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Aus Stuttgart zurückgekehrt, wo ich am Samstag mehr zufällig der Kundgebung der Gegner des Tunnelbahnhofs beiwohnen konnte, nehme ich den Anlass wahr, ein "Tagebuch der Krise" zu beginnen, der Wirtschaftskrise letzten Endes, die wir angeblich hier in Deutschland und wohl gar in der ganzen Welt schon hinter uns haben. An der Krisenbewältigung, so sehr sich der deutsche Wirtschaftsminister in ihr sonnt, sind doch Zweifel erlaubt. Was halten wir davon, dass der Finanzminister Schwedens, eines Landes, dessen Wirtschaft noch mehr boomt als die unsrige - 4,8 Prozent Wachstum in diesem Jahr -, daran "erinnert" (!), "dass schon 2014 [...] die nächste Krise lauern dürfte"? So am 14.10. in der Neuen Zürcher zu lesen, die manchmal Dinge präsentiert, für die unsere FAZ zu vornehm ist. Andreas Borg hofft nur darauf, trotz prognostizierter Zuwächse auch für 2011 und 2012, dass sich Schweden "ein gediegenes Polster schaffen" kann. Der Artikel ist "Die nächste Krise kommt bestimmt" überschrieben. Es ist ja nicht wirklich ein Wunder. Schweden und Deutschland sind exportabhängig. So wettbewerbsstark sie auch sind, sind sie es in einem nicht ebenso starken Weltmarkt, mit dem sie stehen und fallen und der heute etwa befürchten lässt, dass ein Wirtschaftskrieg zwischen den USA und China ausbrechen könnte. Im W e l t m a r k t ist die Krise noch keineswegs ausgestanden.
Doch nicht hierüber will ich schreiben, sondern über die politische Seite der Sache, die den Begriff der Krise erst gehaltvoll macht. Vor einiger Zeit war Michael Rutschky bei uns in der Redaktion zu Gast. Er monierte, dass einige Autoren ständig von der Krise sprächen. Krise sei immer, meinte er, deshalb weise der Begriff auf gar nichts hin und wir sollten ihn lieber meiden. Gerade wenn man nur von der Ökonomie spräche, hätte er recht. Selbst von einer in jedem Sinn kapitalen Weltwirtschaftskrise wäre dann zu sagen, dass sie ebenso wie ihre Überwindung und spätere Neuauflage die Regel, nicht die Ausnahme unserer Produktionsweise darstellt. Krisenverlauf und Normalität sind in dieser tatsächlich dasselbe. Schwere politische Krisen erlebt man indes nicht immerzu. Nach 1929 hat es eine gegeben. Die Frage ist, ob sich, bedingt durch die heutige Wirtschaftskrise, eine vergleichbar schwere p o l i t i s c h e Krise anbahnt. Die der damaligen sonst hoffentlich in nichts ähnelt.
Mir scheint, dass manches, was sich jetzt ereignet, ein Anzeichen sein könnte, dass es so sei. Sicher ist es nicht, aber möglich. Ich stelle den Tunnelbahnhof versuchsweise in diesen Kontext. Denn eins ist vielfach belegt durch historische Erfahrung: Mag eine Situation die politische Krise noch so nahe legen, an welchem Punkt sie sich entzündet, ist immer überraschend. Das eine folgt aus dem andern, denn gerade dann liegt die Krise nahe, wenn man sieht, dass eine Situation nicht mehr voll beherrschbar ist; dies stellt sich verkehrt so dar, d a s s s i e b e h e r r s c h t w i r d , wo immer ein Eingriff erfolgt, überall da also, wo die Herrschaft ein Entgleiten der Kontrolle vorhersehen kann; und da beginnt, wo die Vorsicht ein Ende hat.
