milgram-experiment.
milgram hat unter anderem nachgewiesen, dass menschen nah zum möglichen opfer ziemlich ethisch reagieren. je größer aber die distanz zum möglichen opfer wird, desto krimineller wird das verhalten. konkret: in sichtbarer und greifbarer nähe war es nur eine extreme ausnahme, dass die vp das opfer umbrachte bzw. unsäglichen qualen aussetzte. im entgegengesetzten extremfall, wo die vp ihr opfer weder sehen noch hören konnte, brachten fast alle vp ihr opfer um.
Ihr Kommentar bringt mich dazu, etwas hinzuzufügen, was anscheinend nicht allgemeint bekannt ist: Es ist die wohl berühmteste Passage bei Nietzsche, daß er von einem Menschen schreibt, der am Tag mit der Laterne herumläuft und ruft, Gott ist tot!, und die Leute, die es hören, wissen nicht was das soll und belustigen sich nur darüber. Nietzsche sagt dann, was die Nachricht vom Tod Gottes besage, sei noch längst nicht angekommen und man ahne noch gar nicht, was für ungeheure Dinge in der Konsequenz geschehen würden. Manche haben dann später gesagt: Ja, zum Beispiel der Kommunismus und der NS geschahen. Und ich sage jetzt: Ja, zum Beispiel streitet man sich heute darum, ob es überhaupt so etwas wie Möglichkeit gibt (oder ob man sagen soll, ein Satz wie „Eine bessere Welt ist möglich“ sei totaler Quatsch). Jedenfalls geht es nicht darin, ob Gott in der Weise existiert, wie die „Haare“ im Beschleuniger existieren. So blöd war Nietzsche nicht, die „Gottes“frage so anzugehen. Sein Tod Gottes bedeutete, daß Gott in der Geschichte der Menschen erst existiert hat und dann aufhörte zu existieren.
Die Gotteskinder haben die Freiheit von Kindern. Nach dem Gottes-DIENST und jenseits der Gebote "Du sollst..." eröffnet sich die Freiheit eines Christenmenschen. Luther: Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Ding und niemand untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbar Knecht aller Ding und idermann
untertan.
Dort, wo freie Wahl besteht, wird kein Gewese um sie gemacht. Am Wochende hat niemand betont, dass die Landtagswahlen frei waren.
Aber dort, wo sie sein könnte und nicht ist (überall kann sie nicht sein, aber es könnte mehr davon geben), da sollte man ein Gewese um sie machen.
Mein Heidegger-Beispiel war suboptimal. Heid ersetzt Gott ja nur durch das Sein. Statt auf Sein und Zeit zu rekurrieren, beziehe ich mich aber, eine Entwicklung Heideggers bezüglich des Denkens eines Seienden berücksichtigend, auf die Zeit nach der Kehre. Da darf der Arme nur noch erfahren.
Wie gesagt, kann zur freien Wahl die Neurobiologie bestimmt mehr aussagen.
Dass Nichtphysiker sich unter Rotverschiebung nichts vorstellen können, ist eine steile These.
Das ist ja gerade die Frage, ob die Neurobiologie dazu mehr aussagen kann.
"Zum Beispiel die Nachricht, dass Gott ja irgendwann auch mal gelebt haben muss."
Die in der Form einen Widerspruch enthällt, da Gott und Tod unvereinbar sind, jedenfalls in der Vorstellung der Gläubigen. Naturwissenschaftler kennen normalerweise ihre Grenzen und überlassen die Gottesspekulationen anderen. Es gehört einfach nicht zum Fach!
Wobei noch anzumerken wäre, dass die Quantemechanik eben keinen Zufall kennt, jedenfalls keinen, der mit Regellosigkeit verwechselt wird.
Gott und Tod sind nicht unvereinbar. Steht nicht der Karfreitag bevor? Und daß Naturwissenschaftler die Gottesspekulation anderen überlassen, versteht sich auch nicht von selbst. Denn Newton war doch sicher ein Naturwissenschaftler.
