Der arschcoole Entscharfmacher

52 Filme - 52 Wochen Mikael Krogerus entdeckt, dass es den Oscar-Abräumer "The Hurt Locker" schon auf DVD gibt. Und er bekommt beim Anschauen ein wenig Lust, auch mal in den Krieg zu ziehen

Was habe ich gesehen?
The Hurt LockerTödliches Kommando, 2009, Laufzeit: 131 Minuten, Regie: Kathryn Bigelow.

Oscars:
6 – Original Drehbuch, Ton, Tonschnitt, Schnitt, Regie, Film.

Warum habe ich es gesehen?

Ich war erst halbwegs durch mit Mad Men 3 als ich in der Videothek meines Vertrauens überrascht feststellte, dass der diesjährige Oscar-Abräumer in Deutschland schon längst auf DVD erschienen ist.

Wo habe ich ihn gesehen?

Nachts im Bett – kein Problem.

Worum geht es?

Um eine dreiköpfige Spezialeinheit der US-Truppen im Irak und ihre tägliche Arbeit, Bomben zu entschärfen. Die Drei geben die stereotypen Rollen wieder, die in Männerbunden nun mal so auftauchen: Sanborn, der erfahrene Zweifler, Eldrigde das ängstliche Weichei, James, der machohafte Wortführer. Wir sehen sie in immer ähnlichen, doch immer wieder spannenden Situationen; eine Straße, ein Haus, ein Platz werden abgesperrt, damit der arschcoole Entscharfmacher James in seinem taucherglocken-haften Schutzanzug schwitzend ein paar gelbe Kabel durchtrennen kann, während die anderen gestresst mit ihren Waffen herumfuchteln. Eldrige macht sich jedes Mal fast in die Hose, Sanborn regt sich furchtbar über James auf und James bleibt unberührt.

Der Film in einem Satz:
Kaputte Typen in einer kaputten Welt, die Sachen kaputt machen.

Sind die Oscarauszeichnungen berechtigt?

Zumindest fragwürdig. Der Film ist cinematographisch sicher toll, aber inhaltlich einfach eine langweilige Variation der klassischen amerikanischen Kriegsnarration: Life is hard – aber einer muss den Job machen. Natürlich ist es ein Anti-Kriegsfilm. Natürlich hat selbst der kaltherzige James Gefühle, natürlich kriegt man ein klein wenig Lust, auch mal in den Krieg zu ziehen, natürlich ist es der weinerliche Eldrige, den es erwischt. Natürlich gibt es eine homoerotisch aufgeladene Rangelszene, in der die Drei ihre Gefühle füreinander zeigen, indem sie sturzbetrunken sich gegenseitig in den Bauch boxen, und natürlich endet der Film so, dass James in der zivilen Umgebung seiner heteronormativen Kleinfamilie nicht klarkommt, sondern wieder seiner Bestimmung folgen muss: Bomben entschärfen. Mag sein, dass es im Irak wirklich so zugeht, aber ich finde das noch kein Argument für so einen Film.

Nettobotschaft:
Pain is weakness leaving the body.

Der Satz, der einem im Irak weiterhilft:
USA friendly coming through/in – Ausruf, der den US-Soldaten signalisiert, dass man ihnen freundschaftlich gesonnen ist.

Was sehe ich als nächstes?
Mad Men – Season 3.

Nachdem er ein Jahr lang jede Woche ein Buch gelesen hat, sieht sich unser Kolumnist Mikael Krogerus nun jede Woche einen Film an. Letzte Woche: When a Stranger Calls, der Lieblingsfilm von Slavoy Žižek

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