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Dass die Kundgebung am Samstag mich an die Wochen nach der Tötung des Studenten Benno Ohnesorg am 2. Juni 1967 erinnern würde, hatte ich wirklich nicht erwartet. Genauer gesagt, war mir die Erinnerung selbst seit langem völlig entschwunden gewesen; ich wusste nicht mehr, was eine Menge tut, die in kurzen Abständen immer wieder zusammentritt wegen ein und derselben Sache, ohne sich zu langweilen. Die Antwort ist eigentlich klar: Die Sache muss in sich so spannend sein, dass sie nicht loslässt. So jetzt in Stuttgart. Tag für Tag passiert dort etwas, das der Analyse und Interpretation, vielleicht der Gegenaktion bedarf; darüber muss geredet werden. Zehntausende, die in den Kampf hineingerissen sind, begnügen sich nicht mehr mit den nichtssagenden Zusammenfassungen der Tagesschau, sondern wollen es genau wissen. Sie wissen, was davon abhängt, nämlich ihre Handlungsfähigkeit. Nichtiges Wissen hätte nichtige Handlungen zur Folge. Deshalb reißt die Geduld, Redner auf Redner anzuhören, nicht ab. Aus demselben Grund kamen damals jeden Tag 2000 Studenten im Audimax der Freien Universität Berlin zusammen.
Nichts, was Ohnesorgs Tod wirklich vergleichbar wäre, ist in Stuttgart geschehen. Eine Gemeinsamkeit liegt aber doch darin, dass auch jetzt Menschen, die an einer Protestbewegung teilnahmen oder ihr nahe standen, von einem plötzlich eingreifenden staatlichen Gewaltakt völlig überrascht wurden. In Stuttgart hatte es so einen Akt seit Bestehen der Bundesrepublik überhaupt noch nie gegeben. Deshalb sind die Bürger so chockiert, wie wir es damals waren. Sie merken, da ist etwas, das der Erklärung bedarf. Die Polizei hatte Wasserwerfer und Tränengas eingesetzt. Es gab Verletzte. Wer immer der Auftraggeber war, rechnete nicht mit der politischen Wirkung. Es war eben ein weiteres Kontrollmittel. Die Kontrollierten waren überrascht, das überraschte die Kontrolleure. Übrigens hatte es nicht zuletzt eine Schülerdemo getroffen. Dass Schüler in den Vordergrund treten, wie in Frankreich beim Rentenprotest, hat die Politik wohl auch nicht einkalkuliert. Die Studenten glaubt sie mit Bologna im Griff zu haben. Und dann auch noch, dass Schüler sich mit Rentnern solidarisieren! Wo doch die Parole gilt, Rentner lebten auf Kosten der Jugend.
Es war in den Tagen nach dem Chock, dass die Landesregierung den Schlichtungsgesprächen mit Friedenspflicht und faktischem Baustopp zustimmen musste, deren bisheriger Verlauf nun auch wieder an die Zeit nach dem 2. Juni 1967 erinnert. Der damalige Berliner Regierende Bürgermeister Klaus Schütz hatte auch geglaubt, er könne in direkter Debatte mit den Protestierenden bestehen. Er kam ins Audimax und versuchte den Krieg der USA in Vietnam zu rechtfertigen. Es war lehrreich für alle Anwesenden. Auch darin, dass sie sahen, was die Presse daraus machte, nämlich nichts. Das ist tatsächlich wie heute, wenn Boris Palmer die Argumente der Befürworter des Tunnelbahnhofs zerpflückt und wir hinterher in der FAZ entweder gar nichts darüber lesen oder dass er das Thema verfehlt habe.
Nach dem ersten Schlichtungsgespräch berichtete wieder nur die Zürcher, was Palmer ausgeführt hatte: dass es darauf ankäme, Milliarden in die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene zu investieren, statt ins Stuttgarter Tunnelprojekt. Es ist eine gute Antwort auf den CDU-Politiker Laschet aus NRW, der es aberwitzig zu finden behauptet, in einem FAZ-Interview, "dass die Grünen nicht mehr gegen Autos und Flugzeuge, sondern gegen [...] einen Bahnhof demonstrieren". Nach dem zweiten Schlichtungsgespräch schrieb dieselbe FAZ, Palmer rede immerzu vom Güterverkehr, dabei sei allgemein bekannt, dass der Tunnelbahnhof dem Personenverkehr dienlich sein solle. Eben, eben! Palmer hatte aber diesmal vom Personenverkehr gesprochen. Von der angeblichen Dienlichkeit war danach nichts übrig geblieben. Wer das erlebt hat, die Tatsache als solche schon und dann noch den Nicht-Bericht, hat eine Gratis-Erziehung bekommen. Vom Standpunkt der Regierung sind die öffentlichen Gespräche ein Fehler. Sie konnte es nur vorher nicht wissen. Jetzt kann sie nicht mehr zurück.
