Weder zum Aufatmen noch zum Erschrecken laden diese Landtagswahlen ein. Zum Aufatmen? Die AfD ist zwar weder in Sachsen noch in Brandenburg stärkste Partei geworden, was noch vor wenigen Wochen keineswegs feststand. Aber sie hat mehr zugelegt als je. Nach der Europawahl im Mai hörte man das Urteil, sie habe ihr Wählerpotenzial nun ausgeschöpft. Das war falsch. Zu erschrecken braucht man aber auch nicht. Weder die Parteien des Verfassungsbogens noch die Bürgerinnen haben gebannt auf die Schlange AfD geschaut, sie haben vielmehr gekämpft und der Kampf war erfolgreich. Man muss anerkennen, dass besonders die Ministerpräsidenten beider Länder durch ihren Einsatz in den letzten Wochen viel bewirkt haben. Zum Pessimismus besteht also kein Anlass. Doch der Kampf geht weiter. Wenn man einen genaueren Blick auf den Wahlsieg der CDU in Sachsen wirft, sieht man, dass sie 84.000 ihrer bisherigen Wähler an die AfD verloren hat. So erfreulich es ist, dass 126.000 bisherige Nichtwählerinnen den Verlust mehr als ausgeglichen haben: Die AfD wurde von 226.000 bisherigen Nichtwählern gewählt.
Die Schlussfolgerung ist klar. Die sächsische Regierungspartei hat der AfD eine offene Flanke geboten. Die konnte geschlossen werden, aber das muss nicht so bleiben. Es hängt davon ab, wie die Bürgerinnen die künftige Politik der CDU wahrnehmen und bewerten. Und das fängt heute schon an, denn infolge des Wahlausgangs stellt sich Sachsens CDU die Frage, ob und wie sie mit den Grünen zusammenarbeiten kann. Allein mit der SPD wie bis dato geht nicht mehr und als Mehrheitsbeschaffer kommen einzig die Grünen infrage, da die CDU eine Zusammenarbeit mit der AfD, aber auch mit der Linken ablehnt. Würde nun eine schwarz-rot-grüne Regierungskoalition zusammengebastelt, wäre das Wasser auf den Mühlen der AfD. Schon im Wahlkampf hatte deren Bundessprecher Jörg Meuthen getönt, die Grünen in der Regierung würden die CDU am Nasenring durch die Manege ziehen. Das wird die Partei dann zu beweisen versuchen. Klar, man muss nicht immer hinhören, wenn solche Sprüche geklopft werden. Die Grünen sind nun mal der Hauptgegner der AfD. In Sachsen ist es aber tatsächlich so, dass entweder die CDU oder die Grünen einen Nasenring tragen werden, wenn sie zusammen eine Regierung bilden. Darin liegt das Problem. Diese Parteien passen in diesem Bundesland wirklich nicht gut zusammen.
Das kommt auch in den Stellungnahmen der grünen Bundesvorsitzenden zum Ausdruck. Robert Habeck sagt, die CDU werde „einige Aussagen kassieren müssen“. Strittig ist besonders der Braunkohleabbau. Annalena Baerbock kündigt an, die Grünen würden in Koalitionsverhandlungen „sehr, sehr deutlich“ werden. Sie sprechen schon jetzt deutlicher, als man es von ihnen gewohnt ist. Aber worauf soll es denn hinauslaufen? Man würde wünschen, die Vorsitzenden sprechen so, weil sie von Schwarz-Grün-Rot in Sachsen eher abraten wollen. Es wäre wirklich besser für das Land, wenn Schwarz-Rot als Minderheitsregierung weitermachen würde. Hinreichend stabil könnte auch dann regiert werden. Die Grünen würden ja keinen Haushalt scheitern lassen, auch als Opposition nicht. Aber der AfD wäre die Behauptung erschwert, ihr stünden nur Varianten ein und derselben Partei gegenüber.
Zwar wird sie von einer Scheinopposition der Grünen sprechen. Aber darum geht es ja gerade: In der Klimapolitik weit auseinander, sind Grüne und CDU einig, die Verfassung zu verteidigen. Die Differenz zur AfD erstreckt sich auf beide Fragen. Je klarer das wird, desto fester kann die CDU der AfD entgegentreten. Was im Interesse aller Verfassungsparteien liegt.
