Das wird einmal wieder ein Parteitag – in Hamburg Ende November –, von dem etwas abhängt. Dabei geht es nicht um das nach der Bundestagswahl erneuerte Führungspersonal der Grünen, obwohl im zurzeit neu ausgebrochenen Streit zwischen Realos und Parteilinken auch darüber manch Kritisches zu hören ist. Es geht vielmehr um inhaltliche Fragen, bei denen sich Klärungsbedarf aufgehäuft hat, und es geht um die Korrektur des Erscheinungsbilds, das die Medien von den Grünen zeichnen. Entscheidend ist ja immer, was im Fernsehen gezeigt wird. Interviews mit Spitzenpolitikern, die ja in vielen Zeitungen erscheinen, fallen leider viel weniger ins Gewicht. Deshalb erscheint es in der öffentlichen Wahrnehmung derzeit so, als seien die Realos der stärkere Flügel der Grünen und die Linken schwächer, als sie sind. Zeit also für eine Korrektur. Über Parteitage pflegt schließlich auch das Fernsehen ausgewogen zu berichten.
Das Problem von Fernsehnachrichten liegt darin, dass sie bebildert sein müssen und es daher immer naheliegt, die am einfachsten greifbaren oder scheinbar eindrucksvollsten Bilder zu privilegieren. Aus diesem Grund, an dem sie selbst nicht schuld ist, beherrscht die Reala und Fraktionsvorsitzende im Bundestag Katrin Göring-Eckardt das Erscheinungsbild. Sie war schon vor der Bundestagswahl eine bekannte Politikerin, während nur wenige außerhalb Bayerns von Anton Hofreiter wussten, ihrem linken Co-Vorsitzenden. Außerdem stimmen die Urteile, die Göring-Eckardt zur Ukraine-Krise und zum Krieg gegen den IS abgibt, mit dem Mainstream der Massenmedien überein. Auch deshalb wird sie gern zitiert. So erscheinen die Grünen seit Monaten als kriegerischste Partei Deutschlands, obwohl die Parteilinke ganz andere Positionen vertritt.
Bösartige Formulierung
Zum Beispiel lehnen die linken Grünen die Waffenlieferung an die kurdische Peschmerga im Nordirak ab. Diese Meinung ist in der Partei mindestens so stark vertreten wie die Linie, die Göring-Eckardt vertritt. Auch der Realo Winfried Kretschmann genießt den Vorteil der Bilder. Er ist Ministerpräsident und bekommt schon deshalb mehr Sendeminuten als etwa Jürgen Trittin. Der übertrifft Kretschmann zwar noch im Bekanntheitsgrad, wirkt aber als Mitglied des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag und Vizepräsident der Deutsch-Russischen Parlamentariergruppe zurzeit mehr im Verborgenen. Auch die vielen Interviews, die er gibt, können das nicht wettmachen.
Der Streit, den er jetzt mit Kretschmann und den seinen austrägt, hat es hat es nun allerdings doch in die großen Medien geschafft. Gut kommt Trittin dabei nicht weg. Von ihm wird seit eh und je das Bild des arroganten Besserwissers gezeichnet. Das soll er auch diesmal wieder bestätigt haben, hat er doch vom baden-württembergischen Landesverband gesagt, er sei „das Waziristan“ der Grünen. Die Formulierung spielt auf ein pakistanisches Rückzugsgebiet der Taliban an, in der Öffentlichkeit wird aber ein anderer Akzent verstanden, nämlich dass der Angriff offenbar nicht nur den baden-württembergischen Parteifreunden gilt, sondern auch dem hessischen Minister Tarek Al-Wazir. Interessanter noch als die Bösartigkeit der Formulierung Trittins ist die Konfusion, die in ihr steckt. Das Wort fiel in einem Gespräch über Kretschmanns Zustimmung zur weiteren Verschlechterung des Asylrechts. Doch das hat mit Al-Wazir nichts zu tun. Der führte schließlich seinen Landesverband in eine schwarz-grüne Regierung – und sorgte dafür, dass diese der Verschlechterung im Bundesrat gerade nicht zustimmte.
