Er mochte den pessimistisch-abgeklärten Privatdetektiv oder den aufrechten Besitzer eines Nachtlokals spielen, in all seinen Kinostreifen war er stets und unverwechselbar Humphrey Bogart. Mit der Zigarette lässig im Mundwinkel sprechend, seinem Trenchcoat und dem schräg sitzenden Hut mit breiter Krempe. Humphrey DeForest Bogart war eine Legende bereits zu Lebzeiten. Und ein Mythos auch heute, 42 Jahre nach seinem Tod. Ein Schauspieler, der von sich selbst behauptete, er sei eine "nationale Institution". "Das Problem mit Bogart ist, dass er denkt, er sei Bogart", behaupteten seine Kritiker zu Lebzeiten des Filmstars. Viele seiner Fans indes glauben das bis heute.
Humphrey DeForest Bogart wurde am 25. Dezember 1899 in New York geboren. Das Weihnachtsdatum sei jedoch nur der PR-Gag eines Hollywood-Reporters gewesen, um Bogart medienwirksam als Jahrhundertkind zu stilisieren, sagen Filmhistoriker und nennen den 23. Januar 1899 als Tag seiner Geburt. Fest steht, dass Humphrey der Familienname seiner Mutter war, einer Schauspielerin, Illustratorin und Suffragette der ersten Stunde.
Als zum erstenmal von Bogart in der Zeitung zu lesen war, hieß es, "das Freundlichste, was man sagen kann, ist, dass dieser Schauspieler eine Fehlbesetzung ist." Dann folgten an die dreißig Thriller, in denen Bogart kleine Schur ken spielte, um die Vorzüge der eigentlichen Helden zur Geltung zu bringen: "Ich war der Sandsack für James Cagney, George Raft und Edward G. Robinson", charakterisierte Bogart später seine Rolle, die fast sein künstlerisches Ende bedeutet hätte. Bogart nuschelte zudem, ein getarnter Lispler, der weder reiten noch tanzen oder singen konnte.
Bogart wurde erst im Alter von über vierzig Jahren ein Star, als es ihm gelang, sich durch den kommerziellen Erfolg von Die Spur desFalken in die top ten Hollywoods hochzuspielen. "Alles, was er tun muss, um die Szene zu beherrschen, ist, dass er auftritt", schrieb Raymond Chandler über ihn. Ob in Haben oder nicht Haben, in Hafen des Lasters oder in Tote schlafen fest, die Figuren, die Bogart darzustellen hatte, blieben immer zwiespältig: von der Liebe gebeutelt und desillusioniert, "tough guys" mit weichem Kern im Dickicht der Städte. Männer außerhalb der gesellschaftlichen Konventionen und doch mit einem eigenen Ehrenkodex.
Unverkennbar waren Bogarts Charaktere Projektionen aus der Zeit des "new deal" der dreißiger und vierziger Jahre, als US-Präsident Franklin D. Roosevelt den Versuch unternahm, das Land wirtschaftlich und politisch aus seiner tiefen Depression zu befreien. Nonkonformisten, auf ihrem Gesicht der Schrecken über das, was der "american way of life" während der Weltwirtschaftskrise 1929 in die Hinterhöfe der Groß städte verbannt hatte. Sam Spade, der Privatdetektiv aus dem Malteser Falken oder Rick aus Casa blanca versuchen nicht, die Welt zu verändern, aber sie durchschauen diese und beherrschen ihre Regeln.
