Kein Ende in Sicht

Brexit Das geschlossene Abkommen zwischen Großbritannien und EU ist in großen Teilen unfertig. Man wird es jahrelang nachverhandeln müssen
Ausgabe 01/2021
Für die City of London geht es ans Eingemachte
Für die City of London geht es ans Eingemachte

Foto: Leon Neal/Getty Images

Nach Joe Bidens Wahlsieg war klar, dass sich Boris Johnson einen No-Deal nicht mehr leisten konnte. Eine Übereinkunft mit der EU musste her, auf den allerletzten Drücker. Taktische Spielchen gingen nicht auf. Die EU hat mit dem Abkommen vom 24. Dezember bekommen, was sie wollte. Der Handel mit dem Königreich geht weiter, aber zu klar schlechteren Bedingungen, als sie für Norwegen oder die Schweiz gelten. Tatsächlich ist das jetzt Hals über Kopf geschlossene Abkommen in großen Teilen unfertig und muss vermutlich jahrelang nachverhandelt werden. Dann werden sogenannte Partnerschaftskomitees mit 30 oder mehr Unterkomitees agieren, die sich allen Ungereimtheiten des jetzigen Vertragswerks zu widmen haben. Daher geht die endlose Brexit-Geschichte weiter. Es gibt keinen Frieden, nur eine Waffenruhe auf Zeit.

Gewonnen haben die Briten nichts. Sie können weiter Illusionen über ihre einzigartige Stellung in der Welt pflegen. Vielen Inselbewohnern ist schon klar, dass sie verloren haben und weiter verlieren. So wie die britischen Fischer, die für ein um gut zwei Prozent erhöhtes Fangvolumen einen erschwerten Zugang zu den EU-Märkten verkraften müssen. Dahin gehen immerhin mehr als 80 Prozent ihres Ertrags. Gefragt, was denn nun die greifbaren Vorteile des Brexits seien, fielen Johnson nur die Freihäfen ein, die man einrichten dürfe. Die freilich gab es schon früher in der EU, auch auf den Britischen Inseln. Sie wurden dort noch zu Zeiten der EU-Mitgliedschaft wieder abgeschafft.

Seit dem 1. Januar ist das Leben für britische Exporteure und Importeure von Gütern schwerer und teurer, für britische Dienstleister ebenso, für die City of London geht es ans Eingemachte. Wird sie doch demnächst ein gutes Drittel ihres Geschäfts an kontinentaleuropäische Finanzplätze verlieren. Mehr als 10.000 Jobs wird das kosten. Die Brüsseler EU-Zentrale kann zu Recht konstatieren, allen Erpressungen zum Trotz hat sie die Integrität des Gemeinsamen Markts gewahrt. Die Brexiteers glaubten, mit dem EU-Austritt im Reich der vielen Freiheiten angekommen zu sein und nun Freihandelsverträge nach Belieben schließen zu können. Freier geworden ist vor allem die EU, die sich um britische Blockaden und Bremsklötze nicht mehr kümmern muss.

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