Realos abseits der Realpolitik
Trittin muss sich wegen seines „Waziristan“-Zitats einiges an Vorwürfen gefallen lassen – dabei ist es Kretschmanns Verhalten, das den Grünen massiv schadet. Die Partei hatte sich dezidiert gegen das neue Gesetz der Bundesregierung ausgesprochen, dem zufolge jetzt auch Serbien, Bosnien und Mazedonien als „sichere Drittstaaten“ gelten; Asylbewerber aus diesen Ländern können in Zukunft im Eilverfahren abgeschoben werden. Kretschmann, der sich als Einziger über die Parteilinie hinwegsetzte, meint das wegen einiger Zugeständnisse der Bundesregierung verantworten zu können, etwa dass sich Asylbewerber in Zukunft nach drei Monaten frei in ganz Deutschland bewegen dürfen. Vor allem glaubt er offenbar, es sei Realpolitik, sich als Ministerpräsident so zu verhalten. Doch hier irrt er. Hannah Arendt, die Kretschmann gern zitiert, hat als Schulkind jedes Mal den Klassenraum verlassen und ist nach Hause gegangen, wenn der Lehrer sich wieder einmal antisemitisch äußerte. Das war realistisch. Und so ist es in der Asylfrage realistisch, die Drittstaatenregelung nach wie vor komplett abzulehnen. Dass Kretschmann sie wegen minimaler Zugeständnisse absegnet, das ist ungefähr so, als hätte die SPD die neue Mindestlohnregelung zum Anlass genommen, einem Verbot des DGB zuzustimmen.
Zur Realpolitik gehört es aber auch, dass sich die Grünen nicht mehr nur an Koalitionen mit der SPD binden. So macht die Partei sich von den Sozialdemokraten abhängig. Al-Wazir hat das verstanden. Nach der Landtagswahl im vergangenen Herbst sagte er, dass Schwarz-Grün für ihn nur die „zweite Option“ sei. An ihm ist Rot-Rot-Grün noch nie gescheitert. Auch für Hofreiter ist die Linie klar. Trittin aber gehört einer älteren Generation von Parteilinken an, für die es noch unvorstellbar war, mit der Union zu koalieren. Kann sein Ausfall gegen Al-Wazir anders interpretiert werden, als dass er immer noch so denkt? Für Kretschmann ist umgekehrt das Bündnis mit der Linkspartei unvorstellbar. Er lässt die Öffentlichkeit wissen, dass er von der sich anbahnenden rot-rot-grünen Koalition in Thüringen gar nichts hält. Auch das ist keine Realo-Haltung, denn wie er wissen müsste, steht die Linkspartei den Grünen in vielen Punkten viel näher als SPD oder Union. Insgesamt hat man den Eindruck, dass die nach der Bundestagswahl verkündete neue Parteilinie, man werde Bündnisse nur noch in Beantwortung der Frage eingehen, welche Konstellation dem grünen Programm am meisten nützt, von vielen oder von den Älteren in der Partei für einen bloßen Formelkompromiss angesehen wird. Unter dessen Hülle gehen die alten Grabenkämpfe weiter. Der Parteitag wird die Linie erneut klarstellen müssen.
Die Partei braucht Kretschmann, sie braucht auch Trittin, der sich nach seinem Rückzug vom Fraktionsvorsitz fast wie ein neuer Bundesaußenminister gibt. Er wäre keine schlechte Besetzung. In der Ukraine-Krise stimmt er Frank-Walter Steinmeiers Politik im Wesentlichen zu, betont aber deutlicher, dass eine politische Einigung mit Russland wichtiger ist, als Sanktionen es sind. Er kritisierte den NATO-Scharfmacher Rasmussen, sagt deutlich, dass der Westen mindestens so an der Ukraine gezerrt hat wie Putin und dass die Lösung in der ukrainischen Neutralität läge. Übrigens gehen andere eigentlich sehr bekannte Grüne noch viel weiter als er. „Die Grünen ähneln jetzt der SPD 1914“, hat Antje Vollmer gesagt. Da ist auch sie nach dem von den Medien verbreiteten Erscheinungsbild gegangen, denn für die Parteilinke trifft es nicht zu. Und zugleich wird sie natürlich selbst – mit so einer Äußerung! – in das Erscheinungsbild nicht aufgenommen.
