Nur so eine Idee

Instex Eine europäische Tauschbörse sollte die Iran-Sanktionen aushebeln. Umgesetzt wurde nichts
Ausgabe 03/2020
Ghom, Iran: Eine Frau im Hijab hebt ab
Ghom, Iran: Eine Frau im Hijab hebt ab

Foto: John Moore/Getty Images

Monatelang wurde an einer europäischen Tauschbörse gebastelt, zugleich angekündigt, man werde dadurch imstande sein, den Iran-Handel fortzusetzen, ohne die von den USA angedrohten und bald praktizierten Sanktionen fürchten zu müssen. Die sollten nicht nur den Iran, sondern auch alle unbotmäßigen Unternehmen treffen. Bald zeigte sich, vorrangig die Banken, über die Iran-Geschäfte abgewickelt wurden, hatten schnell die Hosen voll. Also wollte es die EU möglichst vielen Unternehmen in ihrem Einzugsbereich ermöglichen, an Geldhäusern, Bankenaufsicht und am internationalen Dollarverkehr vorbei, weiterhin im Iran-Geschäft zu bleiben.

Den dafür nötigen europäischen Zahlungsmechanismus mit dem Namen Instex und einem Sitz in Paris gibt es, gegründet vor genau einem Jahr von Großbritannien, Frankreich und Deutschland. Nur ist davon bisher nichts in Kraft gesetzt und nutzbar. Den offenen Konflikt mit den USA wollte man dann doch nicht riskieren, allem Ärger über Donald Trumps einseitigen und provokanten Aktionismus zum Trotz. Die Ankündigung, mit Hilfe von Instex die US-Sanktionen zu umschiffen, war indes nicht nur für iranische Ohren bestimmt. In Washington sollte man davon ebenfalls hören. Präsident Trump sollte signalisiert werden, dass die Europäer seine Eskalationspolitik nicht mittragen und das Atomabkommen trotz aller Dollar-Hegemonie verteidigen werden.

Nur haben internationale Konzerne sofort nach Trumps Rückgriff auf härtere Maßnahmen den Rückzug aus dem Iran angetreten. Es hinterließ eben Wirkung, als die US-Regierung schon Mitte 2018 den europäischen Flugzeugbauern Airbus und ATR die Lizenz zum Verkauf von Passagiermaschinen an den Iran entzog. Weil das so war, sollte Instex wenigstens mittleren Firmen dienen und zwar in den Branchen, die nicht direkt von den US-Sanktionen betroffen waren, wie Photovoltaik und Windparks. Auch das hat nicht gefruchtet, denn europäische Banken spielten ebenso wenig mit wie europäische Exporteure. Allerdings kam auf iranischer Seite der Aufbau des alternativen Zahlungssystems ebenso wenig voran. Misstrauen beherrschte bald beide Seiten. Da kaum damit zu rechnen ist, dass sich demnächst die Privatbanken wieder exponieren, sollen nunmehr die Zentralbanken einspringen. Wie so oft – nur so eine Idee.

Kanzlerin Merkel hat nach bewährter Methode endlos gezögert und dann auf Zeit gespielt, auch weil ihr die Autobosse und sonstige Granden der deutschen Exportwirtschaft in den allzeit willigen Ohren lagen. Deren Marschroute war klar – lieber Verluste im Iran-Handel schlucken als den US-Markt einbüßen. Folglich ist es mit der Eskalationsvermeidung durch wirtschaftlichen Gegendruck aus Europa nie etwas geworden, im Gegenteil. Demütigende Betteltouren bei Wladimir Putin und Präsident Erdoğan sind die Folge.

EU-Europa hat offenbar bis heute nicht begriffen, in der Iran-Frage auf eigene Verantwortung und Rechnung handeln zu müssen, wenn es hier und jetzt und in nächster Zeit noch irgendeine Rolle in der Weltpolitik spielen will. Dabei ist im Fall des Atomabkommens das gemeinsame Interesse der Europäer so eindeutig wie nur selten. Umso mehr konnten die Iraner klare Botschaften statt leerer Versprechungen erwarten. Schließlich hatten sie Vorleistungen erbracht, wie das die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) mehrfach bestätigt hat. Deren Bilanz: Der Iran hat seine vertraglichen Verpflichtungen erfüllt, soweit sich das kontrollieren lässt. Weil das bis vor Kurzem so war, haben die Europäer erst recht den Kredit verspielt, den sie im Iran einmal hatten.

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