Nach dem Anfang Januar bekannt gewordenen Hacker-Angriff ist das „Entsetzen“ (tagesschau.de) weiterhin groß. „Man fühlt sich ausgeliefert, ich bin ziemlich geschockt", sagte der Bundestagsabgeordnete Florian Post. Es ist die Rede von einem „erneuten, sehr ernstzunehmenden Versuch, unsere Demokratie zu destabilisieren“: „Es handelt sich um einen massiven Eingriff in demokratische Grundrechte, Persönlichkeitsrechte und die Meinungsfreiheit.“ (Konstantin von Notz, MdB). Der Begriff Staatsaffäre ist im Umlauf.
Die Dimension verstehen
Was ist passiert? Offensichtlich wurden also im Dezember 2018 über einen längeren Zeitraum persönliche Daten von mehreren tausend Personen im Internet zugänglich gemacht, zum Teil private Nachrichten aus Internetchats oder E-Mail-Inhalte. Dazu ebenso Telefonnummern von Angehörigen und Bekannten. Auffällig ist: Die Datensammlungen wurden vor der Veröffentlichung gezielt aufbereitet und aufwendig strukturiert. Quelle für die Daten waren möglicherweise unsichere, leicht angreifbare Datenclouds.
Dazu ist zu wissen:
Die in Deutschland derzeit noch zugelassene Internetplattform „Facebook“ legt von jedem Nutzer geschäftsmäßig ebensolche und noch weit umfangreichere Datenprofile an.
Dabei werden z.B. folgende Datenpunkte (Auswahl 5 aus über 50) dauerhaft gespeichert und verarbeitet:
- Aufenthaltsorte
- IP-Adresse
- Aufgerufene Internetseiten
.
- Chatinhalte
- Gesichtserkennungsdaten
Seit der Übernahme von „Whatsapp“ durch Facebook werden auch sämtliche dort gespeicherten Telefonnummern von Verwandten und Bekannten ohne deren Zustimmung automatisch ausgelesen, zum Datenprofil hinzugefügt und verarbeitet. Würden diese Daten öffentlich gemacht, wäre das Ausmaß daher um ein Vielfaches höher als beim jetzigen Datenskandal.
Ein Beispiel: Systemisches Risiko Facebook
Sind diese persönlichen Daten bei Facebook sicher? Naja, in 2018 gab es mehrere Daten-Lecks mit mehreren Millionen betroffenen Nutzern. (Diese Daten flottieren damit irgendwo, bei wem auch immer, im Netz).
Mehr noch: Facebook gibt sogar von sich aus anderen Diensten Zugriff auf diese Daten.
Mehr noch: Es ist sogar das erklärte Geschäftsmodell von Facebook, diese Daten anderen Diensten zur Verfügung zu stellen.
Diese Daten stehen somit einer nicht näher bekannten Zahl von Datenhändlern zur Verfügung und werden unkontrolliert weiterverbreitet. Dabei finden auch Daten von Personen Verwendung (siehe z.B. bei Whatsapp), die nie Facebooknutzer waren.
Des Wahnsinns fette Beute
Facebook ist dabei bekanntlich nicht das einzige Unternehmen, das solche Daten erhebt, verkauft, verarbeitet.
Es ist auch beileibe nicht der einzige Internetdienst, der Probleme mit der Datensicherheit hat. Völlig zurecht wird jetzt z.B. wieder die Sicherheit von Gesundheitsclouds (vgl. Gesundheitskarte), eJustice-Anwendungen oder eGovernance generell in Frage gestellt.
Staatsaffäre? Höchste Zeit, die gesamte Digitalisierung von Grund auf anders anzupacken (oder einzustampfen).
EDITIONSNOTIZ
In einer früheren Version des Textes hieß es:
"Die in Deutschland zugelassene Internetplattform „Facebook“ legt von jedem Nutzer geschäftsmäßig ebensolche und noch weit umfangreichere Datenprofile an."
Dieser Satz wurde am 9.2.2019 geändert.
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