Kommentare 20
Es mag sein, dass die Grünen einfach zu gerne regieren. Vielleicht fühlen sie sich aber auch verpflichtet, jedem AFD-Wähler zu beweisen, dass es egal ist, was er wählt, weil sich immer Mehrheiten jenseits der Schwarzbraunen finden.
Klüger wäre es, Union und Grüne würden anerkennen, dass es keine naheliegenden Mehrheiten mehr gibt. Es verletzt zwar die Liebe zur "Stabilität" und "Verlässlichkeit", keine Koaliton mit Vertrag zu bilden, der (scheinbar) alles vorab regelt, aber wenn sich die Zeiten ändern, muss man experimentieren.
Auch mit Minderheitsregierungen. Wenn's dem AFD-Wähler nicht passt, kann er ja nächstes Mal CDU wählen.
Ein weiter so von bisherigen Gegebenheiten als Lösung für die Freitag Redaktion, nur weil keiner die Linken will und nun aus dem beleidigt sein heraus die Grünen vergraulen. Ich bin für rot schwarz grün damit sich neues entwickeln kann. Sie aus der Freitag Redaktion können ja zu Söder und sein Luftverschmutzungsprogramm schreiben. Über seine kriminelle Energie und das nicht ausüben von Arbeitsaufträgen. Jeder normale Mensch würde bei Arbeitsverweigerung entlassen werden, besonders wenn diese Handlung, beim nicht ausüben von Verantwortung und Arbeit einem Totschlag gleichkommt. Das ist allen recht, dieses rechts und unser gewohntes weiter so.
Nein. Mit dem nicht ausüben wollen, bzw. nur das falsche zu tun und dies noch alles verschlimmert, kann ich mich nicht anfreunden, weder in der Politik noch im Journalismus.
Lieber Michael,
Was genau hat man sich unter einer "Verfassungspartei" vorzustellen? Der Begriff erscheint mir durchaus ungeeignet als Abgrenzung der AFD vom Rest des Parteienspektrums. Ohne die geringsten Sympathien für die -AFD zu haben: sie ist leider gemäß der Verfassung in die Landtage gewählt worden.
Ich weiß, es ist ist unvollkommener Begriff. Ich mußte mich aber kurz ausdrücken, ich hatte nur eine Spalte. Da dachte ich an die Terminologie, die im Italien jedenfalls der 1970er Jahre gepflegt wurde. Die Kommunisten sprachen vom "Verfassungsbogen". Die Faschisten gehörten nicht dazu, obwohl ja auch sie verfassungsgemäß gewählt worden waren. Ich denke, man kann den Begriff so verstehen, daß er Parteien beschuldigt, die Verfassung zu brechen, sobald sie die Macht dazu hätten. Und so gesehen ist er auch im gegenwärtigen Deutschland brauchbar.
“Wasser auf die Mühlen der AfD“ ist jede Koalition ohne ihre Beteiligung. Mit diesen gewaltigen Wahlergebnissen ohne dennoch Aussicht auf eine Regierungsbeteiligung zu haben, hat die AfD den “Nasenring“ ohnehin in der Hand. Nicht die Union zerrt die Grünen oder vice versa, sondern die AfD zerrt beide. Nicht anders in Brandenburg - auch hier hat die AfD so viele Stimmen gefressen und die übrigen sind derart abgeschlagen, dass jedes Bündnis ohne AfD eine Zwangsveranstaltung für die Beteiligten ist.
Die AfD ist nun einmal der Wahlsieger. Indem das gerade CDU, SPD und natürlich Die Grünen wieder einmal totschweigen wollen und nicht stattdessen auch einmal ihre Kenntnisnahme dessen und einen daraus evtl. resultierenden Ansporn formulieren, ist dagegen ein ganzer Schwall auf die Mühlen der AfD.
Ich kann dieses Urteil nachvollziehen, sehe es aber selbst nicht so. Die AfD ist ganz eindeutig eine Minderheit geblieben.
Da gibt es leider einen Haken: Die Verfassung ist von CDU und SPD bereits oft geändert worden, die AfD aber kann ihre Hände in Unschuld waschen.