Als ich ankomme, erklärt gerade ein grüner Redner, weshalb sich seine Partei dem Volksentscheid-Antrag der SPD nicht anschloss: weil er zwar die demokratische Willensbildung fordert, dem Tunnelbahnhof aber zustimmt. Der Redner erhält ungeteilten Beifall. Jung und Alt setzen Tröten und viele Trillerpfeifen dafür ein. Die Szene ist laut, fröhlich und wie elektrisch geladen. Ein anderer Redner weist die Behauptung zurück, es sei irgendwo der Tod des Ministerpräsidenten Mappus gewünscht worden. Das habe niemand gehört. Dafür habe man aber das Plakat neben der Rednertribüne der Befürworter gesehen, auf dem zu lesen stand: 1933 brauner Wahn, 2010 grüner Wahn. Die jetzt kundgebenden Tunnelgegner verallgemeinern auch, aber anders. Sie sind alle überzeugt, dass der überirdische Bahnhof vernichtet wird, weil man leeren Raum für neue lukrative Immobilien gewinnen will. So stellen sie im Grunde selbst einen Zusammenhang her zwischen ihrer Sache und der Wirtschaftskrise, die mit einer Immobilienblase begann.
Viele Künstler sind unter den Rednern, einer sagt: "Kunst ist Gerechtigkeit und Widerspruchsgeist."
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Der Protest auf der Straße wird vielfach von Linken organisiert, die Grünen übersetzen es parlamentarisch und profitieren auch davon. Dass bald ein Grüner Ministerpräsident sein könnte, wird schon allgemein erwartet. Der Höhenflug der Grünen beschränkt sich aber nicht auf Baden-Württemberg, obwohl man vermuten darf, dass er überall ähnliche Gründe hat wie dort. Nämlich dass Menschen aus allen Lagern enttäuscht und empört darüber sind, dass die Regierung nach erstem Erschrecken über die Wirtschaftskrise einfach "weiter so" macht. Mit den Grünen wird das Programm des ökologischen Umbaus assoziiert. Das wäre ja etwas Neues. Es hat ihnen offenbar genutzt, auch einmal mit der CDU zu koalieren, in dieser Hinsicht mit der SPD gleichzuziehen. Sie bekommen fast schon ebensoviel Zustimmung wie diese Partei.
Wie sensationell es ist, dass die Grünen in Umfragen über 20 Prozent liegen, wurde kaum schon irgendwo angemessen reflektiert. Und dass sie nun vielleicht gleichzeitig in Berlin einen sozialdemokratischen, in Stuttgart einen christdemokratischen Regierungschef ablösen. Der genannte Spruch "1933 brauner Wahn, 2010 grüner Wahn" gewinnt da, so dumm er auch ist, einen gewissen Sinn. Dass sich Wähler derart plötzlich und massiv umorientieren, ist nämlich in allem Ernst ein Krisenindiz, ob heute oder nach 1930. Aber es ist heute keine Umorientierung nach rechts, sondern zu den Grünen; was immer man von ihnen hält, darüber müssen alle erleichtert sein. Vorerst. Denn man weiß nicht, was daraus noch wird. Wenn ein grüner Ministerpräsident den Stuttgarter Bahnhof abreißen lässt, weil eine Umkehr nicht mehr möglich sei - wie beim Kohlekraftwerk Moorburg -, wird der Rückschlag um so verheerender sein. Wohin sich die Leute dann wenden, wissen wir nicht. Die FAZ rechnet schon fest mit der grünen Selbstentlarvung. Sie kann es sich anders nicht vorstellen. Aber die Dinge sind unberechenbar geworden. Man hat schon Pferde vor Apotheken kotzen gesehen.
Derweil lassen die Schlichtungsgespräche an Genauigkeit nichts zu wünschen übrig. Was der Tunnelbahnhof kostet, kommt dort demnächst auf den Tisch. Vielleicht zeigt sich, dass es sogar billiger wäre, auf ihn zu verzichten.
Startseitenfoto: Johannes Eisele / AFP / Getty Images
Kommentare 43
Eine Sicht von außen auf das, was in Stuttgart passiert (und was es bedeuten könnte), die ich bisher in dieser Genauigkeit, Tiefe Weite vermisst habe. (zumindest vermisste aus Richtung Ihres Berufsstandes). Danke.
Lieber Michael,
nun muß ich trotz der späten Stunde doch noch unbedingt etwas zu deinem interessanten Beitrag kommentieren. - Ich bin übrigens schon gespannt auf die Fortsetzungen.
