Waffenminister Gabriel

Exporte Die Genehmigungen für Rüstungsausfuhren haben sich 2015 nahezu verdoppelt. Sigmar Gabriel schiebt die Schuld auf die Vorgängerregierung, doch das ist verlogen
Ausgabe 27/2016
Sigmar Gabriel bei der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung
Sigmar Gabriel bei der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung

Foto: Rügiger Wölk/Imago

Gerne inszeniert sich Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel als Kritiker von Rüstungsexporten. Doch die Fakten sprechen dagegen. 7,86 Milliarden Euro sind die Ausfuhrgenehmigungen wert, die 2015 erteilt wurden, im Vergleich zum Vorjahr hat sich das Volumen damit nahezu verdoppelt. Der SPD-Minister wehrt sich gegen Kritik. Hinter dem Anstieg steckten vor allem Lieferzusagen der schwarz-gelben Vorgängerregierung. „Die kann ich leider nicht zurücknehmen.“ Dem Export von 62 Leopard-Kampfpanzern nach Katar beispielsweise hätte er selbst nie zugestimmt, versichert er. Tatsächlich wurde dieses Geschäft bereits 2013 von Schwarz-Gelb genehmigt. Doch machtlos ist Gabriel deswegen noch lange nicht.

Schließlich ist eine Lieferzusage noch keine endgültige Genehmigung. Und selbst ein bereits erlaubter Export lässt sich noch verhindern, wie Gabriel selbst gezeigt hat. Vor zwei Jahren hat er den Verkauf einer Gefechtsübungsanlage des Rheinmetall-Konzerns an Russland gestoppt. Der Präzedenzfall hatte einen Geschäftswert von rund 100 Millionen Euro. Gabriel begründete den verordneten Exportstopp mit der Ukraine-Krise. Rheinmetall kündigte eine Schadenersatzklage an, in letzter Zeit hat man von dem Fall nichts mehr gehört.

Politischen Mut wünscht man sich auch für Exporte nach Katar: Selbst wenn Deutschland am Ende Schadenersatz leisten müsste – es wäre immer noch besser, als den Tod von Menschen in Kauf zu nehmen, indem man Länder beliefert, die Krieg führen.

Nicht europatauglich?

Vor kurzem machte ein weiterer Fall deutscher Rüstungs-politik Schlagzeilen: Beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, das Gabriels Ministerium unterstellt ist, liegt seit zweieinhalb Jahren ein Antrag des umstrittenen deutschen Kleinwaffenherstellers Heckler & Koch. Das Unternehmen möchte Teile für sein G36-Gewehr nach Saudi-Arabien exportieren. Die ursprüngliche Zusage erteilte 2006 die damalige schwarz-rote Regierung. Gabriel wollte das Waffengeschäft wohl stoppen, jedoch ohne Farbe zu bekennen. Also wurde der Antrag auf Exporterlaubnis einfach beim Bundesamt liegen gelassen. Im Juni erklärte das Verwaltungsgericht Frankfurt diese Praxis allerdings für illegal. Nun müssen Gabriel und die anderen Mitglieder des Bundessicherheitsrats entscheiden.

Indes möchte Finanzminister Wolfgang Schäuble die Rüstungszusammenarbeit auf europäischer Ebene intensivieren. Dazu sollen die deutschen Exportrichtlinien gelockert werden: „Mit unserem Rüstungs-exportkontrollregime sind wir nicht europatauglich“, moniert der CDU-Politiker. Es geht auch darum, die Rüstungsindustrie in Deutschland zu halten: Der Panzerbauer Krauss-Maffei Wegmann schließt sich gerade mit dem staatlichen französischen Rüstungskonzern Nexter zusammen. Die Franzosen machen Druck, die deutschen Exportrichtlinien den lockereren französischen anzupassen.

Für die Bundesregierung haben Waffenexporte nicht nur wirtschaftliche, sondern auch sicherheitspolitische Gründe: Statt für die eigenen Interessen selbst Soldaten in fremde Länder zu schicken, bildet man lieber fremde Kämpfer aus und gibt ihnen deutsche Waffen. So geschieht es aktuell im Nord-Irak, und auch in Tunesien soll nach dem Willen des Verteidigungsministeriums eine Ausbildungsmission starten.

Wenn sich Gabriel von der Union abgrenzen wollte, könnte er sich konsequent für weniger Waffenexporte einsetzen. Leider fehlt ihm der Wille.

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