Trotz Friedensgesprächen: Der Krieg in Äthiopien droht zu eskalieren

Meinung Unversöhnlich stehen sich die Konfliktparteien in der äthiopischen Region Tigray gegenüber. Aber die Gespräche über einen Waffenstillstand bringen nichts, solange nicht alle an einem Tisch sitzen
Ausgabe 43/2022
In der Hoffnung auf Frieden: Menschen in Äthiopien
In der Hoffnung auf Frieden: Menschen in Äthiopien

Foto: by Amanuel Sileshi/AFP via Getty Images

Wie beendet man einen Krieg, der schon fast zwei Jahre wütet und eine halbe Million Menschenleben gekostet hat? Der Afrikanischen Union ist es zusammen mit der UNO im zweiten Anlauf gelungen, einen ersten Schritt zu tun.

In Pretoria begannen Friedensgespräche zwischen den Kriegsparteien in der äthiopischen Provinz Tigray, zwischen der Zentralregierung und der Volksbefreiungsfront TPLF. Die Waffenruhe vom März hat nur fünf Monate gehalten, seit Ende August wird wieder gekämpft. Und die Bundesarmee erobert eine Stadt nach der anderen. Nicht nur, weil sie an Waffen und Personal der TPLF weit überlegen ist, auch weil sie auf einen Alliierten zählen kann. Eritreas Präsident Isayas Afewerki hat 100.000 Mann mobilisiert und greift Tigray von Norden her an.

Ausgerechnet Afewerki, der lauteste Kriegstreiber dieses Konflikts, fehlt in Pretoria. Seine Armee ist für viele Gräuel verantwortlich, was einer ebenso bösartigen wie einfachen Logik des totalen Krieges folgt. Um den Widerstand der TPLF zu brechen, muss man die Zivilbevölkerung treffen. Kein waffenfähiger Mann dürfe am Leben bleiben, soll Afewerki seinen Truppen aufgetragen haben. Eine Order zum Völkermord.

Doch ist die TPLF nicht besser, wie sie bei ihrem Vormarsch auf Addis Abeba im Vorjahr gezeigt hat. Auch die äthiopische Armee hat nach einigen Rückschlägen jede Zurückhaltung aufgegeben. Sie setzt ein, was sie hat. Alle Konfliktparteien sind erfahren und hochgerüstet, sie beherrschen den hybriden wie den konventionellen Krieg. Die ethnische Vertreibung wird wahllos als Kampfform eingesetzt, ohne dass internationale Hilfsorganisationen etwas dagegen ausrichten können. Die würden sich unter einem humanitären Vorwand doch nur einmischen, tönt es von den Fronten.

Im Frühling 2018 hatte Äthiopiens damals neuer Ministerpräsident Abiy Ahmed mit dem Erzfeind Eritrea Frieden geschlossen und dafür später den Friedensnobelpreis erhalten. Da schien eine alte Kulturnation den Weg in eine bessere Zukunft zu finden. Heute sind es nur Waffen- und Menschenhändler, die vom Elend des Krieges profitieren. Auch wenn sich Ahmeds Regierung und die TPLF in Pretoria ansatzweise verständigen, dem Krieg wird das vorerst wenig anhaben.

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