Am 13.03 noch vom "Lieber "Pleifel" zum "elenden Lügner" und nun wieder "locker vom Hocker". Früher wäre das noch Anlass zum Duell gewesen, was dem Respekt voreinander sicher nicht geschadet hat. Leider hatte ich mich anschließend auch noch dazu hinreißen lassen , selbst auszuteilen. Nun gut.
Wollen Sie tatsächlich das Gottesbild auf ein christliches reduzieren? Das können Sie gerne machen, ist aber nicht meines. Wobei die Zuschreibung eines Gottes, der hier gestorben sei, eine rein menschliche ist. Und dabei werde ich es auch belassen. Da ist mir die jüdische Haltung doch passender, die sich wenigstens auf die Überlieferung stützt, sich von Gott keine Bilder zu machen.
Und Newton? Sie sind doch der Spezialist "wissenschaftlicher Revolutionen". Dann wissen Sie auch, dass sich in der Wissenschaft seit Newton eine Menge bewegt hat. Damit ist aber keinesfalls Newton als Wissenschaftler infrage gestellt. Das Weltbild der alten Forscher war eben eines, dass Gott im Zentrum ihrer Welt verortete und nicht von der Wissenschaft getrennt wurde.
Was sich heute erklären lässt, war vor nicht allzu langer Zeit noch Gotteswerk. Und was sich heute (noch) nicht erklären lässt (und ich gehe davon aus, dass sich nie alles erklären lassen wird), wird eben nicht mehr Gott als Verursacher zugeschrieben.
Was wiederum nicht besagt, dass vor allem die großen Naturwissenschaftler die "Größe" Gottes gleich gestrichen haben, nein, sie sind einfach bescheidener geworden, was ihre Aussagefähigkeit darüber betrifft.
Kurzer Einwurf: Warum werden hier Allgemeine Relativitätstheorie und Quantenmechanik in einen Topf geworfen?
Herr Jäger, ich erlebe Ihre Interpretation zu Nietzsches „Gott ist todt!“ etwas sehr verwegen simpel gegriffen: "Sein Tod Gottes bedeutete, daß Gott in der Geschichte der Menschen erst existiert hat und dann aufhörte zu existieren."
Immerhin hat auch Nietzsche das, was Gott genannt worden ist (zu seiner Zeit, wovon ja hier nur die Rede sein kann), und was heute jedoch auch noch bei Vorstellungs-Gläubigen gang und gäbe ist, als Außerhalbiges im Off des Undurchschauten angesehen zu werden.
Und ist es denn nicht so, daß er mit dem Ausspruch, „Gott ist todt!“ darauf hingewiesen hat, daß diese externalisierte Vorstellung eines Gottes als außerhalbige Setzung obsolet ist, da Erkenntnis ebenfalls nicht außerhalbig in einem Vorstellungs-Topos auffindbar stattfinden kann.
M.E. liegt er speziell hierbei damit im Rückgriff näher dem deutschen Mystizismus wie etwa bei Angelus Silesius und dessen Ausspruch: "Halt an, wo läufst du hin - der Himmel ist in dir! Suchst du Gott anderswo. Du fehlst ihn für und für.“ als bei (s)einem ansonsten nicht wegzuwischenden Nihilismus.
Zudem dürfte auch Hegel nicht spurlos an ihm vorüber gegangen sein, wenn auch als in kritischer Distanz. Ebenso ist bekannt*, daß der Philosoph Afrikan Spir Einfluß auf ihn gehabt hat, welcher ja insbesondere in seinem Hauptwerk „Denken und Wirklichkeit“ sich ausgesprochen hat, daß die Philosophie eine Wissenschaft zu sein hat, welche die Scheinbilder aufzuzeigen hat, welche die wahre Natur der Dinge verbergen.
(Z.B.: Karl-Heinz Dickopp, "Zum Wandel von Nietzsches Seinsverständnis: Afrikan Spir und Gustav Teichmüller". In: Zeitschrift für philosophische Forschung, 1970, 24, S. 50-71.)
Ist das in einem "Ich klopf mal kurz an jede Tür" Blog nicht irgendwann egal?
