Die Medien – blind auf dem rationalen Auge

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rk. Zwölf Prozent in Umfragen, nur noch einen Punkt hinter den Grünen: Was macht die Piraten so außerordentlich erfolgreich? Fest steht: Ihre Inhalte sind es nicht. Vielmehr haben sie es geschafft, die traditionellen Medien außerhalb des Internets, ihres eigentlichen Reviers, für Parteiwerbung zu gewinnen. Aber was bewegt diese Medien dazu, das inhaltslose Getweete zu zitieren?

Sie glänzen auf den Hochglanztitelbildern von Focus und Cicero. Auch in der Tagespresse gibt es eine enorme Dichte an Piratenartikeln. Als oberster Diener macht sich dabei die FAZ verdient. Fast jeden Tag ist auf faz.net ein Beitrag von Marina Weisband, Sebastian Nerz oder Christopher Lauer zu lesen, teilweise auch in der Printausgabe. Die FAZ übt sich damit in einer für sie untypischen Unverhältnismäßigkeit, sie wird zu einer besseren Schülerzeitung. Andere Blätter schließen sich an.

Auch das Fernsehen kann sich vor lauter Piraten-Geilheit nicht mehr retten. Jauch, Illner, Beckmann, Stuckrad-Barre – die Talkshows der Republik sind sich nicht zu schade, sich mit einer Einladung eines Piraten selbst zu entblößen. Denn diese protzen durch ihr Unwissen und fallen bei den Plattitüden der anderen Gäste damit auch nicht weiter auf. Inhaltslose Piraten in inhaltslosen Talkshows – eine unglaublich erfolgreiche Synthese, zumindest in den Augen der öffentlich-rechtlichen Verantwortlichen.

Diese erdrückende Medienpräsenz führt beim Wähler zu dem Schluss: Wenn die Piraten schon überall in den Medien sind, sogar in der FAZ, müssen die ja eine ernsthafte Partei sein. Sind sie aber nicht. Genauso gut könnten die Wähler die PARTEI wählen. Sonneborn lässt grüßen. Die Medienpräsenz wirkt allerdings nicht nur wählergewinnend und umfrageleitererkletternd, sondern stärkt auch die Partei-Identität. Fehlt nur der BILD-Titel „Wir sind Pirat“! Aber was sind wir dann eigentlich?

Die Piraten haben keine Ideen, keine Vorschläge, wie die großen Probleme unserer Zeit gelöst werden könnten. Sie sind sich meist nicht einmal der Problematiken bewusst. Zu sozialer Gerechtigkeit, dem kränkelnden Kapitalismus, oder dem demografischen Wandel fällt ihnen nichts ein. Und wenn doch, sagen sie es nicht, weil sie Angst vor Shitstorms ihrer Parteifreunde haben. So kommen dann traumtänzerische und unüberdachte Vorschläge wie das bedingungslosen Grundeinkommen zustande.


Ihre zentrale Forderung nach Transparenz mussten sie in Berlin teilweise schon aufgeben, da ihnen bewusst wurde, wie schwer es im politischen Prozess ist, Nicht-Politiker zu sein, obwohl man als Politiker gewählt wurde. Sie merken langsam, dass die überhöhten Transparenzforderungen das Vertrauensverhältnis zwischen Bürger und Politiker zerstören und vernünftige Arbeit im Parlament stark behindern. Was also veranlasst die Medien zu dieser Hofberichterstattung?

Es scheint die Jugendlichkeit zu sein, mit welcher die Piraten in die verkrusteten Strukturen des politischen Prozesses vorstoßen. Doch dabei übersehen die Medien, dass es hunderttausende junge Menschen in Deutschland gibt, die sich politisch in Parteien engagieren. Länger als die meisten Piraten. Diese Menschen haben meist politische Ideen und Vorschläge, wie zentrale Fragen unserer Zeit beantwortet werden können. Und sie sind teilweise genauso charmant wie Frau Weisband. Eine neutrale oder ausgewogene Berichterstattung sollte auch diese jungen Menschen beachten und einbeziehen.

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Der “gläserne Politiker” – eine Marionette?

Erstveröffentlichung auf www.themundi.wordpress.com

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Geschrieben von

MisterManta

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