Kommentare 13
Für Menschen die von Anfang an dabei waren ist es ein Alptraum zu sehen wie diese Partei systematisch zerstört wird von denen die in Führungspositionen waren sind oder sogar MP eines Landes sind. Mit Fischer ging es schon langsam nach unten. Heute ist er einer der größten Neo-Kapitalisten, und ist den USA vollkommen verfallen. Die USA will Krieg(was sie vorher massiv provoziert hatten, und Söldner in ihrem Sinne dann vor Ort praktizieren und umsetzen so das die USA/NATO sich im Recht sieht Kriege zu führen . So läuft das leider seit Jahrzehnten ab), und alle westl.ReGIERungen rennen wie dumme Lämmer fleißig mit ins verderben. Wer ist natürlich dabei die GRÜNEN! Jeder weiß spätestens seit dem Irak-Krieg das alles erstunken und erlogen war! Angriffskriege, Waffenexporte Chemiewaffen; von den USA bei jedem Krieg auf grausamste Weise eingesetzt, aber es waren immer andere !!! Nichts ist ihnen mehr heilig warum diese Partei mal gegründet würde. Als Ökopartei gestartet und nun fleißig im Bett mit SPD, aber auch mit dem Gedanken spielend mit der CDU ins Bett zu steigen! Gerade diese Partei die uns alle seit 70 Jahren belogen betrogen haben. Mich schüttelt es nur noch bei diesem Gedanken selbst Mitglied der Grünen gewesen zu sein, viele Wahlkämpfe bestritten, um später mit erleben zu dürfen das genau das Gegenteil dessen später von den Führenden in der Partei umgesetzt wurde!
Als Ökopartei gestartet und nun fleißig im Bett mit SPD, aber auch mit dem Gedanken spielend mit der CDU ins Bett zu steigen!
Reden wir doch mal wieder Tacheles! Warum steigt man bzw . frau mit jemanden ins Bett. Genau, um es sich besorgen zu lassen. Von der SPD ist da nicht mehr viel zu erwarten, da funktioniert es nur noch per (flottem?) Dreier. Und das ist mit der Zeit arg mühsam. Außerdem hat Papa Gauck mit heftig winkendem Zeigefinger gewarnt. Und die Talibans aus Waziristan, s'Tschemle und s'Kretschmännle,wollen schließlich endlich mal wissen, ob das Gerücht, das immer von den Schwarzen zu hören ist, stimmt.
Bei den GRÜNEN gibt es, wie in jeder richtigen Partei, eben „Flügel“ und Flügelkämpfe, und das ist auch gut so. Es geht einem doch auch persönlich so: man hat Träume, wie die Welt sein könnte und eigentlich sein müsste: mehr ökologisch, weniger ökonomisch, ohne Profit- und Machtgier, ohne Waffen und Krieg, etc. Diese Ziele sind richtig und weiterhin anzustreben. Man ist aber auch Realo genug, um zu wissen, dass es notwendig ist, Kompromisse einzugehen, um zumindest den idealen Zielen einen kleinen Schritt näher zu kommen. Bei der Asylfrage sollte man auch nicht „päpstlicher sein als der Papst“: wer nachweisen kann, dass er beispielsweise in Serbien unrechtmäßig verfolgt wird, darf doch wohl nach wie vor in Deutschland Schutz suchen? Nur dass Serbien schon per se ein Fluchtgrund ist, halte ich für unangemessen, obwohl ich da ungern Herrn Seehofer Recht gebe. Es wäre viel wichtiger viel mehr Menschen aus den Kriegsgebieten nach Deutschland zu lassen.
Bei den GRÜNEN gibt es, wie in jeder richtigen Partei, eben „Flügel“ und Flügelkämpfe, und das ist auch gut so. Es geht einem doch auch persönlich so: man hat Träume, wie die Welt sein könnte und eigentlich sein müsste: mehr ökologisch, weniger ökonomisch, ohne Profit- und Machtgier, ohne Waffen und Krieg, etc. Diese Ziele sind richtig und weiterhin anzustreben. Man ist aber auch Realo genug, um zu wissen, dass es notwendig ist, Kompromisse einzugehen, um zumindest den idealen Zielen einen kleinen Schritt näher zu kommen. Bei der Asylfrage sollte man auch nicht „päpstlicher sein als der Papst“: wer nachweisen kann, dass er beispielsweise in Serbien unrechtmäßig verfolgt wird, darf doch wohl nach wie vor in Deutschland Schutz suchen? Nur dass Serbien schon per se ein Fluchtgrund ist, halte ich für unangemessen, obwohl ich da ungern Herrn Seehofer Recht gebe. Es wäre viel wichtiger viel mehr Menschen aus den Kriegsgebieten nach Deutschland zu lassen.
Jürgen Trittin wird einmal mehr zum Opfer seiner unergründlich klammheimlichen Freuden, seiner spezeillen Art von deeeskalierendem Humor in gefahrvollen Zeiten nach dem entsetzlichen Gefreiten AH mit DEN GRÜNEN in der Opposition .
