Mama, der Mann mit dem Koks ist da!

52 Filme - 52 Wochen Für unseren Kolumnisten gibt es bei der Fußball-WM nur einen Star: Diego Armando Maradona. Grund genug, vor dem Argentinien-Spiel "Maradona" von Emir Kusturica anzusehen

Was habe ich gesehen?

Maradona by Kusturica, 2008, Laufzeit: 97 min, Regie: Emir Kusturica.

Warum habe ich es gesehen?

Zur Einstimmung auf Deutschland – Argentinien. Auf dem Papier das Finale. Und Maradona, mit seiner Gel-Frisur, dem Glitzeranzug, den irren Ansagen und seiner Mafia-ähnlichen Entourage ist, egal wie das Spiel ausgeht, schon jetzt der einzige echte Star dieser WM.

Worum geht es?

Emir Kusturica, der kongeniale serbische Independent-Regisseur (Schwarze Katze, weißer Kater), reist nach Argentinien, um den vermutlich genialsten und ganz sicher verrücktesten Fußballer aller Zeiten zu porträtieren. Ein Bruder im Geist: Diego Armando Maradona.

Der Film in einem Satz:

„God is the only being, who in order to reign, does not even need to exist.“ Charles Baudelaire.

Was bleibt:

Es ist ein großartiger, ein sinnlicher, ein trauriger und ein sehr, sehr lustiger Film. Der rote Faden, der sich durch die 90 Minuten zieht ist Maradonas „Jahrhunderttor“ gegen England bei der WM 1986. Nicht das irreguläre „Hand Gottes“-Tor, sondern das zweite, jenes, bei dem er ein unwiderstehliches Dribbling in der eigenen Hälfte beginnt, sechs Engländer wie Kleinkinder stehen lässt und dann das umjubelte Siegtor erzielt. Wenn man das Tor oft genug sieht, glaubt man, was Kusturica mit seinem Film sagen will: Maradona ist ein Gott. Und einmal Gott, immer Gott. Göttern verzeiht man alles. Und so wirken all die Exzesse, die Fettsucht, die Magenverkleinerung, der totale Kokainabsturz, die 15-monatige Sperre und all die Misserfolge nur wie störende, aber offensichtlich notwendige Nebengeräusche in der großen Inszenierung: Maradona.

Wie geht es Gott?

In den Interviews mit Kusturica faselt Gott wirres Zeug. Er sieht entweder gut, aber zugekokst aus, oder clean, aber fett. Was soll’s. Er ist der Michael Jackson des Fußballs: Was auch immer er jenseits der Bühne machte, es scheint der traurige Preis für die unvergleichlichen 90 Minuten auf der Bühne zu sein.

Der beste Satz:

“I was sure of one thing“, sagt Kusturica. “If he hadn’t been a footballer, he would’ve become a revolutionary.”

Was sehe ich als nächstes?

Ein Dokumentarfilm aus dem großartigen neuen Freitag-Independent-Film-Archiv: http://freitag.onlinefilm.org

Unser Kolumnist Mikael Krogerus sieht sich jede Woche einen Film an. Letzte Woche den Kurzfilm

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