Man lebt nicht vom Tweet allein

Netzgeschichten Zahle mit deinem sozialen Netzwerk. Damit lässt sich gut werben, aber kein richtiges Geld verdienen

Freunde sind der wahre Wert im Leben, heißt es. Besonders, wenn man sie als Werbemultiplikatoren benutzen kann, wie es ein neues Onlinegadget vor­-sieht. Dass man mit einem Tweet bezahlen kann, verspricht die Webseite paywithatweet.com. Der Name ist Programm, die Idee dahinter: Statt mit Geld bezahlt ein Käufer einfach mit seinem sozialen Netzwerk. Wer einen Text auf sein iPad downloaden will oder den neuen Song seiner Lieblingsband als MP3 auf dem Rechner haben möchte, kann dafür mit einem Tweet oder auch mit einem Post auf seiner Facebook-Profilseite bezahlen. Der Urheber erhält so kostenlose Werbung für sein Produkt, der Multiplikationsfaktor ist nahezu unendlich.

Die Band The Teenagers nutzt den Dienst, um ihren neuen Song „Made of“ unter die Leute zu bringen. Wer seinen virtuellen Freunden über den automatisierten Twitter-Button auf der Webseite der Band von dem neuen Lied vorschwärmt, darf es sich anschließend herunterladen. Vom Wert der „Social Networks“ ist bei „Pay with a Tweet“ viel die Rede. Interessant dürfte der Dienst hauptsächlich für Kreative sein: Buchautoren, Journalisten, Musiker, die ihre Angebote abseits herkömmlicher Marketingstrategien bekannt machen möchten.

Die Tweet-Bezahl-Erfinder Christian Behrendt und Leif Abraham, die sich aus der gemeinsamen Zeit bei der Hamburger Werbeagentur Jung von Matt kennen, empfehlen ihren Vervielfältigungsdienst für jeden, der „Buzz“ um sein Produkt machen will, also viel Aufhebens. Im Logo der Homepage verschwimmt der Twitter Vogel mit einem Dollar Zeichen. Dem Wachstum des neuen Dienstes dürften allerdings auch Grenzen gesetzt sein. Wenn man private Netzwerke zur Verbreitung werbender Botschaften benutzt, hat man zunächst den großen Vorzug, dass die Empfänger nicht wie bei Spam-Mails die Nachrichten einfach ignorieren. Wer aber in seinem Netzwerk dauernd werbend auf Dinge hinweist, weil er seine digitalen Neuerwerbungen finanzieren will, dürfte sich in seinem Freundeskreis schnell den Ruf eines „Spammers“ einfangen. Mit der Konsequenz, dass seine Nachrichten auch kaum noch mehr Aufmerksamkeit bekommen als Spam-Mails.

Und noch ein anderes Problem hat die Tweet-Bezahlung. Sie lohnt sich am Ende nur, wenn doch Menschen das beworbene Produkt kaufen und mit echtem Geld bezahlen. Denn kein Sänger und kein Autor – sei er noch so sehr digitale Avantgarde – lebt schließlich vom Tweet allein.

Nur für kurze Zeit!

12 Monate lesen, nur 9 bezahlen

Geschrieben von

Moritz Piehler

Moritz ist freier Journalist und Fotograf aus Hamburg. Studiert hat er mal Amerikanistik, Lateinamerikastudien und Sport, Grund genug, sich in diesen Themen weiter zu bewegen.

Avatar

Freitag-Abo mit dem neuen Roman von Jakob Augstein Jetzt Ihr handsigniertes Exemplar sichern

Print

Erhalten Sie die Printausgabe zum rabattierten Preis inkl. dem Roman „Die Farbe des Feuers“.

Zur Print-Aktion

Digital

Lesen Sie den digitalen Freitag zum Vorteilspreis und entdecken Sie „Die Farbe des Feuers“.

Zur Digital-Aktion

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Unabhängiger und kritischer Journalismus braucht aber Unterstützung. Wir freuen uns daher, wenn Sie den Freitag abonnieren und dabei mithelfen, eine vielfältige Medienlandschaft zu erhalten. Dafür bedanken wir uns schon jetzt bei Ihnen!

Jetzt kostenlos testen

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden