Die Dealer vom Bürgerbüro

Meldegesetz Das EM-Halbfinale gegen Italien war für viele von uns unerträglich. Was sich aber kurz nach dem Anpfiff im Bundestag abspielte, wird für uns größere Auswirkungen haben.

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Unsere Meldedaten dürfen bald zu Werbezwecken an Unternehmen verkauft werden. Widerspruch kaum möglich. Dabei war nur eine Handvoll Parlamentarier anwesend, als es zu der Abstimmung über Tagesordnungspunkt 21 „Fortentwicklung des Meldewesens“ kam. Die ganze Sache dauerte dann auch lediglich 57 Sekunden, wie dieses Video schön dokumentiert. Eigentlich schien es auch recht einfach: Das Meldegesetz sollte – nötig durch die Föderalismusreform I – ausschließlich in Bundesgesetz überführt werden. Viel konnte da eigentlich nicht schief laufen. Ist es aber. Es geht dabei nicht nur um den Namen und die Adresse der Bürger, sondern ebenso um Geburtsdatum, frühere Adressen und Familienstand.

Die Bundesregierung hatte im November 2011 einen Gesetzesvorschlag eingebracht. In den für die Weitergabe der Meldedaten wichtigen Paragraphen 44 und folgende hatte es noch geheißen, dass die Daten nur herausgegeben werden dürfen, wenn „die Auskunft verlangende Person oder Stelle erklärt, die Daten nicht zu verwenden für Zwecke a) der Werbung oder b) des Adresshandels, es sei denn die betroffene Person hat in die Übermittlung für jeweils diesen Zweck eingewilligt.“

In der vom Innenausschuss vorgeschlagenen und nun vom Bundestägchen verabschiedeten Versionist dieser Absatz entscheidend geändert: „Die betroffene Person hat das Recht, der Übermittlung ihrer Daten zu den in Satz 2 (gewerbliche Zwecke a.d.R.) genannten Zwecken zu widersprechen; sie ist auf dieses Recht bei der Anmeldung nach § 17 Absatz 1 sowie einmal jährlich durch ortsübliche Bekanntmachung hinzuweisen.“ Darüber hinaus wurden auch die weiteren Absätze, welche die gewerblichen Zwecke betreffen, zugunsten der Werbeunternehmen entschärft.

Der Bürger muss der Adressherausgabe also in jedem einzelnen Fall widersprechen. Die vorherige Einwilligung – wie in der Gesetzesvorlage eigentlich geplant – ist nicht mehr nötig. Bei der Überarbeitung des Gesetzes scheint eine Lobby-Gruppe ihre Arbeit verdammt gut gemacht zu haben. Wie so oft zulasten der Bürger.

Für die Herausgabe und den Abgleich der Daten mit den Unternehmen erheben die Meldebehörden natürlich Gebühren. Wenn die Taler also in der Kasse klingen, die Daten in den Werbe-Himmel springen. Wie kann man eine solch bürgerfeindliche Politik betreiben? Wo war unsere Verbraucherschutzministerin? Wo waren die Verbraucherschutzbeauftragten?

Zuerst erschienen auf http://themundi.wordpress.com

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Geschrieben von

MisterManta

Vordenker, Nachdenker, Blogger und Mitglied der EU

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