Sauberer Lobbyismus?

Lobbyismus Nach der Debatte um Philipp Amthor wird erneut ein Transparenzregister gefordert. Das wird nicht reichen
Ausgabe 26/2020
Vorerst auf der politischen Ersatzbank: Philipp Amthor
Vorerst auf der politischen Ersatzbank: Philipp Amthor

Foto: Imago Images/Photothek

Der Fall des CDU-Jungstars Philipp Amthor scheint dahin zu führen, dass in Deutschland die Lobbyarbeit etwas besser kontrolliert wird – mithilfe eines Transparenzregisters, wie es seit Langem von der Linkspartei und den Grünen gefordert wird. Amthors Versuch, eine finanzielle Unterstützung der in New York registrierten, deutsch geführten Firma Augustus Intelligence durch das Bundesverkehrsministerium zu erreichen, war erfolglos, ihm hatte sie es aber wohl zu verdanken, dass sie zu einer Runde von Unternehmen mit eingeladen wurde, die das Ministerium bei der Erstellung eines Aktionsplans zur Verbindung von Mobilität und künstlicher Intelligenz beraten sollte.

Was Amthor selbst durch seine Lobbyarbeit gewann, ist nicht unbedingt der wichtigste Aspekt seines Falls. Interessanter scheint uns, dass jetzt auf einmal auch die Unionsparteien und der Bundesverband der Industrie (BDI) zur Einführung eines (sicher stark verwässerten) Transparenzregisters bereit sind. Sie sind offenbar nervös geworden. „Gerade in einer Wirtschaftskrise wie derzeit“, lesen wir im Statement des BDI, „ist ein enger Austausch zwischen Verantwortlichen in der Politik und Betroffenen in der Wirtschaft unerlässlich“, da dürfe „kein Eindruck unsauberen Verhaltens entstehen“.

Weshalb denn finden wir Lobbyismus überhaupt problematisch? Weil Wirtschaftspolitik nicht von Kapitalinteressen bestimmt sein sollte. Das ist sie aber, und der BDI nennt den entscheidenden Punkt: „Maximal“ transparent, lesen wir, soll die „Weitergabe von Informationen aus der Wirtschaft an die Politik“ sein; von einer Pflicht, Informationen nicht zurückzuhalten, ist natürlich keine Rede.

Zum Beispiel Augustus Intelligence: eine KI-Firma, die an der computerisierten Objekterkennung arbeitet, auf die ein Verkehrssystem selbstfahrender Autos angewiesen wäre, das der Bundesverkehrsminister und Autofreund Andreas Scheuer (CSU) befürwortet; wenn solche Firmen behaupten, verlässliche Objekterkennung werde rasch genug und preisgünstig kommen, wird man der „Information“ ungeprüft vertrauen, das Großprojekt starten und eine gigantische Kostenexplosion wie etwa bei Stuttgart 21 achselzuckend hinnehmen. Ein Transparenzregister, so wünschenswert es wäre, richtet dagegen nichts aus.

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Geschrieben von

Michael Jäger

Redakteur „Politik“ (Freier Mitarbeiter)

Michael Jäger studierte Politikwissenschaft und Germanistik. Er war wissenschaftlicher Tutor im Psychologischen Institut der Freien Universität Berlin, wo er bei Klaus Holzkamp promovierte. In den 1980er Jahren hatte er Lehraufträge u.a. für poststrukturalistische Philosophie an der Universität Innsbruck inne. Freier Mitarbeiter und Redaktionsmitglied beim Freitag ist er seit dessen Gründung 1990. 1992 wurde er erster Redaktionsleiter der Wochenzeitung und von 2001 bis 2004 Betreuer, Mitherausgeber und Lektor der Edition Freitag. Er beschäftigt sich mit Politik, Ökonomie, Ökologie, schreibt aber auch gern über Musik.

Michael Jäger

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