Zudem gilt die Linkspartei der CDU auch als verfassungsfeindlich.
Ein besserer Begriff in Ihrem Sinne fällt mir auch nicht ein. Ob das daran liegen könnte, dass die Kategorisierung falsch ist?!
Guter Beitrag! Aber was ist mit der Linkspartei? Nachgerade für die waren beide Wahlen ein Fiasko.
Die AfD hat in Sachsen so viele Stimmen, wie SPD, Grüne und Linke zusammen. Sie wurde von rund 602.000 Menschen aus einer Gesamtwählerzahl von rund 2,2 Mio. (jeweils aufgerundet) gewählt. Sie hat in 11 Wahlkreisen die Mehrheit.
https://wahlen.sachsen.de/LW_19.php?_ptabs=%7B%22%23tab-wahlbeteiligung%22%3A1%7D
Nun kann man vielleicht über den Begriff von "Minderheit" bzw. ihre Quantifizierung streiten. Aber hier müsste man wohl doch schon alle Parteien außer der AfD zu einem Block zusammenfassen, um die AfD noch als Minderheit anzusehen. Und das wäre doch Quatsch. Gerade Sachsen mit seiner enorm konservativen CDU ... Das ist die CSU ja näher an den Grünen und so mancher CDU-Landesverband wohl sogar näher an Der Linken, als das in Sachsen jemals denkbar wäre. Und Minderheit hin oder her: Die Zahlen der AfD sind doch wohl beeindruckend genug, vor allem, wenn man die steile Aufwärtskurve der vergangenen Jahre bis jetzt sieht. Nein, man macht die AfD nicht größer, indem man über sie redet. Man macht sie größer, indem man sie klein zu reden versucht und stattdessen das Problem zwischen Grünen und der Union sieht.
Wer denkt man könne eine Populistische Partei mit irgentwelchen politischen Anti Koalitionen aushebeln welche hauptsachlich eint das die AfD nicht (mit) regiert der Irrt. Die Politik müsste die Ursachen für den Frust der Wähler beseitigen und das kann sie nicht , das kann im Prinzip keine Regierung in Brandenburg oder Sachsen auch nicht die AfD.
Denn einige Regionen wie die Lausiz dort werden "sterben" , egal wieviele Fördergelder oder gute Absichten man in den nächsten 5-10 Jahren noch hineinpumpt, die Braunkohle Industrie dort dichzumachen hätte vor 20-30 Jahren sogar großen Anklang in der Bevölkerung gefunden , denn diese kämpfte damals gegen die Kohle und für den Erhalt ihrer Dörfer.
Heute hat das Business mit guten Löhnen dort längst gesiegt , das es sonnst keine wirtschaftlich "blühenden Landschaften" gibt und die Infrastucktur auch längst weg ist oder wird die Bahn 5000km neue Schienen in Kleinstädte verlegen, die sie vor 20 Jahren stillegte ....?
Es ist das gleiche als wenn man VW in Wolfsburg komplett schließt und die 10.000 gut Bezalten Jobs in Niedersachsen weg wären, damit sind nicht nur die Jobs bei VW weg sonden noch einmal das Doppelte bei Dienstleistungen ect.
Der Markt hat seine eigenen Gesetze und was danach in der Lausitz mit schlechter Infrastruktur kommt werden Niedriglohn Jobs eines neuen Amazon Auslieferungslagers sein oder verlängerte Werkbänke welche so lange bestehen bis die üppigen Subventionen auslaufen. Vermutlich wäre es sogar besser die AfD würde Regieren oder mitregieren , dann würden die Wähler sehen das sie auch nicht mehr zustande bringt. Ausgrenzung mit einer Anti AfD Allpartein Koalition auch um Aufgabe der eigenen Politik in den Partein und Wählerbeschimpungen allenhalben in den Medien verschlimmern die Sache nur. Zudem werden in einrer dreier oder mehr Parteien Koalition die Partein ihre Wähler verlieren wenn ihre eigene Politik in solch Bündnisse nicht mehr sichtbar wird.