Vor wenigen Jahren hat der Bogie-Kult einige Kratzer abbekommen. Humphrey Bogart, ein harter Zyniker, der viel Alkohol vertrug und der unglaublichen Schlag bei den Frauen hatte? Sein Sohn Stephen sieht das anders: "Filmstars sind auch nur Men schen, die essen, trinken und aufs Klo gehen." Bogarts Spross aus der vierten Ehe mit der Schauspielerin Lauren Bacall zeichnet in seinem Buch Mein VaterHumphrey Bogart das Bild eines alkoholkranken Leinwandhelden, eines Provokateurs und Eigenbrötlers, der al les andere war als ein Frauenheld, von Ängsten geplagt, einsam und unsicher, wenn er in der Öffentlichkeit nicht den "Bogie" spielen musste, einer, der drei gescheiterte Ehen hinter sich hatte und seinen zweijährigen Sohn monatelang verließ - der Karriere wegen. Stephen Bogart schil dert seinen Vater aber auch als einen Shakespeare-Kenner, belesen und dabei gern den Ungebildeten spielend. Am Ende seines Lebens hätte er Angst vor dem Tod gehabt. Auch deshalb habe er mit niemanden über seine Krebserkrankung gesprochen.
In seinen über 70 Kinofilmen hat Humphrey Bogart eine andere Rolle gespielt, auch politisch. "Ich bin ein liberaler Demokrat", bekannte Bogart öffentlich, als in Hollywood zur Zeit des Kalten Krieges "Schwarze Listen" kursierten und Jagd auf vermeintliche und echte Kommunisten wie Liberale gemacht wurde. 1947 protestierte Bogart zusammen mit John Huston, Gene Kelly, Danny Kaye, Paul Henreid, Katharine Hepburn und anderen KollegInnen in Washington gegen den berüchtigten Ausschuss zur Untersuchung "unamerikanischer Umtriebe", wie es im Sprachgebrauch der selbsternannten Gesinnungsschnüffler eines Joseph McCarthy und Richard Nixon hieß. Nachdem die zunächst positive öffentliche Meinung sich drehte, die Kinostars als "fellow travellers" und "pinkos", Rote, beschimpft wurden, machte Bogart rasch einen Rückzieher und versuchte mit einem Zeitungsartikel, "Ich bin kein Kommunist", alle Zweifel an seiner patriotischen Gesinnung zu zerstreuen. Das war purer Selbstschutz. Nicht nur um seine Karriere zu retten, sondern auch seine Existenz. Kollegen kreideten ihm das als Verrat an. Fünf Jahre später wurde Bogart dennoch wieder aktiv. Im Präsident schafts wahlkampf 1952 unterstützte er den liberalen demokra tischen Kandidaten, während die überwältigende Mehrheit des Hollywood-Establishments den Republikanern unter die Arme griff.
Im selben Jahr erhielt Bogart seinen ersten und einzigen "Oscar" - für seine Rolle als trinkfester Skipper einer Barkasse, der sich zusammen mit einer altjüngferlichen Missionsschwester durch Afrika schlägt. Bogart als liebenswerter Saufbold, der sich von Katharine Hepburns puritanischer Zähigkeit als African Queen einfangen lässt und nebenbei ein deutsches Schlachtschiff auf Grund setzt.
Seine Erscheinung sei modern, seine Moral klassisch, schrieb der große französische Filmemacher Francois Truffaut. Idealisierungen tragen immer etwas Gewalttätiges in sich, und vielleicht haben sie den Schauspieler und Menschen Humphrey Bogart das Leben gekostet. Dark Passage (Das un bekannte Gesicht) aus dem Jahre 1947 erscheint wie eine Parabel auf seine eigene Biographie: Eine Frau begeht mehrere Morde, allesamt so arrangiert, dass Bogart als der Täter erscheinen muss. Am Ende des Films nimmt die Frau sich das Leben, und alles deutet darauf hin, dass es kein Selbstmord war, sondern Bogart noch einen weiteren Mord begangen hat. Es ist die Geschichte einer verschmähten Liebe. Wenn sie Bo gart nicht besitzen kann, dann soll ihn auch keine andere haben. Und so ergreift sie Besitz von ihm, über ihren Tod hinaus - wie der Mythos das wirkliche Leben, der Kinoschein den Menschen Bogart. Am 14. Januar 1957 starb Humphrey DeForest Bogart in Beverly Hills.
Was ist Ihre Meinung?
Kommentare einblendenDiskutieren Sie mit.