"Dass die Kundgebung am Samstag mich an die Wochen nach der Tötung des Studenten Benno Ohnesorg am 2. Juni 1968 erinnern würde, hatte ich wirklich nicht erwartet."
Ich bin durch ein Gespräch mit einer Freundin heute auch an vergangene politische Aktivitäten erinnert worden, dazu muß ich nun ein wenig ausholen, um dann zu dem zu kommen, was heute gesellschaftspolitisch anders ist als früher.
Ich erzählte meiner Freundin, daß vor 25 Jahren die Polizeieinsätze auch nicht anders waren, daß DemonstrantInnen da genauso gewaltbereit angegangen wurden von den Einsatzkräften. Wie zB mir ein SEK-Beamter mit Helm, Schlagstock und Waffe in der Hand unvermittelt erklärte, ohne daß er von irgendjemandem vorher provoziert worden wäre, er würde mir, wenn er nur dürfte, zu gerne seinen Schlagstock zwischen die Beine rammen. Und das, nur weil ich bunte Haare hatte und mein Recht auf Demonstrationsfreiheit in Anspruch nahm.
Was uns damals atmosphärisch entgegenschlug, also gesamtgesellschaftlich als Protestbewegung, war etwas anderes als heute. "Geht doch nach drüben, wenn es euch hier nicht paßt." Das war der Standardsatz, wenn man mit den Verhältnissen im Land nicht konform ging. Und: an der Gewalt, die einem von den Polizeikräften entgegenschlug, war man angeblich selbst schuld als Demonstrant. Was demonstrierte man auch in einem Land, in dem es einem doch so viel besser ging als "denen da drüben".
Das "Drüben" gibt es nicht mehr. Eigenartigerweise kann nun der Prostest als Phänomen auch nicht mehr nach drüben verwiesen werden. Er kann nicht mehr wegkanalisiert werden, er bleibt hier im Lande. Der Ärger der Bevölkerung hat nichts mehr, an dem er relativiert werden könnte. Das ist heute anders.
Und das zweite, was heute anders ist: Ich habe Palmer auch gesehen und gehört. Im Internet. Ich kann überprüfen, mich selbst in Kenntnis setzen und bin nicht mehr angewiesen auf eine fremdgesteuerte Berichterstattung. Informationen können nicht mehr so verdreht oder einfach totgeschwiegen werden, sie ziehen durchs Internet einfach ganz andere Kreise.
"Man hat schon Pferde vor Apotheken kotzen gesehen."
Hat man nicht, denn Pferde können wirklich nicht kotzen, weshalb sie unter diesen schlimmen Koliken leiden und manchmal sogar an diesen eingehen. Würden sie kotzen können, was anatomisch wohl nicht möglich ist, hätten sie keine Probleme mit Koliken mehr.
Unberechenbarer aber sind die Verhältnisse geworden. Da gebe ich dir recht. Wenn der Schwabe zum Demonstrieren auf die Straße geht, ist es wirklich weit gekommen in diesem Lande.
Übrigens, was wir "hier oben" vielleicht nicht so wahrnehmen: Nach Stuttgart, in die schwäbische Hauptstadt, ist immer schon mehr Geld geflossen als ins Badische. Siehe zB den Reutlinger Bahnhof, wo ich kürzlich war. Der sieht aus, als ob dort vor Jahrzehnten schon die Zeit stehengeblieben sei. Kein Wunder, daß Palmer als Tübinger (nahe bei Reutlingen) nun so engagiert bei der Sache ist. Mir wurde erklärt, daß das badische Umfeld da schon entschiedener sei im Protest als die Stuttgarter selbst. Solche Feinheiten nimmt man ja aus der Distanz nicht so wahr. Die Stuttgarter selbst ärgern sich wohl insbesondere über die ganzen Grundstücksspekulationen vorab.
Dir nun guts Nächtle und herzliche Grüße
Titta
Kann mich nur anschließen.
Ist doch auch ein interessantes Phänomen, daß die Ereignisse nicht mehr so einfach erklärbar bzw. absehbar sind. Wenn Erklärungsmuster nicht mehr greifen, ist das immer ein Indiz dafür, daß wirklich etwas Grundlegendes in Veränderung begriffen ist.
Lieber Michael Jäger,
endlich!... ein Beitrag der Freitag-Redaktion mit erforderlicher Tiefe zu Stuttgart21. Danke.