Die beiden Original Zitate Einsteins im Zusammenhang mit Gott, der nicht mit dem Universum würfelt lauten:
"Die Quantenmechanik ist sehr achtung-gebietend. Aber eine innere Stimme sagt mir, daß das doch nicht der wahre Jakob ist. Die Theorie liefert viel, aber dem Geheimnis des Alten bringt sie uns kaum näher. Jedenfalls bin ich überzeugt, daß der nicht würfelt." (an den Physiker Max Born)
"Es scheint hart, dem Herrgott in die Karten zu gucken. Aber dass er würfelt und sich telepathischer Mittel bedient (wie es ihm von der gegenwärtigen Quantentheorie zugemutet wird), kann ich keinen Augenblick glauben." (an den mathematischen Physiker Cornelius Lanczos)
(Prof. Ulrich Walter - Wissen schafft was - Gott würfelt nicht! Wirklich?)
"Deshalb fiel der Satz auch zu knapp aus, um hilfreich sein zu können: In ihm liegt, dass alles mit Notwendigkeit geschehe, aber gilt das nur physikalisch oder auch in der Hirnforschung?" (Michael Jäger)
Diese Aussage enthält, glaube ich Ungenauigkeiten, die nicht dem Verständnis dessen dienen, was Einstein mit seinen berühmten Zitat ausdrücken wollte. Zum Einen fiel der Satz längst nicht so knapp aus und zum Anderen habe ich den Eindruck, dass es gerade der von ihm beobachtete Zufall war, der ihn an der letztgültigen Kompetenz der Quantenphysik zweifeln ließ. Ich bin aber weder Wissenschaftshistoriker, noch bin ich gläubig im Sinne einer der abrahamitischen Bücher, die einen absoluten Gott behaupten. Soweit ich erkennen kann gilt das auch für Einstein, dem es, soweit ich sehen kann, aber keineswegs darum ging, zu behaupten, ein absoluter Gott würde alles, was geschieht mit zwingender Notwendigkeit steuern und bestimmen.
Zu Einsteins generellem Verständnis von dem Verhältnis der Menschen zu etwas, das er auf den Begriff "Das Wort Gott" runter bricht und auch zu der Haltung, die er den heiligen Schriften der Christen und Juden gegenüber einnahm sagt ein anderes Zitat, denke ich, sehr viel mehr aus als das verkürzt wieder gegebene "Würfel Statement":
"Das Wort Gott ist für mich nichts als Ausdruck und Produkt menschlicher Schwächen, die Bibel eine Sammlung ehrwürdiger, aber doch reichlich primitiver Legenden. [...] Für mich ist die unverfälschte jüdische Religion wie alle anderen Religionen eine Incarnation des primitiven Aberglaubens."
Zu Einsteins Verständnis und in Sachen Quantenphysik generell möchte hier ich inhaltlich nicht viel sagen, weil ich keine Lust habe, mich mit Halbwissen zu bekleckern. Ich neige aber dazu, anderen Leuten zu glauben, die sich anscheinend intensiver über dieses Thema informiert haben. Die sind allerdings auch der Meinung, dass es ihm gerade nicht um die Annahme eines zwingenden Ablaufs kleiner und kleinster Zusammenhänge dessen ging, was sich als Welt in Gottes Hand entwickelt. Etwas, das den Zufall, auch auf quantenmechanischer Ebene ausschließt. So wie ich es verstehe, beobachtete er den Zufall auf subatomarer Ebene und wolle mit seinem berühmten Zitat nur sagen, dass er die Quantenmechanik für ein unzulängliches Werkzeug hält, diesen wissenschaftlich eindeutig zu erklären. Weil sie den Zufall zur Methode macht. Eine Aussage oder ein Bekenntnis zu deterministischen Glaubensvorstellungen war das aber wohl nicht. Zum Beispiel habe ich einen Text von Prof. Ulrich Walter gefunden, der fragt:
"Aber was meint er [Einstein also] wenn er sagt: "… dem Geheimnis des Alten bringt die [Quantenmechanik] uns kaum näher. Jedenfalls bin ich überzeugt, daß der nicht würfelt."? Nun, der "Alte" ist in seinen Worten "Gott". Was Einstein immer getrieben hat war die Frage, warum die Welt so ist wie sie ist und wie sie im Innersten funktioniert. Daher hatte er sich für die atomare Brownsche Bewegung und den quantenmechanischen Photoeffekt interessiert. Er kannte also die Quantenphysik besser als kaum ein anderer und ihm war klar, dass in der atomaren Welt der Zufall das Regime führte. Die von ihm richtig beschriebene Brownsche Molekularbewegung ist eine rein zufällige Bewegung, den ein Molekül durch Stöße mit anderen Molekülen beschreibt."
