Einer weniger, na und!

Rassismus ... Ob's einem nun gefällt oder nicht, doch fremdenfeindliches, rassistisches und menschenverachtendes Gedankengut ist Teil unserer Gesellschaft ...

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Ob's einem nun gefällt oder nicht, doch fremdenfeindliches, rassistisches und menschenverachtendes Gedankengut ist Teil unserer Gesellschaft – das gilt es wohl zu akzeptieren. Sonst wird sich nichts ändern.

Facebook-Freunde habe ich vielleicht?!

Naja, in diesem Falle mittlerweile hatte ich. Doch anders angefangen. Nachdem die ersten Meldungen bzgl. des Todes eines Flüchtlinges aus Eritrea am 14.01.2015 in Dresden bei diversen Online-Seiten erschienen waren, postete ich diese kommentarlos auf Facebook. Zu diesem Zeitpunkt stand noch nicht fest, dass es sich um Mord handeln würde. Ein paar Stunden später gab ein ehemaliger Schulkollege diesem Post ein "Gefällt mir" und kommentierte es mit "Einer weniger, na und!"

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Ich wusste, dass es in meinem früheren Schulumfeld, welches ich zum Teil 20 bis 25 Jahre nicht gesehen habe, Rechtsausläufer gibt. Da waren nicht immer die hellsten Kerzen auf der Torte dabei, doch das Bildungsniveau muss nicht zwangsläufig "rechter" machen. Wie die PEGIDA-Demonstrationen in Dresden gezeigt haben, laufen da durchaus sehr viele mit höherem Bildungsabschluss mit.

Entfreunden als Lösung?

Ich gab dem oben erwähnten Kommentator ein "... du hast nichts dagegen, wenn ich dich in Zukunft als menschenverachtendes, zynisches A.......h bezeichne, oder?" zurück, machte einen Snapshot und postete diesen als eigenständigen Thread. Einerseits aus Transparenz und andererseits – ja, das gebe ich gern zu – wollte ich mal die Reaktionen darauf sehen.

Der erste Kommentator riet mir, solche Freunde aus meiner Liste zu schmeißen. Ja, das wäre einfach gewesen, widerstrebt jedoch tendenziell meinem Verständnis vom Umgang mit Menschen. Eine Freundschaftsanfrage auf Facebook kann bekanntlich recht leicht sein, ebenso deren Annahme, doch ein "Entfreunden" ist eine andere Sache – gerade, wenn es um Pappenheimer mit "rechtem" Gedankengut geht.

Wie kann ich jemandem Ausgrenzung, Diskriminierung etc. vorwerfen, wenn ich selbst nicht die Eier habe, solche "Freunde" auszuhalten? Dennoch brauche ich solche Freunde nun auch wieder nicht wirklich ... ergo: sie müssen von selbst gehen bzw. werden gegangen.

Ich bevorzuge da das penetrante Nachfragen und das Provozieren weiterer fremdenfeindlicher Aussagen. Da werden dann wieder Snapshots von gemacht und dem Kommentator mitgeteilt, dass ich dies tue. Nach spätestens zwei Stunden entfreunden sich diejenigen von selbst – lasse ich den Facebook-Namen sichtbar, wirkt es meist schneller. Wenn es unerwartet länger dauert oder der jeweilige Kommentar besonders schwer wiegt (wie in diesem all hier), "attackiere" ich die Facebook-Seite desjenigen mit Kommentaren, wobei man freilich darauf achten sollte, sich nicht auf das Niveau des Gegenüber herunterzulassen. Alles in allem hat diese Strategie bisher drei-, viermal funktioniert. Nach spätestens zwei Stunden hatten sie sich selbst entfreundet, einige hatten mich zudem noch geblockt.

Warum das alles?

