Das Märchen von Angela Merkel und dem ....

Angela Merkel .... Es war einmal ein Journalist, der Angela Merkel mit der Absicht besuchte, eine Biographie über sie zu schreiben.

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Das Märchen von Angela Merkel und dem Journalisten

Es war einmal ein Journalist, der Angela Merkel mit der Absicht besuchte, eine Biographie über sie zu schreiben. Der Journalist, der sich kurz vorher nochmals mehrere Interview-Videos mit Helmut Schmidt und natürlich auch Angela Merkel angeschaut hat, will keine alltägliche Biographie über die Bundes­kanzle­rin schreiben, sondern die Biographie schlechthin; ein Standardwerk sozusagen. Man sitzt zusammen und irgendwann lenkt der Journalist das Thema auf Herrn Sarrazins Buch „Deutschland schafft sich ab“, welches einige Jahre zuvor für ziemlichen Wirbel im Lande gesorgt hatte.

Er holt tief Luft und fragt mit dem größtmöglichen investigativen Interesse:
„Frau Bundeskanzlerin, warum haben Sie damals Thilo Sarrazins Buch als 'nicht hilfreich' bezeichnet?“
Die Bundeskanzlerin überlegt kurz und meint dann:
„Weil es für mich immer hilfreich war, wenn ich erstmal gesagt habe, dass irgendetwas nicht hilfreich sei.“
Der Journalist ist verwirrt, will sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen lassen und hakt nach:
„Dennoch … Sie hatten doch bei all Ihren sonstigen Verpflichtungen, die Sie damals mitten in der Euro-Krise tagtäglich für Deutschland mit Bravour erfüllten, ja, erfüllen mussten, gar keine Zeit, das Buch auch wirklich zu lesen.“
Frau Merkel denkt wieder kurz nach, bevor sie – leicht eine Augenbraue hebend – entgegnet:
„Ja, und? Es kommt doch nicht drauf an, was in dem Buch stand, sondern wer's geschrieben hatte.“
Der Journalist ist nun noch verwirrter, will jedoch nicht aufgeben. Zudem wittert er eine gute Story für sein Buch. Wenn er sich an der Kanzlerin nicht empor schreiben kann, dann schreibt er sie eben nieder.
„Sie meinen also, dass Sie Bücher danach als hilfreich beurteilen, wer sie geschrieben hat und nicht was darin steht? Wie sehen Sie als Christdemokratin das dann bei der Bibel?“
„Ganz genau so.“
, antwortet Frau Merkel rasch und schien dieses Mal überhaupt keine Bedenkzeit benötigt zu haben.
Der Journalist kommt aus der Verwirrung nicht heraus, die gute Story schreibt er innerlich schon ab. Er ist froh, wenn er den Faden für das Gespräch wiederfindet. So versucht er sich zu sammeln, denkt kurz nach und plötzlich kommt ihm der scheinbar rettende Einfall.
„Nun, Frau Merkel, welche Bücher sind denn dann aus Ihrer Sicht hilfreich?“
Frau Merkel lächelt und antwortet, wie aus der Pistole geschossen:
„All jene, die noch nicht geschrieben worden sind.“
Der Journalist ist nun völlig niedergeschlagen, will eigentlich gehen, doch in dem Augenblick, wo er aufstehen will, kommt ihm wieder eine – aus seiner Sicht vorzügliche – Frage in den Sinn:
„Nun, wenn dem so ist, dann frage ich Sie, warum wir eigentlich hier sitzen und an Ihrer Biographie arbeiten?“
Frau Merkel lächelt nun nicht mehr, sondern bricht in lautes Kichern aus.
„Das war doch Ihre Idee, nicht meine.“

Nun ist der Journalist mit seinem Latein am Ende. Er schweigt und grübelt vor sich hin, will sich seine Resignation jedoch nicht anmerken lassen. Was ihm allerdings nicht gelingt. Frau Merkel bemerkt das und will ihn etwas aufmuntern.
„Noch'n Kaffee vielleicht? Oder'n Stück Kuchen?“
„Nee, danke. Habe g'rade keinen Appetit.“, sagt der Journalist und schweigt wieder vor sich hin.

Frau Merkel stört nun die Stille etwas. Sie will sich eigentlich anderen Dingen widmen, doch auch nicht unhöflich erscheinen und sucht nun Ihrerseits das Gespräch.
„Worüber grübeln Sie denn gerade nach, wenn ich mal fragen darf?
Der Journalist zögert etwas und meint dann nach einigen Augenblicken leicht seufzend:
„Naja, ich überlege gerade, ob ich nicht auch in die Politik wechseln sollte.“
Da bricht Frau Merkel in schallendes Gelächter aus und nach zwei, drei Sekunden beginnt auch der Journalist mit einem zögerlichen, etwas unsicheren Lachen. Nach zehn Sekunden ist dem Journalisten jede Hemmung abhanden gekommen – Frau Merkel schon einige Sekunden vor ihm, sie ist den Tränen nahe – und es nicht mehr zu unterscheiden, wer von den beiden lauter lacht.

Und wenn sie sich nicht totgelacht haben, so lachen sie noch heute.

und die Moral aus der Geschicht',
die ist recht einfach und auch nicht:
Wenn Politik mit Presse lacht,
wird Geschichte groß gemacht.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Michael Winkler, Dresden

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Michael Winkler, Dresden

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