Ich halte das nicht für Quatsch. Die AfD berührt eine sehr grundsätzliche Frage, in der alle anderen Parteien einen einzigen Block gegen sie bilden, und das ist gut so. Daß sie stärker wird und daß das gefährlich ist, habe ich ja selbst hervorgehoben. Richtig ist natürlich auch, daß die bloße Ausgrenzung nichts nützt. Ihr muß eine Kraft entgegentreten, die nicht bloß verteidigt, sondern im guten Sinn offensiv ist und Neues anstrebt. Ich wünschte mir, daß die Linke diese Kraft wäre, aber da ist vorerst Fehlanzeige. Da müßte noch was kommen. Bleiben die Grünen, die in der Gesamtgesellschaft weit stärker sind als die AfD. Sie sind auch im Osten ihr eigentlicher Gegner. Vergessen wir bei all dem nicht, die AfD ist eine rein reaktive Kraft, sie hat letztendlich nichts anzubieten. Daß die CDU sich etwas zivilisiert hat, ist der letzte Grund ihrer Existenz. Leider kommt hinzu, daß die Kohl-CDU die desaströse Lage in vielen ostdeutschen Gebieten verschuldet hat und die Merkel-CDU nicht in der Lage ist, es zum Besseren zu wenden.
"Und das wäre doch Quatsch."
Absolut richtig. Allein das Wort "beeindruckend" würde ich eher durch alarmierend ersetzen. Wer in der Linkspartei bisher geglaubt hat, sich bequem auf Wählerschaft im Osten stützen zu können, möge jetzt gründlich in sich gehen!
Ich glaube, das Problem der Linkspartei hängt mit dem der Kategorisierung der Parteien zusammen, das hier angesprochen wurde. War die Linkspartei nicht stets bemüht, ihre "Koalitionsfähigkeit", sprich Harmlosigkeit zu demonstrieren? Es gelingt der AfD, sich als widerständig zu inszenieren, weil diese politische Flanke in Deutschland ein weißer Fleck ist. Und solange sich außer ihr niemand diesem - berechtigten - Widerwillen annimmt, fährt der Zug weiter nach rechts.
Während die Menschen über das Wahlergenis noch diskutieren, setzt die Mainstream Presse ihre Hetze gegen die Ossis fort. Nun sollen die jungen Ossis Rechter seine als ihre Opas. Dabei sind die Alter Weissen Männer schon angeblich sehr weit rechts...
Die DDR war anegblich ein Rückzugsort für Antisemiten
https://www.welt.de/geschichte/plus189472067/Antisemitismus-Warum-die-DDR-ein-Rueckzugsort-fuer-Antisemiten-war.html
Diktaturen aus NS und SED Zeiten nie richtig aufgearbeitet. Deshalb sei Ostdeutschland anfällig für Rechtsextremismus
https://www.focus.de/politik/deutschland/demokratiedefizit-und-rechtsextremismus-nach-chemnitz-vor-der-landtagswahl-in-sachsen-warum-afd-und-pegida-im-osten-staerker-sind_id_9529244.html
Wie erklären sich die Mainstream Journalisten, die Nähe der deutschen etablierten Parteien und Linksliberalen Parteien des Bundestages zu den Nazis in der Ukraine, die mit Hackenkeuz schon während der Maidan Revolution auftraten? DIe Hetzjagden auf ungarischen Magyaren,auf Tschechen, auf Juden udn auf Russen in der Ukraine von den urkainischen Nazis, die der ungarische Regierungschef Orban seit Jahren verurteilt und das EU Parlament das einfach ignoriert? Das Wiederaufblühen der Nazis in Baltischen Staaten, zu denen unsere Budnesregierung gute Beziehungen pflegt? Die etablierten Volksparteien in Deutschland pflegen außerdem gute Kontakte zu den rechtsextremistischen Islamisten in Saudi Arabien (Wahhabiten) und Türkei (Erdogan).
Sind daran auch die Sachsen, die AFD und PEGIDA schuld? Eventuell könnte man dafür auch die DDR verantwortlich machen. Hauptsache einen Sündenbock finden...