Aus meiner Sicht sollte jeder Mensch die Chance zum Nachdenken haben. Das Reflektieren dessen, was ich da wie öffentlich geschrieben habe und ob es eventuell missverstanden werden kann, sollte man dem anderen zugestehen. Ja auch, wenn in 99% der Fälle kein Erkenntnisgewinn beim Gegenüber zu erkennen ist. Ein Kommunikationsangebot sollte immer offen bleiben. Wer sich für die Strategie "Mit Rechten rede ich nicht" entscheidet, hat sicher seine Gründe – eine gesellschaftliche Lösung sehe ich darin nicht. Im Gegenteil: genau das wollen Rechte, vor allen jene, die auf Provokation aus sind. Sie wollen als "underdogs" gelten, die anders sind (obwohl sie es freilich nicht sind). Sie wollen Aufmerksamkeit und ihr kleines, verqueres Ego dadurch kitzeln, dass sie es den "Linken" und allen, die drauf anspringen, wieder mal gezeigt haben.

Und genau diesen Gefallen möchte ich Ihnen nicht tun. Ich halte es für sinnvoller, ihnen einen Spiegel vorzuhalten und zwar ggf. so lange, bis ihnen der eigene Anblick selbst nicht mehr gefällt und sie von selbst gehen. Das kann durchaus lange dauern, doch wohin führt denn eine Ausgrenzung des rechten Randes?

Wie dumm sind Linke à la Dresden Nazifrei?

Eine Ausgrenzung von Menschen mit rechtem Gedankengut führt aus meiner Sicht zu Segregation und sog. Parallelwelten. Witzigerweise wollen die meisten Linken eine Segregation im Stadtbild verhindern. Mit anderen Worten: sie wehren sich dagegen, dass manche Wohnviertel nur von Reichen und andere nur von Armen bewohnt werden. Das ist prinzipiell richtig, auch wenn die Realität häufig eine andere Sprache spricht und Segregation oft Standard ist.

Doch wenn es um Rechte oder Nazis geht, sind sie sehr wohl für eine Segregation – so nach dem Motto: "Wir gut, ihr schlecht." Viele Linke schaffen sich ihre Feindbilder gleich selbst und gestehen auch oft anderen kaum eine eigene Meinung zu, die davon abweicht. Freilich gibt es auch viele (Rechts)Konservative, die dies mit umgekehrten Vorzeichen tun.

Die Spitze der "linken" Dummheiten in Dresden sind für mich – neben der unsäglichen sog. Antideutschen – Bündnisse wie "Dresden Nazifrei". Da kann ich auch gleich "Dresden staubfrei" fordern. Freilich wäre es mir auch lieber, wenn rechtes Gedankengut mehr und mehr der Vergangenheit angehören würde, doch es ist eben ein Fakt, dass ein bestimmter Prozentsatz der Gesellschaft anfällig für Rassismus ist und auch anfällig bleibt. Bildung und Aufklärung ist keine Angelegenheit, die irgendwann abgeschlossen wäre, sondern immer eine Aufgabe für alle bleiben wird. Und wie bereits eingangs angedeutet, löst Bildung allein das Problem auch nicht, denn viele Konservative und tendenziell Fremdenfeindliche sind durchaus gut gebildet. Insofern ist ...

Humor, wenn man dennoch lacht

Genau dort tun sich gerade viele Linke sehr schwer. Vom Humor her und gerade, was den Selbsthumor anbetrifft wirken einige als hätten sie gleich mehrere Kleiderbügel verschluckt. Bei den Rechten ist dies nicht anders, obwohl ich zugeben "muss", dass ich mehr witzige Rechte bzw. eher konservativ eingestellte Menschen mit Selbsthumor getroffen habe als sog. Linke. Oder – was gut sein kann: ich bin der Linken gegenüber kritischer, da ich ihr tendenziell näher stehe.

Sei's drum ... die erste Person, die man bilden und aufklären kann und über die man immer bereit sein sollte, lachen zu können, ist nie irgendeine andere, sondern man selbst. Und da können alle durchaus von Selbstkritik und Selbsthumor in der jüdischen Kultur lernen ... statt plakativ mit Israel-Flaggen herumzulaufen.

In diesem Sinne ... viele Grüße aus Dresden, Micha.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Michael Winkler, Dresden

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Michael Winkler, Dresden

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