Stress nach dem Stresstest

Banken Für über 100 europäische Geldhäuser wurden Crash-Szenarien simuliert, um deren Krisenresistenz zu überprüfen. Die Ergebnisse sind weder erschreckend noch ermutigend
Ausgabe 31/2016
Die Deutsche Bank hat nicht erst seit dem aktuellen Stresstest Probleme
Die Deutsche Bank hat nicht erst seit dem aktuellen Stresstest Probleme

Foto: Thomas Lohnes/Getty Images

Mitten in der schönsten Ferienzeit hat die Europäische Bankenaufsicht (EBA) die Bilanz des jüngsten Checks veröffentlicht. Freilich nur einen Teil davon, die Ergebnisse für 51 untersuchte Geldhäuser, darunter neun deutsche, wurde publik. Die Erkenntnisse über 56 weitere Banken blieben geheim. Die Erhebung war politisch wichtig, da nur ein Finanzinstitut, das im sogenannten Basisszenario des Tests solvent bleibt, im Fall des Falles auf staatliche Hilfen rechnen darf. Daher signalisierten die Banker und ihre Verbände in der Eurozone sogleich Entwarnung.

Selbst die Vorstände der Deutschen Bank und der Commerzbank zeigten sich frohgemut, obwohl sie im Ranking deutlich abfielen. Immerhin stuft der IWF die Deutsche Bank im Moment als die gefährlichste und gefährdetste Bank der Welt ein. Sie liegt auf der EBA-Skala nur knapp vor der Commerzbank. Was noch bedenklicher stimmt: Die italienischen Probanden, auf die sich zuvor alle Aufmerksamkeit richtete, schnitten mit einer Ausnahme nicht schlechter ab als die deutschen, und das trotz einer ganzen Halde fauler Kredite im Wert von 360 Milliarden Euro.

Abgesehen von den irischen Instituten bilden demnach die deutschen Player einen Schwachpunkt in der Währungsunion. Im Schnitt fuhren sie höhere Verluste ein als die italienische und britische Konkurrenz.

Fest steht, jeder Stresstest ist so gut wie sein Design, jedes Szenario so zwingend wie die zugrunde gelegten Annahmen. Wer wirklich wissen will, wie krisensicher europäische Banken acht Jahre nach der Weltfinanzkrise sind, darf nicht mit laschen Vorgaben spielen, wie das diesmal geschah. Es wurde geprüft, wie die Banken mit einem zweijährigen Einbruch von jeweils einem Prozent der Wirtschaftsleistung fertigwerden. Ein realistisches Szenario, wie es uns jederzeit ins Haus stehen kann, sieht anders aus. Vergleichbare Tests der US-Notenbank Fed sind weitaus härter angelegt, auch wenn in Europa Risiken durchgespielt wurden, die sich aus Krediten in Fremdwährungen ergeben oder aus juristischen Unwägbarkeiten.

Richtwert Eigenkapital

Am wichtigsten war den Testern ein Maßstab, der mittlerweile zum beliebten Schlagwort in Politikermund aufgerückt ist – die Absicherung mit mehr Eigenkapital. Auf die sogenannte Eigenkapitalquote, das Verhältnis des Kernkapitals zur Bilanzsumme einer Bank, kam es an. Nach den geltenden Richtlinien sollen es drei Prozent sein. Lächerlich wenig, gemessen am Volumen ungesicherter Kredite, die gerade in den Bilanzen herumgeistern. Diesmal wurde keine Kapitalquote vorgegeben, die als Mindestnorm zu erreichen war – keine Bank konnte daher durchfallen. Am schlechtesten schnitt wie befürchtet das älteste Bankhaus Europas ab, die Monte dei Paschi di Siena, der im Sog der simulierten Krisensymptome nur ein Crash zu bescheinigen war.

Die EZB muss nun auf Basis der veröffentlichten und geheim gehaltenen Daten weiter prüfen. Das ist richtig und notwendig, schließlich sind die Tests der EZB anders angelegt als die der EBA: Die EZB fragt, wie die miteinander verflochtenen europäischen Geldhäuser im Krisenfall agieren, und hat als einziges Institut das gesamte europäische Bankensystem im Blick. Ob EZB-Präsident Mario Draghi allerdings den Mut hat, als eigentliche Ursache einer weiter schwelenden Bankenkrise die von Anfang an verfehlte Krisenpolitik unter deutschem Dirigat zu benennen und offen zu kritisieren, darf bezweifelt werden.

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