Nach den rechtsextremnistischen Ausschreitungen in Chemnitz im letzten Jahr hatten mehrere bekannte Leute, unter anderem auch ein deutscher Theaterregiesseur zum Massenmord an allen Deutschen, die in Sachsen leben, aufgerufen. Er rief dazu auf Napalm über das gesamte Gebiet Sachsens abzuwerfen...Seltsam warum die Staatsanwaltschaft da nicht wegen Volksverhetzung tätig wurde. Hätte ein AFDler das gesagt, wäre die halbe Presse voll mit Schlagzeilen über solche Äußerungen. Der Budnestag würde einen Verbot der AFD Partei nachdenken...
https://www.journalistenwatch.com/2018/08/28/der-hass-chemnitz/
Wer ist denn überhaupt für die Misswirtschaft in Ostdeutschland verantwortlich? Auch Westliche Politiker und BRD
Währungsunion BRD und DDR: Wie sich westdeutsche Banken auf unsere Kosten an fiktiven DDR-Krediten bereicherten
http://www.tagesspiegel.de/meinung/kommentare/schulden-ohne-suehne/620948.html
Fiktive Schulden der DDR
http://www.heise.de/tp/artikel/36/36931/1.html
Lieber Jäger,
glauben Sie wirklich dass, "...da die CDU eine Zusammenarbeit mit der AfD, aber auch mit der Linken ablehnt" alles auch so bleiben/kommen wird?
Dass die cdu mit der Linken nichts am hut hat, mag ja sein. Aber die AfD ist fleisch vom fleisch der cdu und ist für diese sehr nützlich. Denn sie hat die (tendenzielle) linke mehrheit im lande nachhaltig gekippt (gerade noch rechtzeitig bevor die spd ihren anti-Linke-position aufgegeben hat!), in dem sie anti-Merkel-protest-potential aus allen parteien auf sich gezogen hat.
Jetzt muss nur noch 'Merkel weg', was schon bald der fall sein dürfte, und schon steht einer schwarz-blauen koalition nichts mehr im weg. Noch der alt-ministerpräsident Sachsens (der ja politisch noch "jung" ist, dh. er ist jünger als 70) wird seine eigenen schwüre zurücknehmen und 2024 mit der Afd - stabil - regieren ... wetten!?
Trotz aller Beispiele, was will man denn alles in Kauf nehmen für Geld? Und es geht hauptsächlich um Geld. Jobs, mehr Läden und Busse, ok.
Im Osten hat man gewählt und nun diese Gründe um menschenfeindlich, gewaltverherrlichend zu wählen? Das sollen mündige Bürger mit Bildung sein? Es geht einfach um eine zweifelhafte Gesinnung und Geld.
Haben Östler nicht West-TV gesehen? Und nichts kapiert? Keine Ahnung von was man übernommen werden sollte? Keine Ahnung vom Wirtschaftssystem, vom Arbeitsdruck, von stärkerer Selbstständigkeit?
Dann hat man wohl selbst Fehler gemacht. Man ist dem Westen und dem Begrüßungsgeld hinterhergerannt, nicht wegen Meinungsfreiheit - das belegen die Wahlen. Es ging um wirtschaftliche Vorteile, sprich Wirtschaftsflüchlinge. Zum großen Teil.
Man hat 1000 Milliarden in den Osten gepumpt und die im Westen wurden zu dieser Belastung nicht gefragt. Ja, West-Firmen haben daran verdient, aber im Osten waren keine Firmen die nach neuen Normen bauen oder liefern konnten. Wie ich weiß mußten West-Firmen den Gemeinden die Normen und Gesetze/Vorschriften mitbringen damit diese überhaupt wußten wie man was in Angriff nimmt. Selbst hat man sich wenig darum gekümmert.
Dazu kommt, was im Westen normal ist wird im Osten von vielen als Zumutung gesehen. Man sollte bedenken, daß es die eigenen Mitbürger waren die Jobs oder auch nur besser bezahlte Jobs im Westen suchten. Der Westen ist nicht schuld an der Abwanderung in den Dörfern. Viele ehem. Betriebe waren gar nicht in der Lage weiter zu arbeiten oder hatten ungeeignete Produkte. Selbst die Menschen in den Ost-Ländern haben die eigenen Produkte nicht mehr gekauft, man wollte West-Artikel. Hätte man nicht die eigenen Produkte unterstützen müssen? Nein, aber hinterher beklagen, daß im Ort deswegen eine Firma schließt ist doch verwunderlich.
