Zum Gerührtsein

Alltagslektüre 52 Bücher in 52 Wochen: Nach der Lektüre von Roger Moores Autobiographie ist Mikael Krogerus überzeugt, dass Connery-Fans sich irren - Moore war der beste Bond

Was habe ich gelesen? Roger Moore, „Mein Name ist Bond… James Bond“, 2009

Seitenzahl: 380

Amazon-Verkaufsrang: 232

Warum habe ich es gelesen? Zur Vorbereitung auf ein Interview mit Roger Moore.

Worum geht es? Im Rückblick heißt es oft, nie wieder sei die Gesellschaft so politisch gewesen, wie in den 1960er und 1970er Jahren. Das ist natürlich Unsinn, wie die lustige Autobiographie von Roger Moore beweist. Darin erfährt man, was noch so los was, während die USA Napalmbomben auf Vietnam warfen: Black Jack im Peninsula in Honkong, heiße Nächte mit Britt Eklund, Rückenmassagen von Lana Turner, die irren Launen des legendären Harry Saltzman, eifersüchtige Mafiosi-Killer, Sauftouren mit Frank Sinatra. Das Buch lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Namedropping. Die Kunst also, im Gespräch ganz nebenbei einfließen zu lassen, wen man alles kennt. Es ist, so sagte mir mal Dominick Dunne, Chefreporter der amerikanischen Vanity Fair, bei einem Abendessen bei Siri Hustvedt, die wichtigste aller Disziplinen in Hollywood. Roger Moore beherrscht sie perfekt. Ein Beispiel aus dem Buch: „Einige Jahre später, wieder in Los Angeles, besuchte ich zusammen mit meiner Frau – das war schon Luisa –, Gregory und Veronique Peck, Kirk und Anne Douglas sowie Frank Sinatra eine Show von Claudette und Rex Harrison. Dabei fällt mir eine Geschichte ein, die mir Stanley Holloway erzählt hat.“

Was bleibt hängen? Roger Moore wird unter 007-Jüngern immer als Leichtgewicht gelten. Zu weich, zu nett, zu wenig Sean Connery. Warum er für viele trotzdem der beste Bond war, zeigt er in seiner Biographie: Er macht keinen Hehl daraus, dass er kein guter Schauspieler war. Er hält sich nicht für etwas Besonderes. Im Gegenteil, er freut sich einfach riesig darüber, dass er mit wahnsinnig viel Glück (und gutem Aussehen) in der ersten Liga mitmischen durfte. Und ein wenig, so scheint es, lebte er auch ständig in der Sorge, jemand könne ihn entlarven und ihm all die Rolls-Royces, die Frauen, die Auftritte als Unicef-Botschafter wieder wegnehmen. Und diese beneidenswert selbstironische Lässigkeit verlieh er der eigentlich zutiefst ironiefreien Figur des James Bond. Roger Moores Autobiographie ist die Geschichte eines Mannes, dem es – und das ist jetzt kein Psychogebrabbel – gelungen ist, glücklich zu werden. Man sollte ihn dafür nicht belächeln. Anders gesagt: Daniel Craig traue ich so eine entspannte Biographie nicht zu.

Wie liest es sich? Erinnert an einen dieser kitschigen Cocktails mit den pinken Schirmen drin.

Das beste Zitat? Über die Dreharbeiten zu A View to a Kill: „Grace Jones hatte ihren Freund Dolph Lundgren mitgebracht. Er war ein netter Kerl, und John Glen (der Regisseur) gab ihm eine kleine Rolle– für Dolph die erste überhaupt.

Wer sollte es lesen? Männliche Bondfans, die mit der Tatsache zu kämpfen haben, dass sie langsam alt werden.

Was lese ich als nächstes? "Wild Justice
– The Moral Lives of Animals" von Marc Bekoff und Jessica Pierce.

Die Alltagslektüre: In seiner Kolumne unterzieht Freitag-Autor Mikael Krogerus jede Woche ein Buch seinem persönlichen Lese-Check. Zuletzt: "Nobody's Perfect" von Anthony Lane.

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