Ich habe gelesen, dass Einstein Pantheist war, was für gestandene Theologen eher ein abwertende Charakterisierung bedeutet, weil man natürlich nichts mehr von Gott unterscheiden kann, wenn alles Gott ist. In jedem Fall hielt er es wohl trotz seiner Skepsis den etablierten Kirchen gegenüber nicht für wirklich gewinnbringend, Religion und Wissenschaft so voneinander zu trennen, wie sich das dann üblicherweise bei den Vertretern des einen oder des anderen Lagers entwickelt hat.
"Die Naturwissenschaft ohne Religion ist lahm, die Religion ohne Naturwissenschaft aber ist blind"
(Prof. Ulrich Walter - Wissen schafft was - Gott würfelt nicht! Wirklich?)
An die Möglichkeit, die Welt zu verbessern hat Einstein definitiv auch geglaubt, sonst hätte er sich nicht für einen"militanten Pazifismus" ausgesprochen oder mit Freud darüber debattiert dass die Entwicklung der Technik "zu einer Existenzfrage für die zivilisierte Menschheit geworden ist"
Warum Krieg ?
Ob "Gott in der Weise existiert, wie die „Haare“ im Beschleuniger existieren." war natürlich nicht Nietzsches Blick auf diese Frage. Aber es ist die argumentative Ebene, auf der sich Wissenschaftler nach wie vor, genau wie die viele andere rational aufgeklärte Menschen bewegen, die sich, im Namen der Wissenschaft die spekulativ Behauptung zu eigen machen "der Alte" würde existieren oder auch nicht. Spekulation findet nicht nur in einem positiven Verhältnis zu Gott statt, wie es Newton aber auch viel zeitnähere Wissenschaftler wie z.B. Kurt Gödel (Mathematiker bestätigen Gottesbeweis) pflegten.
"Müssen nun also Mathematiker an Gott glauben, und Theologen formale Logik studieren? Schon Gödel selbst war die Sache offenbar nicht ganz geheuer. Jahrzehntelang hielt er seinen Gottesbeweis geheim. Als er ihn austüftelte, war er vor den Nationalsozialisten aus Wien in die elitäre amerikanische Universitätsstadt Princeton geflohen. Dort spazierte der bekennende Christ Gödel regelmäßig mit Albert Einstein durch die Parks, der ebenfalls gern über Gott spekulierte. Was allerdings seinen Beweis betraf, hielt Gödel dicht. Erst 1970, als sein Gesundheitszustand sich so verschlechterte, dass er seinen Tod erahnte, brach er sein Schweigen. Seinem Freund Oskar Morgenstern verriet er, dass er zwar "zufrieden" mit seinem Beweis sei, ihn jedoch aus Angst, missverstanden zu werden, nicht veröffentlichen wolle. Einem seiner Studenten, Dana Scott, zeigte er den Beweis. Scott schrieb mit und hielt in Princeton ein Referat darüber. So fand Gödels Gottesbeweis doch noch hinaus in die Welt. (Mathematiker bestätigen Gottesbeweis)
Spekulation betreiben auch solche, die meinen, auf der Basis wissenschaftstheoretischer Logeleien die Nichtexistenz Gottes ableiten zu können. Und das ist, vor allem in trivialisierter Form eine sehr populistische Haltung, die einem mit Vehemenz und dann auch mit wissenschaftlichem Anspruch fast zwangsläufig begegnet, wenn man sich in irgendeinem Forum auf eine der hitzigen Debatten dieses Themas einlässt. Mit Nietzsche hat das ungefähr so viel zu tun, wie Schrödingers Katze mit CatContent.
