"Deutschland 83" - Spannung und Nostalgie

Fernsehen Vor dem Start von "Deutschland 86" ist noch einmal Zeit für eine der besten deutschen Serien.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um ein Blog aus der Freitag-Community.
Ihre Freitag-Redaktion

Das Kino wird immer mittelmäßiger, und das ist noch wohlwollend ausgedrückt, aber Fernsehserien werden immer besser. Dieser Trend zeigt sich auch bei Spionagefilmen. Der letzte James-Bond-Film, Spectre, war grottenschlecht, Jason Bourne wird immer abstruser, und bei Mission Impossible blickt sowieso niemand mehr durch. The Americans, eine Serie über sowjetische Spione in den USA, war hingegen hervorragend.

Auch eine deutsche Spionageserie hat mich ziemlich beeindruckt: Deutschland 83.

Ich bin zwar bekannt und gefürchet wegen meiner Vorliebe für alte Filme, aber keine Sorge, Deutschland 83 ist nicht aus der grauen Vorzeit von 1983, sondern noch relativ frisch aus dem Jahr 2015. Die Handlung ist aber 1983 angesiedelt, als es noch zwei Deutschlands gab. Die DDR schleust einen Spion in die Bundeswehr ein, der die NATO-Pläne klauen soll. Das ganze geschieht vor dem realen Hintergrund des NATO-Großmanövers Able Archer 83, das im Osten als Vorwand für einen atomaren Angriff des Westens gesehen wurde und so fast zu einem Gegenpräventischlag geführt hätte.

Da die Serie, zumindest was den großen Rahmen angeht, nah an der tatsächlichen Geschichte bleibt, ist natürlich klar, dass der Atomkrieg am Ende ausbleiben wird. Dennoch sind die acht Folgen äußerst spannend, auch wegen der allesamt interessanten Nebenstränge. Jüngere Zuschauer haben sowieso keine Erinnerung daran, wie nahe am Krieg wir in den 1980er Jahren waren. Und die älteren Zuschauer werden die Details von damals vergessen haben, sich jetzt aber wohlig-schaurig an die Zeit zurückerinnern, als (im Westen) NATO-Truppen die Turnhallen der Schule requirierten und man beim Pilzesuchen im Wald auf gut getarnte Panzer oder britische Soldaten beim Nachmittagstee stieß.

Ich weiß nicht, wie Deutschland 83 bei jüngeren Zuschauern ankommt, aber für Menschen meines Alters (43) und aufwärts ist es auch eine nostalgische Zeitreise. Manchmal etwas unbeholfen (beim Autofahren und beim Abendessen laufen im Hintergrund immer die Nachrichten), manchmal ganz geschickt (der Spiegel mit der Titelgeschichte über die neue Horrorseuche AIDS oder die Schwester, die zu den Baghwan-Jüngern abhaut), wird man immer wieder in die 1980er Jahre zurückgeworfen. Das beschränkt sich nicht auf die damaligen Autos, Telefonzellen und den Walkman, sondern auch auf Diskussionen jener Zeit. Im Nachhinein wirkt es absurd, aber Abrüstung und Entspannung galten damals anscheinend als vollkommen neues und suspektes Gedankengut. Und die gefährlichsten Terroristen kamen aus Armenien.

Nachdem 1983 der Atomkrieg also knapp verhindert wurde, kommt jetzt Nachschub: Ab morgen gibt es Deutschland 86 bei Amazon.

Ob die Erweiterung des Handlungskreises nach Angola und Südafrika eine gute Idee ist, dessen bin ich mir nicht sicher. Denn daran, was dort 1986 los war, wird sich in Deutschland wirklich niemand mehr erinnern. Aber ich bin gespannt. Zuerst solltet Ihr Euch aber Deutschland 83 ansehen, um die Vorgeschichte und die Charaktere kennenzulernen – und um für ein paar Stunden hervorragend unterhalten zu werden.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Andreas Moser

Nach Abschlüssen in Jura und Philosophie studiere ich jetzt Geschichte, ziehe um die Welt und schreibe darüber.

Andreas Moser

Was ist Ihre Meinung?
Diskutieren Sie mit.

Kommentare einblenden