Hier habe ich noch nie mit jemandem Kontakt gehabt der als Grund für den Westdrang nicht Geld, Reisen, konsumieren genannt hat. Politisch Unterdrückte habe ich noch nicht erlebt. Die scheinen nicht in der Mehrzahl gewesen zu sein und sind sehr leise geworden. Wahrscheinlich weil die Mehrheit sie damals, nachdem sie die Kartoffeln aus dem Feuer holten, links liegenließ.
Gut, selbst wenn man selbst Die Linke und die CDU als zu einem Block, quasi als 'Bündnis in der Not', weil "Verfassungsparteien" (Dass die Union Die Linke als nur bedingt verfassungskonform einschätzt, ist allerdings nicht weithergeholt, wie wir wissen), ansieht, so bleiben doch die großen Zahlen der AfD und man müsste streiten, wo Minderheit anfängt bzw. aufhört. Ich habe auch mit dieser Rechnung Schwierigkeiten, die AfD in Sachsen und nun auch Brandenburg als Minderheit anzusehen. Und wir lügen uns in die Tasche, wenn wir annähmen, dieser vermeintliche Block der "Verfassungsparteien" halte über den Wahlabend und vielleicht noch den 2. September hinaus. Ich glaube Katja Kipping, dass die Not so groß war, dass selbst Linken-Sympathisanten aus Taktik CDU gewählt haben. Und die Euphorie, oder besser: das Aufatmen, dass die AfD doch nicht den Anspruch auf den Ministerpräsidentenposten gewonnen hat, wird schnell verfliegen. Das in den letzten beiden Sätzen Gesagte demonstriert doch, wie verzweifelt die Lage ist. (Ein bisschen kann man an die letzte Präsidentschaftswahl in Frankreich denken)
@Bernd Höcke etwa 22 Stunden ist mit der Feststellung Recht zu geben, dass Die Linke wohl ihren "Ostbonus" verloren hat. Natürlich müsste einem jetzt etwas einfallen, anstatt nur immer das Schreckgespenst der AfD auszumalen. Ich bin allerdings ziemlich ratlos. Das auch, weil die Situation tatsächlich so viel anders zu liegen scheint, als im Westen. Die wirtschaftliche Situation ist im Ganzen vor allem in Sachsen gar nicht so schlecht bis ziemlich gut, wobei freilich nicht übersehen werden darf, dass es große Kontraste gibt. Vergleichsweise florierenden Zentren steht eine vollkommen abgehängte Peripherie gegenüber. In vergleichbar schlecht oder sogar noch schlechter gestellten Regionen des Westens sind die Werte der AfD trotzdem nicht annähernd so dramatisch. Ich denke, dass der Westen gegenüber vielen Regionen im Osten einen anderen Vorsprung hat, wobei ich "Vorsprung" zunächst wertungsfrei verwende. Es ist, vermute ich, eine Gewöhnung an Transformationen im kapitalistischen Wirtschaftsgefüge sowie vor allem auch an eine Durchmischung der Bevölkerung. Natürlich ändert sich das alles auch im Westen - wie auch da die lange gewachsene Tradition mit den "Volksparteien" CDU/CSU und SPD abbaut -, im Osten waren diese Säulen nur von vornherein brüchiger; konnten sich nicht so manifestieren.
Was heute im Osten an Veränderungen passiert bzw. sich in Stagnation ergeht, würde ich weniger noch auf die Verheerungen der Kohl-Ära zurückführen. Auch im Osten ist in der Zwischenzeit eine Menge passiert. Nur scheint der Veränderungswille spätestens mit den Flüchtlingen erschöpft zu sein. Dass die Art, wie sich gewehrt wird, vollkommen irrational ist, darüber braucht man nicht zu streiten und es ist auch nicht entschuldbar. Dazu scheinen die schön sanierten, aber leider oft leeren, Städte und Gemeinden, die mittlerweile optisch weit gegenüber einer Vielzahl westlicher Kommunen abstechen, zusätzlich dazu zu verführen, doch endlich einmal ein schönes Deutschland zu bewahren. Nach z. B. Görlitz ziehende West-Rentner sollen schon mit den Worten vernommen worden sein, dort sei es eben noch so, wie es bei ihnen im Westen früher einmal war.