Lieber Gebe, ich habe doch hier nicht meine Interpretation der Stelle, wo Nietzsche vom Tod Gottes spricht, kundgetan und kundtuen wollen. Sondern nur darauf hingewiesen, daß er von Gott nicht wie von etwas Physikalischem spricht, sondern als einer menschlich-geschichtlichen Realität. Das hatte einen Stellenwert im Gespräch mit Schna'sel.
Ihre Intention beibt unbestritten. Betrachten Sie meinen Kommentar nur als Wissenserweiterung und schon bleibt der Frieden gewahrt.^^
Gott ist multitasker. Es ist schon richtig, dass Gott als Wirker und heimlicher Akteur von nicht erklärbaren Phänomenen seinen Job - einen Job, den er ohnehin eher widerwillig von den heidnischen Göttern übernommen hatte - weitgehend verloren hat.
Doch wäre es zu einfach, ihn darauf zu reduzieren. Am Abgrund der existenziellen Verlorenheit, den keine Wissenschaft wegerklären kann, werden auch in Zukunft noch Millionen nach der rettenden Hand eines Gottes greifen.
Einsteins Satz "Gott würfelt nicht" ist übrigens weder theologisch noch empirisch sondern vielmehr logisch gemeint und war bereits die Absage daran, dass es in der physikalischen Welt je einen Rest von Zufall oder Unwägbarkeit gibt. Ich bin mir sicher, dass er auch damit Recht behalten wird, d.h. dass das, was man heute noch als Zufall in der Quantenphysik betrachtet (ähnlich wie vor einiger Zeit noch das Wetter) auch am Ende ein empirisch erklärbares Phänomen ist, das nur im Moment noch jenseits unseres aktuellen intellegiblen Horizons liegt.
Ich möchte noch kommentieren, was Sie als Ihr Wissen einbringen: Sicher hat Nietzsche Gott nicht als „Außerhalbiges“ angesehen. Aber das tun auch die Theologen längst nicht mehr. Schon Luther sagt, woran du dein Herz hängst, das ist dein Gott. Wo soll er denn sonst sein als im Herzen, im Orionnebel etwa, oder in der Vereinigung Schwarzer Löcher? Die Feststellung, daß Gott nicht „außerhalbig“ ist, kann dann mit dem Satz, daß er tot ist, nichts zu tun haben. Ich denke, es ist klar, daß Nietzsche vom Tod vielmehr des bestimmten Gottes spricht, der in den Köpfen der europäischen Menschen gewesen war. Nietzsche hat ja auch gesagt, diesen Menschen seien die obersten Werte und Ziele abhanden gekommen, und hat das als Nihilismus bezeichnet. Das waren die mit dem christlichen Gott gesetzten Werte und Ziele. Die hielt Nietzsche für gescheitert, zum Beispiel das Mitleid. In seinem Bemühen, selbst neue Ziele zu setzen, hat er später selbst von seinem gesuchten „Gott“ gesprochen, irgendwo im Nachlaß. Er hatte keine Scheu schon allein vor der Vokabel, wie nicht wenige hier in der Community.
Von all dem aber abgesehen, erfaßt man die Problematik noch nicht, wenn man nur sagt, daß Gott nicht „außerhalbig“ sein könne. Der Satz reicht als Entgegnung, wenn jemand die primitive Vorstellung hat, daß Gott ein Ding sei. Das hat ein Martin Luther nicht angenommen und hat trotzdem vom extra nos gesprochen: Damit meinte er, der Mensch soll den Blick von sich weg auf Christus lenken. Das will sagen, daß ich den Gott, den ich in meinem Herzen tragen, sei’s der christliche Gott, das Internet oder was es immer ist, nicht aus mir selbst erschaffen habe wie eine Spinne ihre Fäden, sondern daß es mir jemand gesagt bzw. gegeben hat. In diesem Sinn ist Gott eben doch „außerhalbig“, und der christliche bleibt es auch dann noch, wenn ich ihn schon „verinnerlicht“ habe - weil es mir nicht gelingen wird, ihn zu integrieren, Stichwort Kreuzigung.