"Schlichtungsgespräche" wie jetzt in Stuttgart, live via Phönix gesendet, zeigen, wie souverän der Souverän (das Volk, die Bürger, hier: ihre
Experten) sein kann.
Es ist das Modell, das soziale Bewegungen durchsetzen müssen.
die schlichtungsgespräche habe ich im fernsehen verfolgt, und ob palmers detaillierter darstellung entgleisten bahnvorstand kefer und ministerin gönner mehr und mehr die gesichtszüge, weil die haltlosigkeit der projektierung offenbar wurde ...
Noch eines: benno ohnesorg wurde am 02. juni 1967 erschossen, nicht 1968.
Ich kann mich nur den Kommentatoren anschließen. Zusammenfassung und Zusammenhang, wo Verwirrung und Zerstreuung sind. Vielen Dank dafür.
Mein Gott, danke für den Hinweis! Als ob ich das nicht wüßte, ich war ja dabei gewesen.
Hallo Michael Jäger,
interessante Parallelen.
Die Grünen, vielmehr die Grünen und die Umfragen. Meiner Meinung nach haben wir Rot-Grün 2.0 Undercover (Das habe ich vor der Wahl schon geschrieben.):
- Die SPD geht in die Opposition, weil sie ansonsten die Linke nicht in den Griff bekommt.
- Die Grünen greifen ganz tief in ihre strukturelle Wurzelkiste (Fritz Kuhn) und hangeln sich am Prinzip der Austauschbarkeit durchs politische Feld (genau darüber schreibe ich einen kleinen Artikel) und werden so die medial gestützte Alternative.
Auf die Thematik Grün-Braun hat Peter Kratz schon 1994 in seinem Buch "Die Götter des New Age", In Schnittpunkt von "Neuem Denken", Faschismus und Romantik (online lesbar) hingewiesen.
"... wo die Herrschaft ein Entgleiten der Kontrolle vorhersehen kann ..." Von S21 bis hin zu den aktuell "gefunden" Paketbomben ist der Ablauf bisher wenig überraschend. Man könnte ja mal einen sich fortschreibenden Prognoseartikel der weiteren Entwicklungen verfassen.
In Schlichtungsgespräch Stuttgart 21 live kann die Sendung nachgesehen werden.
Lieber Streifzug, mach das mal, den "sich fortschreibenden Prognoseartikel". Ich will es ja auf meine Weise auch machen. Auf die Art qualifizieren wir unsere Urteilskraft.
Das Buch von Kratz kenne ich. Wenn ich mich recht erinnere, hat er einzelne grüne Politiker wie Eva Quistorp auf Esoterik-Veranstaltungen gesichtet und daraus haltlos verallgemeinernde Schlußfolgerungen gezogen.
Lieber Streifzug, mach das mal, den "sich fortschreibenden Prognoseartikel". Ich will es ja auf meine Weise auch machen. Auf die Art qualifizieren wir unsere Urteilskraft.
Das Buch von Kratz kenne ich. Wenn ich mich recht erinnere, hat er einzelne grüne Politiker wie Eva Quistorp auf Esoterik-Veranstaltungen gesichtet und daraus haltlos verallgemeinernde Schlußfolgerungen gezogen.
Lieber Streifzug, mach das mal, den "sich fortschreibenden Prognoseartikel". Ich will es ja auf meine Weise auch machen. Auf die Art qualifizieren wir unsere Urteilskraft.
Das Buch von Kratz kenne ich. Wenn ich mich recht erinnere, hat er einzelne grüne Politiker wie Eva Quistorp auf Esoterik-Veranstaltungen gesichtet und daraus haltlos verallgemeinernde Schlußfolgerungen gezogen.
Lieber Michael Jäger,
jaja, immer diese Gehässigkeiten im linken Spektrum :)
Du meinst bestimmt von Kratz den Artikel: Die nationalrevolutionäre Connection, Gaddafi - Mechtersheimer - Schönhuber.
Ich werde was zu den Grünen schreiben, der momentan herrschaftsnahesten Mogelpackung in der Politik.
Ach so, eine Ergänzung.
