Das SM-Märchen

SM auf Arbeit ............. Wie bei allen Märchen könnte es so passiert sein, war jedoch wahrscheinlich etwas anders. Drum bleibt nur übrig, sich selbst seinen Reim drauf zu machen.

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Das SM-Märchen

Es war einmal – so sollt's beginnen;
Ein Märchen alter Art,
Doch woll'n wir ein modern'res spinnen
Und geh'n sogleich auf Fahrt.

Die Herrin streng zu ihrem Sklaven:
"Knie dich nieder, lass dich strafen.
Ich werde jetzt die Peitsche holen
Und dich damit dann hart versohlen."

Sie holt das Werkzeug aus dem Schrank,
Den Sklaven macht die Paus' fast krank:
"Ja, haue mich – so richtig derb –
Heut' will ich's ganz besonders herb."

"Ruhe! Sklave, zügel dich!
Was hier passiert, bestimme ich!"
Bevor sie gleich haut auf den Putz,
Spricht sie noch über Arbeitsschutz:
"Und soll ich dich nicht weiter schlagen,
Brauchst du nur das Safeword sagen.
Sagst du es, so hör' ich auf.
Sagst du's nicht, hau' ich noch drauf."

Der Sklave blickt ganz gierig drein:
"Mein Safeword soll heut' »Weiter« sein.
Und mach es mir ja nicht zu zart,
Sonst komme ich nicht recht in Fahrt."

"Was hab' ich dir doch grad gesagt?",
Der Herrin 's an der Ehre nagt.
"Schweigen sollst du, dreckig Stück!
Und zieh den Hintern nicht zurück!"

Dann gibt sie ihm ein Dutzend Hiebe
Und wie sie's tut, tut sie's mit Liebe.
Sie schlägt mit Strenge und Hingabe,
Damit sie selbst auch was von habe.

Dem Sklaven schon die Augen feucht,
Er dennoch tapfer "Weiter" keucht.
'Sie macht's mir heut' besonders gut.
Oh, was mag ich ihre Wut.
Ja, die Herrin liebt mich sehr.',
Denkt der Sklave und will mehr.

"Noch ein Dutzend" – der Sklave fleht,
Verzückt dabei die Äuglein dreht.
Und alles, was man hört ist "Weiter" –
So knallt die Peitsche laut und heiter.

Der Sklave wiehert, schreit laut auf;
Die Herrin nimmt den Peitschenknauf ...
Und ... .... ... was dann geschieht, bleibt unerzählt,
Denn wer weiß, wen's stärker quält –
Den Leser oder doch den Sklaven,
Der langsam wird zur Herrin's Braven.
(... und könnte man noch ruhig schlafen,
Wenn man wüsst', wie's geht dem Sklaven?!)

Der Herrin nun der Arm erschlafft;
Sie kostet Kraft – die Leidenschaft.
'Der Sklave zappelt mir zu sehr,
Da muss jetzt noch was and'res her.
Ich sollt' ihn vielleicht besser fesseln.',
Denkt sie sich, geht zu den Sesseln,
Wo jene Dinge sind zu finden,
Die man braucht zum Fesselnbinden.

Sie kommt zurück mit einem Strick,
Da passiert ein Missgeschick.
Irgendetwas lief da krumm,
Denn der Sklave – er fällt um.

Verwurschtelt liegt er auf dem Boden,
Und wie er liegt, sieht man die ... Testikel.
Sein Anblick ist kein Augenschmaus,
Die Herrin überfällt der Graus.

Doch fasst sie sich – ja, ziemlich schnell –
Mit lauter Stimme ruft sie grell:
"Nun komm', du Schlappschwanz, bück dich lang!
Fesselspiele – zweiter Gang.
Bewege dich, zeig dein Gesicht ...",
Doch der Sklave rührt sich nicht.

Der Herrin plötzlich nun was schwant:
'Das habe ich doch fast geahnt.
Wie der hatt' heute ausgeseh'n,
Das konnte ja nur so ausgeh'n.
Da fällt der mir doch einfach um.
Es ist auch wirklich gar zu dumm.'

Sie schaut auf ihn, den nackten Sklaven;
Es sieht so aus, als würd' er schlafen.
Im Herz der Herrin will's leis' wühlen:
"Ich könnt' ja fast schon mit ihm fühlen.
Wie er da liegt, ganz rot sein Po –
Naja, was soll's – er wollt's ja so.
Ich werd' ihn wohl so liegenlassen
Und hüte mich was anzufassen.
Ich hol' dann mal die SMH –
Für solche Fälle sind die da."

Mit ihr'm mobilen Telefon
Ruft sie dann den Arzt auch schon
Und in den nächsten fünf Minuten
Sie, die Herrin, wird sich sputen,
Ihre Spuren an dem Ort,
Wo es aussieht fast wie Mord,
Zu verwischen – sauber, fein ...
Da kommt auch schon der Arzt herein.

Er geht sofort zum Sklavenmann
Und schaut ihn sich genau nun an.
Nach einigen Minuten dann
Holt er sich die Herrin ran.

'Nun, mir scheint, 's ist die Leber ...
Wer ist der Mann?" ... "Mein Arbeitgeber."
"Da haben Sie ab jetzt wohl frei.
Ich rufe mal die Polizei ..."
"Warum? Wieso? Was ist passiert?"
"Nun, Ihr Chef, der ist lädiert/krepiert."

Verletzt oder dahingeschieden? –
Wir lassen's mal beim Unentschieden ...
Und wie die Handlung soll fortschreiten,
Kann der Leser selbst entscheiden.

Nur eine Info Not noch tut:
Der Herrin jedenfalls – geht's gut.
Vielleicht wird sie jetzt Chef im Haus,
Vielleicht kommt bald auch alles raus.

Ist es wichtig? – nein, ist's nicht,
Denn wichtig ist für die Geschicht
Was anderes bei weitem mehr,
Wenn's nur so klar zu sehen wär':

Wer nicht mehr glaubt an alte Märchen
Und aus sich selbst heraus erstarkt,
Wer ablegt alte SM-Pärchen,
Agiert Sozial auch auf dem Markt.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Michael Winkler, Dresden

Denkt wie er schreibt und schreibt wie er denkt.

Michael Winkler, Dresden

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