Das alles verdeckt freilich immer sehr, was es dennoch an tollen Initiativen für Gesellschaft und Kultur im Osten gibt. Es gibt eben nicht (mehr) "den Ossi". Dennoch sehe ich auf längere Sicht nicht, wie sich progressive Parteien breit aufstellen könnten, zumal die ja auch nicht wirklich in Sicht sind. Die Grünen werden als urbane Mittelschichtpartei nicht über ein paar Stadtbezirke, vornehmlich in Leipzig oder Potsdam (das allerdings mehr zu einer Vorstadt Berlins geworden ist), hinauskommen. Wie Die Linke es herumreißen könnte ohne allein als Protestpartei zu gelten, liegt sehr im Dunkeln. Vielleicht geht das nur, wenn sie es schafft, der AfD das Protestmonopol zu entreißen. Es wird wohl nichts ohne die CDU gehen, wobei man sich nicht sicher sein kann, wie lange die der AfD widerstehen kann. Das wird auf Bundesebene entschieden werden.
Siehe auch mein Kommentar @Michael Jäger weniger als eine Minute.
"Wie Die Linke es herumreißen könnte ohne allein als Protestpartei zu gelten, liegt sehr im Dunkeln."
Genau! Dazu müsste sie schon die Chuzpe haben. Dass die Kapitalparteien dann die ein oder andere diffamierende Vokabel verwenden (wie z.B. "Protestpartei*) ... Tja. Das sollten zumindest gut bezahlte Parlamentarier*innen aushalten können.
Im Klartext: Eine Linke, die versucht, Everybody's Darling zu sein, ist überflüssig und peinlich. Und damit meine ich nicht nur die LINKE.
Eine Linke dagegen, die akademische Reinheit der Solidarität überordnet, wird weiter versagen wie seit 70 Jahren.
Dass die Dinge so kompliziert gar nicht sind, führt die Rechte - hier die AfD - gerade vor. Wozu denn den verqueren Status Quo noch besser managen? Wie wär's mal mit Widerstand?
Sie vergessen den Brain-Drain! Das heutige Ostdeuschland ist buchstäblich verlassen von allen guten Geistern - von der Jugend mal abgesehen.
Die Firewall der Sachsen-CDU gegen die AfD ist absurd. Das sind sehr wesentlich ihre eigenen Wähler. Unter Biedenkopf hatte die CDU mal 58% in Sachsen, heute steht sie bei 31%, die AfD bei 28%...
Durch die Öffnung der Grenzen, die Problematiken des Euro und die ökonomische Spaltung der Gesellschaft wurde der deutschnationale bis rechtssozialistische Flügel der alten Volkspartei CDU abgesprengt, den früher Leute wie Dregger oder Kanther vertraten.
Diese Leute gebetsmühlenartig zu dämonisieren, als hätten sie vor, Treblinka wiederzueröffnen, unter völliger Ausblendung der nach wie vor bestehenden Gründe für die Entstehung der AfD, macht diese aus mehreren Gründen immer stärker: man päppelt sie Diskursverweigung, Sachthemenferne, Selbstgerechtigkeit, politisches Foulspiel (wie das Zusammenstreichen der Landesliste) und im Grunde auch permanenter Bevormundung der Bürger, wen diese denn aus der eigenen Sicht zu wählen hätten.
Wie und durch welche Parteien und in welcher Stärke ein Parlament zusammengesetzt, entscheiden ganz allein die Bürger. Politische Kräfte, die sich öffentlich, vor den Augen der Bürger darüber austauschen, dass sie eine Partei, die mehr als ein Viertel der Wählerschaft in Sachsen hinter sich hat und stärker ist als sie selbst, als Problem ansehen, und wie mit diesem umzugehen sei, übersehen etwas sehr entscheidendes, nämlich dass die Wähler darüber befinden, was Probleme sind (nämlich Sachthemen) und wen sie mit der Lösung betrauen.