Deutschland kann es sich nicht erlauben, von einem Abschwung XXL zu reden. Dann würde durch fallendes Ranking die Verschuldung betonklotzähnliche Form annehmen und die exportlastige Wirtschaft durch ausbleibende (verdeckte) Subventionen mangels Masse auf den Grund ziehen. Auch dazu hab ich ein paar nette Gedanken ... :)
Ich könnte mir vorstellen, dass die Unterschiede zu damals entscheidender sind als die Gemeinsamkeiten:
Damals hat es schnell gebrannt, heute (noch) nicht.
Damals tönte es von den Gehsteigen: Unterm Hitler hätte man euch vergast. Das scheint man nicht mehr zu denken/ auszusprechen.
Auch die gesellschaftlichen Gruppen, die damals riefen, man solle doch nach drüben gehen, demonstrieren heute mit.
Damals ging es auch Generation jung gegen Generation alt. Heute ist es generationenübergreifend bis zu dem Punkt, wo ein Schüler einen Opa unterhakt oder die Oma unter eine Plane zieht, wenn die Wasserwerfer starten.
Was damals nicht nur von BLÖD als Gammler beschimpft und zur Ausrottung empfohlen wurde, campiert heute seit Wochen unbehelligt im Stuttgarter Schlossgarten. BLÖD macht jetzt zwar mobil und die Pros auch, aber ob sie Erfolg haben werden, bleibt abzuwarten.
Was damals eine radikale Minderheit war, ist heute die Mehrheit von Mitte bis Links.
Ich kann mich nicht erinnern, dass damals Polizisten vor die Kameras gegangen seien, um sich offen und empört von den Exzessen zu distanzieren.
Damals gab es bei Wahlen wenig echte Alternativen. Heute kann man solche wählen, die damals oder später auf die Strasse gingen.
Ich halte das alles nicht für Äußerlichkeiten. Vielmehr scheint mir, dass sich da zum ersten Mal in der Geschichte der deutschen Demokratie eine Gesellschaft zusammenfindet, um sich auf ein gemeinsames Ziel hin selbst zu ermündigen. Wie weit diese Gemeinsamkeit geht, zeigte sich am deutlichsten, als während einer Großdemo das Personal der Staatsoper, das bei "Luisa Miller" gerade Pause hatte, sich am Bühneneingang und den Fenstern zeigte und den Demonstranten Victory- Zeichen machte und Beifall klatschte. Die Demonstranten - vom Hartzer bis zum Großbürger- jubelten zurück.
Das wäre, in diesem Ausmaß, damals völlig undenkbar gewesen. Und daran zeigt sich auch, was sich seit Peymann geändert hat: den (gegenseitigen) Beifall gibt es jetzt auch außerhalb der geschlossenen Räume des bürgerlichen Kulturbetriebs. Der bürgerliche Widerstand findet nicht mehr nur im Kopf und im Salon statt. Und weil das so ist, ist heute möglich, was damals aussichtslos war: eine grundlegende Veränderung der Verhältnisse. Oder: eine vom Volk selbst organisierte Demokratie in Deutschland., die an die Stelle der von selbsternannten "Eliten" vordefinierten, verordneten und gesteuerten Ritual-Demokratie tritt.
Alle bisherigen Schlichtungsgespräche konnte ich zum grössten Teil direkt verfolgen.
Mehr und mehr wird klar, die Überlegungen der Gegner des Tunnelbahnhofs sind besser, durchdachter und richtiger als die der Befürworter.
Ganz offensichtlich wird, dass es nicht in erster Linie um bahntechnische Überlegungen geht...es geht um Immobilienspekulation interessierter Kreise.
das hab ich auch schon angemerkt, ich denke so langsam dämmert es auch den befürwortern, dass sie entlarvt werden. und die protest erfahren ihre berechtigung.
protestE
Das ist ein Blick, mit dem ich mich sehr identifizieren kann - ich war (erstmals, aus Anlass einer Tagung) auf derselben Kundgebung. Man fragt sich sofort: was tun die Teilnehmer, wenn in ein paar Wochen die "Gegenmacht" -Gespräche "auf Augenhöhe" zu Ende gehen? Ihre Kontrahenten werden darauf hoffen, dass sich die Identität des Mosaikprotests im Streit über weitere Aktivitäten nach dem Ende der sog. Friedenspflicht auflöst und / oder dass der kommende Wahlkampf mit seiner Konkurrenzlogik anfängt die momentan stabile Polarisierung zu zusetzen. Diese Logik fragt nach der parlamentarischen Mehrheit und eine Anti-S21-Mehrheit ist absehbar etwas anderes. Weshalb politisch nichts anderes übrig bleiben wird, jenseits des Wahlkampfs eine Situation zu schaffen, die das Parlament bindet.