Ein Jahr nach 1977 waren es die klammheimlichen Freuden der Meskalaros, mit denen Trittin bekenntniswütig sympathisierte, in einem anonymen Aufruf Göttinger Studenten über den Tod des furchtbaren Generalbundesanwaltes Siegfried Buback am 10. April 1977 durch ein RAF- Kommando im Karlsruhe, die eigentlich im Bleiernen Deutschen Herbst, deeskalierend gemeint, aber bis heute unermüdlich, als Bereitschaft zur Eskalation des Terrors umgedeutet, skandalisiert wurden
Jetzt hat Trittin, wieder einmal von diesen klammhemlich deeskalierenden Freude geritten, doch glatt vom baden-württembergischen Landesverband gesagt, er sei „das Waziristan“ der Grünen.
Da DIE GRÜNEN vor lauter heiligem Ernst ihrer gesellschaftspolitischen Absichten kaum gehen können, geschweige Gebühren für die Pacht von Humor entrichten wollen, kam es, wie es kommen musste, Trittin wurde über Interviews des Grünen Spitzenpersonals zum Rapport nach Berlin einberufen, sich abwatschen zu lassen, statt ihn wg. seines ausgesuchten Humors zu herzen und zu umarmen
Dabei ist doch klar, Jürgen Trittin macht nun den "Schlafwandler" in der zweiten Reihe DER GRÜNEN im Deutschen Bundestag, auf dem Sprung zu seiner zweiten Chance, wenn ihn die Lage ruft, der Morgenmantel der Geschlichte vorbeischlurft, während Katrin Göring- Eckardt, Anton Hofreiter die humorlosen Pausenclowns DER GRÜNEN geben, die Rechts die CDU/CSU/SPD in einer Allianz der Kriegswilligen streicheln, diese milde zu stimmen, damit, na wer wohl?, selbstredend Trittin die Linke bei nächster Wahlgelegenheit umso unmittlebarer umarmen kann.
Das war Jürgen T. mit der klammheimlichen Freude damals? Oder was es nur wieder sein glüchlicherweise gefundener, presserechtlich angeklebter Name, wie beim angeblichen Pädophilie-Traktat auch?
Puh...Trittin als Außenminister. Vermutlich besser als FWS, vielleicht etwa auf einem Level mit Guido Westerwelle, den Gysi im Bundestag ja sogar mal gelobt (ab Minute 17:30) hat. Libyen-Bombardierung? Naja, lieber enthalten wir uns. Definitiv besser als Zustimmung! Aber auch nicht wirklich Arsch hoch, und vom Format der Schweden, die gerade Palästina anerkannt haben, schon mal gar nicht.
vom Format der Schweden, die gerade Palästina anerkannt haben
Aufmüpfige Schweden? Gibt es so etwas, oder haben sie gerade festgestellt, dass das U-Boot zwischen den Schären wieder von Westen her in die Ostsee einfuh?. Wurde der Popanz "Iwan ante portas" den Schweden dann doch mal zu dumm? Sollen bloß aufpassen, die Sheriffs. Nicht dass Stockholm auch noch auf eine persönliche Vorsprache von Julian A. in Stockholm verzichtet. Das wäre mehr als ärgerlich. Andererseits würde es den britischen Staatshaushalt erheblich entlasten, wenn die Wagenburg in London nicht mehr als Außenstelle von Guantanamo geführt werden müßte.
"Das war Jürgen T. mit der klammheimlichen Freude damals? "
Er ist dieser bekennend beigetreten, wie damals viele andere, darunter ich, im Irrglauben, damit in gefahrvollen Zeiten des Deutschen Nachherbstes Frieden mit- und untereinander zu stiften
Da konnte man bekennend beitreten? Hätte ich das gewußt! Dem Irrglauben wäre ich auch gerne aufgesessen!
"Hätte ich das gewußt! Dem Irrglauben wäre ich auch gerne aufgesessen!" b
Bei solchen Anspielungen bleibt mir der Scherzkeks im Halse stecken
Manno, das "Ding" ist jetzt fast 40 Jahre her, da wird man doch auf das virtuelle Trittbrett springen dürfen?
"das "Ding" ist jetzt fast 40 Jahre her, da wird man doch auf das virtuelle Trittbrett springen dürfen? "
Ich habe Frau Sommer gefragt, die sagt
"Da geht absolut nichts mehr!"
Was geht ist die Fürsorge für die Opfer allet beteiligten, involvierten Seiten