Facebook-Verbot für Mandatsträger

Online-Attacke Presseschau: Aus dem großangelegten Datendiebstahl werden erste Konsequenzen gezogen.

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Gut eine Woche liegt das Bekanntwerden der Online-Attacke mit gestohlenen Daten von über 1000 Personen des öffentlichen Lebens nun zurück. Während schon wieder der nächste Facebook-Datenskandal (Android und iOS Smartphones) publik wird, zeigt eine Medienschau im Umfeld der Ereignisse, dass eine neue Sensibilierung stattgefunden hat und ein Umdenken beginnen könnte.

Das Ende der Daten-Ekstase

Heribert Prantl beklagt in der SÜDDEUTSCHEN das fehlende Bewusstsein für Datenschutz als „Gift“ für die Gesellschaft. Demokratie brauche geschützte Räume. Von den ersten Datenschutzgesetzen 1970 über das Volkszählungsurteil ist eine Linie zum Grundrecht auf
informationelle Selbstbestimmung zu ziehen, und weiter. (Sueddeutsche.de: Stoppt die Daten-Ekstase!)

Daten gar nicht erst erheben

Bei MEEDIA legt „Fefe“ Felix von Leitner den Finger in die Wunden: Die Datenschutzgrundverordnung DSGVO ist zu loben. Die eigentlichen Probleme der Datensammelei beginnen aber schon einige Ebenen davor. „Wenn man nicht will, dass Menschen
Opfer von Schusswaffen werden, dann muss man dafür sorgen, dass Schusswaffen nicht überall einfach verfügbar sind. Mit Daten ist das genau so.“ (MEEDIA.DE: Hört auf, Daten über mich zu sammeln)

Eine digitale Gesellschaft macht sich unnötig angreifbar

Die Deutsche Welle belegt am Beispiel Estlands, dass gerade die progressiven „Digitalpioniere“ besonders verwundbar sind. Als erste „voll-digitalisierte Gesellschaft der Welt“ hatte Estland einen elektronischen Personalausweis eingeführt, auf dem sämtliche Daten zentral gespeichert sind. Neben der Steuererklärung sogar die jeweilige Stimmabgabe bei Parlamentswahlen. 2017 wurde das erste große Datenleck bekannt. Betroffen: mehr als die Hälfte aller Ausweise. (Deutsche Welle: Datenlecks in Estland, Schweden, Frankreich)

IT-Konzerne regulieren

Als allerletzten Warnschuss bezeichnen Konstantin von Notz und Malte Spitz die Online-Attacke vom Dezember 2018. Unter Hinweis auf frühere Daten-Lecks wie etwa bei Yahoo, Adobe oder Facebook/Cambridge Analytica fordern sie im SPIEGEL eine echte Kehrtwende in Sachen IT-Sicherheit – einschließlich der Regulierung großer Tech-Konzerne. (Spiegel.de: Der allerletzte Warnschuss)

Datensparsamkeit

Carsten Werner wünscht sich im Tagesspiegel mehr „Datenbewusstsein, Datensparsamkeit, Datenschutz, in dieser Reihenfolge“. Bestürzend sei vor allem die Unkenntnis allenthalben, ein fehlendes kulturelles Verständnis für die digitale Welt. (Tagesspiegel.de: Bestürzend ist die Unkenntnis)

Zum Stichwort: Gefahr für die Demokratie

Als besonders problematisch an der Online-Attacke wurde generell eingestuft, dass über Politiker und Abgeordnete sensible Daten online einsehbar waren. Angriff auf die Privatsphäre, Droh- und Einschüchterungspotenzial, Gefahr für die Demokratie waren hier die zutreffenden Schlagworte. Da scheint es für uns alle, Gesellschaft, Politik, Verbraucher, Medien noch viel „Einsichts-Nachholbedarf" (H. Prantl) zu geben.

Nun ist es ja so, dass ähnliche Datensammlungen angefangen von Telefonnummern, Bewegungsprofil, privaten Kommunikationsdaten bis hin zu Kreditkartendaten und Hobbies bei „Facebook“ von jedem Nutzer angelegt werden. Diese umfangreichen Dossiers werden also auch zu Mandatsträgern angelegt, die diese Internetplattform nutzen. Das darf man mehr als problematisch nennen.

Denn angenommen, um ein harmloses Beispiel zu wählen, eine Interessensgruppe wie, sagen wir, die Klavier- oder die Gitarren-Lobby würde sich einschlägige Informationen aus den vorliegenden Datenprofilen der Bundestagsabgeordneten von Facebook kaufen. Das würde allen Arten einer undemokratischen Einflussnahme Tür und Tor öffnen. (Klavierspielende Abgeordnete könnten direkt angesprochen werden und für Gitarre geworben werden... Oder umgekehrt! Böswillige könnten sich auch ernsthaftere und subtilere Einflussnahmen ausdenken.) Schon die pure Existenz dieser hochsensiblen umfangreichen digitalen Dossiers über gewählte Entscheidungsträger ist hochproblematisch. Deshalb ist ein Facebook-Verbot für Abgeordnete und Mandatsträger unbedingt erforderlich.

Dieser Beitrag gibt die Meinung des Autors wieder, nicht notwendigerweise die der Redaktion des Freitag.
Geschrieben von

m.schuetz

Hobby-Intellektueller, angehender Humorist, (jetzt auch Spaßblogger, Aktivist und Bürgerrechtler), twittert hier nicht

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