Für die deutsche Rüstungsindustrie sind es angeblich schwere Zeiten. Die Politik hat der Bundeswehr einen Sparkurs verordnet, der wichtigste Auftraggeber fällt als Wachstumsmotor aus. Waffenlieferungen ins Ausland werden dadurch wichtiger – doch nun könnte auch dort die Politik das Geschäft verhageln. Die SPD will mehr Transparenz bei Rüstungsexporten, die Grünen klagen sogar vorm Bundesverfassungsgericht. Alles ganz schlimm für die Waffenschmieden dieser Republik? In Wirklichkeit gehen die Vorschläge nicht weit genug. Und die Union verteilt weiterhin millionenschwere Geschenke an die Rüstungsindustrie.
In Karlsruhe klagen drei Grünen-Abgeordnete für mehr Transparenz. Einer von ihnen ist Hans-Christian Ströbele. Er sagt: „Uns reicht es nicht, dass wir erst von Rüstungsexporten informiert werden, wenn diese bereits beschlossen sind.“ Der Bundestag und die Öffentlichkeit sollen von geplanten Geschäften erfahren, bevor der aus Regierungsmitgliedern bestehende Bundessicherheitsrat eine Entscheidung fällt. Der Anlass für die Klage war der geplante Export deutscher „Leopard“-Kampfpanzer nach Saudi-Arabien. Das Geschäft wurde im Jahr 2012 bekannt, nach Protesten soll es abgesagt worden sein.
Inzwischen ist die SPD an die Regierung gekommen und ihre Forderung nach mehr Transparenz hat sie – zumindest rhetorisch – beibehalten. Als Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel vor wenigen Tagen in der Bundespressekonferenz gefragt wurde, sprach er sich „spontan“ dafür aus, dem Parlament auch Voranfragen zu Rüstungsexporten zugänglich zu machen.
Im Kabinett sorgte Gabriels Vorstoß für Unmut, dabei wäre eigentlich viel mehr Mitbestimmung des Bundestags nötig: Warum sollte die Regierung alleine über die Waffengeschäfte entscheiden? Ein Bundestagsausschuss wäre dazu genauso in der Lage – dann hätte auch die Opposition eine Stimme. Doch die beiden Parteien verschlafen das Thema: Die Linke ist gegen alle Waffenexporte und die Grünen trauen sich nicht an das heiße Eisen. Ströbele sagt selbst: „Die Entscheidung soll weiter bei der Regierung liegen.“
Versteckte Subventionen
Dort hat dann die Union das Sagen und damit die Freunde der Rüstungsindustrie. In der aktuellen Diskussion halten sich CDU und CSU sehr bedeckt – wer fordert schon gerne öffentlich mehr Geheimhaltung? Die Rüstungslobbyisten hingegen sprechen offen aus, worum es geht: nicht um mehr oder weniger Transparenz, sondern um die Frage, ob Deals überhaupt zustande kommen. Der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie will, dass das Parlament erst „nach dem Erlass eines rechts- und bestandskräftigen Genehmigungsbescheides“ informiert wird. Sonst würden manche Staaten gar nicht mehr anfragen, sagt Geschäftsführer Georg Wilhelm Adamowitsch. Sowohl die Rüstungsunternehmen als auch die Kundenländer legten Wert darauf, dass im Laufe der Verhandlungen keine Details bekannt werden. Im Klartext: Heute werden offenbar Geschäfte gemacht, die keine Chance hätten, wenn die Öffentlichkeit davon wüsste.
Die Union verteilt weitere Geschenke an die Rüstungsindustrie, und zwar seit Jahren. Die Konservativen fürchten nämlich den Niedergang der Branche. Nicht nur wegen der Arbeitsplätze, sondern auch, weil sie auf ausländisches Militärgerät nicht vertrauen wollen. Das kommt die Steuerzahler teuer zu stehen.
Durch versteckte Subventionen wird die deutsche Waffenindustrie am Leben gehalten. Ist ein Rüstungsprojekt erst mal genehmigt, halten die Verteidigungspolitiker daran fest – egal, ob die Herstellung länger dauert oder die Kosten explodieren. Das bekannteste Beispiel ist das Desaster um die Euro-Hawk-Drohne, das mehrere hundert Millionen Euro kostet. Derzeit beschafft die Bundeswehr 350 Schützenpanzer vom Typ „Puma“ für 4,3 Milliarden Euro. Noch vor fünf Jahren bezifferte das Verteidigungsministerium die Kosten mit lediglich 3,1 Milliarden für 405 Fahrzeuge. Nun zeigt sich: mehr Kosten, weniger Fahrzeuge.
Erhebliche Mängel
Dabei weist der von den deutschen Rüstungsschmieden „Krauss-Maffei Wegmann“ und „Rheinmetall“ entwickelte Panzer erhebliche Mängel auf. Zu befürchten haben die Rüstungsunternehmen aber nichts. So antwortete das Verteidigungsministerium auf eine kleine Bundestagsanfrage der Linksfraktion: „Vertragsstrafen sind im Beschaffungsvertrag nicht vereinbart, da sie […] aufgrund der Monopolstellung des Auftragnehmers nicht durchsetzbar waren.“
Der „Puma“ ist kein Einzelfall. Auch bei den „Eurofighter“-Kampfjets, „Tiger“-Kampfhubschraubern und „NH90“-Transporthubschraubern werden Mängel deutlich, verzögert sich die Auslieferung oder explodieren die Kosten. Dies liegt vor allem daran, dass die Bundeswehr speziell an ihre Wünsche angepasste Systeme entwickeln lässt, statt auf marktreife Waffen ausländischer Hersteller zurückzugreifen.
Auch die für die Bundeswehr-Reform zuständige Kommission unter der Leitung des Vorsitzenden der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, empfahl im Jahr 2010 eine „Prüfung, inwieweit innovative und bereits bei Streitkräften anderer Nationen bewährte Modelle zur Kostenreduktion bei der Bundeswehr genutzt werden können“ – umgesetzt wurde dieser Vorschlag nicht. Die neue CDU-Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat zwar Besserung versprochen, vor ihr sind aber schon mehrere Minister daran gescheitert.
Und die Rüstungsexporte? Gabriel hat im Februar einer staatlichen Hermes-Bürgschaft für die Lieferung von deutschen Patrouillenbooten im Wert von 1,4 Milliarden Euro an Saudi-Arabien zugestimmt, da diese weder für „Krieg oder Bürgerkrieg noch zur Unterdrückung der eigenen Bevölkerung eingesetzt“ werden könnten. Als sich das Geschäft anbahnte und die SPD in der Opposition war, hörte sich das noch anders an. Der damalige Parlamentarische Geschäftsführer und jetzige Fraktionschef Thomas Oppermann hatte den Deal damals mit den Worten kritisiert, die Regierung wolle Saudi-Arabien „total hochrüsten“. SPD und Grüne haben in ihrer Regierungszeit sogar Gewehre an Saudi-Arabien liefern lassen. Die Rüstungslobby braucht also keine Angst vor regierenden Sozialdemokraten zu haben.
Was ist Ihre Meinung?
Kommentare einblendenDiskutieren Sie mit.