Schwächelnde US-Banken machen den Chinesen schöne Augen

Ausverkauf an der Wall Street Chinesische Banken sind es, von denen die US-Defizitökonomie über Wasser gehalten wird, denn die Devisenreserven der Volksrepublik sind auf sagenhafte 1,8 Billionen Dollar gewachsen. Die Risiken eines Engagements auf dem US-Finanzmarkt sind also groß.

Wer finanziert die gigantischen Defizite der USA? Jeden Monat braucht die Weltmacht Amerika mindestens 20 Milliarden Dollar an Krediten – sprich: Kapitalimporten – aus dem Ausland. Woher kommt das Geld? Zum größten Teil aus Asien. Chinesische Banken sind es, von denen die US-Defizitökonomie finanziert und über Wasser gehalten wird. Und die „gelbe Gefahr“ besteht darin, dass die Chinesen den USA den Geldhahn zudrehen. Gedroht haben sie damit schon – diskret und leise, gefolgt von Dementis.
Chinesische Banken, Versicherungen und Staatsfonds sind von der internationalen Finanzkrise nicht verschont worden. Sie haben Lehrgeld bezahlt – und das in der beachtlichen Höhe von einigen hundert Milliarden Dollar. Der Staatsfonds CIC beispielsweise verlor Milliarden durch seine Beteiligungen an Banken wie Morgan Stanley und Blackstone Milliarden. Aber Staatsfonds müssen in China ihre Verluste nicht öffentlich machen, Banken schon.
Wie viele Milliarden Dollar die Staatsfonds mit ihren Anlagen in US-Bankaktien bisher genau eingebüßt haben, weiß niemand – außer der chinesischen Regierung. Seit Anfang 2008 jedenfalls hat das größte chinesische Geldhaus, die Industrial and Commercial Bank of China (ICBC), über 360 Millionen Dollar an faulen Auslandskrediten abschreiben müssen. Insgesamt hat die Bank gut 1,2 Milliarden Dollar in zweifelhafte Hypothekenkredite investiert, das meiste davon dürfte verloren sein. Verluste in Milliardenhöhe treffen auch die China Development Bank mit ihrer Beteiligung an der britischen Barclays Bank. Selbst die Bank of China, die Zentralbank der Volksrepublik, hat seit Jahresbeginn manchen Schlag ins Kontor hinnehmen müssen – vorzugsweise auf Geschäfte mit Subprime-Hypotheken zurückzuführen. Schließlich hat der Versicherungskonzern He Ping mit seiner knapp fünfprozentigen Beteiligungen am belgisch-niederländischen Finanzkonzern Fortis 1,8 Milliarden Euro abschreiben müssen.
Bei den beiden US-Hypotheken-Finanzierern Fannie Mae und Freddie Mac waren die Chinesen noch vor wenigen Monaten mit insgesamt 376 Milliarden Dollar engagiert – mit einem Fünftel ihrer Devisenreserven von sagenhaften 1,8 Billionen Dollar (rund ein Drittel davon, 519 Milliarden Dollar, sind in US-Schatzbriefen angelegt).
Als die US-Administration zögerte, den beiden ins Straucheln geratenen Instituten zu helfen, begann die chinesische Regierung Ende August damit, ihr Engagement bei den beiden wankenden Giganten zurückzufahren – um ein Viertel in wenigen Tagen. Die japanische Zentralbank folgte diesem Beispiel, so dass die Aktien von Fannie und Freddie in kürzester Zeit um 14 Prozent abstürzten. Die konzertierte Aktion von Chinesen und Japanern zwang die Regierung Bush zum Handeln. Mit ihren mächtigsten Gläubigern konnten es sich die USA nicht verderben, also wurden Fannie und Freddie in einer Blitzaktion verstaatlicht.
Wie sich zeigt, sind die gewaltigen Devisenreserven der asiatischen Zentralbanken, voran die chinesische, in Zeiten der Finanzkrise eine formidable politische Waffe. Zweifellos haben die Chinesen als Finanzmacht das Fiasko an der Wall Street beschleunigt, der sie freilich mit ihren bedeutendsten Finanzplätzen Hongkong und Shanghai noch nicht den Rang ablaufen können. Mittlerweile wird in Peking laut darüber nachgedacht, die Dollarreserven und Dollaranlagen erheblich zu verringern, wovon der Euro und zuvörderst der Finanzplatz London profitieren dürften. Es sind schwächelnden US-Banken wie Morgan Stanley oder Wachovia, die verzweifelt ausländische Käufer suchen und den Chinesen schöne Augen machen.


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