Hallo Titta,
Dein Vergleich mit Baden hinkt gewaltig, Reutlingen und Tübingen sind tiefstes Schwaben und haben mit Baden nichts zu tun. Auch ist an nichts (ausser einer gescheiterten Badischen Revolution) ableitbar, dass die Badner ausässiger als die Schwaben sind.
Auch ich war "aus Anlaß einer Tagung" da - wie Du in den nächsten Tagen noch sehen wirst.
Danke für den Hinweis. Ich habe zwei verschiedene Sachverhalte einfach in einen Topf geworfen. Die Reutlinger, mit denen ich mich unterhalten habe, sind nämlich eigentlich aus dem Alemannenischen Zugewanderte und haben für diese (Nichtschwaben) gesprochen, und die Schwaben aus dem entfernteren Umland von Stuttgart sind sauer, weil eben das ganze Geld ganz offenkundig nur in die Schwabenhauptstadt fließt.
musikalisch besser:
@ oranier schrieb am 04.11.2010 um 00:05
>>>musikalisch besser>> so ist es!
Dank für die Erinnerung, nehme mir morgen gleich mal wieder die Wacholder-CD "Herr Wirt so lösche uns're Brände" mit ins Auto.
"Der deutsche Philister, das bleibet ein Mann,
auf den die Regierung vertrauen noch kann"
Das passt.
Gibt es eigentlich noch einen einzigen vernünftigen Grund, warum ich solche Gedanken hier im Freitag darlegen sollte?
sie könnten damit anfangen zu erklären, warum sie sich so auf die grünen eingeschossen haben, das riecht schon fast nach neid.
@ejamie,
ich verteile die Kugeln rundum. Es gibt da keine Vorlieben, da ich mich von politischen Parteien möglichst fern halte.
Streifzug, was ist denn das, warum fragst Du nach dem "vernünftigen Grund"? Her mit Deinen Gedanken!
Michael Jäger, das nenne ich wenigstens mal eine vernünftige Antwort :)
streifzug, wenn sie sagen jeder kriegt sein fett weg, auch wenn es nicht so wirkt; es gibt nämlich sinnvolleres als ausgerechnet die zu diffamieren, die sich für umwelt usw. einsetzen, es sei denn einem ist das schnuppe, er hat keine kinder oder es ist ihm seine gesundheit wurscht.
@ejamie,
na, wenn das so ist, dann diffamiere ich mal ein wenig weiter:
Die Grünen ist das nicht die Anti-Kriegs-Partei, die für soziale Gerechtigkeit kämpfend Hartz IV eingeführt, in Hamburg eine riesen Dreckschleuder stillgelegt hat, mit der Partei, die nun mit ihnen die Atomkraftwerke abgeschaltet?
Haben die nicht auch das Rotationsprinzip eingeführt? Alle 25 Jahre und bei Altersschwäche oder wie war das noch?
Da werden sich meine Enkelkinder aber freuen. Denen sag ich auch immer: "Was schert mich mein Geschwätz von gestern." Hauptsache machtgeil, der Rest ist zu basisdemokratisch.
wenn sie das brauchen und nötig haben.
Lieber Michael,
es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen den Studentenprotesten von 1967 und den heutigen Protesten in Stuttgart.
Die Proteste von 1967 waren sozusagen „ohne Land in Sicht“ eher Theorie befeuert, während die heutigen Proteste in Stuttgart durch “Landnahme“ des Schlossgartens von Stuttgart die lokale, regionale Verankerung und Verbundenheit demonstrieren und von dieser genährt werden.
Dass wir in einer Welt der Lokalisierung, Regionalisierung der Interessen von Bürgern/innen, wie in einem Land der Dritten Welt, konfrontiert mit überdimensionierten Projekten zu Lasten von Staaten und Gesellschaften, gepaart mit der lockenden Ausbreitung von Korruption, Abgeordnetenbestechung, in Stuttgart und anderswo in Deutschland, Europa, angekommen sind, klammert Dein überaus einfühlend wie aufschlussreicher Artikel aus Deinem Stuttgarter Krisen Tagebuch aus.
Warum?