..."Das will sagen, daß ich den Gott, den ich in meinem Herzen tragen, sei’s der christliche Gott, das Internet oder was es immer ist, nicht aus mir selbst erschaffen habe wie eine Spinne ihre Fäden, sondern daß es mir jemand gesagt bzw. gegeben hat"...
Hallo Michael, ja, Bill Gates, Zuckerberg und Co, die haben jetzt jeweils 30 Milliarden Euro und mehr auf dem Konto, goettlicher geht es nicht.
Nebenbei...
"Erneute und sehr kurzfristig angesetzte Kirchenwahlen am 23. 7. 33 ergaben nun nach massiver Intervention Hitlers einen Erdrutschsieg der Deutschen Christen in den Synoden. Am 27. 9. 33 wählte die Nationalsynode in Wittenberg Ludwig Müller einstimmig zum Reichsbischof"...
Zum Glueck waren das alles Unglaeubige, also wegen dem grossen Gravitationsplan und so, Nietzsche meinte im Nachlass (1844-1900), wenn Gott tod waere, wird die Welt ganz barbarisch, da man Mitleidig nichts mehr zum klammern haette.
Besten Gruss
Manche Artikel hinterlassen bei mir immer den Eindruck als hätte ein Arzt dem Patienten ein Schmerzmittel verschrieben und die Patienten treffen sich danach alle nochmal im Wartezimmer, um über ihre Wehwehchen zu parlieren. Ich empfehle George Carlin zur Abhilfe bei Physikbeschwerden.
Das wäre womöglich der Fall, wenn die Theorie eines Multiversums sich überprüfen ließe und als zutreffend herausstellen würde. Dann hätten Sie den Determinismus über die Verwirklichung aller Möglichkeiten wieder drin.
Nun, muss wohl so sein.
Nun kommen die Verhaltenswissenschaften, Neurobiologie doch noch zu Sprache. Luthers Gott im Herzen, findet, so es ihn gibt, im Kopf statt. Nicht nur Denken, auch Fühlen ist im Hirn abbildbar. Neuronale Impulse verändern die Herzfrequenz, die wir dann wahrnehmen. Also hirnliche Grüsse, Herr Jäger, durchaus wohl gemeint!
Und das christliche Mitleid als Errungenschaft müssen wir auch niedriger hängen. Mitleid hat sich stammesgeschichtlich entwickelt. Schimpansen trösten ein schlecht behandeltes schwächeres Mitglied der Gruppe, ohne dass eine Belohnung winkt. Ein möglicher Vorteil liegt, wie beim Menschen, in der Zukunft. Die Mitleidigen können Gleichbehandlung erwarten.
??
"Die Gravitationswellen bewirken, dass die Relativitätstheorie mit einem Jahrhundert Verzögerung bei uns ankommt."
Ich habe das Gefühl, dass da jemand weder den Gottesglauben noch die Gravitationstheorie verstanden hat.
Ja, ist gut, Herr Jäger. Es ist Ihr Blog. Sie bestimmen das Büffet. Und wenn Sie sich nicht auf erkenntnistheoretischen Erörterungen einlassen wollen, meinetwegen. Ich werde jedenfalls nicht darauf bestehen, mit Ihnen über das Denken über das Denken als empirische Erfahrung einen auf Affizierungen fußenden Diskurs als Tauziehveranstaltung führen zu wollen. Ich wünsche Ihnen ein angenehmes Wochenende!
Ich verstehe Ihre Reaktion nicht. Zunächst einmal verstehe ich nicht, warum Sie so gereizt sind. Habe ich Ihnen irgendwas getan? Und dann verstehe ich nicht, warum Sie meinen, ich wolle mich nicht auf erkenntnistheoretische Erörterungen einlassen. Woher habe ich denn wissen sollen, daß Sie solche beabsichtigen? Sie hatten lediglich über Nietzsche geschrieben und darauf hatte ich geantwortet. Ich bin aber selbstverständlich bereit, über Erkenntnistheorie zu reden, wenn Sie dazu etwas vorgeben.
