Im Duden steht es schon. Das Wort „Framing“ wird dort in der Bedeutung angegeben: „durch Medienproduzent oder -konsument erfolgende Einbettung eines Themas in einen subjektiven Deutungsrahmen“. Nun kann man darüber streiten, ob dieses denglische Wort im Duden etwas zu suchen hat oder nicht. Keinen Streit sollte es darüber geben, dass die ARD als öffentlich-rechtliche Anstalt in keinem Fall einen „subjektiven Deutungsrahmen“ zum Maßstab einer offiziellen Senderrichtlinie erheben sollte.
Doch genau das scheint derzeit zu geschehen. Denn wie eine publik gewordene interne Workshop-Vorlage verrät, wird in der ARD über einen Zeitraum von zwei Jahren nicht nur über merkwürdige Slogans nachgedacht, wie zum Beispiel: „die ARD ist die Gesellschaft“, oder: „Kontrollierte Demokratie statt jeder wie er will“.
Es wird auch unverhohlen eingeräumt – und sogar verteidigt –, dass man bei der ARD offensives „Framing“ macht.
Hat die ARD den Schuss nicht gehört?
Der ARD-Vorsitzende versteht die Aufregung allerdings nicht. Und die ARD-Generalsekretärin meint beschwichtigend, es seien ja ohnehin nur „20 Prozent“ Unzufriedene, die neu zu überzeugen wären. Soll so das ganze Ausmaß der Medienkorrosion in Deutschland einfach kaschiert und totgeschwiegen werden? Das ist aktiv betriebene Realitätsverweigerung. Dabei wird doch auch und genau deswegen derzeit die Parteienlandschaft bis hin zur Regierungs(un)fähigkeit umgepflügt.
Unterdessen bestätigt sich, dass die Fälschungen des SPIEGEL-Reporters Relotius kein Einzelfall in der aktuellen Medienwelt sind. Doch während in den althergebrachten Zeitungshäusern immerhin vorsichtige Ansätze eines Ansatzes für eine eigentlich selbstverständliche Kultur von Selbstkritik und -korrektur entstehen, scheint bei der ersten Allgemeinen Rundfunkanstalt des Landes die Glaubwürdigkeitskrise der Medien noch unter Fata-Morgana-Verdacht zu stehen. Keine gute Voraussetzung, um eine Lösung der Probleme zu erreichen.
Das Setzen subjektiver Deutungsrahmen sollte bei der ARD weder Schule machen noch Inhalt einer Schulung sein
Doch besonders besorgniserregend sind Begriffe wie „Kontrollierte Demokratie“. Man kennt sonst noch die „Gelenkte Demokratie“…
Die ARD ist aber nicht die Gesellschaft (L'état c'est moi?), sie ist ein Teil von ihr. Und sie soll die Demokratie auch ganz bestimmt nicht kontrollieren. Sondern schlicht Informationen, Argumente und Berichte für eine funktionierende Demokratie bereitstellen.
Kommentare 2
>>Doch besonders besorgniserregend sind Begriffe wie „Kontrollierte Demokratie“. Man kennt sonst noch die „Gelenkte Demokratie“…<<
Die ARD ist doch in guter Gesellschaft. Von der Kanzlerin kennen wir den Begriff der "marktkonformen Demokratie". Das ist die allgemein akzeptierte Lehre von den sich selbst regulierenden neoliberalen Märkten, wie wir sie besonders in Deutschland vorfinden. Regulieren durch die Politik ist out. In dagegen sind die "freiwilligen Vereinbarungen" mit der Wirtschaft, die stets ausgerufen werden, wenn der Bürger, der eigentlich zum Verbraucher geschrumpft ist, seine Interessen gewahrt werden wissen will. Beispiele gibt es viele: aus der Lebensmittelbranche die mangelnde Kennzeichnung, dem Automobilsektor die nicht überwachten Abgase, der Verpackungsindustrie die Zunahme der Einwegverpackungen...
Bloß keine regulierenden Gesetze verabschieden, die dem eigentlichen Souverän dienen könnten, dem Kapital jedoch nicht zum Vorteil gereichten. Die "kontrollierte Demokratie" kontrolliert alles bis auf eine Ausnahme: die Wirtschaftsmächtigen. Damit dies so bleibt, benötigt die ARD ein von einer engagierten Fachfrau verfasstes Handbuch und die Schulung ihrer führenden Mitarbeiter. Und wer bezahlt's? - Genau...
Wer hat die Bürger geschrumpft?, wäre da eine erste Frage. Dass der Bürger zum Verbraucher geschrumpft ist, ist jedenfalls eine so schöne Formulierung, dass sie fast deshalb wahr sein muss.
Regulation von Märkten: Grundsätzlich gab und gibt es ja noch immer das Versprechen der Sozialen Marktwirtschaft. (Regulation ist hier ja eigentlich ab Werk eingebaut). Die hatte für Dezennien beides eigentlich recht gut zusammengebracht: Die innovativen Märkte und die soziale Absicherung. Wie die unter der Bedrohung z.B. durch eine gefräßige internationale Digitalökonomie und globale Finanzwirtschaft aussehen muss, ist vielleicht eine der momentanen Schlüsselfragen. Wer da eine Lösung hätte...
Interessant allemal, dass über die „Kontrollierte Demokratie“ hier nicht von einer Regierung, sondern (was steckt da für ein Anspruch dahinter?) von einer Medieneinrichtung geredet wird. Da kann etwas nicht stimmen.
Wären die Probleme und Gefahren der Digitalisierung (auch mit 5G) und die parallele Medienerschütterung nicht so weitreichend und gravierend, könnte man sich ja womöglich durchaus auf (s)ein Verbraucher-Dasein zurückziehen. Aber so?