Mutige Ministerin

G36-Gewehr Das Sturmgewehr der Bundeswehr trifft das Ziel nicht genau. Das Problem ist lange bekannt, doch in der Armee fehlt eine Fehlerkultur. Nun will die Ministerin durchgreifen
Ausgabe 16/2015
Zerlegt Sie! Einzelteilen einer G36-Waffe
Zerlegt Sie! Einzelteilen einer G36-Waffe

Foto: Carsten Koall/AFP/Getty Images

Rund 170.000 Gewehre vom Typ G36 stehen der Bundeswehr zur Verfügung, seit fast 20 Jahren ist diese Waffe im Einsatz. Doch nun gibt es Ärger: Am Freitag soll ein Gutachten vorgestellt werden, dessen Ergebnis schon längst durch die Medien gegangen ist: Das G36 hat ein Präzisionsproblem. In warmer Umgebung oder bei zu häufiger Schussabgabe trifft das Standardsturmgewehr der Bundeswehr das Ziel nicht mehr genau. Warum fällt dies erst jetzt auf?

In Wirklichkeit wurden bereits im April 2012 die ersten Probleme bekannt. Der damalige Staatssekretär im Verteidigungsministerium teilte dennoch wenige Monate später dem zuständigen Bundestagsausschuss mit, dass „kein Mangel am G36“ bestehe. Eine interne Untersuchung bescheinigte im September 2013 nochmals die Probleme. Trotzdem versicherte ein Sprecher des Bundesamts für Ausrüstung 2014, dass keine „Mängelberichte“ vorlägen und sich das G36 „in der Ausbildung und im Einsatz uneingeschränkt bewährt“ habe. Probleme mit dem Gewehr wurden jahrelang ignoriert. Das änderte sich erst mit dem Beschaffungsstopp im vergangenen Sommer.

Warum gibt es in Bundeswehr und Verteidigungsministerium keine Fehlerkultur? Das Problem ist strukturell: Wer Fehler eingesteht, darf nicht mit Verständnis rechnen. Vielmehr droht ihm in den strikt hierarchischen Apparaten die Degradierung. Nicht umsonst gibt es den Wehrbeauftragten des Bundestags, an den sich Armeeangehörige vertraulich und ohne Einhaltung des Dienstweges wenden können, um vor allem zwischenmenschliche Missstände in den Streitkräften aufzuzeigen.

Bei der Ausrüstung vertraut anscheinend mittlerweile nicht mal mehr die Verteidigungsministerin ihrer verschworenen Truppe: Zur Organisation neuer Rüstungsprojekte setzte Ursula von der Leyen im vergangenen Jahr eine Frau ein, die von der Unternehmensberatung McKinsey kommt und vorher noch nicht beim Militär war. Nun soll ein Team externer Sachverständiger das G36-Problem untersuchen und Schwachstellen im Management der Bundeswehr ausfindig machen. Die über Jahrzehnte gewachsenen Armeestrukturen aber aufzubrechen, daran sind bislang alle Verteidigungsminister gescheitert. Das wird auch Ursula von der Leyen noch lernen.

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