Es bleibt in der Familie

Alltagslektüre Mikael Krogerus liest einen Autor aus seinem Stamm - einen Krimi von Staffan Bruun, einem Finnlandschweden. Dabei merkt er, dass er eigentlich keine Krimis mehr lesen will

Was habe ich gelesen?Fällan i Brunnsparken (Die Falle im Brunnenpark) von Staffan Bruun.

Seitenzahl: 247 Seiten.

Amazon-Verkaufsrang: Es gibt bisher keine deutsche Ausgabe.

Warum habe ich es gelesen?

Der Autor des Buches ist ein sogenannter Finnlandschwede. Also ein Angehöriger der schwedischsprachigen Minderheit in Finnland. Es gibt 290.000 von ihnen, das sind 5 Prozent der finnischen Bevölkerung. Man darf sich die Gruppe nicht wie die Gallier vorstellen. Es ist eher eine kleine, etwas arrogante aristokratische Gruppe, die Restfinnland dazu gebracht hat, Schwedisch als zweite Staatssprache anzuerkennen. Das ist ungefähr so, als wenn die dänische Minderheit in Schleswig-Holstein durchsetzen würde, dass in Deutschland Dänisch als zweite Sprache eingeführt würde. Ich bin auch Finnlandschwede. Lese also das Buch von einem aus meinem Stamm.

Worum geht es?

Um einen kleinen, zutiefst biederen Angestellten einer Werbeagentur, der plötzlich zum Personalchef befördert wird. Antonio Sallinen, so heißt er, trinkt nie, außer an dem Tag seiner Beförderung. Seine Kollegen laden ihn ein, eines führt zum anderen, der Abend endet in einem Bordell. Als Sallinen wieder zu sich kommt, liegt er in der Wohnung seines Chefs, eine ermordete Prostituierte neben sich. Das ist der Start des Buches und so geht es weiter: Sallinen weiß, dass er unschuldig ist und auch, dass er das nur schwer beweisen kann; also entledigt er sich der Leiche – und wird dabei beobachtet. Und das ist nur der erste von vielen katastrophalen Fehlern, die der Protagonist im Laufe des Buches begehen wird.

Was macht man, wenn man zu Unrecht eines Mordes verdächtigt wird, dies aber nicht beweisen kann? Sallinen versucht auf eigener Faust und später mithilfe eines versoffenen Kollegen dem Mörder auf die Spur zu kommen, bevor die Polizei ihn, also Sallinen, verdächtigt. Wer war es? Wie beim Tatort benehmen sich alle Personen, die auftreten, verdächtig (der Chef, der Schwiegervater, eine Freundin des Mordopfers – ich persönlich tippte früh auf den versoffenen Kollegen von Sallinen und alles schien tatsächlich auf ihn hinauszulaufen, als auf der vorletzten Seite eine bis dahin völlig unverdächtige Person mit einem echt schrägen Motiv sich als Killer entpuppte).

Die stärksten Stellen des Buches sind jene, in denen der arglose Sallinen so ungelenk und haarsträubend seine Ehefrau und die Kripo belügt, dass man ihm am liebsten laut anschreien würde. Die Schwachstelle des Buches ist das Buch selbst. Ich kann einfach keine Krimis mehr lesen. Ertrage diese immergleiche Dramaturgie nicht mehr. Finde es dumm, dass am Anfang immer jemand stirbt und am Ende jeder Fall gelöst wird. Sie dürfen das nicht falsch verstehen. Das ist eine Kritik, die nicht jedes Buch verdient. Denn Fällan i Brunnsparken habe ich ja, wie so viele Krimis zuvor, sehr gern gelesen. Aber irgendwann, kurz vor Schluss, merkte ich, dass ich längst angefangen hatte, mich zu langweilen.

Wie liest es sich?

Es ist, das merkt man schnell, nicht Staffan Bruuns erster Krimi, eher sein 234., so routiniert legt er Fährten aus, die uns ins Buch locken und uns bei der Stange halten, auch wenn wir längst ahnen, dass uns die Lektüre nicht in Erinnerung bleiben wird.

Was bleibt hängen?

Bruun ist, wie gesagt, einer von meinem Volk. Und unser Volk ist so klein, dass er und ich vielleicht sogar entfernt miteinander verwandt sind (erst kürzlich erzählte mir meine Großmutter, dass Kjell Westö, einer der ganz großen zeitgenössischen finnlandschwedischen Schriftsteller, der Cousin meiner Mutter sei). Was sagt man also, wenn ein Verwandter ein Buch schreibt? Sagen wir so: Ich habe die Geschichte schnell, fast gierig in zwei Tagen verschlungen. Und: Ich entschied mich nach der Lektüre, dieses Jahr keine Krimis mehr zu lesen.

Was lese ich als nächstes?

Spontane Evolution von Bruce Lipton und Steve Bhaerman

Die Alltagslektüre: In seiner Kolumne unterzieht Freitag-Autor Mikael Krogerus jede Woche ein Buch seinem persönlichen Lese-Check. Zuletzt: von Dan Brown

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