Ich erinnere in diesem Stuttgart 21 Zusammenhang daran, dass der Deutsche Bundestag immer noch nicht die von der rotgrünen Bundesregierung im Jahre 2001 unterzeichnete, UNO- Charta gegen Korruption und Abgeordnetenbestechung ratifiziert hat.
Interessant ist übrigens (s. Dein Hinweis auf die Neue Züricher Zeitung), dass die schweizer darüber klagen, dass das Projekt Stuttgart 21 in Angriff genommen wird, aber der bundesdeutschen Zusage, die Nord- Süd Strecke von Skandinavien, Karlsruhe nach Basel als Zubringer zum gerade in Bau befindlichen längsten Tunnel der Welt in den Schweizer Alpen auszubauen, nicht entsprochen wird.
tschüss
Jochen
Liebe ejamie,
nun tut es mir fast schon leid, so sarkastisch geantwortet zu haben. Ich habe den Eindruck, Sie glauben an die Grünen. Dann lass ich es mal dabei bewenden.
machen sie sich um mich keine sorgen, wie heisst es doch, jeder soll vor der eigenen haustür kehren.
Ergänzung:
Lieber Michael,
ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren,
Du möchtest die Stuttgart 21 Real- Interessens- Debatte auf eine erbauliche Theorie Debatte zurückführen, ohne die realen Zusammenhänge, u. a. einer heillosen Mischfinanzierung von Bund. Land, Kommunen, die einst vom Forschungs- und Wissenschaftsminister der sozialliberalen Koalition, Klaus von Dohnanyi, in den späten Aufbaujahren ab 1972 für Infrastrukturprogramme wie Schul-, Hochschul-, Straßenbau, Verkehrswesen als sein „Baby“ vom Stapel gelassen wurde, zu problematisieren?
Ich setze da ein Fragezeichen, weil ich mir bei Deiner ansonsten n. m. E. fundierten Arbeitweise nicht ganz sicher bin.
Inzwischen nennt selbst Klaus von Dohnanyi sein „Baby“ der Mischfinanzierung einen gewaltigen Irrtum, weil das. Was damals segenreich wirkte, heute heillos die Finanz- Ressourcen von Bund. Land, Kommunen durch überdimensionierte Projekte auf Jahrzehnte überstrapaziert.
Projekte wie Stuttgart 21, der bau von KWs u. u. tragen durch diese Mischfinanzierung nicht nur die Bürger/innen baden Württembergs, sondern alle Bürger/innen Deutschlands.
tschüss
Jochen
Lieber Seriousguy 47,
Der Beitrag von Michael Jäger fand ich schon gelungen und in seiner Einschätzung ganz nachvollziehbar. Mit Deiner Einschätzung der Verhältnisse liegt man dann nahe an der Realität. Ich danke!
Klar, ich bin mit den Gegenüberstellungen, die er macht, ganz einverstanden. Und hoffe wie er auf eine "grundlegende Veränderung der Verhältnisse". Sie ist "möglich", sagen wir: Sie ist ein bißchen möglicher geworden.
Lieber Joachim, Du bringst da einen wichtigen Gesichtspunkt ins Spiel. Es ist gut, daß er hier im Threat steht. In meinem Beitrag ging es aber nur das politische Reagieren, den Protest und den Versuch, ihn zu kontrollieren, eben um die "Krise". Wird der Protest sich durchsetzen oder wird man nur hinterher sagen können, er sei in der Sache im Recht gewesen?
Lieber Micheal,
Danke für Deine Zustimmug zu meinem Aspekt.
Meine Zustimmung hast Du ja.
Ein andere Sache wäre jes a, wenn Transparenz des Stuttgart 21 Prjoektes hergestellt, die Kosten gedeckelt, die Projektbetreiber in Haftung für die Sinnhaftigkeit des Projektes gehen!, oder?
Auf jeden Fall wären die Kosten des Ausstiegs aus S21, wenn sie auch in die Milliarden gehen, geringer als die des Baus von S21. Ich bin gespannt, wie das in den Schlichtungsgesprächen diskutiert werden wird.
vermutlich wird es zu Gericht über die Frage falscher Datenlagen bei der Projektplanung, Anbahnug im Wege der Ausschreibung, samt Zusteilung der Aufträge, gehen, die die Kosten von Konventionalstrafen wg. Vertragsstorno drastisch nach unten treiben!. oder ?
Wäre zu hoffen, und auch zu erwarten.