Das sollte man drauf haben

Alltagslektüre Kolumnist Mikael Krogerus macht eine Ausnahme: Er liest sein eigenes Buch - einen Bestseller, der Modelle aus dem Wirtschaftswissen erklärt. Weil eine Kritik noch fehlt

Was habe ich gelesen?50 Erfolgsmodelle, Mikael Krogerus und Roman Tschäppeler

Seitenzahl: 176 Seiten.

Amazon-Verkaufsrang: 725

Warum habe ich es gelesen?

Das Buch steht seit bald 40 Wochen auf der (Schweizer) Bestsellerliste. Wurde klammheimlich 50.000 Mal verkauft, und das, ohne auch nur ein einziges Mal rezensiert zu werden! Wie kann das sein? Ist das Feuilleton am Ende? Die PR-Branche in der Sinnkrise? Oder hat eine Massenleserschaft keinen guten Geschmack? (Außerdem habe ich das Buch geschrieben. Werde also meine eigene Rezension schreiben; muss man hier alles selbst machen?)

Worum geht es?

Um Modelle. Um X/Y-Achsen, Matrixen, Cluster, Schnittmengen. Also um diese zweidimensionalen, alles vereinfachenden Strichzeichnungen, ohne die kein BWL-Dozent, kein NLP-Coach und kein Unternehmensberater auskommt. Ein Derivat der 1990er. Oft belächelt.

Das Buch präsentiert die 50 bekanntesten Modelle dieser Art ("Topmodels" wäre eigentlich der bessere Titel für das Buch). Jeweils auf der linken Seite wird kurz erläutert und rechts graphisch dargestellt. Inhaltlich geht es vor allem um Management-Theorien, Organisationslehre, Psychologie – also BCG (wie man die Wertigkeiten in einem Portfolio richtig einschätzt), The Chasm (warum alle einen iPod haben), kognitive Dissonanz (warum wir rauchen, obwohl wir wissen, dass es ungesund ist), das Pareto-Prinzip (warum wir 80 Prozent unserer Zeit mit 20 Prozent unserer Freunde verbringen), The Long Tail (wie amazon.com funktioniert). Des Weiteren: Prisoner’s Dilemma, Monte-Carlo-Simulation, SWOT. Stoff also, bei dem jeder, der sich in der freien Wirtschaft bewegt, sagen muss: Das sollte man eigentlich drauf haben. (Kein Wunder eigentlich, dass niemand das rezensieren wollte. Die meisten Journalisten, die ich kenne, haben Germanistik und im Nebenfach Kunstgeschichte und Neuere Geschichte studiert, die jüngeren meistens noch Publizistik. Oder sie haben sogar nur eine der gesichtslosen Journalistenschulen besucht).

Was bleibt hängen?

Im Prinzip ging es mir beim Schreiben darum, dass man komplexe Dinge besser versteht, wenn man sie zeichnet, als wenn man sie erklärt. Das wirklich Erstaunliche aber: dass es so ein Buch noch nicht gab. Es ist, als ob jemand auf die Idee käme, 2009 ein Telefonbuch herauszugeben. Natürlich gibt es tausende Bücher, die Modelle und Theorien verhandeln, aber sie sind unleserlich und wiegen zumeist 7 Kilo aufwärts. Diese Theorien kurz darzustellen und in ein handliches Format (Moleskine) zu verpacken, ist eigentlich zu naheliegend.

Wie liest es sich?

Wenig Text. Kurze Sätze. Viel Augenzwinkern. Vor allem: Bilder. Man merkt fast gar nicht, dass die Autoren von Dingen reden, von denen sie vermutlich keine Ahnung haben. Eigentlich könnten Bücher öfter so sein.

Das beste Zitat:

Jedes Modell ist nur so genau wie sein Betrachter.

Wer sollte es lesen?

Alle, die gern mit gefährlichem Halbwissen prahlen.

Was lese ich als nächstes?

Midlands, Jonny Steinberg.

Die Alltagslektüre: In seiner Kolumne unterzieht Freitag-Autor Mikael Krogerus jede Woche ein Buch seinem persönlichen Lese-Check. Zuletzt: Snabba Cash (Spür die Angst), Jens Lapidus

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