Werkeln an der Brandmauer

Aufstocker Nach einigem Zögern sind Indien, Brasilien und China bereit, die Krisenfonds von IWF und Weltbank mit frischem Kapital zu beschicken. Sie warten auf Gegenleistungen

Internationaler Währungsfonds und Weltbank haben geliefert: Die G20, Klub der größten Anteilseigner des IWF, hat zusagt, den eigenen Rettungsschirm um 430 Milliarden Dollar aufzustocken und so das Volumen möglicher Finanzspritzen für europäische oder sonstige Pleiteaspiranten zu verdoppeln. So steht der IWF als Krisenfeuerwehr mit mehr als einer Billion Dollar bereit.

Doch hat Finanzminister Schäuble wohlverdient Prügel eingesteckt. Die USA und Kanada schenken sich nämlich das Aufstocken. Auch die BRICS-Staaten zaudern und haben die Höhe ihrer Beiträge bislang nicht festgesetzt. Also sind es vorrangig Euro-Länder, darunter Deutschland mit 55 Milliarden Dollar sowie Japan (60 Milliarden) und Südkorea (15 Milliarden), die an der Brandmauer bauen. Ihre Motive liegen auf der Hand. Niemand hat ein Interesse daran, Europa in einer jahrzehntelangen Depression versumpfen zu sehen.

Freilich zweifeln von den Geber-Staaten viele heftig daran, dass die Eurozone mit den deutschen Arzneien Schuldenbremse, Spardogma und Fiskalpakt zu sanieren ist. Ökonomen in Nordamerika fordern umumwunden Konjunkturprogramme für Länder wie Spanien, Portugalm, Irland oder Griechenland. Als Alternative zum bisherigen Kriechgang europäischer Krisenpolitik empfehlen sie zudem Eurobonds, vergleichbar den US-Treasury-Bonds, ohne die es kein Weltgeld Dollar gäbe. Und sie regen Interventionen der Europäischen Zentralbank an, wie es die US-Notenbank vorexerziert. Beides wird die Bundesregierung auf Dauer nicht abblocken können, will sie internationale Großanleger für Anleihen aus Euro-Ländern begeistern.

Ein schlechter Witz

Bei den Schwellenländern sitzt der Frust tief über die seit 2010 versprochene und seither verzögerte Reform des IWF. Sie sollte eine völlig unangemessene, seit Jahr und Tag überholte Verteilung der Stimmrechte im IWF zugunsten der Schwellenländer neu ordnen. Auch wenn diese Reform je zustande kommt, dürfte sie weit hinter den ökonomischen Kräfteverhältnissen zurückbleiben. Europäer und US-Amerikaner tun nach wie vor, was sie können, um IWF und Weltbank zu dominieren, wie gerade die Kür von Jim Yong Kim zum Weltbankpräsidenten bestätigt hat. Andererseits haben die Euro-Staaten, allen voran Deutschland, ein Interesse am Handel mit den Schwellenländern. Sie können den Vorwurf nicht ignorieren, eine anachronistische Machtposition im IWF auszunutzen, um ihre Krisenpolitik teilweise von ärmeren IWF-Staaten bezahlen zu lassen.

Die deutsche Regierung hat den Währungsfonds unter anderem ins Krisenboot geholt, weil sie auf ideologische Schützenhilfe für ihre „Reformen“ in Richtung Schuldenbremse hoffte. Der IWF erwarb sich mit vergleichbaren Reformen, wie sie überschuldeten Euro-Ländern in Südeuropa aufgezwungen sind, während der neunziger Jahre in Entwicklungsländern traurigen Ruhm. Doch hindert das die Regierung Merkel nicht daran zu kopieren, was damals geschah. Sie hat damit die gesamte Eurozone ins Wanken gebracht. Insofern ist es ein schlechter Witz, wenn Minister Schäuble verkündet, die US-Amerikaner betrieben mit ihrer Kritik an der deutschen Euro-Krisenpolitik nur Wahlkampf. Was anderes tat Merkel im Mai 2010, als sie Griechenland-Hilfen solange verzögerte, bis das Krisen-Virus auf andere Euro-Staaten überzugreifen drohte?

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