Meinen Glückwunsch, daß Sie ein Gefühl haben, welches auch immer.
Das Mitleid wurde nicht vom Christentum erfunden, da haben Sie recht. Es wurde nur vom Christentum aufrechterhalten (in der Theorie, in der Praxis nur teilweise, aber das ist ein anderes Thema) und so war das Christentum die Formation, gegen die sich Nietzsche wandte und deren bereits eingetretenes Ende er zugleich diagnostizierte. Übrigens habe ich das nur feststellen wollen. Ich würde mich natülich niemals gegen das Mitleid aussprechen, aber dennoch, die philosophischen Argumente, die Nietzsche und vor ihm schon Kant gegen das Mitleid vorbrachten, verdienen es durchaus, daß man sich mit ihnen auseinandersetzt.
Danke für den Glückwunsch, aber der ist nicht angebracht, weil jeder Gefühle hat. Mein Satz bezog sich auf Ihren Text, in dem mir an mehreren Stellen die Aussagelogik fehlte. Einen solchen Satz hatte ich als Zitat genannt.
Da Ihr freies Assoziieren zwischen Physik und Gottesglauben mit den mir verfügbaren Instrumenten der Ratio nicht zu verstehen war, musste ich mich auf mein Gefühl verlasen. Und das sagte mir: (Siehe oben.)
Überhaupt nicht gereizt, in keiner Weise. Werde mich dennoch hier weiter raushalten, weil mir hier einiges hinsichtlich der gesetzten Prämissen erkenntnistheoretisch schlicht durcheinander geht. Und mein Gruß zum Wochenende war aufrichtig gemeint und auch keinerlei semantisches Äquivalent für etwa LmaA. Wie schon gesagt, ich mag keine intellektualistische Tauzieherei betreiben.
So so, Sie reden nicht mit mir wegen meines "intellektualistischen" Treibens. Das ist ja heiter. Manchmal frage ich mich wirklich, wo ich hier gelandet bin. Ist das hier eine linke Community? Oder wird hier mythisch geraunt?
Ach, Mann, ich schrieb explizit nicht von Ihrem Treiben. Aber nun, apropos intelektualistisches Treiben: es bleibt dem Duktus dessen nach unklar, ob Ihre im letzten Kommentar aufgemachten Fragen informativer oder rethorischer Natur sind.
Und auch insgesamt ist mir Ihr Blog-Text ein zu unverbindliches (intellektualistisches) Naschwerk. Ich halte da lieber Diät ein, nicht der Sorgen wegen um die Figur, sondern der dumpf werdenden Geschmacksknospen wegen und wegen der klebrigen Finger.^^
vor 1,3 oder nicht eher vor 13 mrd. jahren?
vor 1,3 oder nicht eher vor 13 mrd. jahren?
"Es musste irgendwann zu ihm kommen, weil Gravitationswellen von Albert Einsteins Relativitätstheorie vorausgesagt wurden, die schon unabhängig von ihnen, durch den Nachweis der „Rotlichtverschiebung“ nämlich, experimentell verifiziert ist. Unter dieser können sich aber Nichtphysiker nichts vorstellen, während jedermann weiß, was Gravitation ist."
Verifiziert ist die Theorie nicht, kann sie auch garnicht werden. Sie hat sich, auch durch die Entdeckung von Gravitationswellen, lediglich vorläufig bewährt.
Es sind 1,3 Mrd. 13,8 Mrd. Jahre ist es ja "erst" her, daß der Urknall geschah.
Sie haben recht; die Idee, daß Theorien - nicht nur diese - im Wortsinn "verifiziert" werden könnten, ist spätestens seit Popper aus der Welt. Sie können in der Tat immer nur allenfalls "vorläufig bewährt" sein. Und sogar Poppers eigene Annahme, Theorien könnten wenn nicht verifiziert so doch falsifiziert werden, ist inzwischen als zu einfach durchschaut. Nehmen Sie es mir aber bitte nicht übel, daß ich diese Feinheiten, so wahr sie sind, in meinem zeilen- und zeichenbegrenzten Text nicht erklären und daher nicht aufnehmen konnte.