Die Revolutionen von 1989

Geschichte 1989 war das Jahr der Revolutionen. Aber welche davon war die beste?

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1989, das waren noch Zeiten! Mit jeder Ausgabe der Tagesschau veränderte sich die Welt so schnell, dass die meisten schon damals den Überblick verloren. Jetzt, 25 Jahre später, herrscht nur noch eine vage Erinnerung an ein Gemisch aus fallenden Mauern, peitschenden Schüssen und knallenden Sektkorken.

Als besonderen Service für die Vergesslichen und die von der Ungnade der späten Geburt Geplagten fasse ich hier die wesentlichen revolutionären Ereignisse aus dem Jahr 1989 zusammen und unterziehe sie einer historischen Bewertung.

Deutschland:

Bürger gehen auf die Strasse und rufen “Die Mauer muss weg”. Es bewegt sich nichts bis jemandem die Idee kommt, einen Antrag auf Öffnung der Mauer zu stellen. Das Politbüro der DDR setzt diesen Antrag auf die Tagesordnung, diskutiert und stimmt mit großer Mehrheit für die Öffnung der Berliner Mauer. Die Entscheidung wird verkündet, die Mauer ist offen. Wiedervereinigung.

Bewertung: Typisch deutsch. Selbst bei Revolutionen noch spießig, langweilig, bürokratisch. Wurde nicht einmal von Hollywood verfilmt.

Polen:

Schnauzbärtige Werftarbeiter setzen sich an einen Runden Tisch, weil man so besser sieht, wer noch wieviel Bier hat. Die polnische Exilregierung im Vatikan düst um die Welt, um für Solidarität (polnisch: “Solidarność”) mit der durch die Bücher von Günter Grass verunglimpften Stadt Danzig zu werben. Gorbatschow hat keine Zeit, sich einzumischen. Revolution erfolgreich.

Bewertung: Trotz gegenteiliger Versuche der Katholischen Kirche kein wissenschaftlich anerkannter Gottesbeweis.

China:

Ein einfacher Streit um diehttps://mosereien.files.wordpress.com/2014/12/tank-man-tiananmen-square-china.jpg?w=396&h=269Vorfahrt zwischen einem Mann mit schweren Einkaufstüten und einer Panzerkolonne wäre fast eskaliert. Da es damals in China noch keine Mobiltelefone gab, gibt es kaum Bildmaterial.

Bewertung: Selbst in China vergessen. Keine Feierlichkeiten zum 25. Jahrestag.

Litauen, Lettland, Estland:

https://mosereien.files.wordpress.com/2014/12/baltic-way.jpg?w=149&h=103Mit Blumen in den Haaren bilden Menschen eine Kette von Vilnius bis Tallinn und singen Volkslieder.

Bewertung: Hippie-Vorläufer des Eurovision Song Contest.

Ungarn:

Bei einem Gulaschpicknick nahe der Grenze schneiden spielende Kinder aus Versehen den Grenzzaun durch. Der Eiserne Vorhang ist offen.

Bewertung: Auch 25 Jahre später kann man eine gewonnene Revolution wieder verspielen.

Rumänien:

Das unterdrückte, ausgehungerte Volk demonstriert trotz bitterer Kälte gegen die Ceaușescu-Diktatur. Panzer fahren auf. Es fallen Schüsse. Blut im Schnee, Verzweiflung, Tote, Heldenmut. Nach zwei Wochen Bürgerkrieg stürmen die Revolutionäre den Präsidentenpalast. Der Diktator und seine Frau können knapp mit dem Helikopter entkommen,

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müssen aber später notlanden und per Anhalter weiterfahren. Der Fahrer (Automarke: Dacia) bringt sie zu sich nach Hause und sperrt das gefürchtete Ehepaar in einer Gartenlaube ein. Die Miliz holt sie ab und erschießt Nicolae Ceaușescu und seine Frau. Freiheit!

Bewertung: So müssen Revolutionen ablaufen! Und das Ganze auch noch zu Weihnachten, wo man andernfalls zu banalen Konversationen mit Verwandten genötigt wäre. Perfektes Timing. Weihnachten war nie mehr so spannend wie 1989.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

Andreas Moser

Nach Abschlüssen in Jura und Philosophie studiere ich jetzt Geschichte, ziehe um die Welt und schreibe darüber.

Andreas Moser

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