Das der einen Partei die andere nicht gefällt, liegt im Wesen der Demokratie. Die geht aber vom Bürger und dessen Wahlstimme aus, nicht von Parteien, die sich für legitimer halten als die Konkurrenz und mit dem Wort "Opposition" erkennbar auf Kriegsfuß stehen.
Wer sinngemäß mit "Liebe Sachsen, ihr Nazischweine, wählt nicht die Afd, die mögen wir nicht!"
Wahlkampf macht und sich allen Ernstes über die ausbleibende Begeisterung wundert, ist naiv, arretiert selbstbezogen und in jedem Fall arrogant. Das Werben um Zustimmung (Kernelement von Demokratie) fällt da natürlich besonders schwer, weil nicht nur die Themenorientierung (siehe oben), sondern auch die Demut fehlt.
Es ist das gute Recht der deutschen Linken, so aufzutreten, es ist nur suizidal. Und die geistige, taktische und stilistische Engführung geht so weit, dass man niemanden mehr erträgt, der es einem sagt.
Die Sachsen-CDU wiederum unterwirft sich dieser Befindlichkeit. Das darf man für einen Fehler halten, vielleicht muss man es sogar. Ein taktisch intelligenter Linker wie Bodo Ramelow warnt schon vor "Zwangskoalitionen" angesichts der Tatsache, dass aufgrund der themenfernen Ausschließeritis die Sachsen-CDU nun scheinbar mit den Grünen koalieren muss, ob die beiden Parteien gar nicht verhehlen, dass sie nichts verbinden und fast zwei Drittel der Sachsen rechts gewählt haben. (CDU+AFD+Freie Wähler+Zastrow-FDP)
Eine Regierungsbildung, die mit dem Wählerwillen im Sinne der Neigung der Waage nichts zu tun hat und die Waage sich aus Sicht der Mehrheit der sächsischen Bürger in die falsch Richtung neigt (und diese Sicht ist der demokratische Bewertungsmaßstab, wogegen auch kein Dämonismus hilft), eine solche Regierungsbildung auf Sand gebaut. Spätestens - bei Sachthemen.
Bergbau in der Lausitz erhalten (CDU) - Bergbau in der Lausitz plattmachen (Grüne)...
Der Ruf der AfD, die ihn auch erhalten will, dass die CDU die Bergleute belügt, weil sie ja sonst nicht mit den snobistischen Grünen koalieren würde, wird auf offene Ohren treffen.
Man pumpt die AfD mit solcher Koalitionsbildung geradezu auf, wo man sie doch jetzt - da sie mit einem Amateur wie Jörg Urban dasteht und noch kaum professionalisiert ist - leicht kleinregieren könnte.
Mit den Grünen treibt die Sachsen-CDU unter dem Jubel oder zustimmenden Nicken aller anderen Parteien die Leute erst recht zur AfD. Und exklusiv dorthin.
Die AfD befindet sich in der erstaunlichen Situation, von der versammelten Konkurrenz ein politisches Monopol garantiert zu bekommen. Das muss man sich in der Wirtschaftswelt mal vorstellen.
Sie hat Monopol auf bestimmte Themen, kann sich wonnevoll als Tabubrecher inszenieren und wird zusehends sogar als DIE Oppositionpartei überhaupt wahrgenommen. Auch das erklärt das Zerknittern der Linkspartei.
Im Moment ist diese politische Luxussituation der AfD noch wesentlich unsichtbar und situativ (und erst zu 28% realisiert), aber die Richtung, die sie von 0 auf 28 gebracht hat, bleibt ja dieselbe, egal was die Leute wählen.
Die AfD ist auch deswegen im Steigflug, weil es unter ihren Gegnern mehr Leute gibt, die den Kopf voller Wünsche haben als solche,die im Effektsinne und ohne Hineinrechnen des eigenen Trachtens politisch denken können.
Über die AfD wird in einem ptolemäischen Weltbild gerätselt. Man kommt weiter mit einem kopernikanischen Verständnis von Politik, das die eigene Position als maßgebenden Faktor vollständig ausschließt. Die Sonne dreht sich so wenig um die Erde wie die Wähler um die Linkspartei.