Kommunalwahl Schleswig-Holstein 2013

Wahlnachlese Für Politik und Medien sind die Hauptthemen die gesunkene Wahlbeteiligung sowie die mangelnde Bereitschaft zur Übernahme ehrenamtlicher kommunalpolitischer Verantwortung.

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Nach der Kommunalwahl werden insbesondere die weiter gesunkene Wahlbeteiligung und die mangelnde Bereitschaft zu kommunalpolitischem Engagement diskutiert.

Neben der üblichen Politik-, PolitikerInnen- und Parteienverdrossenheit, letztere auch regelmäßig befeuert durch Medien und Publizistik, sind m.E. auch andere Faktoren zu bedenken.

So wird zwar immer wieder darauf hingewiesen, dass Kommunalpolitik vor Ort und konkret entscheidet, aber vielleicht ist gerade diese Konkretheit ein nicht unerhebliches Problem. Denn Kommunalpolitik ist nicht in der Lage bzw. zuständig, insbesondere in derart kleinteilig verwalteten Bundesländern wie Schleswig-Holstein, Antworten auf die existenziellen Fragen und Bedürfnisse von Menschen zu geben. Wer von Arbeitslosigkeit bedroht ist bzw. Arbeit suchend ist, wird in erster Linie versuchen, sich vor der Hartz-IV-Falle zu schützen bzw. sich daraus zu befreien. Der Spielplatz um die Ecke ist vor diesem Hintergrund verständlicherweise nachrangig, wenn es um die Bedrohung der eigenen Existenz und die Bewahrung eines menschenwürdigen, selbstbestimmten Lebens geht. Auch die Förderung von Sportplatz- oder -hallenbauten erscheint vernachlässigbar, wenn man sich den Vereinsbeitrag nicht leisten kann und den unverhältnismäßigen Aufwand der Sozialbürokratie für einen vergleichsweise geringen Zuschuss zu einem Mitgliedsbeitrag scheut.

Für Berufstätige ist die Wahrnehmung des kommunalpolitischen Ehrenamtes oftmals nicht mit deren Arbeitswelt kompatibel. Es kommt vor, dass politische Gremien bereits nachmittags tagen, sodass in Vollzeit Beschäftigte faktisch von der kommunalpolitischen Mitwirkung ausgeschlossen sind, wenn sie nicht ca. alle zwei Wochen eine Konfrontation mit ihrer/ihrem Arbeitgeber/-in über vorzeitigen Feierabend (trotz Gleitzeitregelungen) führen wollen oder müssen.

Hinzu kommt eine vernachlässigte Wertschätzung des kommunalpolitischen Ehrenamtes bei sog. Ehrenamtsmessen. Dort wird zwar die Arbeit der freiwilligen Feuerwehren und sozialer Initiativen gewürdigt, jedoch das kommunalpolitische Ehrenamt, das die Finanzierung dieser Arbeit ermöglicht, wird nicht erwähnt.
Darüber hinaus muss man als ehrenamtliche/-r Kommunalpolitiker/-in auch stressresistent sein, wenn Wutbürger/-innen einen öffentlich verbal angreifen und vielleicht auch politisch nicht aktive Familienangehörige darunter zu leiden haben.

Apropos Finanzierung:
Auch in der Kommunalpolitik wird sich nicht selten darauf beschränkt, Zuschüsse höherer Ebenen einzufordern, um von diesen angebotene Förderungen anzunehmen. Eigene Ideen werden selten geäußert. So etwas kann nachdenkliche und diskussionsfreudige Mitmenschen abschrecken, denn lediglich über das Für und Wider von Zuschüssen abzustimmen, ist nicht immer intellektuell herausfordernd.

Dies führt zu einem weiteren Punkt:
Einer in der Regel qualifizierten Verwaltungsspitze einer Gemeinde oder eines Landkreises mit fachlich kompetentem Unterbau sitzen in Gemeindevertretungen und Kreistagen nicht selten juristisch und verwaltungswissenschaftlich unerfahrene Bürgerinnen und Bürger gegenüber. Dadurch findet eine Kontrolle bzw. im wahrsten Sinne des Wortes Selbstverwaltung nicht statt. Ob dies bereits als postdemokratische Entwicklung bezeichnet werden kann, sollen die Gelehrten diskutieren.

Mochinho beobachtet das politische Geschehen in Schleswig-Holstein.

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